Book Title: Traditionell Indische Vorstellungen Uber Die Fuse In Literatur und Kunst
Author(s): Fur Klaus Fischer
Publisher: Fur Klaus Fischer
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Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Willem B. Bollee Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst* fur Klaus Fischer In der Fussnote zu seiner 1917 erschienenen Ubersetzung der Haris Lotosfuss gewidmeten Hymne des sudindischen Vaisnava-Lehrers Yamuna (11. Jh.), dessen Schulersschuler Ramanuja war, vergleicht Rudolf Otto eher Metaphern seiner Zeit und Umgebung mit indischem Brauchtum, wenn er sagt: ,,Der Fuss spielt in der religiosen Bildersprache Indiens die Rolle, die in der unsrigen die Hand spielt" und anschliessend hiervon einige Beispiele aus seiner Praxis als Theologe gibt: ,,Wir befehlen uns in Gottes Hande, seine Hand leitet uns, mit der Hand segnen wir, die Hand Gottes vom Himmel her war in fruhchristlicher Zeit die Andeutung der Gegenwart Gottes selber. Das Kind kusst und kost Vater und Mutter die Hand. In Indien aber neigt man sich Vater und Mutter zu Fussen, ehrt ihren Fuss. Der Schuler legt sich des Meisters Fuss aufs Haupt zum Segen. Der Glaubige fluchtet zu Bhagavant's Fussen. Man denke auch daran, dass den ostlichen Volkern und besonders den Indern bei Gewerbe und Gestikulation der Fuss gradezu eine dritte Hand ist."1 Anderes dagegen hat anscheinend Carstairs im Auge, wenn er darlegt, dass im indischen Kulturbereich die Fusse Aspekte eines Tabu-Gegenstandes haben.? * Die vorliegende Abhandlung ist aus dem Plan zu einem Vortrag erwachsen. - Fur ihre bereitwillige Hilfe bei der Beschaffung von Buchern und Artikeln mochte ich mich bei den Damen und Herren der Universitatsbibliothek Bamberg herzlich bedanken. Abkurzungen: Buddhistische Texte folgen dem Abkurzungssystem der Epilegomena zum C(ritical) P(ali) Dictionary) (Copenhagen 1948). Jainatexte wurden wie in W. Schubrings, Lehre der Jainas (Berlin 1935) abgekurzt. Sanskrittexte haben ihre Sigel nach M. Monier-Williams, A Sanskrit-English Dictionary (Oxford 1899) xxxiiif. PWB = 0. Bohtlingk/R. Roth, Sanskrit-Worterbuch (St. Petersburg 1855-75). 1 R. Otto, Visnu-Narayana (Jena 21923) 75.- Ragionare coi piedi tun die Inder aber z. B. nicht. 2 G.M. Carstairs, The Twice-Born (London 21961) 79: ,,In contrast (zum Kopf), the feet are considered to be the lowliest part of one's anatomy. Ordinarily people take great care not to come in contact with each other's feet, even in the press of a seated, barefooted crowd. (...) It was not the fact of this discrimination between the head and the feet which was unfamiliar; to some extent Westerners share in this evaluation. The difference lies in the intensity of feeling which Hindus invest in this subject." - Jemandem auf den Fuss treten verlangt sofortige Entschuldigung durch Ausstrecken beider Hande zu dem betreffenden Fuss hin (J.A. Dubois, Hindu Manners, Customs and Ceremonies (Oxford 1906] 329). Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 228 Willem B. Bollee Diese verschiedenen Anschauungsweisen laden zu einer naheren Betrachtung des untersten Korperteils - adhamanga, wie einer der Sanskritworter fur Fuss lautet - ein, und damit zu einer wenigstens andeutungsweisen Erganzung der bereits von anderen behandelten verwandten Themen wie ,,heiliger Fussabdruck",3 ,,Circumambulatio",4 ,,Weg"Sund ,,Fussgestell".6 Befassen wir uns zunachst etwas mit der pars infima in Redensarten, Metaphern, Eigennamen und als Symbol oder pars pro toto, um danach auf den Fuss mit und ohne Erdberuhrung einzugehen, und zwar jeweils unter den Aspekten von Ruhe und Bewegung, wobei letztere zumeist ergiebiger ist. Der Fuss in Redensarten, Eigennamen und als Symbol (pradaksina, Proskynese, Fussberuhrung, Fusswaschwasser, Eid bei den Fussen) Fur die Redensarten entnehme ich einer von Bohtlingk zitierten einheimischen Sammlung den Spruch ,heftiger Schmerz peinigt einen Niedrigen arger denn einen Hohen: das Gefuhl der Kalte bemachtigt sich schnell der Fusse, nicht aber der Augen, weil er, verglichen mit unsrem Ausdruck ,,kalte Fusse bekommen", ein gutes Beispiel fur die semantische Entwicklung desselben Bildes in zwei letztlich doch verwandten Sprachen bietet. Als hapax legomenon erwahne ich ferner eine Wendung des Jataka-Kommentators, wenn er einen Candala dem arroganten Veda-Schuler Setaketu sagen lasst: ,,Wenn Du meine Frage nicht beantworten kannst, nehme ich Dich zwischen meine Fusse", welche Beruhrung eines Kastenlosen fur einen Brahmanen naturlich sehr schlimm ist. Der Gehvorgang veranlasste schon einen alten rgvedischen Sanger zu folgendem Bild: wie man die Fusse einen um den anderen vorsetzt, so macht er (d. h. der Gott 3 J. Low, On Buddha and the Phrabat: TRAS 3, 1835, 57-127; R. Karutz, Von Buddhas heiliger Spur: Globus 89, 2, 1906, 21 ff. 45 ff.; J. Charpentier, Heilige Fussabdrucke in Indien: Ostasiatische Zs. 7, 1928, 1-30. 179-200 (handelt de facto hauptsachlich uber die Fussabdrucke auf dem Adamsberg in Ceylon); P. Wirz, Buddhas Fusse und Fussabdrucke: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums, Ethnographische Abt. 27 1947, 59-66; E.F.C. Ludowijk, The Footprint of the Buddha (London 1958) 11-23; U. Poley, Der Buddhapada (Diplomarbeit Berlin-Ost 1967 mit ausfuhrlicher Bibliographie). 4 W. Caland, Een Indogermaansch lustratiegebruik: Med. AdW Amsterdam, Afd. Letterkunde 4 II, 1898, 287 ff.; A. Hillebrandt, Circumambulatio: Mitteil. d. schles. Ges. f. Volkskunde (Breslau) 13-14, 1911, 3-8. S. auch die von F. Heiler in seinem Buch Erscheinungsformen und Wesen der Religion (Stuttgart -1979) 179 aufgefuhrte Literatur (bis 1923!). S J. Gonda, ,Ways in Indian religions (Selected Studies IV, Leiden 1975) 317 ff. 6 Ders., ,,Pratistha" (Sel. Stud. II) 340 ff. 70. Bohtlingk, Indische Spruche (St. Petersburg 21870) Nr. 214Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 229 Indra) den Vorderen zum Hintermann durch seine Macht (RV 6, 47, 15). Ganz anders aber heisst es viel spater in einer Pancatantra-Strophe (I 83) ,Der Weise setzt sich mit einem Fusse in Bewegung, mit dem anderen steht er still; bevor er den andern Platz genau angesehen hat, verlasst er den fruheren Standort nicht'. Ferner sei noch an das der ganzen alteren Literatur gelaufige Idiom ,,7 oder 8" fur mehrere" erinnert, 10 das Hemacandra gerne von Schritten gebraucht, z. B. bei dem Zurucktreten vor einem Lehrer" oder zum Schlagen 2 oder anderen Zwecken auf jemanden Zugehen.13 Wir kommen jetzt zu den Fussmetaphern, von denen bereits der Rgveda Beispiele liefert, so, wenn von dem einfussigen Ziegenbock (Aja Ekapad) - vielleicht die Bezeichnung der Himmelstutze 14 - oder von Regenwolken, die mit dem Fuss, d. h. durch die Strahlung der Sonne, Wasser aufziehen,1s gesprochen wird. Den Sonnenstrahl als Fuss setzt Varuna - der Gott der Konigsmacht - auf Zaubereien der nachtlichen Unholde und unterwirft sie so.16 Spater haben auch Gegenstande wie Baume und Berge Fusse.17 Ebenfalls rgvedisch ist aber die semantische Entwicklung von Fuss zu Teil, wobei das vierfussige Tier Ausgangspunkt gewesen sein mag: so wird z. B. das Jahr nach den Jahreszeiten funffussig genannt, 18 wahrend das Strophenviertel in Indien und Griechenland unabhangig entsteht.19 Ferner eignen der ChUzufolge Brahman - dem religiosen Summum - vier Fusse: Rede, Auge, Ohr und Atem.20 Hierhin gehort auch die Pada-Munze in Magadha, 4 eines kahapana,21 und pada 9 Bohtlingk, Ind. Spr., Nr. 2264; Lokaniti 159 (7:22). 10 Sa. saptastau in den Epen; pali satt'-attha im Jataka II 101, 25 (von Tagen), 369, 6 (von Tausenden von Menschen). - Vgl. noch N. Balbir, Danastakakatha (Paris 1982) 93; Caraka, Sutrasthana 14, 46 (7-8 aratnis). 11 Trisasti--salakapurusa-caritra 1, 4, 10. 12 Ebd. 1, 4, 294. 13 Ebd., z. B. 1, 2, 328; 1, 6, 152. 14 Siehe z. B. P.E. Dumont, The Indic God Aja Eka-pada, the one-legged goat: JAOS 53, 1933, 326-334; A.K. Coomaraswamy, The inverted Tree: QJMS 29 1938, 113 Anm. 3; P. Horsch, Aja Ekapad und die Sonne: IIJ 9, 1967, 1-30. - Zu Roths Auffassung von Aja als Genius des Sturms sei hier darauf hingewiesen, dass im Fruhjahr und Herbst tatsachlich in Nord-Pakistan Zyklone auftreten konnen, die im Golf von Bengalen entstehen und sich in NW Richtung uber Indien bewegen oder, nachdem sie Zentralindien oder Rajasthan erreicht haben, nach N und NW umbiegen oder gar nach W weiterziehen und der unteren Indusebene Regen bringen: siehe K.U. Kureshy, A Geography of Pakistan. (London/Karachi 1977) 31. 36, fur welchen Hinweis ich Herrn Dr. J.D. Janzen in Berlin zu danken habe. 15 RV 1,164, 7, vgl. Matsya Pur 11, 30. 16 RV 8, 41, 8. Eine ahnliche Darstellung mit Mondstrahlen findet sich z. B. bei Bohtlingk, Ind. Spr., Nr. 4036. 17 Siehe PWB s.v. pada. 18 RV 1, 164, 12. 19 AitBr 4, 4 etc.; Aristophanes, Ranae 1323. 20 ChU 3, 18, 2 ff. 21 Vinaya II 294, 16; Ja I 340, 30; in der pt ad Ja II 240, 12 jangha-kahapana gleichgesetzt. Siehe auch CPD s.v. atireka-pada. Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 230 Willem B. Bollee im Sinne von Vedaschule .22 Des weiteren nenne ich die eiserne ,,Hundepfote", die Unzuchtigen in die Stirn gebrannt wurde,23 sowie den ,,Elefantennagel" (hasti-nakha) ,,eine Art Schutzwehr an einem Stadtthor' (PWB)24 und die Lotosfusse von Respektspersonen, welches Gleichnis Carstairs recht zu geben scheint, indem es das offenbar normalerweise unmentionable durch das Bild der Blute hebt.29 Ob in diese Kategorie auch die goldenen Elefantenpfoten fallen, womit der Gildemeister Sotthiya zur Zeit des Buddha Vessabhu ein Gelande bedeckte, um es so zu kaufen und darauf ein grosses Kloster bauen zu lassen, vermag ich mangels Parallelen noch nicht zu sagen (Jataka I 94, 14). Als ,,3 Schritte" lehrt bei Hemacandra ferner ein Heiliger Entstehung, Vergehen und Dauer, in Ubereinstimmung womit die Hauptjunger alsdann den Kanon erschaffen.26 Schliesslich seien hier die drei Schritte des Buddha erwahnt, mit welchen er den Tavatimsa-Himmel bestiegen (Dhp-a III 216, 20), und die 7, die er nach seiner Geburt nach Norden gemacht haben soll. Es durfte hiermit seine symbolische Besteigung des Weltgipfels gemeint sein.Ebenfalls allegorisch gemeint scheinen die vier mit einem 22 Cf. Bana, Hear 122, 2. 23 KSS 13, 148 sunah padena dattvarkam lalate; Rajat 6, 109. - Die Pfote ist wohl auch gemeint, wenn von ,,Zeichen des Hundes" als Strafe fur Leute, die sich an Brahmanen versundigen, die Rede ist, wie Rayapasenaiya im Suttagame (Gurgaon 1954) II S. 94 Z. 9 (sunaga-lacchana); Kautilya ed. R.P. Kangle (Bombay 1960) 4. 8. 28 (83 am Ende). - Die ,,Tigerkralle" - Wagh nakh - genannte Waffe zeigt P. Holstein, Contribution a l'etude des armes orientales (Paris s.d.) Taf. XXII: 92 zitiert nach M.-Th. de Mallmann, Les enseignements iconographiques de l'Agnipurana (Paris 1962) 246 Anm. 19. - Als weitere Tiermetaphern nenne ich die Krahenfusse, womit Verunreinigungen in Diamanten verglichen (VarBIS 80, 15), vielleicht in Fachkreisen auch so bezeichnet wurden. Ebenfalls hieran denkt man bei Rissen oder Sprungen im Firmament als ,,Naturkatastrophe" (Buddhaghosa, Saratthappakasini I 174, 4 kaka-padam viya hira-hiraso ad SNI 107,3* nabham phaleyya (vgl. Ja iv 462, 20*]), bei mit einem Hackmesser in dieser Form zugefugten Wunden (ders., Visuddhimagga 179, 10; betrifft dies auch den vidusaka, Natyasastra 23, 151 (Calcutta 1967]?), und bei Sternchen zur Andeutung von Auslassungen in Listen (Rajat 4, 117). - Ein bestimmtes Nagelmal nannte man ,,Pfauenfuss" (mayura-padaka, Kamasutra 117. 120; fur die Pfau als erotisches Symboltier s. Kl. Fischer, Erotik (vgl. Anm. 142] 63), ebenso wie ein aus zwei Pfosten mit Verbindungsbalken bestehendes Gestell (mayura-pada) als Basis fur eine Holzwaage (Bhattasvami ad Kaut 2, 19, 25; s. J.J. Meyer, Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben (Leipzig 1926; Nachdr. Graz 1977) 160 Anm. 3. 24 Siehe ferner A.K. Coomaraswamy, Indian Architectural Terms: JAOS 48, 1928, 258 f.; ders., Early Indian Architecture I: EA II, 1930, 221; ders., Early Indian Architecture III: EA III, 1931, 207f. ,,the technical term ,elephant nail' is evidently derived from the projection of the elephant's feet beyond the abacus (einer Saule) making the nails conspicuous when seen from below." 25 Vgl. C. W.M. Verhoeven, Symboliek van de voet (Assen 1956) 108. Freilich bezeichnen die Inder die menschlichen Extremitaten gleichermassen als Hand- bzw. Fusslotus oder -spross. 26 Hemac Trisasti 1, 4,784; 2, 3, 815; 3, 1, 374; 3, 2, 152 et passim. 27 Siehe A.K. Coomaraswamy, Some Pali Words (Selected Papers II, Princeton 1977) 306. - M. Winternitz, Gesch. der ind. Litt. II (1920), 196 Anm. 2; M. Eliade, Les sept pas du Bouddha, in: Pro Regno, pro Sanctuario (Festschrift G. van der Leeuw, Nijkerk 1950) 169-175. Fur die Darstellung in Nagarjunikonda (3. Jh. n. Chr.) s. H. Hartel/J. Auboyer, Indien und Sudostasien (Frankfurt a. Main 1971) Abb. 32. Ferner noch D. Seckel, Jenseits des Bildes (Heidelberg 1976) 13 u. Abb. 8. Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 231 Elefantenfussstapfen (hatthi-pada) verglichenen Fusse bzw. Fussabdrucke des Buddha MajjhimaN I 176, 3, wo man pada vielleicht als , Kenn- oder Wahrzeichen, Merkmal' auffassen kann. 28 Von dem - von Hilka behandelten29 - Fuss in Eigennamen wird jetzt die Rede sein. Es sei zunachst das fabelhafte Volk der Einfusser genannt, das im Mahabharata u.a. zusammen mit den Einwohnern Keralas aufgelistet wird- sie erinnern an die legendaren XxLatodes oder Schattenfussler, die der griechische Indienfahrer Skylax im 6. Jh. v. Chr. als Wunder des Morgenlandes in die europaische Literatur einfuhrte31 - und, als Ubergang zum nachsten Punkt, den Vaisesika-Philosophen Prasasta-pada, dessen Name etwa ,der Gute oder der Hervorragende zu heissen und wobei pada seine Bedeutung verloren zu haben scheint, es sei denn, Prasasta ware ein Gottername. Sivaramamurti spricht hier von einem ,suffix, when respectful mention is intended" - wozu er als Beispiele bhagavat-pada (so, mit kleinem bh-), Sri-Sankaracarya-pada und Gaudapada anfuhrt -, auch spottisch gemeint wie in Kukkuta-misra-pada.32 Diese Bildungen waren dann in etwa den periphrastischen, formelhaften Verbindungen mit dem appositiven Genitiv vom Typ Bin Aloundeos in Homer (E 781) und Jous in der Tragodie33 vergleichbar, 34 wobei letzterer aber kommende Personen umschreibt, mithin noch etwas von seiner ursprunglichen Bedeutung bewahrt hat. Formationen mit -pada erscheinen besonders in visnuitischen Kreisen in Bengalen und Orissa, z. B. 28 Buddhaghosas Glosse nana-pada, nana-valanja (Ps II 197, 10) erscheint wenig hilfreich. 29 A. Hilka, Die altindischen Personennamen. Beitrage zur Kenntnis der indischen Namensgebung (Indische Forschungen 3. Heft, Breslau 1910) 130. 30 Eka-padas: Mbh cr. ed. 2, 28, 47, 47, 16. Die von Varahamihira in der BrS 14, 31 genannten Eka-caranas wohnten aber angeblich im Nordosten Indiens. Siehe auch P. O. Bodding, ,,The Santals and Disease". Mem. As. Soc. Bengal 10, 1. Calcutta 1925. S. 126 ,,The traditional Kamru country is a country of strange people with strange powers; the inhabitants can at will turn a man into a dog or any other animal. In those parts of the world the fabulous ekagudia and ghormuha are found, with one leg and heads like that of horses, otherwise human beings, who buy and eat people." Vgl. noch infra, S. 264. 31 Siehe Fr. Pfister, ,,Von den Wundern des Morgenlandes": Deutsches Jahrbuch fur Volkskunde 1, 1955, 127 ff.; G.B. Gruber, Historisches und Aktuelles uber das Sirenen-Problem in der Medizin: Nova Acta Leopoldina NF. 117, Bd. 17 (Leipzig) 1955, 106. 118. 32 C. Sivaramamurti, Sanskrit Literature and Art - Mirrors of Indian Culture (New Delhi 1970) 86. - Vgl. S.R. Marathe, der zu tata-padah in Bhavabhuti, Uttararamacarita I 19 bemerkte: ,,pada when an uttara-pada in such compounds (d.h. karma-dharayas), indicates prasamsa. The samasa is regulated by the rule prasamsa-vacanais ca (Panini 2, 1, 66). The plural is due to gaurava - revered father" (Bhavabhuti's Utt. II. Poona, n.d. 1939[?], 33). Ahnlich ausserte sich bereits R. Pischel in seinem Beitrag ,,Abhinavagopanasipada" zur Festschrift A. Weber (Gurupujakaumudi, Leipzig 1896) 102: ,,Bei Mammata ist padah in Abhinavaguptapadah lediglich Ausdruck der Hochachtung vor Abhinavagupta." Vgl. L. Renou, Grammaire sanskrite (Paris 21961) 276. - Den Dichter Narayana Bhatta-pada aus Kerala (15. Jh.) erwahnt Sivaramamurti in seinem Buch Rishis in Indian Art and Literature (New Delhi 1981) 220. 33 Liddell-Scott, A Greek-English Lexicon (Oxford 1940) s.v. 34 Siehe ferner E. Schwyzer/A. Debrunner, Griechische Grammatik II (Munchen 1950) 122. Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 232 Willem B. Bollee Prabhu-pada3s und Bhagavat-padacarya 36 Obwohl Gauda eine alte Bezeichnung fur Bengalen ist, gehort Gauda-pada offenbar ebensowenig wie Aksa-pada in diese Kategorie. Den Namen des Nyayasutra-Verfassers erklart Monier Williams mit ,having his eyes fixed in abstraction on his feet', obschon man auch an dessen Fusse mit einem Rad versehen / wie ein Wurfelstein o.a. sind denken konnte. Eigennamen sind mit Hilka oft Spottnamen, deren Ursprung unklar ist, oder Abkurzungen. Auch -pada kommt in Bengalen vor, und zwar in modernen Eigennamen wie Tarapada und Bishnupada Bhattacharya, Haripada Chakraborti etc. Dr. Dasgupta zufolge hat -pada hier den Sinn von Zuflucht oder ,Hingabe 38, und bei Lexikographen wird es als Synonym von trana ,Schutz' (pwb) verzeichnet. Ferner erhielten einige KhmerKonige postum solche Namen: Jayavarman IV Parama-siva-pada, Jayavarman V Parama-kaivalya-pada und Suryavarman I Nirvana-pada.39 Dieser symbolische oder synek dochische Gebrauch von pada tritt schon RV 6, 29, 3 auf, wo der Dichter zu Indra sagt ,Dir zu Ehren kommen die Huldigungen zu deinen Fussen (Geldner), und im Mbh lesen wir, dass Konig Drupada den Fussen eines Asketen Gehorsam lobt;40 bei Somadeva sucht ein Sabara Zuflucht zu den Fussen der Gottin Bhavani, 41 und Hemacandra setzt tantis verbis die Fusse Rsabhas - des ersten Jaina-Heilands - mit dessen Person ins eins.42 Die Vorstellung lebt auf der Insel Java im Titel des Herrschers von Surakarta - Susuhunan - weiter, welcher eigentlich was man sich respektvoll auf den Kopf stellt', sodann ,Fusse des Fursten' bedeutet.43 Einen interessanten Fall bilden auch die Fusse der sudindischen Reisgottin Gauri, 35 Caitanya-caritamrta, Madya-lila 10,23 (Bhaktivedanta Book Trust, Vaduz 1981) mit ,Herr der (aller) prabhus' ubersetzt. 36 In MW, wie ublich, mit ,name of an author' aufgefuhrt war er der beruhmte bengali Ubersetzer und Favorit Caitanyas (freundliche Auskunft von Herrn Dr. A. Dasgupta/Heidelberg). 37 Hilka (vgl. Anm. 29) 124. 38 Bh. Datta, A Linguistic Study of Personal Names and Surnames in Bengali (Calcutta 1981) war diesbezuglich leider unergiebig. 39 Siehe M.K. Sharan, Studies in Sanskrit Inscriptions of Ancient Cambodia (New Delhi 1974) 139.259.264. 40 Mbh cr. ed. 1, 155, 10 (Drupado raja ...) pada-susrusane yuktah. 41 Somadeva, KSS 22, 88 aham Bhavani-padaika-saranah Sabaradhipah. Vgl. BhagPur 4, 29, 50 (Zuflucht zu Haris Fussen). 42 Hemac Trisasti 1, 3, 378 kulisankusa-cakrabja-dhvaja-matsyadi-lanchitaih drstaih svami-padanyasair drstah svamy eva bhavatah. - Auf dem Titelblatt des Visesavasyakabhasya (Ahmadabad V.S. 2489) erhalt der Autor Jinabhadra das Honorifikum pujya-pada. - Hierher gehoren auch zwei Ausdrucke, die ich aus A.K. Chatterjee, A Comprehensive History of Jainism (Calcutta 1978) notierte: ,,This inscription [Epigraphia indica Bd. 38, 5 ff.] tells us that (...) Indra III who mediated on the feet of his grandfather Krsna II (...) granted two villages to a Jain monastery (...)" (S. 165) und ,,Sivarya, who studied the Mula Sutras under the feet of Arya Jinanandi Gani (...)"[S. 297]. 43 Vgl. den Titel ,,Gottliche Fusse" des siamesischen Konigs, fur letzteren siehe R. Karutz, Von Buddhas heiliger Fussspur: Globus 89, 2, 1906, 24 Anm. 33, wie sich der Khmer-Konig ,,Vrah pada ,heilige Fusse nennen liess (M. Giteau, Angkor (Stuttgart 1976] 194). Page #7 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 2 33 die wahrend des Erntefestes mit rotem Puder auf dem Boden des Hausflurs gemalt werden. 44 Hierhin gehort ferner noch die Fussumwanderung - pradaksina - als Ehrerbietung, wie von Laksmana bei Rama im Ramayanas (die Zirkumambulation der Person selbst ist bereits im RV bezeugt). 46 Sie weist auf eine gewisse Dienstbarkeit, in Zusammenhang, womit ein Vergleich einiger Worter fur Sklave bzw. Sklavin in den alten indogermanischen Sprachen gestattet sei: das seit Herodot belegte, nach Tetparoda , Vierfusser' gebildete aveganoda Menschenfussler bezeichnet ursprunglich die Kriegsgefangenen, sodann zu Sklaven gemachten Auslander im Gegensatz zu doulou, den unfrei Geborenen; - der servus a pedibus oder ,Laufbursche', vgl. engl. footman;47 der padopajivin ,von jemandes Gnade, eigentlich: Fussen oder Person lebend im Divyavadana,48 womit der pada-mulika im Lalitavistara49 und der pada-paricarika (wahrscheinlich ,Diener von jemands Fussen") bei Hemacandraso zu vergleichen ware; und schliesslich das zweifussige Vieh in PVB 20, 14, 6 gacchati pasunam bhumanam dvi-padam catus-padam ya evam veda, womit wohl Sklaven gemeint sind. Schliesslich ist die homerische auciolos, die um ihre Herrin sich bewegende Dienerin, engl. ,handmaid' hier nebenzustellen. Gilt die Ehrbezeugung also die Fusse stellvertretend fur die Person, so nimmt es nicht Wunder, dass Respektsverweigerung mit Abhauen eines Fusses geahndet wird, wie ein junger Brahmane seitens eines Hirtenfursten erfahren musste.Si Die koniglichen Fusse, die selbst die Erde nicht betreten durfen, wie wir unten sehen werden, und die somit meistens beschuht sind, S2 gelten auch so fur die Person des Herrschers, wie klar aus dem Ramayana hervorgeht, wenn Rama namlich vor Antritt seiner Verbannung dem Prinzen Bharata seine Sandalen als Symbol seiner Autoritat 44 W. Kirfel, Symbolik des Hinduismus und des Jinismus (Stuttgart 1954) 46. 