Book Title: Meditation Und Mystik Im Yoga Des Patanjali
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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Page 19
________________ Feinstoffe (tanmātran) noch die große Wesenheit (mahān ātmā) oder die Urmaterie (alingam) sind vor der Meditation der Wahrnehmung zugänglich. Was also auf diesen Stufen der Anbignung Gegenstand der Meditation sein kann, sind nicht bewußtseinsunabhängige Realitäten oder Prinzipien, sondern nur die Vorstellungen dieşer Realitäten oder Prinzipien. Durch Ausschaltung der Formelemeňte der Erkenntnis, scheint es jedoch möglich zu sein, das Erlebnis einer direkten Erfahrung dieser Realitäten selbst zu haben. Mit anderen Worten, die Aneignung erhält, sofern sie über in der Sinnlichkeit gegebene Objekte hinausgeht, ihre Gegenstände nur aus einer Philosophie oder Theologie nicht aber aus unmittelbarer Erkenntnis. Damit ist aber die „Objektivität" der. aneignenden Meditation auf ein subjektives Erleben reduziert. Die Aneignung besitzt kein Mittel um die Wahrheit der Erfahrung zu prüfen, im Gegenteil durch Ausschaltung der hinsichtlich der übersinnlichen Objekte einzig möglichen Erkenntnismittel der Unterweisung oder Schlußfolgerung, d. h. jeder Reflexion, liefert sie sich an einen bestimmten Erkenntnisinhalt aus, ohne ihn in seiner Wahrheit beurteilen zu können. Selbst wenn Gott zum Objekt der Aneignung gewählt wäre, würde die in der Aneignung gegebene ,direkte" Erfahrung Gottes keine Erfahrung Gottes, sondern nur der aus irgend einem Begriffssystem bezogenen Vorstellung Gottes sein. Damit scheidet aber die Aneignung als Weg der Mystik aus, wenn man Mystik als direkte Erfahrung Gottes betrachtet. Es läßt sich außerdem apriori zeigen, daß die Methode der aneignenden Meditation als solche für eine mystische Erfahrung unbrauchbar ist. Sofern sie nämlich darin besteht, einen Erkenntnis-Inhalt zum Objekt der Meditation zu machen, transzendiert sie grundsätzlich nicht auf das jenseits des Seienden liegende Sein, sondern beschränkt sich methodisch auf das Seiende und seine Aneignung. Damit ist sie aber ungeeignet eine direkte Erfahrung Gottes zu vermitteln, sie kann sich im besten Falle immer nur auf die Vorstellung Gottes richten. Versucht man daher die Aneignung in Beziehung zur religiösen Medation zu sehen, so würde sie am ehesten mit jener Meditation zu vergleichen sein, welche in möglichst ganzheitlicher Schau einen aus dem Glauben gewußten Gegenstand erlebnismäßig zu erfassen sucht. Diese Meditation dient der 116

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