Book Title: Meditation Und Mystik Im Yoga Des Patanjali
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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Page 15
________________ Identität der beiden keine Rede sein kann, sondern diese lediglich durch die harmonisierende Tendenz Patanjali's sekundär geschaffen wurde, indem an das Meditationsschema der Aneignung die fünfte Stufe des Stillegungs-Yoga's, nämlich die Versenkung ohne unterscheidende Erkenntnis, angefügt und die jeweiligen vier Stufen der beiden Schemata mit einander äußerlich identifiziert wurden. Tatsächlich muß es sich aber historisch um verschiedene Meditationsschemata handeln. Worum es sich bei der Aneignung als yogischer Meditation handelt, wird aus ihrer Definition deutlich. Nach YS I 41 ist die Aneignung,,das Gefärbtsein als Erkenntnissubjekt, Erkennen und Erkenntnisobjekt eines Denkorgans, dessen psychische Vorgänge geschwunden sind und das [daher] wie ein Kristall ist, dadurch, daß es auf diese bezogen ist“. Das Bemühen dieser Definition zielt offenbar auf ein meditatives Phänomen, das vom Stillegungs-Yoga wesentlich unterschieden ist. Sie versucht nämlich das Problem zu lösen, wie ein Erkenntnisvorgang beschrieben werden soll, der grundsätzlich erst dann eintritt, wenn die psychischen,,Vorgänge" im Denkorgan geschwunden sind. Die Lösung dieses Problems und damit der Schlüssel zur Frage, was die Aneignung ist, liegt in dem Terminus,,tatsthatadañjanata", der mit dem schwerfälligen Ausdruck,,Gefärbtsein dadurch, daß es (das Denkorgan) auf diese bezogen ist" übersetzt wurde. Wie dieser Terminus näher zu interpretieren ist, zeigt deutlich das Bild vom Kristall. Ein Kristall, der auf einer farbigen Unterlage liegt, nimmt für den Betrachter ohne irgend eine Eigentätigkeit die Farbe der Unterlage an. Ebenso nimmt das Denkorgan die Form jener Faktoren des empirischen Bewußtseins, mit denen es bildlich gesprochen in Berührung stehen muß, soll es zu einer Erkenntnis kommen, nämlich Erkenntnissubjekt (grahitā puruṣaḥ), Erkennen (grahaṇam sinnliche Erkenntnis) und Erkenntnisgegenstand (grahyam), auch dann an, wenn es wegen der Fixierung der Bewußtseinsvorgänge (kṣinavṛttiḥ) zu keiner,,Eigentätigkeit" des Denkorgans kommen darf. = Versucht man zu bestimmen, worum es bei der aneignenden Meditation geht, und nicht, wie diese auf Grund zeitgebundener Vorstellungen psychologisch erklärt wird, so kommt man zum Schluß, daß die An 112

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