45 Ram 2, 60, 6 Laksmanas capi Ramasya padau paricaran vane. - Umwanderung eines Toten: Ram 4, 25, 50; Hemac Trisasti 2, 6, 463. - Der Gott Sakka ehrt den Pratyekabuddha Nami: Utt 9, 59. 46 Bezuglich Agni RV 5, 60, 1. 47 ,,Orig., a man who ran on foot beside his master's horse or carriage" (Webster's New World Dictionary of the American language. 2nd College ed. N. Y. 1976). 48 Divy 537, 4 (Schmidt, Nachtrage zum pwb). 49 LV 2, 20; auch im Sekundarpali. So Mahaviracaritra laut MW (ohne Beleg). Dass Diener zu Fuss gehen, ist wohl zu evident (so 'nvagami nrpaih pada-caribhih kim-karair iva, Hemacandra ebd., 2, 4, 12), als dass sie danach bezeichnet wurden. 51 Somadeva, KSS 18, 36. Bana, Hcar (Bombay 1946) 78, 5 erwahnt als Milde seitens Harsa, dass wahrend seiner Regierung das Abhacken der Fusse (als Strafe fur lese-majeste) ausnahmsweise nur im Metrum vorgenommen wurde. Im Rayapasenaiya (Suttagame II 87, 15) ist es die Strafe fur den Nebenbuhler des Konigs, wahrend Manu 8, 280 sie fur Sudras empfiehlt, die einen Arya treten wollen. Vgl. die Verfluchung des Yama weiter unten (S. 276). S2 Sandalen (paduka) gehoren zu den 5 Insignien eines Konigs (sa. panca-kakudani; pali panca kakudhani), z. B. JB I 22; Ja V 264, 24* ; s. auch R.C. Temple, Notes on a Collection of Regalia of the Kings of Burma of the Alompra Dynasty: IA 31, 1902, 444. Page #8 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 234 Willem B. Bollee ubergibt.53 Dieser umwandert sie voller Respekt und stellt sie sich danach auf den Kopf.$4 Auf der Insel Java spricht man bekanntlich zum Sultan von Jogyakarta lediglich uber seine Sandalen - paduka(h) -, weil die personliche Anrede nur zwischen sozial Gleichen moglich ware. Deshalb erhielt padukah die Bedeutung ,Herr, Maie stat.55 Die Anrede des Fursten ist zumeist mit einem Fussfall verbunden. Er findet nicht nur aus reinem Respekt,$6 sondern auch beim Wiedersehen statt,57 aus Dankbarkeit 58 oder begleitet eine Bitte um Schutz,99 Vergebung oder Sonstiges. 61 Oft erwahnen die Texte zusatzlich Fussberuhrung mit Handen oder Haaren; im letzteren Fall streift der oberste und damit beste Teil des oder der Ehrerbietenden in einer Polarisierung den untersten, mithin niedrigsten Teil einer Respektsperson. Beispiele sind Raja Pasenadis Begrussung des Buddha, bei dem er dessen Fusse kusste und streichelte; 62 das 3. Avassaya des Jainamonchs, mit verehrungsvoller Anrede an den Vorgesetzten unter Beruhrung seiner Fusse mit den Handen, anschliessend eine Bitte um Nachsicht gegen die Verstosse wahrend des Tages und der Nacht;63 der Brahmanenschuler Megha, der den Buddha Dipamkara uber seine ausgebreiteten Haare $3 Ramo (...) paduke casya (Bharatasya) rajyaya nyasam datva (Ram 1, 1, 37b), vgl. 2, 112, 21 und 23; 115, 15 f. - Siehe ferner z. B. J. Auboyer, Le trone et son symbolisme (Paris 1949) 63. 54 Ram 2, 112, 29 dargestellt z. B. im 15. Jh. in Vijayanagar, s. C. Sivaramamurti, Panorama of Jain Art. South India (New Delhi 1983) Abb. 5. SS J. Gonda, Sanskrit in Indonesia (Nagpur 1953) 78. 132. 333 f. 56 So heisst es z. B. bei T. Ramakrishna, Life in an Indian Village (London 21911) 165 von Schwiegersohnen, die mit ihren Frauen deren Eltern zum Pongalfest besuchen und von diesen Geschenke erhalten, dass dann ,,they fell at the feet of their fathers-in-law and mothers-in-law as a token of gratitude and respect". $7 Mbh 3, 204,7 f. sieht ein frommer Jager seine Eltern; Ram 7, 44, 17 (Wiederbegegnung seiner Bruder mit Rama); Ja VI 33, 1; KSS 29, 181; Jinakirti (15. Jh.), Pala-Gopala-kathanaka Str. 218 neigen zwei Prinzen sich auf die Fusse ihrer Mutter. 58 Somadeva, KSS 71, 7 (beim Erblicken des Lebensretters). 59 Ram 6, 19, 3. 60 Mbh 13, 12, 37 bittet der Rsi Bhangasvana, der Indra beleidigt hat, diesen um Vergebung; das gleiche tut die Affin Tara Ram 4, 20, 25 ihren sterbenden Gatten Bali, wenn sie ihn unwissend beleidigt haben sollte; KSS 74, 308 versucht der Konig Bhimabhata den Eremiten Uttanka, der ihn verflucht hat, in dieser Weise zu beschwichtigen. 61 Ram 2, 112, 14 (zur Bekraftigung einer Bitte); 2,12, 36 (als Zeichen von Treue/Gehorsam); KSS 27, 54 (beim Abschied/aus Dankbarkeit uber eine vernommene Heilslehre); ebd. 69, 62 fallt ein Mahout, dessen Frau mit seinem Geld durchgebrannt ist, einem Asketen zu Fussen, in der Hoffnung auf Auskunft, die zur Wiedererlangung der Fluchtigen fuhren konne. 62 Majjhima-Nikaya II 120, 1f. 63 Siehe W. Schubring, Die Lehre der Jainas (Berlin 1935) 170 und vgl. die Avarta-Verehrung, bei welcher der Glaubige ein Sutra rezitiert und an sechs Stellen darin die Fusse des Lehrers, wenn anwesend, beruhrt (sonst die Erde), v. Pancapratikramanasutra, Suguruvandanasutra 72 ff. zitiert nach H.M. Johnson, Trisastisalakapurusacaritra V (Baroda 1962) 120 Anm. 134. - Ein Beispiel der Fussberuhrung zum Abschied findet sich u.m. noch Mbh cr. ed. 12, 58, 27; aus Sorge um einen Kranken (KSS 73,218); vor Freude (Ram 1, 49, 17; KSS 73, 8; 74,319, 75,6). Page #9 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 235 Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst schreiten liess,64 und die Proskynese der Konigin Sunanda vor dem Monch Sambhuta, wobei sie mit ihren langen Haaren seine Fusse beruhrt, was den Monch wiederum nicht unberuhrt lasst.65 Selbst sah ich 1965 in Burma eine Frau ihre Haare uber die Fusse des mumifizierten Sun Lun Saya in Myingyan werfen. Einen postumen Fall bilden noch die Haare des hingerichteten Ministers Sandhimati, die auf die Fusse seines Gurus fallen, wenn dieser dessen Korper vom Pfahl abnimmt.66 Menschliches auf Tiere ubertragen findet sich im Falle vom Kanthaka, der beim Abschied vom Bodhisatta auf der linken Vorderhand kniet und die Fusse seines Herrn mit Tranen benetzt.67 Die Fussberuhrung soll heute nurmehr auch bei Politikern vorgenommen werden,68 z. B. als die,,bandit queen" Phoolan Devi sich im Februar 1983 mit ihrer Bande dem Chief Minister von Madhya Prades, Arjun Singh, ergab (The Observer vom 13.2.1983). Sie findet aber besonders auch noch im religiosen Bereich statt," wobei Visnu-Devotees sich stellvertretend fur die Fusse ihres Acaryas sogar die Abdrucke auf einem Seidentuch regelmassig auf den Kopf legen.70 69 Die Handlung als solche eignet naturgemass bestimmten Tieren, wie z. B. eine Antilope die Fusse eines Asketen leckt"1 oder ein Hund seinen Kopf auf die Fusse seiner Besitzerin legt." Schwer vorstellbar ist fur uns das Trinken des Fusswaschwassers - padodaka oder caranamrta73 heiliger oder auch nur geliebter Personen.74 Hierbei durfte es sich 64 Mahavastu I 238, 13 (...) Bhagavato Dipamkarasya (...) kesehi pada-talani samparimarjanto; siehe Abb. 72 in M. Hallade, Indien (Fribourg 21975) (Shotorak, Afghanistan); A. Foucher, L'art grecobouddhique du Gandhara (Paris 1905) Abb. 139-141. 65 H. Jacobi, Ausgewahlte Erzahlungen in Maharastri (Leipzig 1886) 3, 33; vgl. Hemacandra, Trisasti 9, 1, 96 tasyas calaka-samsprsam Sambhuta-munir anvabhut. - Vgl. Hemac, ebd. 1, 3, 280 Bhartur luthitva pada-pankaje Sreyamso 'marjayat kesaih und die Darstellung von Radha, die mit ihrem Kopf den rechten Fuss Krsnas beruhrt, im Victoria and Albert Museum, abgebildet in V. Ions, Indian Mythology (London 1967) 56; G. Frazer, The Golden Bough (London 1922 [1950]) 235. 66 Rajatarangini 2, 88. 67 Siehe Kl. Fischer, Zu erzahlenden Gandhara-Reliefs: AVA-Beitrage 2, 1980, 265. 286 < Buddhacarita 6, 53. 68 "A generation ago it was still customary to touch the feet of the father and other older and respected persons, and it is still possible to see people touching the feet of politicians" (P. Spratt, Hindu Culture and Personality [Delhi 1977] 53). Der Brauch ist nach wie vor aber ublich. 69 Siehe z. B. Thomas Ross in seinem Artikel,,Erlosung in Kurukshetra" in bezug auf Dudu Baba, einen,,heiligen Mann", der seinen asram bei Hardvar hat (FAZ vom 18. 12. 1982, Beilage Bilder und Zeiten, S. 2). 70 W. Kirfel, Symbolik des Hinduismus und des Jinismus (Stuttgart 1959) 90. Bana, Hear 237, 12. 72 J. and R. Godden/St. Snead, Shiva's Pigeons. An experience of India (London 1972) 334. 73 Die Lexika (PWB mit Schmidts Nachtragen, MW) fuhren diese Worter nicht mit Belegstellen auf. Padodaka erscheint VaikhanasaGS 3, 22, 13; apokryph im Mbh und z. B. in dem Halbsloka mir unbekannter Provenienz, den ich Herrn Prof. K. C. Lalwani, Calcutta, verdanke: Visnupadodakam pitva sirasa dharayamy aham. Ferner z. B. im Vinaya pali I 9,8 et passim. 74 Siehe z. B. BhagPur 10, 87, 23 (von Krsna); W. Crooke (vgl. Anm. 219) I, S. 242; M.S. Stevenson (vgl. Anm. 181) 388; J. M. Campbell, Notes on the Spirit Basis of Belief and Custom: IA Page #10 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 236 Willem B. Bollee ebenfalls um eine Teilbetrachtung handeln, denn gelegentlich wird auch das Badewasser uberhaupt benutzt, wie z. B. das des ersten Tirthakara Rsabha, welches die Gotter sich, sobald es auf die Erde gefallen war, uber den Kopf gossen oder sich damit den Korper besprengten.7s Als Losungsmittel diente es der Vergiftung der Mira Bai.76 Der Fuss als pars pro toto kann an sich wiederum von einer Zehe reprasentiert werden: so trinkt die fromme Ehefrau Waschwasser der linken Zehe ihres Mannes.77 Der Prinz Malladinna von Mithila lasst von einem Kunstler, der nur einen Korperteil von jemandem zu sehen braucht, um ihn ganz darstellen zu konnen, ein Bildnis seiner Schwester Malli malen, nachdem er ihre grosse Zehe einmal erblickt hat.78 Weiter beruhrt der Vedastudent bei seiner Einfuhrung mit der rechten grossen Zehe einen Stein, um dadurch symbolisch dessen Festigkeit und Gewicht auf sich zu ubertragen,79 und in Gujerat stosst der Bruder der Braut beim asmarohana leicht die Zehe des Brautigams mit einem Muhlstein an als Symbol der auf dem Wege der Ehe zu uberwindenden Widerstande.80 Damit ferner der Tote nicht wiederkommt, werden in Indien81 wie fruher in Westpreussen seine grossen Zehen zusammengebunden.82 Die Nagel der Zehen von Fursten usw. dienen in der Kunstdichtung oft zum Reflektieren der Kronjuwelen niedriger Konige 83 oder wurdigen die Erde mit ihren Strahlen.84 Abschliessend ein Wort uber den Eid bei den Fussen. Wie Oldenberg dargetan hat, ist der altindische Eid die Verfluchung der eigenen Person, spater auch deren Besitz und ihrer Angehorigens zur Vernichtung bzw. zum Tode fur den Fall der Unwahrheit ihres Wortes. 86 Die eigene Person kann von den Fussen vertreten werden, wie wenn 27, 1898, 158 (Beispiele aus Kathiawas und Dharwar (ostl. von Goa)); J. Campbell Oman, The Mystics, Ascetics and Saints of India (London, 1905; Nachdr. Delhi 1973), 195; B. Saraswati, Brahmanic Ritual Traditions in the Crucible of Time (Simla 1977) 193 (Brautigam trinkt Brautfusswaschwasser in Nepal). 287 (Braut trinkt usw.) - Ahnliches erwahnt H.S. Levy von chinesischen Liebhabern (Chinese Footbinding [N.Y. 1966) 51). 75 Hemac Trisasti 1, 2, 526. Siehe auch infra S.239. 76 M. Macauliffe, The Legend of Mira Bai the Rajput Poetess: IA 32, 1903, 331. 77 M.S. Stevenson (vgl. Anm. 181) 388. 78 W. Schubring, Nayadhammakahao (Wiesbaden 1978) 28; G. Roth, Malli-jnata (Wiesbaden 1983) 195 ff. Ferner J. Hertel, Jinakirtis ,,Geschichte von Pala und Gopala" (Leipzig 1917) 100. 79 VaikhanasaGS 2,5. 80 B. Saraswati, Brahmanic Ritual Traditions (vgl. Anm. 74) 191; s. auch J. v. Negelein, Weltgeschichte (vgl. Anm. 82) 54 f. 81 W. Caland, Die Altindischen Todten- und Bestattungsgebrauche (Amstersdam 1896) 14 f. 82 J. von Negelein, Weltgeschichte des Aberglaubens I (Berlin 1931) 55. 83 Hcar 52,8 etc. 84 U.m. Hcar 72, 6. 85 Sape, Satvata, putrabhyam istena sukytena ca (Mbh cr. ed. 7, 131, 6). 86 H. Oldenberg, Die Religion des Veda (Stuttgart 21917) 518; J. v. Negelein, Weltgeschichte (vgl. Anm. 82) 224 ,,Die Schwur als Selbstverfluchung ist zugleich ein eventuelles Selbstopfer (...), wie beim Opfer beruhrt der Schworende den eignen Korper oder die statt dessen verpfandeten lebenden oder leblosen Dinge, so z. B. das Haupt des Sohnes oder der Gattin, in jedem Falle aber naturlich einen integrierenden Teil des eigenen Selbst (...)" Page #11 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 237 Rama bei seinen Fussen und seinem Leben schwort, alle als Feinde zu betrachten, die ihn davon abbringen wollen, Sita in Valmikis Einsiedelei fuhren zu lassen.87 Man kann sogar bei den Fussen eines Freundes schworen, wie Satyaki bei denen Krsnas und den eigenen guten Handlungen.88 Die Fussschwur ist mit der vereinzelten Schuhschwur bei uns zu vergleichen: ,,Ich treib si in ain enges hol, tut si icht anders dann ich tu, das han ich gesworn bei meinem schu. 89 Ein anderes Eidverfahren findet sich spater in Kalhanas 1150 nach Chr. verfasster Geschichte von Kasmir: nach Verlust seines Throns geht der Konig Cakravarman den Damara Samgrama um Hilfe an, der ihm, der sprichwortlichen Undankbarkeit von Konigen eingedenk, diese nur im Rahmen eines mit einer Schwur besiegelten reziproken Beistandsvertrages zusagt. Dazu stellten beide ihren (rechten?) Fuss auf eine mit Blut besprengte Schafshaut und schwuren sich, Schwert in der Hand, mit einer Libation Treue. Fur dieses Verfahren gibt es anscheinend sonst in Indien keine Parallelen. Ferner wird aus Kathiawas die Eidesleistung mit der Hand auf Sivas Fuss berichteto!, und schliesslich sei noch als Steigerung der Eid bei dem Fussstaub des Konigs erwahnt, den uns Bana beschreibt.92 Wir erreichen jetzt den Punkt ,,Fuss mit Erdberuhrung", der in Menschen-, Tierund Damonenfusse sowie in Podest, Basis oder Sockel unterteilt wird, die Menschenfusse wiederum in Mahapurusa- und gewohnlicher Sterblicher Fusse. 87 Sapita hi maya yuyam padabhyam jivitena ca (Ramayana (Bombay, 1930] 7, 45, 21). Fusse und Leben scheinen - wie oben Sohne und gute Taten - zusammenzugehoren. Ferner sagt Mecchakatika 8,37 Sakara zum Vita ,,savami Bhavassa sisam attana-kelakehim padehim". ** Sape 'ham Krsna-caranair ista purtena caiva ha (Mbh cr. ed. 7, 131, 14). - G.A. Grierson, Bihar Peasant Life (Calcutta 1885) S 1451 erwahnt einen Eid bei den Beinen eines Brahmanen, die man beruhrt. 89 Grimm, Deutsches Worterbuch, Bd. 9 S. 1851 Art. ,,Schworen beim Schuh" sub xanta. 90 Rajatarangini 5, 326 mit Steins Anm. - Vgl. aber das OQXLQ TeuveLv, bei dem der Schworende seinen Fuss auf die abgeschnittenen Testikel des Opfertieres stellte (s. M. Nilsson, Geschichte der griechischen Religion I (Munchen 1940] 129; W. Burkert, Homo necans (Berlin 1972] 46; ders. Griechische Religion der archaischen und klassischen Epoche (Stuttgart 1977] 381). 91 J.M. Campbell, Notes (vgl. Anm. 74), 158; vgl. Rajat 7,561 ,Bijja (...) ever swore by the feet of (King) Kalasadeva as if she were] a deity' (Ubers. A. Stein). 92 Hcar 194,5 sruyatam me pratijna: ,,sapamy aryasyaiva pada -pamsu-sparsena, yadi (...) na karomi, (...) pataki patayami atmanam". Page #12 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 238 Willem B. Bollee Der Fuss mit Erdberuhrung Menschenfusse Mahapurusafusse Ein Mahapurusa ist bekanntlich jemand, den besondere Korpermerkmale als kunftigen Erleuchteten oder Weltherrscher auszeichnen. Eins dieser laksanas ist ein Rad, das vielleicht an die Sonne erinnert, die einmal bei einer Differenz mit dem Gott Indra unter dessen Fuss geriet und darin einen Abdruck hinterlassen haben mag. Jedenfalls heisst es im spaten JB (2, 369), dass Indras Nachfolger Prajapati ebenso auf einen Feind, das materialisierte Ubel, das seinen Fuss umklammerte, auftrat und dass in dieser Weise die Wolbung in seinen Fussen entstand.94 Nach einer anderen Theorie entstammt das Rad der Visnu-Mythologie. Es ist bekanntlich schon kanonisch sowohl auf den Fussen des Buddha wie auf denen des jinistischen Pratyeka-Buddha Abb. 1. Buddhafuss in Bodh Gaya (aus: N. Douglas, Tantric Yoga New Delhi 19711 45). 93 Siehe W. Bollee, A Note on Evil and its Conquest from Indra to Buddha (Studies in Honor of Edward Conze, Berkeley 1977) 373 ff. 94 Entsprechend die Fusswolbung beim Buddha: D II 17, 24; III 143, 20; - beim Jina Aup S 16 (Leumann, S. 31, 6), Tandulaveyaliya (ed. W. Schubring, AdW Mainz. Wiesbaden 1969), S. 8 Z. 2 95 Mbh cr. ed. 12, 331, 25. Weitere Literaturangaben bei A. Mette, Vedhas in Lalitavistara und Divyavadana: WZKS 17, 1973, 21 Anm. 3 (freundlicher Hinweis von Herrn Prof. Kl. Bruhn). 96 D II 17, 13f.; - Abbildungen finden sich z. B. bei J.E. van Lohuizen, The Scythian Period (Leiden 1949) Abb. 31 (Katra); W. Macquitty, Buddha (London 1969) 46 f. (Bodh Gaya); R. Karutz, Von Buddhas heiliger Fussspur: Globus 89,2, (Braunschweig) 1906, 23 (thailandische Holzschnitzerei im Lubecker Museum fur Volkerkunde); I. Armelin, Le roi detenteur de la roue solaire en Page #13 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 239 Nami belegt. Ein anderes hier interessierendes Merkmal sind die (Hand- und) Fussmembranen (jala) von gottlichen Wesen wie Nara und Narayana und von Mahapu 98 rusas. Die Fusse des hl. Rsabha reinigen die Erde," ihre blosse Ansicht ist bereits karmantilgend; die Heilung korperlicher Leiden durch Fussauflegung von Respektspersonen wie das von Kaiser Vespasian uberliefert wird,101 kommt unten bei der Fussgeburt zur Sprache. 102 In Anbetracht dieser Eigenschaften verwundert es nicht, dass zur Reinigung von ,,Sunden" Glaubige sich den Korper mit dem Waschwasser der Buddha-Fusse besprengen." Schliesslich sind hier noch Dinge zu behandeln, die an oder unter den Fussen entstehen, zunachst Haare, wonach ein Konig von Anga Lomapada hiess.104 Ein verbreitetes Marchenmotiv 105 bilden Pflanzen, die infolge des befruchtenden Kontaktes in den Fussstapfen heiliger Personen, bes. von Frauen, spriessen,106 denn der Fuss gehort zu 103 revolution (cakravartin) selon le Brahmanisme et selon le Bouddhisme (Paris 1975) 68 (Wat Jetubon); H. Zimmer, The Art of Indian Asia II (New York 21968) Abb. 556 (Angkor Vat). 97 Utt 9, 60; vgl. von Mahavira Aup $16 (ed. Leumann, S. 31, 12) und Tandulaveyaliya (ed. Schubring), S. 8 Z. 4 v. u.; bei Rsabha, in Hemac Trisasti 1, 2, 686. - Hemacandra, ebd. 1, 3, 380 wird ein dharma-cakra uber den Fussabdrucken Rsabhas gestellt, damit nicht auf sie getreten wird. Die Fussabdrucke des Srutakevalins Bhadrabahu wurden im Marg-Heft 33 (1980),,In Praise of Gommatesvara. Sravana Belgola" abgebildet, die des Parsvanatha in Hampi, welche in entgegengesetzter Richtung nebeneinander die Allwissenheit ihres Besitzers andeuten mogen, in C. Sivaramamurti, Panorama of Jain Art. South India (New Delhi 1983) 12 Abb. 3. 98 Mbh cr. ed. loc. cit. jala-pada-bhujau tau tu padayos cakra-laksanau. Vom Buddha D II 17, 23 (jala-hattha-pada); III 143, 19. Beim Jina sind sie nur an den Handen: Aup SS 16 (ed. Leumann, S. 30. 6). Auch Kalidasa spricht beim Cakravartin nur von Membranen zwischen den Fingern: cakravartilaksanam (...) jala-grathitangulih karah (Sak 7, 16), im VisnudhPur dagegen gibt es sie ebenfalls zwischen den Zehen (37,5). 99 Hemacandra, ebd. 1, 3, 298; 1, 6, 258; -vgl. 8, 3, 698. 100 Hemacandra, ebd. 1, 4, 780; ebenso ihre Beruhrung 1, 6, 179 tvat-padambhoja-samsparsad diryate karma dehinam. 101 Sueton, Vesp 7. Siehe ferner z. B. E. Bozzano, Ubersinnliche Erscheinungen bei Naturvolkern (Bern 1948) 202 (behandelt einen Fall in S-Afrika); H. Webster, Magic (N. Y. 1973) 107 (Gegenzauber b. d: Todas). 102 Der Fall von Ahalyas Fluchbefreiung ist nicht eindeutig: Ram 1, 48, 31 sagt Agastya zu ihr yada tv etad vanam ghoram Ramo (...) / agamisyati (...), tada puta bhavisyasi, was 7, 30, 43 beim Erblicken geschehen soll: tam draksyasi yada, bhadre, tatah puta bhavisyasi. Zur Unsichtbarkeit verflucht nimmt sie schon wieder Gestalt an, wenn Rama und Laksmana den Asram betreten. Die letzteren beruhren daraufhin ihre Fusse, wahrend sie die Fusse der Bruder wascht (1, 49, 13-18). - Die Szene wurde z. B. abgebildet in Deogarh im 5. Jh., siehe C. Sivaramamurti, Indien (Freiburg 1978) Abb. 332. 103 Siehe J. Low, On Buddha and the Phrabat: TRAS 3, 1835, 62. 104 Mbh 3, 110, 19 (BhagPur 9, 23, 7 heisst er Romapada). - Vin I 179, 8 erwahnt einen Monchen Sona mit haarigen Fussen. 105 St. Thompson, Motiv Index of Folk Literature (Copenhagen, 1955-58) Nr. A 2621.1; 26200. 106 Wie z. B. bei der Konigin Padumavati - der Tochter des Sehers Mandavya und eines Rehs-, in deren Fussstapfen Lotos aufkommen (Mvu III 155, 4f.; 156, 2; 170, 1; - E. Chavannes, Cinq cents contes et apologues [Paris 1910-34; Nachdr. 