Book Title: Meditation Und Mystik Im Yoga Des Patanjali
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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________________ ARCHIV FÜR INDISCHE PHILOSOPHIE MEDITATION UND MYSTIK IM YOGA DES PATANJALI Von Gerhard Oberhammer Antrittsvorlesung gehalten am 27. November 1964 an der Universität Wien Im Beginn seiner Metaphysik bemerkt Aristoteles : ,,Infolge des Staunens ist es nämlich, daß die Menschen jetzt zu philosophieren beginnen und vormals begannen, indem sie sich zunächst über naheliegende Probleme verwunderten und sich sodann, auf diese Weise fortschreitend, auch hinsichtlich bedeutender Dinge Fragen stellten..."1 Mit diesen Worten wird die Auffassung des Abendlandes von Philosophie in ihrem Kern bloß gelegt: Am Beginn des Philosophierens steht das Staunen, an seinem Ende die ,Theoria' als Lehre vom Seienden als solchen und im Ganzen 2. Damit sei nicht gesagt, daß dies die einzige Auffassung des Abendlandes von Philosophie ist, sondern nur, daß dies die leitende Vorstellung war, die bisher das Selbstverständnis der Philosophie als Wissenschaft im Abendlande geprägt hat. Dem möchte man in vereinfachender Kontrastierung jene Leitidee entgegensetzen, die in Indien die Vorstellung von der Philosophie geprägt hat, und die in klassischer Klarheit am Anfang der Sāmkhyakārikā ausgesprochen wird: „Aus der Bedrückung durch das dreifache Leid entspringt der Wunsch, ein Mittel zu dessen Beseitigung zu erkennen.“ 3 - Der Philosophie als Lehre vom Seienden steht hier in Indien die Philosophie als Lehre von der Erlösung gegenüber. Doch muß in diesem Zusammenhang bemerkt werden, daß es in Indien auch bedeutende philosophische Leistungen gegeben hat, die einer anderen, der abendländischen verwandten Denkbewegung entsprungen waren. 1 Met. 982b 11-15. 2 Vgl. M. Heidegger: Was ist Metaphysik ? Frankfurt 61951, p. 11; 17ff. 8 Sāmkhyakārikā 1 ab. 98

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