1962] A 81; D 98). Page #14 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 240 Willem B. Bollee den mannlichen Korperteilen.107 So werden Buddhastatuen haufig auf einem Lotos stehend abgebildet.108 Wachsen sie nicht von selber, helfen Gotter oder Menschen nach, wie im Falle des Tirthakara Rsabha, fur den die Gotter 9 Loten schufen, auf die er dann nacheinander seine Fusse stellte, 109 oder bei den Fussabdrucken des Buddha, worauf Glaubige Bluten werfen.110 Unter den Fussen des Jaina-Heiligen Vrsabha entstehen neun Schatze wie goldene Lotosbluten.111 Neben Blumen ist ferner der Staub zu erwahnen. Laut Mahavastu (I 168, 12*) haftet er an des Buddhas Fussen nicht, was sonst ein Gottermerkmal ist. Hemacandra dagegen sagt von den Fussen des Rsabha: ,,der Staub Deiner Fusse, wenn Du auf Erden wandelst, ist zu einem grossen Elefanten zum Aufwurzeln des Baumes des Ubels fur die Menschen geworden",112 moglicherweise ist dabei an eine Art Staubbad der Frommen gedacht. 113 Die Fusse weltlicher Mahapurusas, wo nicht metaphorisch, werden meistens in Verbindung mit ihren Merkmalen erwahnt,114 die ubrigens ihre Frauen ebenfalls aufweisen.115 Ruben zufolge deuten diese Korperzeichen auf eine mogliche Auffassung der Fusssohle als Seelensitz hin, 116 d. h. dass in ihnen das Leben des Individuums besonders ausgepragt ware (was, wenn richtig, vieles der indischen Fusstabuisierung erklaren konnte). Die Fusssohlen waren dann in etwa ein Gegenstuck zu Samsons Haaren. Dem Schwarzen Yajurveda zufolge darf der Konig im ersten Jahr117 - in einem etwas spateren Text ist sogar von lebenslanglich die Rede 118 - nach seiner Weihe nicht mehr ohne Schuhe die Erde beruhren, 119 damit diese seine magische Aufladung nicht 107 Varahamihira, BS 51, 8. 108 Siehe z. B. C. Sivaramamurti, Sanskrit Literature and Art - Mirrors of Indian Culture (MASI 73, New Delhi 1970) 85 f. mit Zeichnung von carana-kamala nach Malerei in Ajanta (5. Jh.). - In einem Graben mit gluhenden Kohlen entsteht Ja I 233, 18 ff. als Schutz ein Lotus unter den Fussen des Bodhisatta. 109 Hemacandra, ebd. 1, 3, 461. Auch verleiht, wie Foucher gezeigt hat, der Lotus, auf dem sich bestimmte bedeutende Wesen befinden oder gestellt werden, ihnen gottlichen Ursprung (zitiert nach O. Viennot, Le culte de l'arbre (Paris 1954] 155). 110 W. Macquitty (vgl. Anm. 96) 46 f. 111 Hemacandra, ebd. 1, 4, 715. 112 Hemacandra, ebd. 1, 5, 400. 113 Siehe W. Bollee, Anmerkungen zum buddhistischen Haretikerbild: ZDMG 121, 1, 1971, 87f. 114 Z.B. Spk II 188, 10f.; Mp I 171, 26 ff.; Pv-a 74, 18 ff. (Fusssohlen mit 2000 Inseln, die ihren Besitzer zur Alleinherrschaft sich eignen lassen); Ja VI 39, 30; KSS 86, 76; Varahamihira, BS 69, 17 und 34. 115 Varahamihira, ebd., 70, 3. 116 W. Ruben, Krishna (Istanbul 1944) 244. Sehr wichtig hier der marathi-Begriff paya-guna "man's inherent qualities" (Abbot, Keys (vgl. Anm. 293] 20 ff.). Eine nur innerhalb der englischsprachigen Psychiatrie mogliche Assoziation ist sole-soul: "the basis of personality and that which must be in contact with the earth" (A. Faraday, The Dream Game [London 1975] 294). 117 KathakaS 15, 8, 29. 118 SBr 5,5, 3, 6f. 119 Laut ApsS 18, 17, 12 und 18, 22, 1 sollen es Schuhe aus Wildschweinleder sein, eines seines Aufwuhlens der Erde wegen als deren Partner betrachteten uberaus starken Tieres (SBr 14, 1, 2, 11). Page #15 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 241 absorbiert,120 - und Gleiches gilt mutatis mutandis fur sein Ausgehen ohne Sonnenschirm. Tut er es trotzdem, ist das ein Zeichen besonderer Demut.121 So geht Konig Sagara von vielen Konigen zu Fuss, wie Diener, gefolgt aus, zur Verehrung des RadJuwels, - denn eine Naherung zu Fuss ist mehr als eine Puja-Adoration,122 - wahrend der Thronfolger Sreyamsa sogar ohne Schirm und Slipper dem hl. Rsabha entgegenrennt.123 Ebenfalls zu Fuss schreiten im Ramayana (4, 25, 44) Koniginnen hinter der Bahre ihres Gatten und zeigen so durch Fussbetatigung den Unterschied zwischen Lebenden und Toten. Bei Gemutsbewegungen anderer Art spielen Fusse auch eine Rolle: die goldene Stickerei in Form der Fusse des Konigs von Ceylon auf der Bluse seiner Frau veranlasst Konig Mihirakula von Kasmir zu einer Expedition gegen die Insel und zum Sturz ihres Herrschers. 124 - Das hiervor Gesagte betrifft lediglich normale Fusse, denn weder Heilige noch Konige konnen theoretisch korperlich defekt sein, 125 sonst konnten sie auch nicht heilen. 126 120 Vgl. G. Frazer, The Golden Bough (London 1922 [1950]) 594.- Der Konig beruhrt die Erde nicht, weil er gottlichen Ursprungs ist (A.M. Hocart, Flying through the Air: IA 52, 1923, 80 ff.) und tatsachlich ein Gott (s. weiter unten). Fur ihn gilt, was fur die Gotter gilt, und diese beruhren vielleicht deshalb die Erde nicht, weil dieses Merkmal von Totengeistern auf sie ubertragen wurde (s. S. 267, Anm. 358). 121 Prinz Sankaravarman von Kasmir wurde von seinem Vater Avantivarman gezwungen, diesen barfuss zu begleiten, um die Misere des gemeinen Mannes kennenzulernen (Rajatarangini 5, 196) und bei E. Chavannes, Cinq cents contes et apologues (Paris 1910) Nr. 13 wurde ein Konigspaar gezwungen, einem Brahmanen mit nackten Fussen zu dienen. 122 Hemac Trisastio 2, 4, 11 (...) pada-carenopasthanam pujato 'py atiricyate (12...) so 'nvagami nopaih pada-caribhih kim-karair iva. 123 Hemac, ebd. 1, 3, 277 f. yuva-rajo 'pi (...) adhavat padacarena (...) chatropanaham utsrjya (...). Vgl. 2, 4, 11 f. Oft scheint ,,zu Fuss" Schuhe nicht auszuschliessen, z. B. Hear 160, 16 upasthapite pi turange caranabhyam evajagama, wenn ein Konig aus Kummer so geht. 124 Rajat 1, 294 ff. - Vgl. BhagPur 10, 89, 12. 129 Die religiosen Orden disqualifizieren schon fur die Aufnahme Aspiranten mit kranken Gliedmassen, weil sie fur das Wanderleben ungeeignet sind: Vin I 91, 8 ff.; ein Bodhisatta wird niemals als Kruppel geboren (Pj II 50). - Thananga 164b und 165 a (Komm.). - Ein Konig wird nicht nur mit ,,deva" angeredet, er ist auch einer (Manu 7, 5 ff.). Siehe ferner Frazer, The Golden Bough (London 1922 (1950]) 100 f. Ein fusskranker Konig war anscheinend Vakranghri Samgrama von Kasmir (Rajat 6, 128), eine gehbehinderte Konigin Didda (Rajat 6, 276), wahrend Konig Nirjitavarman nur den Sportnamen ,,Pangu" erhielt, weil er am Tage schlief und nachts debauchierte (Rajat S, 254). Auch von Mahavira wird als deya gesprochen (P.S. Jaini, The Jaina Path of Purification [Delhi 1979] 162; M.S. Stevenson, The Heart of Jainism (London 1915] 222). 126 Die Heilung durch Beruhrung der Fusse eines Konigs mit dem Kopf (oder durch Fussauflegung von seiten des Konigs) begegnet in der Literatur selten, z. B. in der mittelalterlichen Danastakakatha 1, 6 (ed. N. Balbir (Paris 1982] 116, 29) etasya (...) padau (tvam) sirasa sprsa yena sighram nirogo bhavasi. Es handelt sich hierbei freilich um den zum Asketen gewordenen Vidyadhara-Konig Vajravega. - Sie findet zumeist durch Handauflegung statt, so von einem Rsi bereits RV 10, 137, 7 hastabhyam (...) an-amayitnubhyam (...) tvopa sprsamasi und von Zauberern 10, 60, 12 von Geldner als Segen aufgefasst: ayam me hasto (...) visva-bhesajo, 'yam sivabhi-marsanah. - Der Buddha bezeichnet sich als Heiler: Sn 560; AN IV 340, 15*; Ja VI 331, 11 wird der Bodhisatta mit einem Heilkraut in der Hand geboren, das Sakka (Indra) ihm geschenkt hat, und erhalt deshalb den Namen Page #16 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 242 Willem B. Bollee Ferner fuhrt den Fuss von der Erde zu heben, wie es der Monch gewordene Konig Bahubali tat, bisweilen zu einer Satori-artigen Erlosung. 127 Eine fur Indien aussergewohnliche Fussbekleidung, namlich Stiefel, trugen die aus dem Nordwesten eingefallenen Kusana-Konige wie Kaniska und Vima Kadphises. 128 Royalty schiesslich liebt mitunter schnellere Transportmittel als das Pferd, und so verfugte der legendare Konig Vikrama uber Zauberschuhe - yoga-paduka-, womit er sich uber das fehlende Fernstrassennetz hinwegsetzen konnte. 129 Von den Mahapurusa-Fussen gehen wir jetzt zu denen des gewohnlichen Volkes uber, wobei wir misgestaltete und gesunde unterscheiden. Profane Fusse Ruhende Fusse (Fussgeburt, sexuelle Bedeutung des Fusses, Fusssalbung, -waschung, -zuwendung) Kruppel gehoren einerseits mit Behinderten und Waisen zu den Schutzbefohlenen eines Konigs, 130 andererseits zu den Verachteten, 131 zu denen hinzugehen Frauen ihrer Osadha-kumara. Siehe noch O. Viennot, Le culte de l'arbre (Paris 1954) 192; M. Eliade, Myth and Reality (N. Y. 1975 (1963]) 85; sowie die Primar- und Sekundarliteraturangaben in P. Pfandt, Mahayana Texts translated into Western Languages (Bonn 1983) 14. - Fur die Heilkraft des Konigs siehe z. B. Mbh cr. ed. 15, 6, 28 pani-sparsena rajnas tu raja samjnam avapa ha; Harsa, Priyadarsika 4, 10 hastam upasamhrtya; ferner G. van der Leeuw, La Religion (Paris 1948) 109 f.; besonders in Europa A.M. Hocart, Kingship (London 1927) 37 ff.; F. Paudler, Scheitelnarbensitte, Anschwellungsglaube und Kulturkreislehre (Brunn 1932) 209 ff., Anm.93; B.J. Feijoo, Cartas eruditas y curiosas I, 25 (freundliche Mitteilung von Herrn N. Rivero Salavert). Ausserhalb Europas: durch Fussaufsetzen, s. Paudler, ebd. 211 f. 127 Hemacandra, Trisasti 1, 5, 795 f. Vgl. Kathakosa (ed. I. Hoffmann. Munchen 1974) 473,20 yavad visito munis caranam utpatayati, tato (...) utpede kevala-jnanam ,als der Asket (Bahubali) (die kayotsarga-Haltung) aufgegeben hatte und einen Fuss hob, erlangte er zugleich die Allwissenheit!', denn einen Fuss heben heisst weder schweben noch normal stehen - ein in between wie das Morgengrauen, in dem Indra den Namuci totete: "It is no wonder, then, that the Mahavira's feat is so often described as having performed 'suddenly' and 'once for all' (sakst, etc.), for whatever is done when it is neither day or night (vgl. RV x. 129.3) is done ex tempore, sub specie aeternitatis, and for ever." (A.K. Coomaraswamy, "Symplegades" [Selected Papers I. Princeton 1977] 528, auf den Eliade in seinem Rites and Symbols of Initiation [N. Y. 1975, 1958] 65 verweist). - Fur den gehobenen Fuss Sivas, der die Erlosung verleiht, siehe Anm. 390. Vielleicht kann man den Tanz Sivas wegen der raschen, auf- und abgehenden Bewegung der Fusse auch als eine Spielart des Symplegadenmotivs betrachten. 128 Siehe z. B. R.C. Craven, A Concise History of Indian Art (London 1976) 105, 103; M. Taddei, Indien (Wiesbaden 1972) 83. 129 Simhasana-dvatrimsika 11 in A. Weber, Indische Studien 15 (Leipzig 1878) 348. Vgl. Somadeva, KSS 3, 47. Siehe auch S. Thompson/J. Balys, The Oral Tales of India (Bloomington 1958) Nr. D 1065.2 und 5. 130 Mbh 2, 5, 113 pangun vyargana-bandhavan piteva pasi, vgl. 13, 25, 11 pangulasya jadasya va hareta yo vai sarvasvam, tam vidyad brahma-ghatinam. Ferner z. B. AVPar XIX b 5.3. 131 Bereits VS 30, 21; TB 3,4, 1, 17. Page #17 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 243 generellen Depraviertheit wegen sich nicht unterstehen.132 Sie sind von der ratgebenden Versammlung des Fursten ausgeschlossen 133, und ihre Begegnung stellt ein schlechtes Omen fur einen ausziehenden Konig dar, 134 wie das im klassischen Altertum auch der Fall war.135 In den Rahmen dieser Assoziationen fallen vielleicht auch Tierfusse wie Asvapada,136 Krostupada137 und Vyaghrapad als Spitznamen, 138 woruber unten mehr. Der Name Khanjadeva eines uberstarken, aber hinkenden Kriegers durfte eigentlich nicht so gemeint sein, 139 soll doch Manu (8, 274) zufolge die Bezeichnung einer Person als khanja, selbst wenn zurecht gebraucht, mit mindestens einem karsapana Bussgeld geahndet werden. Eigennamen haben aber oft aus apotropaischen Grunden negative Bedeutung. Ferner gelten bisweilen korperlich Verunstaltete, ja schon Fussgeburtige, als immun gegen den bosen Blick, Zauberei etc. (s. weiter unten). Bei den gesunden Fussen befassen wir uns zunachst mit ihren Merkmalen, sodann mit ihrem Gebrauch. Von den ersteren gelten lange Frauenfusse im Epos als schon.140 Die Sohlen werden mit roter Farbe angemalt, 141 was ein Ehemann bei seiner rechtmassigen Frau als 132 Mbh 13, 38, 21 zitiert und ubersetzt in W.B. Bollee, Kunalajataka (London 1970) 118 f. - Die Auffassung A. Aigremonts in seiner Fuss- und Schuh-Symbolik und Erotik (Leipzig 1909) 24 ,Manner und Frauen mit verkruppelten Fussen erscheinen in der Tat wohllustiger als die mit normalen Fussen" entzieht sich meiner Beurteilung, wenn sie in Indien auch gelegentlich in misogynen Geschichten Unterstutzung findet. - Die qualvolle Praxis im kaiserlichen China des letzten Jahrtausends, Madchenfusse einzuschnuren, findet sich im indischen Bereich nicht. Laut H.S. Levy, Chinese Footbinding (New York 1966) 151, 295 ff. verursachte diese Verkruppelung Anderungen im Beckenbereich (vgl. dagegen ebd. 145) und beeinflusste die sexuellen Empfindungen (ebd. 135, 169, 281). 133 Manu 7, 149. Wie im Falle des Prinzen Temiya (des Bodhisatta) konnten sie ferner getotet und begraben (Jataka VI 12, 24* et passim) oder ohne Mantras kremiert werden (Gobhila GS 3, 8, 12). 134 Karmapradipa II 10 zitiert nach D. J. Kohlbrugge, Atharvaveda-Parisista uber Omina (Wageningen 1938) 12. 135 Siehe z. B. E. Stemplinger, Antiker Volksglaube (Stuttgart 1948) 65. 136 Name eines Pseudo-Pasupata-Asketen (Rajat 3, 267). 137 Zu Panini 2, 4, 63 Yaskadayah: 31. 138 Uber Spottnamen s. A. Hilka, Die altindischen Personennamen (Breslau 1910) 124. 139 Mahavamsa XXIII 78. Vgl. oben Rajat 5, 253f. (Pangu). 140 Ram 2, 9, 44 padau ca vyayatav ubhau von Manthara, der buckligen Dienerin der Konigin Kaikeyi. 141 Siehe P.K. Gode, Studies in Indian Cultural History I (Hoshiarpur 1961) 347 ff. - Lack und Henna werden ofter erwahnt, ersterer z. B. Hcar 133, 9; 242, 14; dem letzteren widmete Sarojini Naidu ihr Gedicht , In Praise of Henna", in: The Golden Threshold (London 1905) 39: "Hasten maidens, hasten away To gather the leaves of the henna-tree. The tilka's red for the brow of a bride, But, for lily-like fingers and feet, The red, the red of the henna-tree." Die von J.C. Jain in seinem Life in Ancient India (Bombay 1947) 103 angefuhrten Stellen habe ich nicht gefunden. Fur den Gebrauch von Henna beim Hochzeitsritual in Malaysia s. W.W. Skeat, Malay Magic (London 1900) 375. Page #18 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 244 Willem B. Bollee Ehrung vornimmt.142 Bei Mannern deuten Fusse wie Getreideschwingen auf Armut und Kummer,1 143 rotbraune Fusse verursachen den Untergang der Familie, solche in der Farbe von gebranntem Ton fuhren zu Brahmanenmord, gelbe Fusse zu Umgang mit verbotenen Frauen." 144 Der Gebrauch des Fusses liesse sich nach seiner Funktion als Stutze oder ohne Spezifizierung; als Gehmittel, und als Werkzeug oder Waffe einteilen, das zweite nach ,,unbeschuht" oder nicht angegeben" und ,,mit Schuhwerk versehen"; schliesslich trennen wir noch die nackten Fusse als solche von den Spuren, die sie hinterlassen. Die Fusse als Stehmittel145 dienen dem Inder vorzuglich zum Zwecke der Askese, und zwar beide bei dem kayotsarga der Jaina-Monche - einer Ubung, bei der man leicht vorubergebeugt mit steif nach unten gehaltenen Armen stehend verharrt - oder auch als stante pede a l'indienne nur einer.146 Letzterer Fall begegnet ebenfalls im Epos, 147 um dadurch die Gotter fur sich zu gewinnen148 oder z. B. einen Sohn zu erlangen. Die Askese qualt nicht nur denjenigen, der sie ausfuhrt, sondern auch die Gotter, die in dieser Weise zur Wunscherfullung gezwungen werden. Campbell Oman photographierte ferner bei Lahore einen Bairagi auf einem Bein bei der Sonnenanbe 149 150 tung. Von anderen Vorstellungen in dieser Rubrik sei zunachst die Fussgeburt in medizinischem Sinne (es gibt auch eine mythologische) genannt. 151 Galt sie in unsrem Alter 142 Vielleicht schon Suyagada 1, 4, 2, 5 erwahnt. - Der linke Fuss ist zuerst zu schminken (Kalidasa, Kum 4, 19). Siehe auch Kl. Fischer, Erotik und Askese im Kult und Kunst der Inder (Koln 1979) 52, 198 Abb. 99. 143 Vgl. GarudaP 65, 3. 144 Varahamihira, BS 68, 3. Die Farbe kasaya ist so unbestimmt,roth, dunkelroth; gelbroth'; sie kann von Mausen, best. Schlangen und von menschlichem Samen gebraucht werden (PWB), dass eine Beziehung hier schwer festzustellen ist, was entsprechend auch fur die anderen Farben gilt. Gelb wird freilich gelegentlich mit Liebe assoziiert; gelb ist auch das 2. cakra im Linga (F. Nowotny, Eine durch Miniaturen erlauterte Doctrina mystica aus Srinagar ['s-Gravenhage 1958] 28 f.). 145 Der Fuss als pratistha des Menschen: AV 10, 2, 1; SB 8, 7, 2, 17. 146 Abgebildet z. B. in Kl. Fischer, Erotik und Askese (vgl. Anm. 142) 225. Diese mit dem Anstarren der Sonne verbundene Exerzitie ist Jainanonnen untersagt (W. Schubring, Das Kalpa-Sutra [Leipzig 1905] 33 [5, 22]). 147 Mbh cr. ed. 13, 27, 39; Ram 7, 10, 6. 148 Mbh 13, 14, 86 steht Upamanyu tausend Jahre auf seiner linken Fussspitze, um Siva fur sich einzunehmen, und in Mamallapuram sieht man den Asketen Bhagiratha sich ahnlich betatigen, damit der Ganges auf die Erde herabstrome und sie mit seinen Gewassern fruchtbar mache (s. Craven [vgl. Anm. 128] 145 f.; R. Singh, Ganga. Sacred River of India [Hongkong 1974] 23). 149 Mbh 13, 82, 25. 150 J.C. Oman, The Mystics, Ascetics and Saints of India [London 1905] 231f. 151 Die Fussgeburt ist die erste der acht schwierigen Geburten (muddha-garbha), s. R. F. G. Muller, Eigenwertungen in altindischer Medizin: Nova Acta Leopoldina NF. 138 Bd. 20 (Leipzig 1958) 51. Zur Einschatzung der ungefahren Haufigkeit der Erscheinung uberhaupt, deren Auftreten bei Fruhgeburten und Mehrlingsschwangerschaften begunstigt wird, sei hier noch erwahnt, dass gegenwartig in der Bundesrepublik die Zahl der Fussgeburten sich auf etwa 1% belauft; davon sind 0,4% unvollkom Page #19 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 245 tum als unheilvoll oder zumindest als Zeichen eines kunftigen Fussleidens152 und wurden z. B. bei den Baganda in Ostafrika mit den Fussen zuerst geborene Kinder erwurgt und an Wegkreuzungen bestattet,153 so meint man in Indien lediglich, dass sie gegen den bosen Blick gefeit sind und Rheuma sowie andere Krankheiten durch Fussreibung heilen konnen.154 Angesichts der asiatischen Empfindlichkeit gegen das mene Fusslage (1 Fuss), 0,6% vollkommene (beide Fusse); siehe K. Knorr / H. Knorr-Gartner/F.K. Beller / Ch. Lauritzen, Lehrbuch der Geburtshilfe und Gynakologie (Berlin 1982] 364 f. (freundliche Auskunft von Herrn Dr. med. M. Holzschuh, Wurzburg). 152 Stemplinger (vgl. Anm. 135). 153 J. Roscoe, The Baganda (London 1911) 124 f. 154 W. Crooke, Popular Religion (vgl. Anm.74) II, 36; J. M. Campbell, Notes (...): IA 27, 1898, 158 (in Dharwar). Ein solches Kind (payalu) kann auch Geister und verborgene Schatze sehen, wenn seine Augen gesalbt sind, ist aber von Wasser und Blitz gefahrdet und bringt der Hebamme Ungluck, so dass es vor Kindermord geschutzt werden muss (J. Abbott, Keys (vgl. Anm. 293] 65). - Bei den Schweden Estlands galten fussgeburtige Kinder dagegen als gerade mit dem bosen Blick behaftet (S. Seligmann, Der bose Blick und Verwandtes I [Berlin 1910) 170). Uber Massage mit den Fussen gegen Rheuma im allgemeinen s. Paudler, Scheitelnarbensitte (vgl. Anm. 126) 175 Anm. 25. In Italien wird sie bis auf den heutigen Tag vorgenommen, wobei als Heiler besonders Mutter von Zwillingen auftreten. So schreibt A.M. Di Nola <> [Artikel <> im Corriere della Sera vom 27.9.83, S. 14.] - Hierzu muss man noch wissen, dass der meridionale Heilige San C. in Norditalien volksetymologisch/scherzhaft mit callo Schwiele assoziiert wird (Frau Dr. L. Schram Pighi mundlich). - Bei den Einwohnern von Salsette, der Insel nordlich von Bombay, wurde fruher, wenn die Obstbaume nicht trugen, gegen den bosen Blick eine alte, linke Sandale aufgehangt (G.F. D'Penha, Superstitions and Customs in Salsette: IA 28, 1899, 117), anderswo ist es aber der Fuss oder ein anderer Knochen, der gegen den Malocchio eingesetzt wird, wie bei den Italienern, besonders in Neapel, die zampa di coniglio, oder bei den Tataren, die an ihren Bienenstocken einen Pferdekopf, einen Fuss oder andere Knochen aufhangen, damit das Auge zuerst auf diese Dinge falle, wodurch ihrer Ansicht nach der schadliche Einfluss des zauberischen Anblickens abgelenkt wird" (A. Bastian, Der Mensch in der Geschichte (Leipzig 1860] II 292 mit Pallas als Quelle). - Fussabdrucke mit nicht spezifizierter apotropaisch-beschwichtigender Wirkung erwahnt R. E. Enthoven in The Folklore of Gujarat: IA 45, 1916, 117 "Most high caste people, on the death of their first wives, take an impression of their feet on gold leaves or leaf-like tablets of gold and cause their second wives to wear them round their necks. These impresses of feet are called shok-pagalans or mourning footprints. Among the lower castes, the hands or the feet of the second wives are tattooed in the belief that this prevents the deceased wife from causing injury to the second wife." Heute auch stilisiert in Medaillonform, s. B. Fischer, Indische Stoffbilder. Figurliche Applikationen einer Schumachersfrau in Gujarat (Frankfurt 1980) 19 (die Tragerin, Saroj, scheint nachts manchmal vom Geist einer fruheren Frau ihres Mannes besessen zu werden). S. auch J. Abbott, Keys (vgl. Anm. 293) 293. Page #20 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 246 Willem B. Bollee jemandem Zuwenden der Fusse ware die afrikanische Reaktion verstandlicher gewesen, denn das erstgenannte findet sich schon im Palikanon - wenn Konig Pasenadi Kosala bemerkt, dass zwei seiner Offiziere sich mit den Fussen ihm zugewandt, mit dem Kopf aber in Richtung des Buddha hinlegen, und ihm somit weniger Respekt zeigen als dem Herrn.159 Dass solche Kinder vor dem Malocchio sicher sein sollen, hat vielleicht damit zu tun, dass die Fusse als mannliche Koperteile gelten. Auf eine sexuelle Bedeutung 156 der Fusse konnten die nachfolgenden Stellen hinweisen. In einem Liebeszauber zur Gewinnung der Zuneigung einer Frau im Atharvaveda heisst es: ,Verlange nach meinem Korper, meinen Fussen; verlange nach (meinen) Augen, verlange nach meinen Oberschenkeln : 157 Was der Mann erwartet, konnte entweder streicheln oder kratzen/kitzeln sein. Das erste druckt wohl Hemacandra aus, wenn er eine Vidyadhara-Frau, die einen in einem Luftkampf abgehauenen und auf die Erde gefallenen Fuss sieht, ausrufen lasst: ,Das ist meines Mannes Fuss, den ich lange eigenhandig eingeolt, gerieben, gewaschen und eingecremt habe; (...) der nie mude wurde, in meinem Schoss von meiner Lotoshand gestreichelt zu werden. 158 Das machte auch Sarada Devi bei ihrem Mann Ramakrsna159, und fur Ahnliches bei den Gottern siehe weiter unten (S. 270). Das Gefuhl schliesslich, das der Anblick der Fusse seiner Geliebten Radha bei Hari hervorruft, kennzeichnet Jayadeva als herzerregend (hrdaya-ranjana); er wurde sie liebend gern schon lackieren. 160 Auf Kratzen, oder Kitzeln?, konnte eine Passage in der Brhat-Samhita hindeuten, die besagt, dass der Klient eines Wahrsagers an eine Sklavin denkt, wenn er seine Fusse kratzt.161 Die Fuss-Massage ist sonst ein Dienst, den der Sohn seinen Eltern erweist, 155 MajjhimaN II 124, 6 (thapatayo) yato assosum kho Bhagavantam, tato sisam katva mam padato karitva nipajjimsu. Vgl. Mahavamsa XXV 92. 156 Siehe hierfur z.B. O. Fenichel, The Psychoanalytic Theory of Neurosis (London 1946) 341; N. Fodor, The Search for the Beloved (New Hyde Park 1949) 162 (Futt: foot); M.L. Peerbolte, Psychic Energy (Wassenaar 1975) 427; fuseln, fusseln; footsie 'amorous play with the feet' (COD) etc. Fur den Fuss als mannlicher Korperteil vgl. supra S. 240. Auch bei den Taubenfussen der Apsaras geht es vielleicht nicht nur um die rosa oder rote Farbe, sondern ebenfalls um den Charakter dieser Vogel in der Wertschatzung der Inder, s. unten Anm. 366. - Indirekt erhalten die Fusse auch bei Aristoteles sexuelle Bedeutung, wenn er in seinen Problemata IV 5 (877 a) meint, dass nackte Fusse Trockenheit verursachen und somit nachteilig fur den Sexualverkehr seien. 157 AV 6, 9, 1. 158 Hemac Trisasti 2, 6, 424-9. Wie aus dem Nachstehenden hervorgeht, konnte hier die Wade (mit)gemeint sein, eine Unklarheit des Ausdrucks, welche auch im klassischen Altertum bezeugt ist: C. Sittl, Die Gebarden der Griechen und Romer (Leipzig 1890) 164. Die Fussmassage durch die Frau, welche ihr Mann als sexuell stimulierend empfindet, beschreibt H.S. Levy, Chinese Footbinding. The History of a curious erotic Custom (New York 1966) 131. 159 P.C. Roy Choudhury, Tempels and Legends of Bengal (Bombay 1967) 16. 19. 160 Gitagovinda (Bombay 1949) 10, 19,6. 161 Varahamihira, BS 51, 13 hastena padau kanduyet tasya dasi-mayi ca sa (cintaya). Ist devadasto gemeint? - Die vordergrundige Deutung der Assoziation mit den Fussen als Sklaven des Menschen steht ihre Zugehorigkeit zu den mannlichen Korperteilen im Wege. Page #21 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 247 wie z. B. Suvanna-sama in Sama-Jataka, 162 oder jungere Monche alteren leisten, 163 aber auch eine Dienerin ihrer Herrin, wie auf einer Miniatur der Mewar-Schule zu sehen ist, die eine Lalitaragini darstellt.164 In Verbindung mit der obigen AV-Stelle sei hier die Anwendung von Fusssalbe gestreift, die mehrfach zusammen mit Augensalbe erwahnt wird, z. B. beim Pinda-pitr-yajna, dem Ahnenkult des Srauta-Rituals, werden neben Fusswaschwasser den Vatern diese beiden angeboten.165 Als Fusssalbe konnte Schmelzbutter dienen.166 Ferner salbt man, um eine Behexung auf ihren Urheber zuruckzuwenden, Fusse und Augen einer Zauberpuppe.167 Auch soll die Fusssalbung Frauen willig machen:168 einem Purana zufolge wird die betreffende Substanz von Prostituierten - also von auspiziosen Personen 169 - zum Gluck und Wohlsein von Haus zu Haus gratis verteilt oder gar - wie Meyer meint - auf die Fusse der Bewohner aufgetragen.170 Nebenbei nenne ich hier zwei ganz andere Anwendungen von Fusssalbe: eine aus dem alten Markandeya-Purana (61, 15), die es einem Brahmanen ermoglichte, 1000 yojanas zum Himalaya in einem halben Tag zuruckzulegen. Sie erinnert uns an arabische Marchen wie das von Bulukiya.171 Die andere betrifft den Milchreisrest des Durvasas, womit der epische Held Krsna seinen ganzen Korper mit Ausnahme seiner Fusssohlen einrieb; diese wurden ihm dann zur Achillesferse.172 Der Salbung geht eigentlich die Waschung voran, die verschiedentlich vorgenommen wird: naturlich normal, dann aber nicht nachts.173 Vieles darf bekanntlich nachts 162 Ja VI 80, 17*. 163 Dhp-a I 38, 20 asanam abhiharitva pada-sambahanam katam? fragt der Buddha den gerade ordinierten alten Tissa, der dienstalteren Monchen diese Ehre nicht erwiesen hatte und darob von ihnen beschimpft worden war. - Vgl. Hemac Trisasti 8, 3, 260, wo ein Hirt pranamya munisvaram pada-samvahana-purvam ity uvaca krtanjalih (...). 164 D. Barrett/B. Gray, Indische Malerei (Geneve 1980) 135. 165 W. Caland, Altindischer Ahnenkult (Leiden 1893) 63. Der padabhyanga gilt bei Susruta als gut fur Augen und Schlaf (Cik 24, 46).- Augen und Fusse werden ofter zusammen erwahnt, z. B. OhaNijjutti 326 und in der Legende von Kannappa, der mit seinem einen Fuss mit cappal versuchte, das linke Augenloch des mukhalinga zu finden, wahrend er sich mit beiden Handen sein eigenes linkes Auge ausschnitt, um es Siva zu schenken. Abb. in Vellur (140 km W von Madras), worauf Herr Prof. Fischer mich hinweist (s. G. Jouveau-Dubreuil, Archeologie du sud de l'Inde, II [Paris 1914) 15 f.). - Es ist hier vielleicht auch an unsere Huhneraugen und Krahenfusse zu erinnern. 166 Mbh Poona ed. 3, 200, 23 (cr. ed. 3 App. 21 A 47) yatasvatithi-bhojane padodakam padaghrtam dipam annam pratisrayam. 167 Kauss 39, 18. 168 AVPar 35, 2, 2 yas ca striyo 'bhigacchanti, ta vasah pada-lepatah. 169 Siehe z. B. J. J. Meyer, Trilogie altindischer Machte und Feste der Vegetation (Zurich 1937) 18; II 152 ff. 170 Bhavisyottara Pur 140, 31 vesya vilasini-sardham svasti-marigala-karini / grhad grham vrajanti ca padabhyarga-pradayini // Das letzte Wort ,,bedeutet wohl eher: den Fussen Einsalbung gebend" (Meyer (vgl. Anm. 169) II 154). 171 Die Erzahlungen aus den tausendundein Nachten ubersetzt von E. Littmann III (Wiesbaden 1953) 778 ff. (487. Nacht und folgende). Es geht hier freilich um den Saft eines Krauts. 172 Mbh 13, 144, 39. 173 Manu 4, 129; W. Crooke, Religion and Folklore of N. India I (Westminster 1896) 242. Page #22 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 248 Willem B. Bollee nicht gemacht werden, u.a. weil man im Dunkeln nicht deutlich erkennbare Kleinund Kleinstlebewesen leicht toten konnte, und Wasser gilt, zumindest bei den Jainas, als belebt. Ein Veda-Student muss taglich die Fusse seines Gurus waschen174 (nicht aber die dessen Familie),175 und ein snataka - also jemand, der sein Studium beendet hat - soll seine Fusse gegen Westen waschen, 176 ausserdem nicht den einen mit dem anderen 177 und nicht in einem Messinggefass.178 Auch nach dem upanayana - der Einfuhrung eines jungen Ariers bei einem Lehrer - unterbleibt die Fusswaschung. 179 Laut Gobhila (GS 6) soll man seine rituelle Selbstreinigung mit den Fussen anfangen. Das Fusswaschen beim Totenopfer geschieht bei einem Brahmanen in einem Viereck, bei einem Ksatriya in einem Dreieck, bei einem Vaisya in einem Kreis, wahrend bei einem Sudra lediglich eine Besprengung der Fusse stattfindet. 180 Angesichts der Beschaffenheit indischer Aborte schliesslich ist das Waschen der Fusse nach einem Besuch dort verstandlicherweise vorgeschrieben.181 Es geht aber nicht nur um Reinigung von Schmutz, wie die Geschichte des epischen Konigs Nala beweist, der diese Handlung vergass und sich so zur Abendandacht hinsetzte. Der Wurfeldamon Kali konnte sich alsdann durch seine Fusse einschleichen und sich seiner bemeistern.182 Fusswasser reichen ist naturlich Teil der Bewirtung eines Gastes. 183 Ein Hausvater 174 ApDhS 1, 2, 6, 1. 175 GautamaDhS 2, 32. 176 ApDhS 1, 11, 31, 1. 177 GautamaDhs 9,32. 178 Manu 4, 65. - Weil sie dann mit dem gelben Metall in Beruhrung kommen bzw. gelb scheinen konnen? Fur die Assoziation von gelben Fussen und (Umgang mit) verbotenen Frauen siehe die obige Varahamihira-Stelle 68, 3. 179 KhadiraGS 2, 5, 12. 180 Saurapurana ubersetzt von W. Jahn (Strassburg 1908) 19, 13 f. 181 Solche den franzosischen ahnlichen Abtritte, abgebildet im ersten Memoir des Archaeological Survey of Ceylon (Colombo 1924), Taf. 50, sind mit im Vinaya passava-paduka genannten (II 141, 3) ,,privy-shoes (Horner) versehen, welche laut Buddhaghosa aus gebrannten Ziegeln, Stein oder Holz bestehen (Sp 1214, 26) und das gleiche gelte fur die vacca-paduka (ib., Z. 27). Man benutzt den Abort immer sitzend (Vinaya IV 205, 16) und die Arier mit ubers rechte Ohr gehangter heiliger Schnur (M.S. Stevenson. The rites of the twice-born [London 1920] 211). Ray 62 (Suttagame II 88, 22 f.) vacca-gharamsi thicca wird von R. C. Tripathi, Rayapaseniyasutta (Ahmedabad, o. J. 1936/37[?]) 26 falschlich mit standing in a latrine ubersetzt. Urinieren im Stehen verbietet aber schon AV 7,102 und stha- kann ja auch ,sich befinden (PWB) heissen. - Uber die ,,privy shoes" schrieb m. W. zuletzt J.E. van Lohuizen de Leeuw, An Aspect of Sinhalese influence in Thailand: in S. Paranavitana Comm. Vol (Leiden 1978) 137-141. 182 Mbh cr. ed. 3, 56, 3 (...) sandhyam aste sma Naisadhah / a-krtva padayoh saucam; tatrainam Kalir avisat; - vgl. z. B. noch J.A. Dubois, Hindu Manners, Customs, and Ceremonies (Oxford *1906) 239 und den Fall der Diti, deren Unachtsamkeit Indra die Gelegenheit gab, das Kind in ihrem Schoss in sieben Stucke zu teilen (Matsya Pur 7, 53f.), sowie weniger explizit MS 2, 5, 6 gatrani deva abhisamvisantu von den Todesgottern Varuna u. Yama. Wichtig ferner J. Abbott, Keys (vgl. Anm. 293) 162. 183 U.a. Ram 2, 91,2 = 1, 49, 18. Page #23 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 249 kann seinen Gasten selber die Fusse waschen oder es zweien Sudras uberlassen;184 im KSS nehmen es bei koniglichen Reisenden einmal Sklavinnen vor (18, 113). Die Fusswaschung gilt nicht nur der Entfernung des Wegstaubes, sondern Crooke zufolge vor allem der Beseitigung eventueller fremder Geister. 185 In diese Richtung ist vielleicht auch der Grund der Vorschrift zu suchen, wonach Jaina-Monche vor Betreten des Dorfes zum Almosengang sich die Fusse abreiben mussen - der Sadhu darf sich ja nicht waschen 186 -, obwohl der Kommentator Drona sie damit begrundet, dass der Staub an den Fussen entweder ganz oder teilweise belebt sei, der Staub im Dorf aber sicherlich frei von Leben.187 Zum Schluss sei hier noch das Auftreten der Fusswaschung als Marchenmotiv gestreift, das schon im 5. Jh. v. Chr. mit dem Namen Skiron verbunden ist. 188 Dieser Skiron war bekanntlich ein Rauber, der am Isthmus von Korinth Reisende seine Fusse waschen liess, um sie dabei mit einem Tritt ins Meer zu sturzen.189 In der indischen Version ist es der Dakoit Mandiya, der seiner Schwester befiehlt, dem Bettler Muladeva, den er seine Beute von einem Einbruch in seine Hohle hat schleppen lassen, die Fusse zu waschen und ihn dabei in den Brunnen zu werfen. 190 Baden tut man oft mehrmals am Tage; man soll jedoch nach alter Tradition sich nicht mit nassen Fussen schlafen legen.191 So essen soll jemandem hingegen ein langes Leben bescheren.192 Fur die chinesische Jataka-Uberlieferung, derzufolge man ein Schlangendamon (naga) werden kann, wenn man Wasser unter die Fusse bekommt, habe ich keine indische Quelle gefunden.193 Ein Fussbecken figuriert ferner im Svabhava-vada als Beispiel fur die Lehre der naturlichen Veranlagung als Ursache der Ungleichheit der Menschen, wird es doch aus derselben Sorte Stein wie z. B. ein Rudrabild gefertigt. 194 184 ApDhS 2, 3, 9. Hieruber gehen die Auffassungen gleichwohl auseinander: laut BaudhGS 1, 2, 23 tun es in der Regel Gastgeber und Gastgeberin beide, aber ebd. 21 heisst es, ein Brahmane soll den rechten Fuss, ein Sudra den linken waschen. JB I 69 gilt die Fusswaschung als ein Sudra-Lebensunterhalt. Weitere Stellen bei J. Gonda, Vedic Ritual (Leiden/Koln 1980) 330, der unter Hinweis auf einen Kauss 42, 6 erwahnten Ritus zur Bewirkung von Eintracht, welcher an zwei Personen mit befeuchteten Fussen zu vollziehen ist, die Vermutung geaussert, die feierliche Handlung diene in beiden Fallen weniger der physischen Reinigung als der Entfernung von Feindseligkeit usw. Es ist aber auch zu berucksichtigen, dass die Strasse nicht nur von (fuss)reinen Wesen wie Brahmanen benutzt wird (N.C. Chaudhuri, Hinduism (London 1979] 205 f.). 185 Crooke (vgl. Anm. 173) 1 242; vgl. Campbell, Notes on the Spirit Basis of Belief and Custom: IA 27, 1898, 158 186 W. Schubring, Die Lehre der Jainas (Berlin 1935) 168. 187 Ohanijjutti 433, s. A. Mette, Pind'esana, AdW Mainz. Abh. d. geistes- u. soz.-wiss. Kl. 1973 Nr. 11 (Wiesbaden 1974) 63. 188 Siehe Liddell/Scott, Greek-English Lexicon (Oxford 1940) s. v. 189 H. J. Rose, A Handbook of Greek Mythology (London *1953) 264; W.H. Roscher, Lexikon der griechischen und romischen Mythologie (Leipzig 1909 ff.) s. v. Skiron. 190 H. Jacobi, Ausgewahlte Erzahlungen (vgl. Anm. 65) 66,2 f. 191 BhagPur 6, 18, 51 und 60: Varahamihira, BS 53, 124. 192 Manu 4,76 = Mbh 13, 107, 29. 193 E. Chavannes, Cinq cents contes (vgl. Anm. 106) No 207. Siche W.B. Bollee, Studien zum Suyagada I (Wiesbaden 1977) 66. Page #24 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 250 Willem B. Bollee Oben wurden schon die intensiven Gefuhle der Inder betreffs der Fusszuwendung beruhrt, die sich zuweilen zu einer personlichen Beleidigung steigern konnen.195 Hierum handelt es sich wahrscheinlich auch, wenn es einem snataka untersagt wird, seine Fusse am Feuer zu warmen oder Feuer ans Bett-Fussende hinzustellen.196 Eine andere Fusszuwendung betrifft die der Toten zu einer bestimmten Himmelsrichtung. Die meisten brahmanischen Schulen schrieben hierfur den Norden als regio fausta vor,197 die asvalayaniyas den Westen oder Nordwesten, 198 der Buddha aber liess sich sein letztes Ruhelager mit dem Kopf nach Norden, folglich mit den Fussen nach Suden errichten,199 zum Reich des Todesgottes Yama hin. Der Norden ist die Region Kuberas, des Herrn der Yaksas, dessen Wagen von Tausenden von Bhutas gezogen wird (Ram 5, 5, 40);200 vielleicht heisst Kubera darum auch Naravahana (Ram 3, 36, 15), wie Sharma meint.201 Ist es also im allgemeinen ungehorig, jemandem seine Fusse zuzuwenden, so ist in zumindest einem Falle auch das Umgekehrte unzulassig: mit den Fussen nach hinten sitzen ist namlich schwangeren Frauen verboten,202 moglicherweise, weil das Damonen anziehen konnte, deren Zehen ja ebenfalls nach hinten zeigen (s. weiter unten). Hiermit gehen wir vom ruhenden Fuss auf den gehenden uber. Bewegende Fusse (Schritte, Feuerlauf usw., Fussspuren, Schuhe) Es interessieren diesbezuglich vor allem besondere Schritte und die Verwendung des rechten oder linken Fusses bei einer bestimmten Handlung. Da ware zunachst die Umkreisung - pradaksina - des Feuers durch das kunftige Paar im Rahmen des Hochzeitsrituals zu nennen, wonach die Braut auf einen Stein auftritt, um so fest wie dieser zu werden. Der Feuergott Agni ist hier Vertragszeuge und -garant, ebenso wie beim Schliessen der Freundschaft zwischen Rama und dem Affenkonig Sugriva. 203 195 G.M. Carstairs (vgl. Anm. 2) 79. 196 Manu 4, 53f. 197 W. Caland, Die Altindischen Todten- und Bestattungsgebrauche (vgl. Anm. 81) 16. 198 Ebd. 17 Anm. 73. 199 Digha-Nikaya II 137, 13 uttara-sisakam mancakam pannapehi. - Vgl. S. Beal, Buddhist Records of the Western World, II (London 1884) 37. Die bildende Kunst halt sich nicht immer an die Tradition: so liegt z. B. der sterbende Buddha in Wat Jetubon mit den Fussen nach Westen (A. Clarac, Thailand (Stuttgart 1979] 87; J. Dittmar, Thailand und Burma (Koln 1981] 254. - In der Gegend von Benares gefundene Graber aus der Eisenzeit sind sowohl ost-west- als nord-sud-orientiert (P. Singh, Burial Practices in Ancient India (Varanasi 1970) 134). Singh erwahnt die Grabrichtung in Lauria nicht (vgl. ebd. 133) und T. Blochs Artikel, den er zitiert, war mir nicht zur Hand. 200 Fur die Beziehung zwischen Buddha und Yaksa s. Anm. 348. Bhuts und Pretas werden bekanntlich oft verwechselt (s. E. W. Hopkins, Epic Mythology (Strassburg 1915] 30). 201 R. Sharma, A socio-political study of the Valmiki Ramayana (Delhi 1971] 202. 202 P. Thomas, Hindu Religion, Customs and Manners (Bombay, n. d. (um 1950]) 85. 203 Ram 4, 5, 15 tayor madhye tu su-prito nidadhau su-samahitah tato 'gnim dipyamanam tau cakratus ca pradaksinam. 16 Sugrivo Rahavas caiva vayasyatvam upagatau. Solches Freundschaftsritual gab es laut Stevenson (s. folgende Anm.) in Colleges noch mindestens zu ihrer Zeit. - Uber die Bedeutung der Freundschaft zwischen Gleichaltrigen s. W.B. Bollee, The Indo-European Sodalities in Ancient India: ZDMG 131, 1, 1981, 187 ff. Page #25 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 251 204 na Die Ehe wird jedoch erst durch die sieben Schritte unwiderruflich, die der Brautigam seine Braut gen Nordosten tun lasst und wobei sie jeweils ihren rechten Fuss zuerst bewegt. Ursprunglich trat sie dabei auf sieben Haufchen Reis, aber bereits Anfang dieses Jahrhunderts - wie Margaret Stevenson berichtet 205 - blieb sie sitzen und beruhrte die Haufchen nur mit ihrem ausgestreckten Zeh. Mit sieben Schritten anderer Art haben wir es bei dem General Susena zu tun, wenn er auch vorbereitenden Zeremonien wie Fasten und Weihrauchverbrennung sich damit dem Tor der Khanda-prapata-Hohle nahert und es durch blosse Beruhrung mit seinem Stab offnet.206 Die gleiche Schrittzahl (hat oder sat adiya) dient ferner auf Ceylon zur Austreibung von Krankheiten und zu diversen anderen Exorzismusarten; der Fuss wird hierbei mit Buddhas Kraften, die Sohle und Zehe mit Kataragama Deva verbunden.207 Mit der Universalzahl von funf Schritten, welche die Himmelsrichtungen und den Zenit darstellen, nimmt in einem vedischen Ritus der Opferherr vom Weltraum Be208 Mehrmals funf Schritte macht der Schauspieldirektor als Reprasentant von Brahma, dem Totalitatsgott der 2. Schopfung, mit dem jarjara (dem Indrabaum des Dramas) in der Hand auf der Buhne (Natyasastra 5, 85; 94; 125; 133),209 sitz. Drei Schritte sind zumeist eine Nachahmung der Visnu-Schritte (woruber unten mehr) so z. B. zur Uberwindung von Feinden.2 Bei diesen rituellen Schritten sind mithin sowohl die Zahl wie auch ein bestimmter Fuss, die Gehrichtung und der Gegenstand, worauf aufgetreten wird, von Bedeutung. Ebenso wie die Braut211 stellt der Junge, der bei einem Lehrer eingefuhrt wird, seinen rechten Fuss auf einen Stein,2 von dessen standfestem Wesen durch diese Handlung beide Besitz ergreifen und so standhaftig werden. Von der Schwelle ihres neuen Hauses darf die Braut allerdings keine Besitzergreifung vornehmen. Deshalb muss sie ihren 212 210 204 W. Caland, Een indogermaansch lustratiegebruik (vgl. Anm. 4) 280; J. Jolly, Uber einige indische Hochzeitsbrauche, in: Album Kern (Leiden 1903) 177-181; M.S. Stevenson, The Rites of the Twice-Born (London 1920) 89 f.; P. V. Kane, History of Dharmasastra II, 1 (Poona 1974) 534.Auch die Hochzeit von Siva und Parvati wird einmal in einer Skulptur der Pala-Zeit durch Umdeutung des Motivs des,,schonen Brautigams" (kalyanasundara) mit der sapta-padi-Zeremonie dargestellt; s. C. Sivaramamurti, Indien (Freiburg 21978) 82. 205 Stevenson, s. Anm. 204. 206 Hemac Trisastideg 1, 4, 560 padany apetya "saptatha" (v. 1. saptasta) kapatodghatanaya sa / upadade danda-ratnam. Die v. 1. scheint mir die auch von Helen Johnson abgelehnte lectio facilior zu sein. Fur das Marchenmotiv der Offnung einer Hohle durch Zauber vgl. S. Thompson, Motiv Index of Folk Literature (Kopenhagen 1955-58) bei D 1552 und F 92.3. 207 L. D. Barnett, Alphabetical Guide to Sinhalese Folklore from Ballad Sources: IA 45, 1916, 29 f. 208 KatySS 15, 5, 23 et alibi. 209 S. ferner F. B. J. Kuiper, Varuna and Vidusaka (Amsterdam 1979) 168. 210 TS 5, 2, 1, 1. 211 Im ceylonesischen Hinduismus als Erinnerung an die unkeusche Rsi-Frau Akalikai, die in einen Stein verwandelt wurde (J. Cartman, Hinduism in Ceylon [Colombo 1957] 155). 212 BaudhGS 2, 5, 10. Page #26 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 252 Willem B. Bollee rechten Fuss zuerst daruber heben und nicht darauf stehen,213 denn sonst wurde sie wie die Schwelle werden, d. h. weder Hausfrau noch Hausfremde, weder Laie noch Religiose sein. Hier enthalt der Fuss also bereits Werkzeugfunktion. Um Gluck und Sicherheit auf Reisen zu haben, macht man ferner den ersten Schritt mit dem rechten Fuss,214 im Traum nach Suden gehen ist indessen ominos.215 Bevor wir den festen Untergrund verlassen, sei noch der Tanz gestreift, eine Fussbewegung, die es wohl schon in der Mohenjodaro-Kultur gegeben hat216 und die z. B. auch in Fruchtbarkeitsriten eine Rolle spielte.217 Zum Schluss ist hier der schon von Strabon fur Kappadozien bezeugte218 Feuerlauf zu erwahnen, der z. B. in den ehemaligen North-Western Provinces beim Rahu-Kult einiger niedriger Stamme,219 und im Suden Indiens infolge eines Gelubdes zur Genesung von einer Krankheit vorgenommen wird. 220 Nach Beschreitung der Feuergrube wird man oft mit den beblatterten Asten eines bestimmten Baumes geschlagen.221 Es 213 ApGS 6, 8. - Tabus, auf die Hausschwelle zu treten, durfte es viele geben, bes. in Verbindung mit dem ersten Schritt. Mrs. E. Dawson/Oxford macht mich auf das ,,first footing" aufmerksam, bei dem die erste Person (die stattlich und hubsch sein muss, aber keine Blonde sein darf), die am Neujahrstag mit einem Stuck Kohle in der Hand jemandem uber die Schwelle kommt, Gluck ins Haus bringt. 214 Kauss 50, 1; Bana, Hcar 57,8. 215 Jagaddeva, Svapnac II 71; 92. 216 Craven (vgl. Anm. 128) 20 f. 217 Meyer, Trilogie (vgl. Anm. 169) 1 57. 218 Geographia XII 537 (2,7) Ovev toi. Kaotassahous toti to uns Ilegaoias 'Agreuldos iegov, opou phasi tas iereias gumnois tois posi di' anthrakias badizein apatheis. 219 W. Crooke, The Popular Religion and Folklore of Northern India I (Westminster 1896) 19; - in Bihar: S.C. Mitra, On the fire-walking ceremony of the Dusadhs of Bihar: QJMythSoc 27, 1936, 172-181; V. Rosner, Fire-walking the tribal way: Anthropos 61, 1966, 177-190; - in Bengalen: P.C. Roy Choudhury, Temples and Legends of Bengal (Bombay 1967) 122 Anm. 6 ,,Fire-walking rituals are common among some of the tribals. The tribals of Ranchi district regularly observe this ritual at (the) villages (of) Tupudana, Bikuadag etc. near Ranchi. The participants are known as Pat-Bhaktas and they even play by picking up and throwing burning cinders."; beim Siva Ekapada Tempel in Ektesvar (2 Meilen von Bankur) am letzten Tag des Monats Caitra heisst der Feuerlauf agun sannyas. (Roy Choudhury, ebd.); - in Rajasthan, wie mir Herr J. Raendchen, Bamberg, 1982 aus Jodhpur bezeugt. 220 J.A. Dubois, Hindu Manners, Customs and Ceremonies (Oxford '1906) 598; C. G. Diehl, Instrument and Purpose (Lund 1956) 256 f.; A.C. Haddon, Fire-walking in southern India: Folklore 13, London 1902, 89 f.; P. G. Brewster, Fire-walking in India and Fiji: Zs. f. Ethnologie 87, 1962, 56-62 (behandelt den Feuerlauf zu Ehren der Gottin Kali in Cochin); A. Hiltebeitel: Sexuality and Sacrifice: convergent Subcurrents in the Fire-walking Cult of Draupadi, in: Conference on Religion in S. India, at Wilson College, Chambersburg (Pa.), 1978. F. W. Clothey, The many Faces of Murukan (The Hague, 1978) bes. 126 (uber das Vaikaci Vicakam Fest in Tirupparankunram bei Madurai an Murukans Geburtstag). G.F. D'Penha, ,,A Fire and Car Festival, Travancore". IA 31 (1902) S. 392 ,,The object of this 'feast' is to enable the devotees of the goddess Amman - better known, perhaps, by the name Kali - to walk down a pathway of hot cinders (...). There were about 500 men, each with a stick in his hand, decorated (...)". 221 Im Tahiti-Archipel auf der Insel Raiatea sowie auf Hawaii werden hierfur Blatter der ti-Pflanze Page #27 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 253 handelt sich hierbei wohl um einen Reinigungsritus bzw. Abwehrzauber und kommt auch ausserhalb Indiens vor.222 Ausser Feuerlauf ist auch das Gehen auf Wasser in Indien nicht unbekannt.223 So wirkte der Buddha einmal bei Sravasti zwecks Uberzeugung und Bekehrung von Unglaubigen ein Wunder, indem er das Phantom eines Mannes kreierte, der uber dem Aciravati-Fluss lief.224 Der Traum vom Wasserlauf gilt als gunstiges Omen.225 Fur das Luftwandeln oder besser, Versuche dazu gibt es verschiedene Belege aus dem religiosen und profanen Bereich, von denen die Besteigung des Opferpfahls durch den Opferveranstalter und seine Frau beim Vajapeya-Ritus226 und den Seiltrick der Gaukler - beide gehen bekanntlich auf den sibirischen Schamanenflug zuruck227 - hier nur beilaufig erwahnt seien. Die alteste Stelle ist wohl RV 10, 136, 3, wo ein langhaariger Muni sagt, er habe in der Ekstase den Wagen der Winde bestiegen. Aus ganz anderen Grunden war der Luftweg fur Diebe von Interesse: ein solcher namens Satyaki erlangte in 7 Nachten den dafur erforderlichen Zauberspruch Maha-rohini, indem er bei einer verlassenen Leiche Holz aufscheitete, anzundete und, solange es brannte, auf einem nassen Fell, das er daruber ausgebreitet hatte, auf seiner linken grossen Zehe herumging.228 verwendet, d.i. die Dracaena terminalis; ihre langen, breiten, gelben Blatter haben einen susslichen Geruch, s. T. Henry, Te Umu-Ti, a Raiatean Ceremony: J. Polynesian Soc. 2, 1893, 105 ff. (freundlicher Hinweis von Dr. Chr. Corne, Auckland). 222 Tawney/Penzer, The Ocean of Story II (London 1924) 169. - Fur Ceylon siehe z. B. J. Cartman, Hinduism in Ceylon (Colombo 1957) 120f.; vielleicht erinnert die oben zitierte Jataka-Kommentarstelle (Ja I 233, 18 ff.) an einen Feuerlauf; - auf Java habe ich den Feuerlauf in verwasserter Form 1982 selbst noch gesehen; seine Existenz aus Bali bezeugt eine Abbildung in S. Black, Guide to Bali auf deutsch (Singapore 1976) 153. Ferner G. Spitzing, Bali (Koln 1983) 159. - Weitere Literatur in J. J. Meyer, Trilogie (vgl. Anm. 169) I 191; U. Harva, Die religiosen Vorstellungen der altaischen Volker (Helsinki 1938) 462 f.; M. Eliade, Le Chamanisme (Paris 1964) 63; - Kritisches bei D.H. Rawcliffe, The Psychology of the Occult (London 1952) Kap. 17; E. Benz, Ordeal by fire, in: J.M. Kitagawa and others, Myths and Symbols (Essays in Honor of Mircea Eliade. Chicago U.P., 1982) 251. 223 Siehe W.N. Brown, The Indian and Christian Miracles of Walking on the Water (Chicago/ London 1928); N. Klatt, Literarkritische Beitrage zum Problem der christlich-buddhistischen Parallelen, (Koln 1982) 182 ff. 224 E. Chavannes, Cinq cents contes et apologues III (Paris 1934; Nachdruck 1962) 314 ff. - Den Wasserlauf eines Peta auf dem Ganges erwahnt Petavatthu III 1:1 (386), den des Bodhisattva auf der Nairanjana Mahavastu II 302, 6 (s. z.B. D. Seckel, Jenseits des Bildes (Heidelberg 1976] 16 u. Abb. 18). 225 Jagaddeva, Svapnac I, 90. 226 M. Eliade, Le Chamanisme et les techniques archaiques de l'extase (Paris 1951) 363; A.B. Keith, The Religion and Philosophy of the Veda and Upanishads (Cambridge Mass. 1925) 339. 227 M. Eliade (vgl. Anm. 226) 379 f.; ders., The Two and the One (Chicago U.P. 1982) Kap. iv. 228 Avassaya-Cunni II (Indore 1929) 175, 4f. Saccai (...) anaha-matie citikam katunam ujjaletta alla-cammam vitaddetta vamenam argutthaenam carkkammati, java katthani jalanti (lies mit Haribhadra, Avasyaka-Vrtti (Bombay 1917) Fol. 686 a 4 f. anaha-madae ci(t)iyam (...) viyaditta (...) tava carkamai (...)). Page #28 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 254 Willem B. Bollee Unser nachstes Thema bilden die Fussspuren. Sie sind als zuruckgebliebener sichtbarer Ausdruck eines vorbeigegangenen Lebewesens mit diesem eng verbunden, und Renou zufolge verdankt das Wort pada seine semantische Entwicklung zu Wort der magischen und liturgischen Bedeutung der Fussspuren.229 Wir betrachten zuerst die Abdrucke als solche, sodann ihre Rolle in der Kontaktmagie und in der Ominologie. Es gab naturlich Experten im Erkennen von Fussstapfen.230 Mannerfusse hinterlassen Abdrucke, die tief im Vorderfuss sind, besonders von Jahzornigen,231 Frauen dagegen machen tiefe Fersen.232 Nicht immer haben altere Frauen grossere Fusse als jungere, wie der Konig und sein Sohn in der 24. Vetalageschichte erfuhren, als sie sich im Walde in die ihnen unbekannten Hinterlasserinnen von Spuren verliebten.233 In der Kontaktmagie will man meistens der Person, der die Fussstapfen gehoren, habhaft werden oder ihr etwas antun - selten bewirken, dass sie sich selbst einer Sache bemachtigt. Letzteres liegt in der bekannten MS-Passage 2, 2, 1 vor, in der Leute, die einen vertriebenen Konig durch Beschworungsriten wieder in den Besitz seines Reiches bringen wollen, (etwas Staub aus) seine(r) Fussspur nehmen und diese(n) alsdann von der sabha eines gramyavadin gegen den Wind herumgehend, ausstreuen.234 Beispiele der erstgenannten Kategorie sind ein spatvedischer, leider nicht spezifizierter Liebeszauber in Madchenfussstapfen235 und eine Inkantation zur Schadigung eines Feindes, wenn dieser sich gen Suden begibt. Dazu geht man mit einer Axt236 dreimal in der Lange, dreimal in der Breite und schliesslich auch diagonal durch die Spur seines linken Fusses und rezitiert dabei zur Ausschaltung von Zauberabwehrmassnahmen seitens des Opfers237 leise das AV-Lied 2, 12.238 Der Glaube, dass Schadigung der Spur Schadigung des Fusses, der sie machte, bedeutet,239 lasst es oft ratsam erscheinen, sie zu verwischen. Bei den Spuren der sieben 229 L. Renou, Etudes vediques et panineennes I (Paris 1955) 10. 21; s. auch A. Minard, Trois enigmes sur les cent chemins II (Paris 1956) $ 211 a. 230 Ja III 501, 23; IV 221,15; - Kalidasa, Sakuntala III 51"; KSS 18, 355. 231 Avasyaka Curni 553, 2 ff.; - Chavannes (vgl. Anm. 106) AS. 124 f. 232 Kalidasa, Sak. III 7*. Somadeva, KSS 98, 25 f. Siehe W. Rau, Staat und Gesellschaft im Alten Indien (Wiesbaden 1957) 76. 235 SVB 2, 6,9. 236 Siehe aber Caland, Altindisches Zauberritual (vgl. Anm. 292) 162 Anm. 23 zu Kauss 47, 25 ff. 237 U.a. SVB 3, 5, 5 ff. 238 Vgl. Kauss 48, 11, wo Viehdieben die Fussspur aufgerissen und mit AV 5, 17 besprochen wird. Ferner z. B. J. von Negelein, Traumschlussel des Jagaddeva (Giessen 1912) 361: ,, wenn ein Fussstapfen hinten oder vorne eine Bruchstelle zeigt, so stirbt der betreffende Mensch"; Adbhutasagara 544 Z. 6 et passim. 239 Mir nicht ganz klar ist die Stelle Kauss 36, 36, wo zur Beseitigung eines Nebenbuhlers empfohlen wird, uber die Spur eines Impotenten (kliba) einen Bogen aus Badhaka-Holz zu zerbrechen, bei dem die adjektivische Bedeutung von badhaka naturlich mit zu berucksichtigen ist. Diese Passage ,,presupposes the possibility of transferring the specific quality of a eunuch to the paramour by means of the former's footprint" (J. Gonda, Vedic Ritual (Leiden/Koln 1980] 98), es fehlt aber ein Bezug auf die Person des Nebenbuhlers, indem etwa uber dessen Spur der Bogen eines kliba zu zerbrechen ware. Page #29 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 255 Schritten der Brautsleute z. B. geschieht das mit Wasser;240 beim Heruberholen des Feuers vom Ahavaniya tut es der Agnidhra bei den Fussstapfen des Opferpriesters vor ihm mit dem Sphya;241 nach einer Totenverbrennung loschen die Verwandten ihre Spuren mit Schilfrohr o.a. aus.242 Ein Gottesurteil mittels Fussabdrucke uberliefert Kalhana, indem er den Gott Visnu dem Konig Candrapida im Traum verkunden lasst, dass derjenige, der nachts dreimal sein Heiligtum umwandelt, der Morder eines Brahmanen ist, wenn hinter seinen Spuren die des personifizierten Brahmanenmordes erscheinen.243 Fur Fussspurzauber in Verbindung mit einem Schwur wie im deutschen Mittelalter kann ich keine indischen Parallelen anbieten.244 Nach den Fussen und den Spuren einige Bemerkungen uber die Schuhe, welche laut Vinaya (I 190) aus verschiedenem Material bestanden: Leder, Holz, Gras, Wolle usw. und mit buntem Besatz versehen waren.245 Sind die Monche vielleicht anfangs barfuss ausgegangen,246 - jedenfalls gehort Fussbekleidung nicht zu den festen Ausrustungsgegenstanden (parikkhara) -- 247 so lasst im Vinaya der Buddha anscheinend doch Ledersandalen248 zu, verbietet jedoch zugleich solche aus anderem Material, entweder, weil dafur Pflanzen sterben mussen249 oder als Luxus 250 Holzschuhe aber, weil damit fruhmorgens Insekten getotet werden konnen und des Larms wegen, der die Meditation anderer Monche stort.251 Wie sonst oft wird auch bei der Fussbekleidung brahmanisches Brauchtum Vorbild gewesen sein. Im Jaina-Kanon ist dagegen von Schuhen fur Monche nicht die Rede. Erst spater werden sie als fur Schwache und Kranke zulassig erklart, sowie in der Wanderzeit. Acht Formen werden aufgefuhrt, die dem jeweiligen Zweck entsprechen.252 Obwohl Jaina-Monche eigentlich nachts nicht aus 240 SankhGS 1, 14, 7. 241 J. Schwab, Das altindische Tieropfer (Erlangen 1886) 32. 242 ManavaGS 2, 1, 12 f. 243 Rajat 4, 103. 244 Siehe H. Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte I: Fruhzeit und Mittelalter (Karlsruhe 1962) 35 (freundliche Auskunft von Herrn Prof. Dr. E. Schmitt, Bamberg). 245 Vinaya I 185, 28 ff. Uber mit Klauen versehene Sandalen der Vratyas berichtet BSS 18, 24 (s. H. W. Hauer, Der Vratya [Stuttgart 1927] 107. 136). 246 Siehe H. Kern, Manual of Indian Buddhism (Strassburg 1898) 80. 247 Ebd.; als Kleinigkeiten sind sie zusammen mit Nadeln, Scheren, Gurteln etc. im Kloster vorratig (Vinaya II 177,5). 248 Und zwar einsohlige (Vin I 185, 24 ff.; Ja III 79, 13), denn Laien versuchten mitunter, durch die Sohlendicke ihrer Sandalen grosser zu erscheinen, wie Arrian, Indica XVI 5 berichtet: 'Ynodnuata de leukou dermatos phoreousi, perittos kai tauta eskemena kai ta ikhne ton upodematon autoisi poikila kai upsela, tou mezonas phainesthai. 249 Vinaya I 189, 11. 250 Vinaya I 190, 24. 251 Vin I 188, 20 ff. chabbaggiya bhikkhu rattiya paccusa-samayam paccutthaya katha-padukayo abhiruhitva ajjhokase carikamanti ucca-sadda (...) kitakam pi akkamitva marenti bhikkhu pi samadhimha saventi (...). Na, bhikkhave, katha-paduka dharetabba. - Auffallig ist hier die Erwahnung der kitaka-Totung. - Vin II 143, 1. 252 BKappaBh IV 3847 ff. Siehe J.C. Jain, Life in Ancient India (Bombay 1947) 147 f. Schuhe sind weder ,,important articles of costume" noch im BKappaBh ,,prescribed" (Jain). Ausserdem sind Page #30 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 256 Willem B. Bollee gehen durfen, gibt es im BKappaBh hierfur dennoch eine Art Sandalen 253 zum Schutz gegen Dornen usw.254 Keine Schuhe tragt der buddhistische Monch wahrend des Bettelganges255 und in Anwesenheit eines barfussigen Lehrers, 256 ersteres angeblich demutshalber, das zweite der Etiquette wegen. Unterwegs hangen sie in einem Beutel an seinem Gurtel, seit es einen Fall gab, wo ein Laienanhanger einen Monch auf seiner Almosenrunde im Dorf ehrfurchtig grusste und dabei mit dem Kopf dessen lose am Leibband befestigten Sandalen beruhrte, wodurch der Monch sich genierte.257 Ahnliches gilt auch fur den Vedaschuler: er darf im Dorfe keine Schuhe tragen258 und sich mit ihnen nicht seinem Lehrer nahern.259 Gautama verbietet ihm sogar Schuhe uberhaupt.260 Der Snataka jedoch braucht bei seiner Ruckkehr weisse Schuhe;261 ihm sind Sandalen und Holzschuhe erlaubt.262 Essen, auf dem Abort hocken,263 grussen und die Gotter verehren264 darf er, wenn er sie anhat, allerdings nicht - ja, er darf nicht einmal seine eigenen jarghika wohl eine Art Schaftstiefel', also ,top-boots' und keine ,shoes which covered (...) full shanks, wie von B. Deo, History of Jaina Monachism (Poona 1956) 411 offenbar gedankenlos ubernommen. Siehe noch PWB s.v. manda-pula. 253 BKappaBh III 2884 taliyau ratti-gamane kant'-uppaha-tena-savae a-sahu (...). 254 Malayagiri bemerkt hierzu talikah - kramanikas tas ca ratrau gamane kantaka-taksanartham padesu badhyante. Sartha-vasad va panthanam muktvotpathena gacchatam stena-svapada-bhayena va tvaritam gamyamane divapi badhyante. 255 U.a. Vin II 118, 5; (Waldbewohner) 217, 22. Eine Begrundung wird nicht gegeben. Bei den Bettelgangvorschriften 213, 13 ff. und 215, 32 ff. werden keine Schuhe erwahnt. 256 Vin I 187, 28. 257 Vin II 118, 5. Vgl. G. Carstairs, The Twice-Born (vgl. Anm. 2) 79 ,,to be struck on the head by another's shoe conveyed a humiliation out of all proportion to the physical hurt", des Verlustes von punya wegen (J. Abbott, Keys (vgl. Anm. 293] 14). - In diesem Zusammenhang ist auch das Gleichnis der Brahmanin interessant, das Hemacandra Maladharin in seinem Kommentar zum Visesavasyakabhasya 928 als Beispiel eines schlechten, weil in den Samsara fuhrenden Charaktertests (bhavopakrama) bringt. Eine gut meinende Schwiegermutter rat ihren, wohl frischverheirateten drei Tochtern, ihren Ehemannern, um sie kennenzulernen, an den Kopf zu treten, wenn sie bei ihrer Heimkehr ihnen etwas vorwerfen sollten. So behandelt sagt der Mann der ersten Tochter: ,,Dein zarter Fuss wird sich wehgetan haben" und reibt ihr ihn. Von ihr meint die Mutter, sie konne zu Hause machen, was sie wolle. Der zweite Mann bemerkt: ,,Frauen von gutem Hause tun so etwas nicht" und lasst es dabei. Er sei wie der erste. Der Mann der Nr. 3 schimpft aber heftig und jagt sie aus dem Hause. Von ihrer Mutter zuruckgebracht erhalt sie den Rat, ihren Mann durch Aufmerksamkeit wie die hochste Gottheit zu besanftigen. - Winternitz schliesslich nennt als Titel einer modernen Streitschrift den ,,Pantoffel ins Gesicht der Bosewichte" (Durjana-mukhapadma-paduka), wobei paduka eine Steigerung von capeti ka darstellt (GIL I, 465 Anm. 1). 258 Gobhila GS 3, 1, 25. Nach seiner Initiation (upanayana) erhalt er welche (M. Sinclair Stevenson, The Rites of the Twice-Born (vgl. Anm. 125] 40). 259 ApastambaDhS 1, 2, 6, 10;- vgl. Dubois (vgl. Anm. 2) 330. 260 GautamaDhS2, 13. 261 ManavaGS 1, 2, 17. 262 ApDhS 1, 2, 8, 2. 263 ApDhs 1, 11, 30, 18. 264 GautamaDhS 9, 45. Page #31 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 257 Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst Schuhe ausziehen.265 Dass er z. B. auch keine Schuhe von anderen benutzt,266 verwundert nicht, tritt er doch in einen neuen Lebensstand, den des Hausvaters, ein, der neue Kleidung usw. erforderlich macht. Die Auffassung von Kleidung als personlichem Besitz hat sich sodann verallgemeinert.267 Dubois schliesslich bemerkt, dass kein Hindu uberhaupt je sein eigenes Haus, geschweige denn das eines Fremden mit Lederschuhen an den Fussen betreten soll (op. cit., S. 330). Fusse als Werkzeug oder Waffe Nach dem Fuss als Steh- und Gehmittel kommen wir jetzt zu seiner Verwendung als Werkzeug bzw. als Waffe, als verbreitetes Mittel, jemanden zu bezwingen bereits im RV, wo der Dichter den Konig Asamati lobend anruft und sagt: ,,Du hast Deinen Fuss auf die Panis gesetzt" (Geldner).268 Mehrfach wird ein Kampf manibus pedibusque erwahnt269 und ebenso naturlich, dass ein Sieger als Zeichen der Besitzergreifung seinen Fuss auf den Kopf seines Gegners stellt,270 obwohl das bei Verwundeten als unehrenhaft gilt.271 Dass es diesen Ausdruck vielleicht ebenfalls im ubertragenen Sinne gibt, daran konnte man in einer Itthiparinna-Strophe denken, in der es heisst, dass die Frau einen Monch, der sein Gelubde gebrochen und sich mit ihr eingelassen hat, auf dem Kopf trampelt,272 denn in Anbetracht des grossen Respekts vor Monchen und der indischen Gefuhle hinsichtlich Kopf und Fuss ware das sonst ohne Zweifel eine schlimme Beleidigung. Eine solche zeigt tatsachlich eine Illustration zum Amarusataka: eine eifersuchtige Geliebte tritt mit dem Fuss nach dem Kopf ihres reumutigen Liebhabers.273 Tritte nach oder auf andere(n) Korperteile(n) losen verschiedene Reaktionen aus. So verursachte die Dienerin, die den Brahmanen Canakya von seinem Sitz trat, den Untergang der Nanda-Dynastie,274 wahrend die Fusstritte, welche Kirtisena von ihrer bosen Schwiegermutter erhielt, eine Reihe von Abenteuern auslosten, die aber ein gutes Ende nahmen.275 Sogar Brahmanen genieren sich nicht, ihre Fusse gegeneinander 265 Manusmrti 4, 74. 266 Ebd., 4, 66. 267 Carstairs (vgl. Anm. 2) 79. 268 RV 10, 60, 6 Panin ny akramih. 269 U.a. Ram 3, 4, 7ff. (Rama und Laksmana gegen den Riesen Viradha); 3, 51, 40 (der Damon Ravana gegen den Geier Jatayus). 270 Mvu III 31, 4; KSS 20, 190. 271 Mbh 9, 63, 15 d. 272 Suyagada 1, 4, 2, 2 bhikkhum (...) pay'uddhattu muddhi pahananti. Cf. Udo sodastideoital ,to trample under foot, scorn (Liddell/Scott, A Greek-English Lexicon (Oxford, '1948). 273 Kl. Fischer, Erotik und Askese (vgl. Anm. 142) Abb. 102. - Hier ist also von einem , sanften Regiment der (indischen) Frauen" (G. Tolle) nicht die Rede. Das gilt auch z. B. von Vasantasena, wenn sie den ihr zu Fussen liegenden Sakara wutend an den Kopf tritt, was ihn wiederum gegen sie aufbringt (Mscchakatika 8, 19). 274 Hemacandra, Par 8, 223. 275 KSS 29,86. Page #32 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 258 Willem B. Bollee als Rachemittel fur Beleidigungen einzusetzen.276 Einen bosen Tritt gab ferner eine Prinzessin einem fur die Thronfolge auf die Probe gestellten General beim Massieren ihrer Fusse in die Brust, warf ihn um und liess ihn alsdann hinauswerfen (Jataka VI 38, 20). Die Beruhrung mit dem Fuss muss nicht immer beabsichtigt sein: bei dem als Visnu dargestellten Opfer sagt der Adhvaryu entschuldigend , dass ich nicht, O Visnu, mit meinem Fuss gegen Dich sundige' (VS 2, 8). Andere, nicht mit dem Fuss beruhrbare Wesen sind Feuer, ein Lehrer, ein Brahmane, eine Kuh, ein Madchen, ein Greis und ein Kind, 277 und ein Snataka darf einen Sitz nicht mit dem Fuss an sich ziehen.278 Auf Speisen auftreten tut ferner jemand, der den Verruckten spielt.279 Absichtlich mit dem Fuss beruhrtes Essen soll ein Brahmane nicht zu sich nehmen (Manu 4, 207). Es werden jedoch nicht immer Tritte als unangenehm empfunden: so erklart sich Visnu von der Aufweckung mittels Fusstritt gegen seine Brust durch den Rsi Bhrgu hochgeehrt und begluckt und streichelt sogar noch den Fuss des Weisen.280 Auch konnen Fusstritte ihres Liebhabers die Lust einer Frau vergrossern,281 wahrend solche einer Schonen u.a. den Asoka-Baum zum Bluhen bringen,282 denn Frauen haben nach altem Volksglauben fruchtbarkeitsfordernde Krafte fur die Vegetation,283 deren Ver 276 KSS 20, 14. Brahmanen sind aber fussrein (Varahamihira, BS 74,8). 277 MarkandeyaPur 14,59f.; Vrddhacanakya 7, 6 in Bohtlingk, Ind. Spr. (2. Aufl.) 4038. 278 GautamaDhs 9,49. 279 KSS 18, 249. 280 Padmapurana 5 zitiert von M. Winternitz, GILI (Leipzig 1908) 455. 281 KSS 21, 75. - Fur das Frau-kommt-zu-spat-Motiv s. W. Bollee, Kunalajtaka (London 1970) 148 ff. 282 Kalidasa, Kum 3, 26; Bana, Hcar (Bombay 1946) 164, 6; Hemacandra, Trisasti 1, 2, 989; Bhavadevasuri (14. Jh.), Parsvanatha-caritra VI 796; Sarojini Naidu, ,,Ashoka Blossom", in: The Broken Wing (London 1926) 64 ,,If a lovely maiden's foot Treads on the Ashoka root, Its branches sway and swell, - So our eastern legends tell, - Into gleaming flower, ..." Die bildliche Darstellung einer solchen Szene findet sich auf der Gelandersaule J 55 im Mathura Museum, s. J. Ph. Vogel, La belle et l'arbre asoka: BEFEO 9, (1909, 531 f.); A.K. Coomaraswamy, Yaksas (Washington 1928) 35 Abb. 6:3. 283 Siehe u.m. J.G. Frazer, The Golden Bough (Abr. ed. London 1950) 28.- Bei Naidu heisst es in ihrem ,,In a Time of Flowers": ,,The old earth breaks into passionate bloom At the kiss of her (spring's] fleet, gay foot" (in: The Bird of Time (London 1926] 43). - Auf die Identitat vom Liebes- und Vegetationsgott Kama mit dem Asoka wies J.J. Meyer in seiner Triologie I (vgl. Anm. 169) 29. 34. 36 et passim hin. Die Beruhrung mit dem Fuss(lotus) steht hier wohl dem Schlagen mit (grunen) Zweigen u.a. bei Vegetationsfesten gleich, wodurch die bosen Krafte von Tragheit und Stockung ausgetrieben und in den so behandelten Lebewesen c.q. Baumen neue Aktivitat hervorgerufen wird (vgl. Meyer ebd. 194 ff.). Page #33 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 284 langen nach Beruhrung durch ihren Fuss sogar als Schwangerschaftsgelust bezeichnet wird, wie es indischer Auffassung zufolge auch Pflanzen und Tiere haben konnen.2 Einige besondere Tatigkeiten mit dem Fuss sind ferner noch das Kratzen der Erde aus Langeweile bzw. Geringschatzung, wie es z. B. Duryodhana uber die Ermahnung Maitreyas tut;285 aus Niedergeschlagenheit, wie Devahuti beim Weggang ihres Gatten;2 ;286 oder bei dem Gedanken an Land.287 An Moses erinnert weiter Davadanti, als sie mit den Worten,,wenn mein Geist vom rechten Glauben erfullt ist, so soll hier reines Wasser mit Wellen (udvici-varya) entstehen" mit ihrer (rechten) Ferse auf die Erde stiess und in der Weise in einem trocknen Flussbett Wasser hervorrief.288 Im Falle von Behexungen ist naturlich der linke Fuss das Werkzeug. Eine auffallige Tatigkeit ubt der konigliche Yajamana aus, wenn er bei seiner Salbung auf eine Tigerhaut tritt und mit dem rechten Fuss ein Stuck Blei zu einem Impotenten, mit der linken ein Stuck Kupfer zu einem Barbier stosst.290 Dienen Schuhe in erster Linie der Isolation und dem Schutz - materiellen und magischen - so ist der Schritt zum Apotropaikum ein kleiner. Er findet sich vielleicht bereits im KausS 41, 6, wo jemand Regen herbeizaubern will, indem er einen Hundekopf, einen Widderkopf, (Menschen-)Haar und ein Paar alte Schuhe am Ende eines Bambuspfahles bindet und damit in die Luft schlagt als um einen Damon zu bekampfen, wahrend er AV 4, 15 oder 7, 18 rezitiert. Ich neige dazu, diese Interpretation von Zachariae zu bevorzugen," weil die genannten Gegenstande mir eine Art Totali 292 291 259 289 284 Tawney/Penzer (vgl. Anm. 222) I 222; B. Rowland, The Art and Architecture of India (London 1953) Glossary s. v. dohada. 285 Mbh cr. ed. 3, 11, 29. Ein Stock kann hier den Fuss ersetzen, v. Bollee, Kunalajataka (vgl. Anm. 132) 104 Anm. zu 39, 22. 286 BhagavataPur 3, 23:50. 287 VarBrS 51, 13. 288 Hemac Trisasti 8, 3, 717f. 289 Kauss 47, 4 (vgl. Caland, Zur Exegese und Kritik der rituellen Sutras III: ZDMG 53, 1898, 209. 290 Vide J.C. Heesterman, The Ancient Indian Royal Consecration ('s-Gravenhage 1957) 209. 291 Sva-sira-etaka-sirah-kesa-jarad-upanaho (-au) vamsagre prabadhya yodhayati. Ihr Alter steigert die magische Kraft von Personen und Gegenstanden (K. Th. Preuss, Die geistige Kultur der Naturvolker [Leipzig 1914] 31). 292 Th. Zachariae, Zum altindischen Hochzeitsritual: WZKM 17, 1903, 137f. Opera Minora (Wiesbaden 1977) 505 f.; A.B. Keith, The Religion and Philosophy of the Veda and Upanishads (Cambridge Mass. 1925) 389. - Vgl. die Aussendung eines Zauberers bei den Kumaon im westnepalesischen Grenzgebiet zur Bekampfung des Hageldamons bzw. von Hagelsteinen mit einem Schuh (W. Crooke [vgl. Anm. 173] I 80), denn Geister und Damonen sollen Angst vor Leder haben (Crooke ebd. II 34), womit wohl auch zusammenhangt, dass jemand im Sirsa-District (250 km NW von Delhi) fruher ein von einer plotzlichen Krankheit befallenes Pferd heilen konnte, indem er es nach Auszug seiner Kleidung siebenmal mit seinem Schuh auf den Kopf schlug (W. Crooke, Journal of the Anthropological Institute 49, 1919, 238); hierbei durfte die Nacktheit des Mannes die Abwehr der Krankheit durch den Schuh noch verstarkt haben. Siehe ferner auch J.M. Campbell, Notes (vgl. Anm. 74) 296 ff. sowie S. C. Mitra, Sorcery in Ancient, Mediaeval and Modern India: JAnthropSoc. Bombay 7, Page #34 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 260 Willem B. Bollee tat der Kampfmittel auszudrucken scheinen - darauf konnte auch ihre Funfzahl hinweisen 293 - im Gegensatz zu Caland, der die Kopfe und die Schuhe aus Menschenhaar (!) miteinander kampfen lassen will, wovon ich den Sinn nicht recht sehe. Betrachten wir diese ,,Abwehreinheit" genauer, so ist dem Widderkopf darin aufgrund der Beziehung, die das Tier zum post-rgvedischen Regengottaspekt Indras hat,294 wohl eine besondere Funktion zuzuschreiben. Erwahnung verdient in diesem Zusammenhang vielleicht auch der auf einer Stange befindliche, als Schirm uber einer zur Hinrichtung abgefuhrten Raksasi gehaltene Schuh,295 der womoglich die Verhinderung von Befreiungsversuchen bezweckte. Es ist ferner ein gutes Omen, wenn sich jemandem ein Hund nahert mit einem Stuck von einem alten Schuh im Munde 296 Schliesslich sei noch die Rolle des Schuhmachers bei der Hochzeit in Sudindien beruhrt: er muss dazu namlich seine Zustimmung geben, wozu er durch ein Betelgeschenk gebeten wird.297 Tierfusse, -spuren Den Menschenfussen folgen jetzt die Tierfusse, zunachst von wirklichen Tieren, sodann von tiergestaltigen anderen Wesen. Bei den Pfoten von Tieren, besonders solchen, die im Ritual eine Rolle spielen, ist auch die Farbe wichtig. Ein weissfussiges Pferd wird beim Asvamedha erwahnt (TS 7, 3, 17, 1), wahrend ein Schaf mit weissen Pfoten als Ahnenopfer alle Wunsche erfullt (AV 3, 29, 1 ff.). Auspizios sind ferner eine derartige Ziege298 sowie ein Stier mit einer weissen Pfote.299 Die den Kommentatoren 1905, 347.355.- Anders W. Caland, Altindisches Zauberritual (Amsterdam 1900) 141; V. Henri, La Magie dans l'Inde antique (Paris 1904) 110f. In diesen Bereich fallt auch das Schlagen mit einem Schuh auf die Fusssohle/Ferse als Mittel gegen Cholera, weil die Krankheit dort Krampfe verursacht, s. H. Yule/A.C. Burnell, Hobson-Jobson (London 1886) Sp. 587b, 588 a und 586b. 293 Uber die funfteilige Ganzheit siehe u.a. C.H. Tawney/N.M. Penzer, The Ocean of Story I (London 1924) 255; G. J. Held, The Mahabharata (Amsterdam 1935) 93; Kirfel, Symbolik (vgl. Anm. 44) 97 ff., 150; N. Balbir, Danastakakatha (vgl. Anm. 126) 67; Dubois, Hindu Manners (vgl. Anm. 2), 239, E.R. Curtius, Europaische Literatur und lateinisches Mittelalter (Bern/Munchen $1965) 501; J. Abbott, The Keys of Power (London 1934) 295 ff. 294 Siehe z. B. W.B. Bollee, Sadvimsabrahmana (Utrecht 1956) 18. Implizite Bedeutung haben hier die Widderhorner; ihre doppelte - apotropaische und sich auf die Fruchtbarkeit beziehende - Funktion ist zum richtigen Verstandnis dieser Passage zu berucksichtigen. Im ubrigen ist bekanntlich der Widder eigentlich das mit Varuna verbundene Tier. 295 Kathakosa 26, in der Ubersetzung von C.H. Tawney (London 1895) 108. Ingeborg Hoffmann gibt das semantisch unklare Wort chittvara mit alte Futterschwinge wieder; s. die Anm. auf S. 266 ihrer Ausgabe (vgl. Anm. 127). 296 J.E. Padfield, The Hindu at Home (Delhi 1975) 256. 297 Th. Zachariae, Opera Minora (vgl. Anm. 292) 712 f. Saraswati, Brahmanic Ritual Traditions (vgl. Anm. 74) erwahnt hieruber nichts. 298 VarBrs 65, 6 (sie darf aber auch schwarze Pfoten haben; die Farbe ist mithin offenbar irrelevant). 299 Ebd. 61, 19; hier ist ebenfalls die Farbe unwichtig. Page #35 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 261 300 zufolge mit den Resten der Opferbutter bestrichenen weissfussigen (sitipad-) Kuhe oder Schafe, die nach einer Inkantation in die Richtung des feindlichen Heeres entlassen werden, sind mit Caland wohl eher als Pfeile mit weissen Federn zu betrachten.30 Auffallig bleibt aber auch dann die Farbe, wurde man in einem solchen Ritus doch eher die Verwendung schwarzer Tiere oder Gegenstande erwarten. Einige Male begegnet die Vorschrift, die Fusse des Opfertieres zur Entfernung des Ubels, das es sich damit zugezogen hat, abzuwaschen.301 Des weiteren wird von dem Tier, das den Pitaras gewidmet ist, der linke Vorderfuss festgebunden. Der Tiger wird als solcher im Rgveda nicht erwahnt, muss gleichwohl in den jungeren Teilen bekannt gewesen sein, wenn Vyaghrapad tatsachlich der Name des Dichters von RV 9, 97, 16-18 ist. Mit der thematisierten Form Vyaghrapada begegnet im Mbh (cr. ed. 13, 14, 75) ein Rsi im Krta-yuga. Sind dies etwa Spottnamen nach einer Fussabnormalitat oder haben die Genannten etwas mit den aus dem SB bekannten Tigermenschen zu tun?302 In Gujerat hangt man sich ferner Tigerkrallen als Apotropaikum um den Hals.303 Von den Vierfussern zu den Vogeln: als Mittel gegen Angina pectoris, Gelbsucht usw. empfiehlt KausS (26, 18), drei gelbe Vogel mit einer gelben Schnur an den linken Fussen unter dem Bett des betreffenden Kranken festzubinden und Wasser so uber den Patienten auszugiessen, dass es von ihm auf die Vogel fliesst und diese ihm folglich seine Krankheit abnehmen.304 Fur angenehme Aufregung sorgt dagegen ein Gewitter bei Pfauen, die dann vor Freude zu tanzen anfangen.305 Dabei wird freilich,,der Ort, wo die Speise hinaustritt", 306 sichtbar, und darum gelten tanzende Pfauen als der Inbegriff der Schamlosigkeit.307 Ahnlich verhalten diese Vogel sich ferner bei dem Anblick fur den Konig bestimmter vergifteter Speisen, wie aus der Erzahlungsliteratur hervorgeht. 308 Bei Hemacandra schliesslich finden wir die Unvernunft der Askese im Vedanta mit dem Bild des Rebhuhns karikiert, das aus Angst, hinzufallen, auf einem Fuss tanzt, wie 300 AV 11, 10, 6 (Kuh); KausS 14, 22 (Schaf; s. Calands Anm. und vgl. 14, 12f.). - Man konnte auch an einen Unglucksvogel mit weissen Pfoten denken; dann ware die Fussfarbe hier ohne Bedeu tung. 301 AV 9, 5, 3 und KausS 64, 9; W. Caland, Das Vaitanasutra des Atharvaveda, in: Verh. AdW. XI, 2 (Amsterdam 1910) 30. 302 Siehe J. v. Negelein, Das Pferd im arischen Altertum (Konigsberg i. Pr. 1903) 11 Anm. 2; S. C. Mitra, Sorcery (vgl. Anm. 292) 342 ff. (in Orissa, Zentral-Indien, Chota Nagpur etc.); W. Bollee, The Indo-European Sodalities in Ancient India: ZDMG 131, 1, 1981, 173; St. Grof, Topographie des Unbewussten (Stuttgart 1978) 203. 303 R. E. Enthoven, The Folklore of Gujerat: IA 45, 1916 120. 125. 304 Ahnliches geschieht KausS 32, 17 mit einem Frosch. 305 J.P. Thaker, Peacock: the national bird of India: JOIB 12, 4, 1963, 428 f.; C. Sivaramamurti, Birds and Animals in Indian Sculpture (New Delhi 1974) 28 ff. u. Abb. 81 (Kangra Schule, Ende 18. Jh.); P. Th. Nair, Peacock: the national bird of India (Calcutta 1977) 89 et passim. 306 O. Bohtlingk, Indische Spruche III (St. Petersburg 1873) Nr. 5051. 307 Mbh cr. ed. 12, 115, 9 etc.; Ja I 207, 16. 308 Sukraniti 1654f.; Hemavijaya, Katharatnakara I 6. Erzahlung. Page #36 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 262 Willem B. Bollee ein Mann auf einem Bein stehend Askese ubt aus Furcht, sonst in die Holle zu sturzen.3 309 Tierspuren werden bereits im RRgveda erwahnt, z. B. heisst es in einer Hymne an Agni Vaisvanara,der (...) Bulle (...) hat den doppelten grossen Ton, das wie die Spur der Kuh verborgene (Wort) aufgefunden,310 wozu Geldner bemerkt,,,die verborgene Spur der Kuh ist hier ein Bild fur das zu suchende seherische Wort oder den seherischen Gedanken (...). So hat sich in pada aus der Bedeutung,Spur' die von,Wort entwickelt." Normalerweise ist die Kuhspur aber sicht- und verwendbar, z. B. um da Speisereste eines neugeborenen Jungen hineinzulegen - ebenso wie die Spur hier durfen sie als pars pro toto stehen zur Herstellung einer Verbindung zwischen dem schwachen Kind und dem auspiziosen, magisch kraftigen Tier.331 Caland nimmt auf diese Stelle Bezug in einer Anmerkung zu KausS 39, 23, wo der Brahman und der Zauberbegunstigte, der die Zauberpuppe tragt, wahrend eines magischen Ritus, um eine Behexung auf den Urheber zuruckzuwenden, an einen Ort gehen, an dem sich keine Rinderfussabdrucke befinden. Besondere Bedeutung kommt den Spuren der Somakrayani-Kuh zu: man giesst da Ghi hinein,3 bannt den bosen Geist in sie, indem man sie mit dem Holzschwert (sphya) umkreist313 usw. Die mit Wasser gefullten Fussstapfen der Kuh sind ofter ein Bild der Verganglichkeit oder Geringfugigkeit und werden so auch dem Ozean gegenubergestellt," z. B. in einer proverbiellen Redensart fur eine Antiklimax,,nach Uberquerung des Ozeans in einer (mit Regenwasser gefullten) Kuhspur ertrinken." In der vedischen Zeit horen wir ebenfalls von Opfern in die Abdrucke von Pferdehufen, denn das Pferd ist Agni.318 Uber die Frage, ob man sie als Reprasentanten von Kraft (virya) auch mit Feuer beruhren darf, gehen die Autoritaten auseinander.319 Weil ferner das Pferd mit der koniglichen Gewalt identifiziert wird (SB 13, 2, 2, 15), wundert es nicht, wenn wir von Fursten lesen, die mit der Stirn den Staub der Pferdespuren eines Maharajas beruhren.320 309 310 RV 4, 5, 3. 311 BaudhGS 2, 1. Hemac Trisasti 1, 1, 389. 312 SB 3, 3, 1, 4. 313 ApSS 10, 23, 2. 314 315 316 Milindapanha 287, 13. 317 Hemac Trisasti 1, 5, 247. - 312 <<317 Anguttara-Nikaya IV 102, 7. 315 Ebd. III 188, 10; Buddhaghosa, Sumangalavilasini 283, 28. - Im Sa. z.B. Mbh cr. ed. 1, 27, 9. - Vgl. den Pferdefuss im franzosischen Ausdruck,,un honnete homme ne se trouve pas sous le pied d'un cheval" (P. Imbs, Tresor de la langue francaise V [Paris 1977] 670 f.), der fur etwas ganz Gewohnliches steht. 318 SB 6, 3, 3, 22 (mit Kreis um die Abdrucke). 319 Ja: SB 2, 1, 4, 24; 13, 4, 3, 4 (mit Kreis um die Abdrucke); - nein: TB 1, 1, 5, 9. 320 Bhasa, Pratijna-yaugandharayana, 2. Akt zitiert nach J. Hertel, Jinakirtis,,Geschichte von Pala und Gopala" (Leipzig 1917) 124. Page #37 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst Erwahnt seien hier wenigstens noch Hufsandalen - das Aquivalent der romischen soleae ferreae - zu Harsas Zeit (1. Halfte des 7. Jh.), denn Hufbeschlag mit Nageln hat es m. W. im alten Indien nicht gegeben.32 321 Wolfsspuren haben in die Philosophie Eingang gefunden, und zwar erscheinen sie einmal im Mahabharata als Beispiel eines sinnlosen Diskussionsgegenstandes und. zum andern bei dem Buddhisten Candrakirti, der den Standpunkt eines Materialisten darlegt, der anhand von Fingerabdrucken im Strassensand und ihrer Interpretation durch Leute, die ihre Entstehung nicht beobachtet haben, aber sie dennoch fur Wolfsspuren halten, die Ansicht aufzuzwingen versucht, dass in gleicher Weise keine Existenz einer Seele postuliert werden darf, welche doch genauso bislang niemand wahrgenommen hat. 322 263 Sasapada schliesslich hat im Sanskrit nicht die Bedeutung,Hasenfuss (Feigling), sondern ,Hasenspur', d. h.,,etwas, woruber man leicht hinwegkommt" (pwb)." 323 Als Symbol des Unsichtbaren und Geheimen wird bereits im Rgveda die Vogelspur verwendet, wenn der Dichter sagt (4, 5, 8): ,Agni bewahrt (als sein Geheimnis) den geliebten Gipfel der Erde, die Spur des Vogels (Geldner).324 Es begegnen ferner imehrmals Spuren von Unglucksvogeln, besonders der Taube, im RV (10, 165, 5),mit einem Vers scheuchet die Taube fort; fuhret die Kuh herum (...), alle bosen Spuren austilgend' und spater,325 Fusse tiergestaltiger Wesen Ausser echten Tieren kennt Indien auch tiergestaltige Wesen verschiedener Arten, z. B. den sarabha, der in der vedischen Zeit in Verbindung mit der Ziege genannt326 und im Mittelalter mit Gaur und Yak als einhufig beschrieben,327 mithin anscheinend als wirklich existierendes Tier aufgefasst wird, im Epos jedoch als achtpfotiges Ungeheuer erscheint, das Lowen und Elefanten totet.328 Ferner das weisse fliegende Pferd Valaha oder Balaha mit Krahenschnabel und munjagrasartigem Fell, eine Reinkarnation des Bodhisatta oder des Lokesvara, von dem 250 Kaufleute, die bei einer von Raksasis 321 So spricht Bana, Hcar (Bombay 1946) 63, 1 von Pferden mit loha-pitha-kathina-khura-mandalaih. Siehe ferner meinen im Druck befindlichen Aufsatz,,Der Kutagara". - Von versilberten Kuhhufen ist im AgniPur 210, 30 und 32 die Rede; lederne Elefanten,,schuhe" nennt Kautilya 10, 3, 20 (Meyer [vgl. Anm. 23] 569, 26 und 570, 25 f.). 322 Siehe W.B. Bollee, Studien zum Suyagada I (Wiesbaden 1977) 58 Anm. 20. 323 Bana, Hcar 214, 4f. Der Hase gilt als Mass des Sudras und als kleinster Mannlichkeitstyp in der Erotik (H. Zimmer, Kunstform und Yoga im indischen Kultbild [Berlin 1926] 158). 324 Vgl. RV 10, 5, 1; 1, 25, 7 an Varuna:,,Der die Spur der Vogel weiss, die in der Luft fliegen (...)", etc. 325 SankhGS 5, 5; BharadvajaGS 2, 32; AsvGS 3, 7, 7 (vgl. Caland, Zauberritual [vgl. Anm. 292] 150 Anm. 2); VarahaGP 12. 326 AV 9,5,9; SB 1, 2, 3, 9. 327 BhagPur (Benares 1952) 3, 10, 22. 328 Mbh cr. ed. 3, 134, 14; 12, 117, 34 und 38. Page #38 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 264 Willem B. Bollee bewohnten Insel gestrandet waren, gerettet wurden (Ja II 129, 10; Mvu III 85, 8).329 Die wohl beruhmteste Darstellung hiervon befindet sich in Neak Pean;330 die Legende, welche u.a. das Circe-Motiv enthalt, war aber in ganz Sud- und Sudostasien beliebt, wie eine neulich vom Museum fur indische Kunst in Berlin erworbene und von Lienhard bearbeitete Bilderrolle aus Nepal bezeugt.331 Die Gestalt einiger dieser Wesen wird unterschiedlich angegeben, z. B. die Gandharvas und Kinnaras, in der indischen Literatur als himmlische Sanger geruhmte Wesen, halb Mensch, halb Pferd.332 Die erstgenannten kommen auch als geflugelte Menschen vor,333 die letzteren werden in der ausserindischen Kunst als eine Art Sirenen dargestellt, 334 die, wie in Wat Phra Keo als Tempelwachter,335 aber wie in Burma auch auf Pfahlen (tagundaings) 336 und als Sargstutzen auftreten konnen. 337 Von den Fabelvogeln seien hier ferner der bharanda oder bharunda338 aus dem nordlichen Kuruland, der zwei Kopfe und drei Fusse hat, genannt; aber ein achtfussiger hamsa ist eine mystische Gedankenschopfung. 339 329 Siehe auch V. Goloubew, Le cheval Balaha: BEFEO 27, 1928, 223 ff. 330 Hervorragendes Farbbild in M. Giteau, Angkor (Stuttgart 1976) Abb. 90 zu S. 150 und 273 f. -H. Marchal, Nouveau Guide d'Angkor (Phnom Penh 1964) 178 f. 331 S. Lienhard, Die Abenteuer des Kaufmanns Simhala - Eine nepalesische Bildrolle aus dem Museum fur indische Kunst Berlin. Voraussichtlich als Veroffentlichung des Museums fur Indische Kunst Berlin Bd. 7 (1985). 332 Mit Menschenkopfen und Pferdekorpern (B.S. Upadhyaya, India in Kalidasa [Allahabad 1947] 242) oder umgekehrt (ebd. 318; Tawney/Penzer, Ocean of Story. I. [London 1924] 202). Buddhaghosa nennt sie zusammen mit Elefanten und Affen (Sp 255, 15). Mitunter werden sie zu den Gandharvas gezahlt (E. W. Hopkins, Epic Mythology [Strassburg 1915) 152), ebenso wie wir bei den Siddhas von einem Asvapada lesen (Rajat 3, 267). 333 G. Michell, In the Image of Man (London 1982) Abb. 80. 334 U.m. in Anuradhapura, siehe P. Thomas, Epics, Myths and Legends of India (Bombay 121961) Abb. 151 neben einem Gandharva aus Ajanta, ebenfalls als Vogelmensch, und Hartel/Auboyer, ebd. Abb. 327, b: ein kinnara und eine kinnari rechts und links von einem (Himmels-?)baum, an wessen Fuss mehrere (Wasser-?)gefasse stehen. - Die Beschreibung des Pali-English Dictionary ,a little bird with a head like a man's geht aus den angefuhrten Stellen nicht eindeutig hervor. Sie singen wunderbar (Ja IV 284, 1 etc.; Setubandha 9, 87), sprechen aber nicht, denn wer (viel, Ja IV 252, 12) redet, lugt (AN I 77,32 kimpurisa; Mp II 151,2 mit kinnara erklart). - Auffallig ist, dass kinnaras in einigen Texten anscheinend nicht vorkommen, so z. B. im Dhammapada-Kommentar, wie die kimpurusas nicht im KSS (s. Tawney/Penzer (vgl. Anm. 223]). - Uber den Ursprung der Vogelmenschvorstellung siehe G.B. Gruber, Historisches und Aktuelles uber das Sirenen-Problem in der Medizin: Nova Acta Leopoldina NF. 117, Bd. 17, 1955, 89 ff. bes. 93.98 u. Tafel 1, 4. 335 D.A.C. Davies, Thailand (Tokyo 1970) 29; J. Dittmar, Thailand und Burma (Koln 1981) Farbbild 4. - Fur die kinnaras als Parkwachter s. Hopkins (vgl. Anm. 332) 142. 336 M. u. B.Ferrars, Burma (London 21901) 37. 337 Ebd. 194. - Als Verehrer der Pitaras kennt schon das indische Epos die kinnaras, s. Hopkins (vgl. Anm. 332) 32. 338 Aup S 27 (tika 35 b 12) = Tha 9, 3, 693 (tika 464b 13). - Im Mbh ist es bisweilen ein Aasgeier, so cr. ed. 6, 8, 11 und 12, 90, 21 (Nilakantha: grdhra), jedoch 12, 163, 9 als mit einem Menschengesicht versehen beschrieben und zusammen mit bhu-lingas erwahnt. 339 Maitrayaniya-up 6, 35. Page #39 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 265 Eine andere Art halbanthropomorphe Wesen bilden die Nagas oder Schlangendamonen, oft als mit mehreren Kobrahauben und Schlangenschwanz statt Fussen versehene Menschen dargestellt.340 Einer von ihnen namens Hastipada muss somit jedoch Elefantenpfoten gehabt haben.341 Den Archidamon im alten Indien, Vstra, erst im Epos als Asura im Sinne von ,boser Geist bezeichnet,342 kennt der Rgveda als fusslosen Drachen (3, 30, 8). Der Asura343 Araru hatte aber vier Fusse, 344 der epische Damon Tripada offenbar drei.345 Ebenfalls nach einer Fussbesonderheit benannt wurde der Konig Saudasa, der Fluchwasser auf seine eigenen Fusse verschuttete und, Menschenfresser (raksasa) geworden, den Namen ,Fleckfuss (Kalmasa-pada) fuhrte.346 Raksasa-Fusse gelten naturlich als besonders gross;347 mitunter wird auch ihre Farbe hervorgehoben. So schreibt der JatakaKommentator einem schlechten Yaksa - zumeist sind dies wohlwollende Geister348 - schwarze Hande und Fusse zu,349 einem Wasserdamon rote.350 Von Damonen glaubt 340 Abbildungen z. B. in G. Michell (vgl. Anm. 333) 98 f.; P. Thomas, Epics (vgl. Anm. 334) Abb. 170. - 341 Mbh 1, 31,9. 342 Mbh 1, 59, 32 etc. Asurisch heisst aber Vstras Duplikat Namuci schon kV 10, 131, 4. 343 MS 4, 1, 10 (S. 13, 8). 344 RV 10, 99, 10. 345 Mbh 9, 45, 65. 346 Ram 7. 65, 31; Ja V 503, 13*. - Siehe z. B. auch F.D.K. Bosch, The Golden Germ ('s-Gravenhage 1960) 208 f. 347 Vasudevahindi ed. Caturvijaya/Punyavijaya. I (Bhavnagar 1930) 135, 20f. tesim maha-ppamanani payani. 348 Sogar der Buddha heisst bekanntlich einmal in einer alten Strophe (MI 386, 31*) ,,yakkha", vielleicht auch deshalb, weil seine Mutter ihn bei einem Sal-Baum gebar, als sie einen Ast davon ergriffen hatte (anders als bei dem Asoka-Baum tragt hier infolge der Beruhrung die Frau Frucht). Die Texte (Mvu II 20 usw.), die fur den Sal-Baum auch den Plaksa (Feigenbaum) nennen, lassen den Bodhisatta aus der rechten Seite seiner Mutter hervorgehen. So wird der Vorgang z. B. ebenfalls schon in Gandhara im 2. Jh. nach Chr. abgebildet (Craven (vgl. Anm. 128] 89 oben; Kl. Fischer, Zu den erzahlenden Gandhara-Reliefs: AVA-Beitrage 2, 1980, 257 f.). Die Szene zeigt aber ferner eine Figurengruppe aus versilbertem Messing aus Nepal (18. Jh.), welche deshalb von grossem Interesse ist, weil der kunftige Buddha dort wie ein Spross aus einer Blattachsel mit hervorgestreckten Armen (vgl. Ja I 53, 2 dve ca hatthe dve ca pade pasaretva) unter dem rechten Arm der wie eine Sala-bhanjika an einem Baum angelehnten Maya emportaucht - eine wohl seltene Darstellung, obwohl die weibliche Achselhohle auch sonst schamartige Funktion hat (z. B. Mahanisihasutta 1, 120, wo Achselhohle, Oberschenkel, Schoss, Nabel und Raum zwischen den Beinen in einem Atem genannt werden; Ja V 434, 5**). Die Buddhageburt, welche nicht mit dem ublichen Schmutz verbunden gedacht wird, ist hier in buchstablichem Sinne gehoben, d. h. nach oben verschoben worden. Das Kunstwerk wurde abgebildet in A. Lommel, Indische Kunst. Katalog der Ausstellung des staatlichen Museums fur Volkerkunde (Munchen 1958) Titelbild u. S. 72 (Nr. 40) beschrieben. - Fur die yaksa-artigen Bodhisatta-Skulpturen in Mathura s. z.B. O. Viennot, Le culte de l'arbre (vgl. Anm. 109) 127 ff. und auf Ceylon W. Rahula, History of Buddhism in Ceylon (Colombo 1956) Kap. 3. 349 Ja I 273, 18 Silesaloma-yakkho (...) nila-hattha-pado und ahnlich auf Ceylon der Kola-sanniyaka (L.D. Barnett, Alphabetical Guide to Sinhalese Folklore from Ballad Sources: IA 45, 1916, 47). 350 Ja I 171, 1. Page #40 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 266 Willem B. Bollee man auch, dass sie ruckwartsgewandte Fusse haben.351 Dass sie weiter nicht erdgebunden sind, versteht sich eigentlich von selbst; dennoch erzahlt Somadeva uber Zauberschuhe des uns schon aus dem Epos als Architekt und Magier der Asuras bekannten Maya, womit dieser sich in der Luft bewegen konnte (KSS 1, 3, 47). Wie andere Lebewesen uben Damonen ebenfalls Askese auf einem Fuss, so Kalanemi im Ram 6, 82 B.352 Fusse ohne Erdberuhrung: Gotterfusse. Schweben Es bleibt jetzt noch der Fuss ohne Erdberuhrung zu behandeln ubrig, wobei auch wieder in Ruhe, d. h. sich im Raum befinden, und Bewegung - fliegen oder schweben - unterschieden wird. Naturgemass geht es hier zumeist um Gotter und mit ihnen diesbezuglich gleichgestellte Wesen. Sofern in Menschengestalt vorgestellt - einige sind bekanntlich erhohte Sterbliche wie die Rbhus353 und Angiras; 354 man denke ferner an Purusa ,Mensch, Urriese und Herr der Unsterblichkeit355 - werden ihnen doch Eigenschaften zugeschrieben, die lebende Menschen selten besitzen, z. B. dass sie den Kontakt mit der Erde meiden, 356 was vielleicht schon fur Purusa zutrifft.357 Dieses und andere Merkmale eignen sonst den Toten - aber nur deren grobmateriellen 351 KSS 73, 245 viparitanghribhir Yaksair, Crooke (vgl. Anm. 173) I 238. 262. 270; G.A. Grierson, Bihar Peasant Life (Calcutta 1885) 408; R.E. Enthoven, The Folklore of Gujarat: IA 44, 1915, Suppl. 106; - G. Michell, In the Image of Man (vgl. Anm. 333) Abb. 273 (Basohli, 1710); C. Sivaramamurti, Chitrasutra of the Vishnudharmottara (New Delhi 1978) Tafel 75 (Kangra Schule, 18. Jh.: aus einem Baum heraustretende Pisaci). - Wie lebendig diese Vorstellung auch heute noch ist, bezeugt die Aussage von Saroj (s. Anm. 154): ,,Wenn (der Geist der fruheren Frau meines Mannes) vor mir ist, so sehe ich sie deutlich. Ihre Augen sind sehr gross. Wenn sie zu mir kommt, hat sie nach hinten verdrehte Fusse" (B. Fischer, Indische Stoffbilder (vgl. Anm. 154] 21), aber auch der balinesische Glaube, dass bestimmte Zauberer sich in ruckwarts fahrende Motorrader ohne Fahrer verwandeln konnen (C. McPhee, A House in Bali (New York 1946] 141).- In Sind glaubt man, dass wahrend einer Sonnen- oder Mondfinsternis gezeugte Kinder mit verdrehten Handen und Fussen geboren werden, s. J. Abbott, Keys (vgl. Anm. 293) 267. 352 Abbildung aus dem 19. Jh. in Fischer, Erotik und Askese (vgl. Anm. 142) 17. 353 RV 1, 110, 4. 354 A.B. Keith, The Religion and Philosophy of the Veda and Upanishads (Cambridge Mass. 1925) 223; G. Frazer, The Golden Bough (vgl. Anm. 65) 93 ff. und in Sudindien aus neuerer Zeit A. Aiyappam, Deified Men and Humanized Gods: Some Folk Bases of Hindu Theology, in: Agehananda Bharati (ed.), The Realm of the Extra-Human. Agents and Audiences (The Hague 1976) 139 ff. 355 RV 10, 90, 2. 356 Mbh cr. ed. 3, 54, 23 (wofur s. die Pahari Zeichnung Nr. 2 mit etwas hoher dargestellten Gottern in A.C. Eastman, The Nala-Damayanti (Boston 1959); Hemac Par 8, 400; KSS 28, 61; J. Ch. Jain, The Vasudevahindi (Ahmedabad 1977) 235, wo es irrtumlicherweise heisst, dass die Gotter eine Fingerbreite uber der Erde schweben. Der Text Bd. I S. 135, 20 lautet vielmehr deva kira caturangulam bhumim na chivanti; vgl. infra S. 276. 357 Siehe W. B. Bollee, A Note on Evil and its Conquest from Indra to Buddha, in: The Prajnaparamita and Related Systems. (Berkeley 1977) 376. Page #41 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst FFF 267 Abb. 2.,,Purusa und Prakrti" oder die ,,Fusse der Gottin" mit Mahapurusa-laksanas wie auf dem Buddhafuss (aus: N. Douglas, Tantra Yoga [New Delhi 1971] 45). Korper? Die Inder waren nicht die einzigen, deren Geister sich immer uber der Erde befinden, 358 obwohl diesbezugliche Angaben fur die Toten wenigstens in der Literatur selten sind.359 Durch die Luft gehen war offenbar das wichtigste Merkmal der Vidyadharas, einer Art im Himalaya beheimateten, dem Gefolge Sivas zugeordneten Luftgenien, die auch als Khe-caras bezeichnet werden.3 360 Betrachten wir zunachst die Fusse als solche einiger Gotter. 361 Die von Indra und Prajapati waren ursprunglich offenbar flach, und das gleiche mag fur die des Purusa 358 So z. B. die Burjaten, siehe U. Harva, Die religiosen Vorstellungen der altaischen Volker (Helsinki 1938) 262; E. Bozzano, Ubersinnliche Erscheinungen bei Naturvolkern (Freiburg/Br. 1975) 17 ff. Vielleicht durfen hier auch die Gottererscheinungen, aber ebenfalls die des Patroclus, bei Homer genannt werden, die uber den Kopfen der Traumer stehen (s. J. Hundt, Der Traumglaube bei Homer (Greifswald 1934) 57. 73 etc.). - Fur diesbezugliche Beobachtungen in der Parapsychologie siehe z. B. E. Mattiesen, Das personliche Uberleben des Todes III (Berlin 1939; Nachdr. 1968) 19. 25; C. Green/Ch. McCreery, Apparitions (London 1975) 163; W. Bollee, Zur Typologie der Traume und ihrer Deutung in der alteren indischen Literatur: SII 10, 1983/4. S. 186. 359 Ohne Textquellenangabe, mithin wohl aus eigener ethnologischer Sammlung heisst es bei Crooke,,Bhuts can never sit on the ground, apparently, because, as has been shown already [28 f.], the earth, personified as a goddess, scares away all evil influence" [vgl. Anm. 173] 1237). 360 Z. B. Hemac Trisasti 8, 3, 58. - Die himmlischen Wesen bewegen sich auf bildlichen Darstellungen oft im sog. Knieflug; s. hierfur z. B. C. Sivaramamurti, Amaravati Sculptures in the Madras Government Museum (Madras 1942) Taf. 33, 3 c; S. Levi, Aux Indes (Paris 181) Abb. 91 (Ellora); A. 95 u. P. Keilhauer, Die Bildsprache des Hinduismus (Koln 1983) 146 Abb. 102 (Mamallapur). 361 Usas wird im RV fusslos genannt (6, 59, 6; 1, 152, 3), ebenso Agni (4, 1, 11) und Savitar (1, 24, 8). Page #42 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 268 Willem B. Bollee gelten, 362 spater gewolbt.363 Indras Fusse waren ferner hoch (RV 10, 73, 3), wahrend im Mbh (13, 17, 82) Siva in einer Reihe von Adjektiven mit maha" auch das Epitheton grossfussig beigelegt wird; die des Visnu sind breit 364 und werden gelegentlich mit verschiedenen Zeichen wie Fisch, Muschel, Halbmond, Svastika usw. abgebildet. 365 aravivazatalo sAmunI bunistA zavirahito mutigRvamuSkI karatocacaraNamA zrIraraekarala Abb. 3. Visnufusse. Rajasthan, 18. Jh. (aus: A. Mookerjee, Kundalini London 1982] 70). 362 Siehe Bollee, A Note on Evil (vgl. Anm. 93) 376. 363 Ebd. 374; vgl. Varahamihiras Beschreibung koniglicher Fusse als u.a. mit einer schildkrotenartigen Wolbung versehen (BPS 68,2). 364 Uru-pada (Brahmapur 122, 72). 365 Siehe L. Hansmann/L. Kriss-Rettenbeck, Amulett und Talismann (Munchen 1977) Abb. 616; -- fur die Pahari Malerei s. z. B. A.L. Dahmen-Dallapiccola, Indische Miniaturen (Baden-Baden 1976) Abb. 33; - im Tantrismus: Ph. Rawson, Tantra. The Indian Cult of Ecstasy (London 1973) Abb. 35; A. Mookerjee/M. Khanna, The Tantric Way (London 1977) 82; A. Mookerjee, Kundalini. The Arousal of the Inner Energy (London 1982) 70 f. Page #43 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 269 Die Fusse der Apsaras sind schon wie Taubenpfoten366 - vielleicht rot (von Lack oder Henna), wie es von der Gottin Bhramaravasini in Menschengestalt einmal heisst;367 naturlich-rote Fusse schreibt Bana (Hcar 8, 9) der Sarasvati zu. Ferner hat Preni, die Geliebte des Feuergottes, behaarte Sohlen.368 Wie andere Korperteile auch sind die Fusse einiger Gotter generativ: so gehen bekanntlich aus Purusas 369 bzw. Prajapatis, 370 Brahmas371 oder Visnus 372 Fussen die Sudras, der niedrigste der vier Stande hervor. Das Visnupurana (1, 5, 49) lasst die Tiere aus Prajapatis Fussen entstehen, wahrend in einer Interpolation im Harivamsa das gleiche von Naras und Kinnaras aus den Fussen Brahmas gesagt wird. 373 Aus dem Nagel der linken grossen Zehe Visnus entsprang der Ganges;374 dem Brahmapur (119, 9 ff.) zufolge quillt aus des Gottes Fussen der Brahmamayi (Godavari) Fluss hervor. Werden schon die Fusse der Konige um Schutz angefleht, so gilt das erst recht naturlich von denen der Gotter, besonders Visnu und Siva in Gebetsstrophen am Anfang literarischer Werke,375 aber ebenso z. B. Yama, wenn ein Spion im Mudraraksasa (1, 17) sagt: ,,(Nur) vor Yamas Fussen verneigt Euch! (denn) was bedarf es noch anderer Gotter, wo er doch denjenigen, die ausser ihm noch weitere anbeten, das pulsende Leben nimmt." Die Fusse Brahmas werden im Brahmapadastotra verehrt. Manche Devotees malen sich ferner die Fusse Visnus als urdhva-pundra oder -tilaka in Form eines U mit senkrechtem Strich in der Mitte auf die Stirn.376 Wie St. Peter in 366 Jataka II 93, 5 und 7; Dhp-a I 119, 26; - Divy 300 (185, 30 in der Ausg. Mithila 1959) sind Tauben (paravata) Symbol der Leidenschaft (raga) und im AgniPur 244, 1 haben ideale Frauen Taubenaugen voller Begierde (matta-paravateksana). Siehe auch J. E. van Lohuizen de Leeuw, The worst of Evils at Bodh Gaya, in: Festschrift G. Tucci (im Druck). Jedes der vier im dort referierten chinesischen Jataka auftretenden Tiere halt die Eigenschaft fur die Hauptursache des Leidens, welche mit ihm assoziiert wird, so die Taube die Liebe, die Giftschlange den Zorn usw. Ferner H. van Skyhawk, Bhakti-yoga and the Gshastha-sadhaka (...) in: M. Thiel-Horstmann (ed.), Bhakti in Current Research, 1979-1982 (Berlin 1983) 348 ff. 367 Kalhana, Rajat 3, 415; von Laksmi: Bana, Hcar 74, 3. 368 JB 2, 270 (Caland S 151) lomasau hasya adhastat padav asatuh. Wie Caland Anm. 45 bemerkt, sei diese Eigenschaft sonst nirgends erwahnt. 369 RV 10, 90, 12. 370 JB I 69 (Caland S 8). 371 Manu 1 31; 87. 372 Brahmapur 56, 23 (v. S. Sheth, Religion and Society in the Brahma Purana (New Delhi 1979) 181). 373 Harivamsa 11794, nicht mehr in der cr. ed. 374 VisnuPur 2, 8, 111; Lilasuka, Krsna-karnamsta 3, 85; Gitagovinda 1,5; Kalidasa spricht von Entstehung aus der Zehe (Kum 6, 70), aus dem Fusswaschwasser (Kum 10, 31) oder nennt sie schlicht Visnupadi (Kum 10, 50). Eine bildliche Darstellung findet sich bei einem kleinen Teich nahe Kallikote (Ganjam, Orissa) in St. G..Darian, The Ganges in Myth and History (Honolulu 1978) 28. 375 Wie z. B. Visnu: Dandin im Segensspruch des Dasakumaracarita; Bhattanarayana am Anfang des Venisamhara; Lilasuka, ebd. 1, 16; 2, 110; 3, 10 und 15; - Siva: Kalidasa, Rtusamhara, 1. Einfuhrungsstrophe. 376 PWB s.v.; A. Keilhauer, Hinduismus (Stuttgart 1979) 167; J.N. Bhattacharya, Hindu castes and sects (Calcutta 1896; Nachdr. ebd. 1973) 411f., Kirfel, Symbolik (vgl. Anm. 44) 90. Page #44 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 270 Willem B. Bollee Rom 377 wird in Bombay die Statue des Jagannath Sankarseth von den Glaubigen an der grossen Zehe gekusst.378 Hier sei nebenbei bemerkt, dass aus Demutsgrunden die Gottergestalt von den Zehen an aufwarts dargestellt, die von Menschen dagegen vom Kopfhaar nach unten.379 Hinsichtlich ihrer Manner haben die Gotterfrauen dieselbe Angewohnheit wie ihre Pendants auf dieser Erde, indem sie ihnen gelegentlich die Fusse bzw. Waden streicheln, wie ein Relief in Deogarh mit dem ruhenden Visnu und der an seinem Fussende sitzenden Bhudevi zeigt.380 Obwohl im folgenden die Fusse nur implizit auftreten, sei hier dennoch eine Hemacandra-Stelle mitgeteilt,381 in der eine Frau zwischen den Beinen eines Yaksa hindurchgeht, um ihre Reinheit zu beweisen,382 und die bei allen Unterschieden doch etwas an die eingangs erwahnte Jataka-Passage erinnert, wo ein Cannala droht, einen Brahmanen zwischen die Fusse zu nehmen (oben S. 228). Wie die Menschen uben schliesslich die Gotter ebenfalls auf einem Fuss 'stehend Askese, so Mahadeva383 und die Gottinnen Surabhi 384 und Parvati.385 Der Gott der bewegende Fusse und des Gehens par excellence ist naturlich Visnu,386 377 ,,Es wird nicht der Fuss gekusst, weil die Statue auf einem hohen Postament steht, sondern sie steht auf einem solchen, damit man bequem den Fuss kussen kann" - H. Lamer/E. Bux/W. Schone, Worterbuch der Antike mit Berucksichtigung ihres Fortwirkens (Stuttgart '1952) 229 f. (freundlicher Hinweis von Frau G. Schmitt/Bamberg). 378 J. M. Campbell, Notes (vgl. Anm. 74): IA 24, 1895, 293. 379 Mallinatha ad Kalidasa, Kum 1, 33. 380 Sehr schone Abbildung in C. Sivaramamurti, Indien (Freiburg 21978) Abb. 1. Dieser Autor datiert das Relief ins 5. Jh., wahrend H. Munsterberg, Art of India and Southeast Asia (New York 1970) 77 es ins 6. Jh. stellt. - Vgl. Kalidasa, Raghuvamsa 10, 8 (freundlicher Hinweis von Herrn Prof. Kl. Fischer/Bonn). - Kompositorische Hinweise fur solche Abbildungen gibt das Visnudh. Pur. 3, 85, 6f. stri-rupa-dharini ksoni karya tat-pada-madhya-ga tat-kara-stharghri-yugalo devah karyo (...) ,die Erde in Frauengestalt soll man in die Mitte des Raumes zwischen seinen Fussen hinstellen (und) die beiden Fusse des Gottes als in ihren Handen befindlich. 381 Parisistaparvan 2, 535 Sobhana-Yaksasya janghantar nissaramy und 542 taj-janghayor antas tvaritam nirjagama sa. 382 Ein Yaksa als Keuschheitswachter kommt u.a. Ja IV 107 ff. vor; siehe ferner J. J. Meyer, Trilogie (vgl. Anm. 169) I 4; J. Goto Sakamoto, Les stances en matrachandas dans le Jataka pali (Thesis Paris III 1982) 102 ff. Nach Abschluss dieses Artikels erhielt ich Frau A. Mettes Beitrag fur das Pt. Kailash Chand Shastri Felicitation Volume (Rewa (M.P.) 1980) 549-559 ,,The Tale of the Elephant Driver in its Avasyaka Version"; s. hier bes. S. 551. 383 In Ektesvar befindet sich der Tempel von Siva Ekapada mit entsprechendem einfussigem Kultbild (P.C. Roy Choudhury, Temples (vgl. Anm. 159] 118). 384 Mbh cr. ed. 12, 314, 22 bzw. 13, 82, 28. . 385 Vettam Mani, Puranic Encyclopaedia (Delhi 1979) 577 B unten; abgebildet ist sie in T.A. Gopinath Rao, Elements of Hindu Iconography II (Madras 1914-16; Nachdr. Benares 1971) Abb. 120. 386 RV 7, 100, 1 ff. et passim; Mbh 12, 301, 1; 14, 42, 33. Reliefs von diesem Mythos gibt es z. B. in Badami (6. Jh.) und Rajim (Anf. 8. Jh.), s. Hartel/Auboyer (vgl. Anm. 390) Abb. 56 bzw. 60. Page #45 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 271 Abb. 4. Ajaikapada Bhairava (aus: N. Douglas, Tantra Yoga (New Delhi 1971] 28). seiner drei Schritte im All wegen, womit er den Gottern und anderen Wesen Bewegungsraum schafft.387 Er geht schnell,388 wahrend der Planetengott Saturn seinen Namen Sanaiscara seinem langsamen Gang verdankt.389 387 Bes. RV 8, 52, 3; 1, 154 u. 155. 388 RV 7, 40, 5. 389 Mbh 12, 337, 52 etc. Andere Namen fur ihn sind Panju, Manda, Sani und Sauri. Siehe z. B. noch P. Thomas, Epics (vgl. Anm. 334) 120. Page #46 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 272 Willem B. Bollee Der Tanz der Himmlischen ist ferner ein beliebtes Thema in der bildenden Kunst, wie die Darstellungen des kosmischen Tanzers Siva 390 und die Apsaras-Reliefs391 vor allem zeigen; es tanzen gelegentlich aber auch andere Gotter wie Krsna auf der KaliyaSchlange,392 Ganesa,393 Gajantaka,394 Hevajra39s etc. Obwohl Gotterfusse theoretisch also die Erde nicht beruhren, gibt es davon dort doch eine Reihe Abdrucke, u.a. den Badeplatz Brahmapada 396 und den Visnupada in Gaya,397 wo 1508 der Philosoph Caitanya seine erste mystische Vision hatte, als er mit dem Weltentsager und Sankara-Junger isvara Puri zusammentraf,398 sowie die 390 U.a. H. Hartel/J. Auboyer, Indien und Sudost-Asien (Propylaen-Kunstgeschichte Bd. 16, Berlin 1971) Abb. 86 (Hampi, 12. Jh.); H. Munsterberg (vgl. Anm. 380) 130 f. Tanzt Siva hier im Suden auf einem Bein, so wird er anderswo und in der alteren Zeit mehrfach auf zwei Fussen dargestellt, z. B. in Elura und in Rajasthan (Hartel/Auboyer, Indien und Sudost-Asien Abb. 65 bzw. 67b). - Siehe auch C. Sivaramamurti, Nataraja in Art, thought and literature (New Delhi 1974); A.K. Coomaraswamy, The Dance of Shiva (London 1958) 66 ff. Der letztgenannte Gelehrte gibt (ebd. 71) uns aus Tamil-Quellen auch die Symbolik von Sivas Tanz wieder; sofern hier von Interesse heisst es dort ,,the foot held aloft gives release" und ,,Thy sacred foot, planted on the ground, gives an abode to the tired soul struggling in the toils of casualty. It is Thy lifted foot that grants eternal bliss to those that approach Thee." Fur die Bedeutung des gehobenen Fusses s. auch supra Anm. 127. 391 Bereits in Bharhut (2. Jh. v. Chr.), s. Sivaramamurti, Nataraja (vgl. Anm. 390) 21; ferner z. B. als Malerei im Behadisvara-Tempel in Tanjavur (11. Jh., siehe T.N. Ramacandran, Find of tempera painting in Sitabhinji, District Keonjhar, Orissa: Artibus Asiae 14, 1951, 5-25; Abb. IX; P. Banerjee, Apsaras in Indian Dance (New Delhi 1982); - in Angkor: M. Giteau, Angkor (Stuttgart 1976) Abb. 79. 137; S. Thierry, Les Khmers (Paris 1970) 157 ff. 392 F. Huxley, The Dragon (London 1979) Abb. 83 (Sudindien, Chola-Periode 10-11. Jh.); D. Barrett/B. Gray, Die indische Malerei (Geneve 1963/Stuttgart 1980) 141. Bei dem letzten Bild sind die auffalligen, chinesisch anmutenden Holz-Sandalen des Krsna und der kleinen weisshautigen, gekronten Figur in der oberen Bildhalfte rechts zu beachten. Ahnliche Schuhe hat Krsna auf der Abb. S. 144 an, wo er zur Musik zweier Gopis tanzt, sowie z. B. auf den Buchminiaturen 8 und 15 aus Basohli und Bundi in A.L. Dahmen-Dallapiccola, Indische Miniaturen (Baden-Baden 1976). Diese cappals sind oftmals fur die Gotter reserviert, denn wir finden sie ebenfalls bei Siva Bhiksatana in Tiruvalanjuli (17. Jh.), abgebildet in C. Sivaramamurti, South Indian Paintings (New Delhi 1968) 130, Abb. 82 und zur selben Zeit in Cidambaram (Sivaramamurti ebd. 126 f. Abb. 78 f.) sowie bei Siva Virabhadra in Karnatak (19. Jh.), wofur siehe P. Jayakar, The Earthen Drum (New Delhi, o. J. [1981?]) 149 Abb. 132. Auf einer Moghulminiatur (um 1700) tragt sie aber eine vornehme Dame (Prinzessin?), siehe E. Waldschmidt, Indologentagung 1959 (Gottingen 1960) Taf. 5 gegenuber S. 104, beschrieben - ohne Erwahnung der goldenen cappals - auf S. 284. - Sandalen anderer Art - und zwar aus Leder und sehr gross - tragen Gotter wie Mailar/Khandoba und Murukan, um ihre Fusse auf der Jagd zu schutzen, s. G.-D. Sontheimer, Dasara at Devaragudda. Ritual and Play in the cult of Mailar/Khandoba (South Asian Digest of Regional Writing 10, Heidelberg 1981-84) 12. 393 Hartel/Auboyer (vgl. Anm. 390) Abb. 95 a (Hampi ca. 1500). 394 Sivaramamurti, Indien (vgl. Anm. 102) Abb. 647 (Perur, 16. Jh.). 395 Giteau (vgl. Anm. 43) Abb. 11 (Banteay Kdei, um 1200). 396 VarahaPur 147, 36. 397 Siehe P. V. Kane, History of Dharmasastra IV (Poona 21973) 646 ff. - Ein pada-nyasodbhavam Hareh tirtham in Kasmir erwahnt Somadeva, KSS 73, 95. 398 N.J. Hein, Caitanya's Ecstasies and the Theology of the Name, in: B.L. Smith (ed.), Hinduism. Studies in the History of Religions 33 (Leiden 1976) 17. Page #47 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 273 Abb. 5. Bhagavata-Purana: Krsna bezwingt die Schlange Kaliya. Bundi-Schule, um 1640 (aus: D. Bar rett/B. Gray, Indische Malerei [Geneve 1980) 141). Page #48 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 274 Willem B. Bollee Abb.6. Ragamala: Vasanta-ragini. Bundi-Schule, um 1660 (aus: D. Barrett/B. Gray, Indische Malerei [Geneve 1980) 144). paduka des Lehrers von Gottern und Menschen in einem Tempel am Dattatreya Ghat,399 um nur einige Beispiele zu nennen. Weiter zeichnet die Fussspur Krsnas eine Schlange und macht sie dadurch heilig, so dass diese Tiere vor Angriffen der GarudaVogel geschutzt sind; deswegen auch toten Hindus Schlangen nicht.400 Als Objekt der Verehrung macht schliesslich Bana die Fussabdrucke Sivas sprichwortlich.401 399 H. Rau, Indien (Stuttgart 1978) 349.- Fur die padukas von Khandoba in Phaltan siehe G.D. Sontheimer, ,,Hero and Sati Stones of Maharastra" in: S. Settar/G.D. Sontheimer (Hrsg.), Memorial Stones (Dharwad/Heidelberg 1982) 273 Abb. 23, wo die Fusse von zwei Widderkopfen und zwei Menschenkopfen umgeben sind. Das gleiche im Khandoba Tempel in Jejuri (Abb. 21) und in einer yoni im K. Tempel in Akluj (Abb. 22). 400 W. Ruben, Krsna (Istanbul 1944) 90. 401 Hcar 141, 11 f. Eine paduka-puja lehrt z. B. Garuda Pur 25. Page #49 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 275 Abb.7 A.B. Die Sandalen des Mailar/Rudra Ekavratya und seiner Frau Mallavva in Devaragudda (Copyright G.D. Sontheimer, Heidelberg). S. supra, Anm. 392. Handelt es sich beim Vorangegangenen um (Spuren der) nackte(n) Fusse, so sehen wir den Gott Surya im N. Indiens haufig gestiefelt abgebildet, 402 als Erinnerung an die 402 J. M. Rosenfield, The Dynastic Art of the Kushans (Berkeley 1967) 189 Abb. 43 (Kankali Tila, Mathura, um 100 n. Chr.); H. v. Stietencron, Indische Sonnenpriester (Wiesbaden 1966) 256; J. Page #50 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 276 Willem B. Bollee Kusanas, die seinem Kult neuen Auftrieb gaben (cf. oben, S. 242), und in Verbindung mit einer mythologischen Uberlieferung, derzufolge die Fusse der Sonne so sehr strahlen, dass sie sub poena von Lepra und Holle weder gemalt noch in Tempeln abgebildet werden durfen.403 Der Fussstaub des Sonnengottes hat MarkPur 107, 9 zufolge eine reinigende Wirkung. Der Gebrauch des Fusses als Werkzeug und Waffe ist auch den Gottern vertraut: Indra trennt mit einem Fusstritt den Kopf des Damons Namuci ab 404 und, weil Yama die Mitfrau seiner Mutter treten wollte, verfluchte diese ihn, dass ihm der Fuss abfalle.405 Ferner druckte Siva, als der Damon Ravana versuchte, den Kailasa-Berg zu heben, letzteren mit seiner grossen Zehe nieder;406 beim Tanz steht er mit einem Fuss auf dem Damon Muyalaka.407 Dann seien hier noch einige Stellen aufgefuhrt, wo das Schweben von Heiligen erwahnt wird. So sagt das Mahavastu (1 308, 13), dass die Buddhafusse vier Finger uber der Erde gehen, trotzdem aber darin Abdrucke mit einem Rad zurucklassen und in einer Jataka-Strophe (IV 383, 8*) heisst es vom Bodhisatta, er bewege sich durch den Luftraum.408 Fliegende Monche werden verschiedentlich genannt409 und, wo die Auboyer, Afghanistan und seine Kunst (Prag 1968) 98; K.N. Puri/KI. Fischer, 5000 Jahre Kunst aus Indien, Essen 1959. Kat. Nr. 265 (Konarak, 12 Jh.); S.M. Gupta, Surya the Sun God (Bombay 1977) Abb. 10 (Martanda, Kasmir 6. Jh.), 25 (Calcutta, 5. Jh.), 13 (Kolal, Afghanistan) usw. Fur den gestiefelten Mitra im sudlichen Nisa-Tempel in Konarak siehe A. Boner/S. R. Sarma/R. P. Das, New Light on the Sun Temple of Konarka (Benares 1972) Abb. 41 a. 403 Citresv ayatanesu ca na kvacit karayet padau Deva-devasya (Matsya Pur 11, (30-)33). In demselben Text 261, 4 heissen die Fusse der Sonne strahlend. Samjna, die Frau des Surya, hatte sich daruber beklagt, dass ihr Mann so heiss sei und der liess sich alsdann von seinem Schwiegervater Visvakarman seine Glut beschneiden (MarkandeyaPur 78, 41, wo aber von den Fussen nicht die Rede ist). - Mbh 13, 96, 6 und 14 ist es Surya, der Jamadagni Sandalen (und einen Sonnenschirm) schenkt und diese damit bei den Menschen einfuhrt. - Als uberhaupt fusslos wird RV 1, 24, 8 der Sonnengott Savitar bezeichnet, der dort von Varuna ein Paar bekommt. - Diese alte Beschaftigung mit der fusslosen Bewegung der Sonne geht vielleicht auf die Kinderfrage zuruck ,,And how can the sun move all day without any feet?", wie bei Mulk Raj Anand, Seven Summers (New Delhi: Orient Paperbacks, o. J.) 162 (Kap. 6). 404 VS 10, 14; SB 5, 4, 1,9. 405 Brahmapur 6, 23 ff.; MatsyaPur 11, 11; BhavisyaPur 1, 47, 14 ff. 406 Bana, Hcar 196, 22; - V. Ions, Indian Mythology (vgl. Anm. 65) 114. 407 A.K. Coomaraswamy, The Dance of Siva (New Delhi 1976) 70. 408 Vom Buddha selbst z. B. Ja V 413, 29; Mvu III 114, 16; Buddhaghosa, Vism 144, 17 nennt fliegen als Fahigkeit der khinasava. - Das Sravasti-Wunder, bei dem der Buddha durch die Luft schreitet (u.a. Ja IV 264 ff.), findet sich abgebildet in Sanchi, s. z. B. J. Naudou, Le Bouddha (Paris 1973) 154. 167. Er schwebt hier in der Gestalt eines waagerechten Steinblocks uber dem Mangobaum. - Siehe ferner z. B. E. Waldschmidt, ,,Wundertatige Monche in der Ostturkestanischen Hinayana Kunst": Ost-Asiatische Zs. (Berlin) 16, 1930, 3-9; Coomaraswamy, Selected Papers I (vgl. Anm. 127) 457. - Fur die Bedeutung des Fliegens von Erlosten ausserhalb der popularen Erzahlungsliteratur siehe M. Eliade, Mythes, reves et mysteres (Paris 1957) Kap. VI; ders., The Two and The One (Chicago U.P. 1979) 120; ders., Rites and Symbols of Initiation (N. Y. 1975 [1958]) 78. 101 ,,flight proves that one has transcended the human condition, has arisen above it, by transmuting it through Page #51 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 277 entsprechende iddhi fehlt, wird ihr gelegentlich nachgeholfen, um den Kontakt mit der Erde zu vermeiden. So lasst Konig Lidaiya von Sukhodaya bei dem Besuch des Sangharaja von Ceylon Tucher der funf Farben auf die Strasse ausbreiten.410 Unfreiwillig schliesslich erheben sich bei Ringkampfern u. U. die Fusse von der Erde. 411 Schlussbetrachtung Wenn wir jetzt zu unsrem Ausgangspunkt - den Aussagen von Otto und Carstairs - zuruckschauen, lasst meiner Ansicht nach das vorgelegte Beispielmaterial, das sowohl die ,,religiose Bildersprache" als auch Sitte und Brauche umfasst, wie es implizit Otto ebenfalls tat, hochstens den Schluss zu, dass der Fuss (bzw. die Fusse) im indischen Denken eine grossere Rolle auch hinsichtlich Gefuhlsintensitat, wie Carstairs sagt, spielt als bei uns, von einer solchen als ,,gradezu eine dritte Hand" ist allerdings kaum die Rede, wobei naturlich der Religionsunterschied mitberucksichtigt werden muss. Der Segen - aus spatlatein signum im Sinne von ,Kreuzeszeichen - moge dies verdeutlichen. Das nachste Sanskritaquivalent - asis ,der zum Wohl eines Anderen ausgesprochene Wunsch (PWB) - ist an sich haufig, bei dem jedoch eine ,,Gestikulation" (Fuss des Guru usw. sich auf den Kopf stellen; - Otto, supra) wenigstens in der Literatur m. W. selten ausgedruckt wird.412 Ich nenne zwei spate Beispiele. Bei Hemacandra aussern zwei Jainasadhus einen Heilwunsch fur den Konig Sanatkumara, wobei sie die rechte Hand heben,413 und bei Krsnadasa (16. Jh.) umarmt Caitanya den Bhavananda an excess of spirituality". - Es sei hier ferner der Abstieg des Bodhisatta auf einer Edelsteinleiter aus dem Trayastrimsa-Himmel auf die Erde, um den Weg der Menschen zu gehen, erwahnt, der sich Dhp-a III 225, 3 ff. und auch auf Reliefs findet, wofur siehe J. E. v. Lohuizen-De Leeuw, The ,,Scythian" Period (Leiden 1949) 80 ff.; dies., New Evidence with regard to the Origin of the Buddha Image: in H. Hartel (Hrsg.), South Asian Archaeology 1979 (Berlin 1981) 391 Abb. 20 (Gayatri Tila, Mathura); D. Seckel, Jenseits des Bildes (vgl. Anm. 27) 16 Abb. 26 (Bharhut). 409 Kanonisch Vin II 110f. etc., wo Pindola Bharadvaja vom Buddha des Missbrauchs seiner paranormalen Eigenschaften fur unwurdige Zwecke wegen getadelt wird; - spater u.a. Sihalavatthu (Colombo 1959) S. 34, 15; 91, 18; 138, 28; 169, 13 f. und 21; Buddhaghosa, Samantapasadika 633, 10; Jataka-Stellen behandelt Coomaraswamy, Selected Papers I (vgl. Anm. 127) 457; -Asvaghosa, Buddhacarita 5, 21; - durch ein Tempeldach zum Himmel: Kalhana, Rajat III 374 und Anm. zu 378; - im Jaina-Siddhanta: W. Schubring, Lehre der Jainas (vgl. Anm. 63) 200; spater z. B. Hemac Trisasti 1, 3, 233; 8, 3, 240. - Gelegentlich wird ein Teppich o.a. benutzt: Dipavamsa I 60 ff.; Ja V 315, 22; Hemac, Parisistaparvan (ed. Jacobi; ?Calcutta 1932) XII 321 f. 410 G. Coedes, Documents sur la dynastie de Sukhodaya: BEFEO 17, 2, 1917, 15. 411 Siehe W.B. Bollee, The Indo-European Sodalities in Ancient India: ZDMG 131, 1, 1981, 182 und fur eine Abbildung M. Hallade, Indien (vgl. Anm. 64), 7. 412 Ahnliches durfte von mangala ,Gluck, Heil, Segen (PWB) usw. gelten. 413 Trisastio 9, 1,90 uddaksina-karau tau tam asasamsatur asisa. Page #52 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 278 Willem B. Bollee und beruhrt darauf die Kopfe seiner Sohne mit seinen Fussen, 414 was hier wohl als Gunstbeweis aufzufassen ist und besonders der Bhakti-Bewegung zu eignen scheint. Von Gestikulation, und zwar mit den Handen, ist eher die Rede bei dem Gegenteil der Segnung, dem Fluch, der in einer Handvoll Wasser als Tragerin auf den Verfluchten geworfen wird. 415 Es bleibt jetzt noch die Frage zu beantworten, warum in Indien und im weiteren Sudostasien dem Fuss bzw. den Fussen soviel mehr Bedeutung beigemessen wird als in unsrer Kultur. Nur Ruben scheint sich daruber Gedanken gemacht zu haben, indem er die Fusssohle fur einen moglichen Seelensitz halt (v. supra, S. 240). Hier sei vielleicht auch an Susruta erinnert, demzufolge es zwei Stellen (marma) in der Fusssohle gibt, deren Verwundung todlich ist (sarirasthana 6, 32 f.).416 Durch ihre Fusse haben die Wesen, besonders der Mensch durch seine Fusssohle, ihre Stutze, Basis, Halt usw. auf bzw. in der Erde. In dieser Hinsicht sind sie wichtiger als die Hande, somit wohl auch eher gefahrdet, was mit erklaren konnte, warum man jemandem seine Fusse nicht zuwenden soll: man wurde sie u. U. einem bosen Blick aussetzen. Das gilt speziell fur die Fusssohlen, die den naturlichen Ubergang zwischen der Erde und was sich auf ihr befindet darstellen, 417 und Ubergange sind immer Angriffsflachen fur bose Machte. 418 Die Fusse, wiederum vor allem die Fusssohlen, sind auch darin wichtiger als die Hande, in dem mit ihnen viel mehr assoziiert wird: man denke an die Mahapurusa-Fusse, namentlich in der bildenden Kunst, welche neben den Predigten und Lehrreden in einer weitgehend illiteraten Gesellschaft die Religionswahrheiten vermittelt. Der Fuss des stehenden oder aufrecht gehenden, d. h. voll funktionsfahigen Menschen *19 (im Gegensatz zu Kindern, Kranken oder Toten) verbindet diesen mit der Erde, auf der seine (Wieder)geburt im Samsara beruht; so gesehen konnte dann die Askese auf einem Fuss den Versuch darstellen, diese Bindung aufzugeben und erlost zu werden (supra, S. 242). 414 Caitanya-caritamsta (ed. Prabhupada; Vaduz 1981) 10, 60 tamra putra saba sire dharila carana. - Der sterbende Haridasa bittet Caitanya, ihm seine Fusse auf die Brust zu setzen (O. Stursberg, Das Caitanyacaritamota des Krsqadasa Kaviraja (Thesis Erlangen 1907) 45, wahrend Sanatana Caitanyas Fusse auf seinen Kopf haben mochte und den Guru bittet, dabei zu sagen ,,Das, was ich dich gelehrt habe, werde dir klar" (ebd. 31). 415 Jataka V 87, 23(siehe CPD s.v. asitta-matta); Ram 7, 26, 53; Bana, Hcar 10, 7, BhagPur IX 9,23 usw. 416 Moglicherweise sind Ferse und grosse Zehe gemeint, die in der esoterischen Hindu-Tradition ,,contain subtle channels second only in importance to the nadis of the spine" (A. Mookerjee, Kundalini, The Arousal of the Inner Energy (London 1982] 71). 417 Oft erwahnt, s. meine Studien (vgl. Anm. 194) I'141; Sihalavatthu 20:2 etc. 418 Jayadeva, Gita-govinda 7, 15, 6 bezeichnet die von Krsna an den Fussen einer Gopi vorgenommene (Schutz-?)bemalung als bahir apavaranam. 419 Siehe Bollee, A Note on Evil (vgl. Anm. 93) 377. Wie wichtig dieses menschliche Unterscheidungsmerkmal den Indern ist, geht aus ihrer Bezeichnung fur Tier, u.a. sa. tiryanc, pali tiracchana (-gata) hervor. Page #53 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 279 Bereits das AitAr (2, 1, 4, 1) von Stella Kramrisch zitiert 420 - kennt ferner die Vorstellung, dass das Brahman als prana, d. h.,(Lebens) hauch; Leben' (PWB) uber die Fussspitzen in den Korper eindringt und, wie sie wohl aus tantristischer Quelle zufugt: "this inflation swells them to a great extent before Prana proceeds and equally distributes itself through the limbs while it ascends the high road of the Susumna." Auch die folgende, von Perera mitgeteilte Anschauung in Ceylon ist in diesem Zusammenhang von Interesse: "The principle of life (kalava) that is in man rises with the new moon and travels every month from the left foot to the head and down again on the right side; its movement is reversed in a woman, where it goes up the right side and comes down the left; it resides every day in a particular place, an injury to which causes death. The course it takes is the big toe, sole of the foot, calf, knee cap, yoni or lingam, stomach, pap, armpit, neck, throat, lip, cheek, eye, part of the head and down the other part of the head, eye, cheek etc."421 Bei kalava (~ sa. kala) handelt es sich nicht um ein Lebensprinzip, sondern um einen 'supposed influence of the moon on the human body'.422 Auffallig ist, dass diese ,,Mondkraft" von den Zehen an nach oben wirkt, also auch wieder uber die Fusse Zutritt zum Korper findet.423 Auf unsere Frage nach der Anwesenheit einer besonderen Macht oder Seele in den Fussen, wie es z. B. Onians fur eine procreative power/substance/life soul/spermatic soul in unserem klassischen Altertum herauszuarbeiten versucht hat," 424 lassen die 420 S. Kramrisch, Emblems of the Universal Being: Journal of the Indian Society of Oriental Art 3, 1934/4, 1936, 160 (Anm. 2 lies: AitAr statt AitUp.). 421 A. A. Perera, Glimpses of Singhalese social life: IA 32, 1903, 434. - Ein ahnlicher,,Einfluss" der Mondkraft liegt wohl auf der Insel Bali vor bei dem,,asmara wanita (Erweckung des geschlechtlichen Begehrens der Frau), worunter man eine bestimmte Korperstelle versteht, deren Beruhrung die Begierde der Frau erregt. Diese wechselt taglich ihren Sitz entsprechend den einzelnen Monatstagen. Ein kluger Mann kennt diese Stellen, sie sind am 1. Tage des Monats die rechte grosse Zehe, am 2. Tage d. M. die Fusssohle (...), am 15. Tage des Monats die Stirn. Vom 16. bis zum 30. Tage kehrt man in umgekehrter Reihenfolge zuruck, doch folgt man zum Schlusse dem linken Bein bis zur grossen Zehe. Wenn der Mann am richtigen Tage die betreffende Stelle sanft streichelt, und mit dem Madchen spricht, so gerat es in sexuelle Erregung (...)" (W. Weck, Heilkunde und Volkstum auf Bali [Stuttgart 1937] 127). 422 Ch. Carter, A Sinhalese-English Dictionary (Colombo 1924). - Siche fur den Mondeinfluss im allgemeinen z. B. Susruta I21, 6. 423 Uber den Glauben hieran schrieb mir Professor N.A. Jayavickrama am 5.4.1983,,even the most sophisticated Sinhalese who has been trained to spurn native lore will think twice before he undergoes a surgical operation on a part of the body with the visa-kalava falling on it or near it on the day of the operation. I do not know of any literature on this." Siehe auch z. B. F. Nowotny, Eine durch Miniaturen erlauterte Doctrina mystica aus Srinagar ('s-Gravenhage 1958) 54. 424 R.B. Onians, Origins of European Thought (Cambridge 21954) 246. 524ff. Onians weist in diesem Zusammenhang op. cit., S. 529 auf die Schamgefuhle italienischer und spanischer Damen hinsichtlich ihrer Fusse hin. Den dort angefuhrten Belegen kann ich dank der Aufmerksamkeit von Herrn Dr. N. Rivero Salavert folgendes Zitat aus Ch. de Montesquieus Lettres persanes Nr. 78 zufugen:,,Ils [die Spanier] permettent a leurs femmes de paroitre avec le sein decouvert; mais ils ne veulent pas qu'on leur voie le talon, et qu' on les prenne par le bout des pieds." Ferner siehe A.D. Page #54 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 280 Willem B. Bollee obigen vagen und heterogenen Andeutungen keine klare Antwort zu. Vielleicht konnen aber tantristische 25 oder Hathayoga-Quellen, zu denen ich keinen Zugang habe, 426 Aufschluss geben, denn zwar bewegt in den klassischen Beschreibungen die erwachende Kundalini sich vom unteren Wirbelsaulenende aufwarts, die Erfahrung zeigt jedoch Abweichungen hiervon. So erzahlt z. B. Ramakrsna, dass ihm etwas mit einem prickelnden Gefuhl von den Fussen bis in den Kopf aufstieg. 427 Ahnliches erwahnt der amerikanische Arzt Sannella von mehreren Fallen aus seiner Praxis, *28 und die Erscheinung wird von den Laborexperimenten seines Kollegen Bentov bestatigt,429 der im ubrigen, sicherlich in Unkenntnis der obigen singhalesischen Vorstellung, feststellt, dass "The process most frequently begins on the left side and ascends in a sequential manner from foot, leg, hip, to involve completely the left side of the body, including the face" (ebda., S. 87).430 Die Unterschiede zwischen Theorie und Praxis durften von den traditionellen Darstellungen des Kundalini-yoga, besonders auf alten Rollbildern, die hier ihre grosse Bedeutung neben den Texten beweisen, aufgelost werden, denn die Tiefen des Unbewussten werden dort im allgemeinen durch die Riesenschlange Sesa wiedergegeben - einen Archetypus, der aus den Urgewassern aufsteigt.431 Kossoff, El pie desnudo: Cervantes y Lope, in: A.D. Kossoff/J. Amor y Vazques (edd.), Homenaje a William L. Fichter (Madrid 1971) 381-386; J.M. Diez Borque, Sociologia de la comedia espagnola en el siglo XVII (Madrid 1976) 44 ff. (freundlicher Hinweis von Herrn Prof. M. Tietz/Bochum). Hier liegt also eine Verschiebung nach unten vor. - Die (unfreiwillige) Entblossung des Frauenfusses vor Mannern war offenbar keineswegs komisch, wie es die der mannlichen Femora vor jedermann in unserem Mittelalter war (E.R. Curtius, Europaische Literatur und lateinischen Mittelalter (Munchen $1965] 433). 425 Siehe z. B. A. Bharati, Great Tradition and Little Traditions (Varanasi 1978) 166 mit Zitat ohne Nachweis von F. Nowotny, Das Pujavidhinirupana des Trimalla: IIJ 1, 1957, 115. 426 Die beigefugten Abbildungen mogen hier als Ersatz fur Textstellen dienen, welche ausserhalb Indiens schwer zu finden sind (Dr. Ajit Mookerjee brieflich). 427 A. Mookerjee, Kundalini (vgl. Anm. 416) 83. 428 L. Sannella, Kundalini - Psychosis or Transcendence? (San Francisco "1978) S. 25. 38. 42 u. bes. 46. 429 Ebd. 52. 87 ,the symptom-sign of this 'sensory-motor cortex syndrome', or what has been characterized as the kundalini process in ancient literature can be quite variable and sporadic. Its complete presentation usually begins as a transient paraesthesia of the toes or ankle with numbness and tingling. Occasionally, there is diminished sensitivity to touch or pain, or even partial paralysis of the foot or leg." - Bereits A.L. Basham meinte in seinem The Wonder that was India (London 1954) 327, dass ,,The ancient mystical physiology of India needs further study, not only by professional Indologists, but by open-minded biologists and psychologists, who may reveal the true secret of the yogi." 430 In diesem Zusammenhang sei hier noch darauf hingewiesen, dass im Siddhayoga besonders der grosse Zeh des Gurufusses verehrt wird, s. Sannella (vgl. Anm. 428) 52. 431 Mookerjee (vgl. Anm. 427) 83. Page #55 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Traditionell-indische Vorstellungen uber die Fusse in Literatur und Kunst 281 Ferner existieren moglicherweise ahnliche Vorstellungen wie in der ,,Reflexologie"432 - der Lehre von den Beziehungen von Handen und Fussen zum ganzen Korper - und Akupressur auch in Indien. Jedenfalls sind die Vorstellungen der Inder hinsichtlich der Fusse sehr alt: ihre Spuren finden sich vielerorts bereits in Abdrucken aus dem Neolithikum.433 Anschrift: Prof. Dr. W.B. Bollee, Oberer Stephansberg 63, D-8600 Bamberg 432 Siehe z. B. H. Fitzgerald/E.F. Bowers, Zone Therapy (Columbus Ohio 1917); E. Ingham, Stories the Feet can tell (New York 1952 [1938]) (freundliche Auskunft von Frau E. Dawson und Rev. F.J. Fox SVD, Liverpool). 433 R. Heine-Geldern, Die Megalithe Sudostasiens und ihre Bedeutung fur die Klarung der Megalithenfrage in Europa und Asien: Anthropos 23, 1928, 289.