Book Title: Akalanka Und Die Buddhististche Tradition
Author(s): Piotr Balcerowicz
Publisher: Piotr Balcerowicz

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Page 25
________________ 198 Piotr Balcerowicz teillos) [im Bewusstsein] nicht erscheinen. Deshalb, da das Eigenwe sen [des Bewusstseins] auf diese oder eine andere Art und Weise erscheint, ist die Vielfältigkeit [des Bewusstseins] erwiesen. Die Aussagen Akalankas bedürfen eines Kommentars. Zunächst gibt er zu, dass nicht nur die Atome an sich, sondern auch ihre räumlich begrenzte, mikroskopische Form und ihre zeitlich begrenzte, auf einen Moment beschränkte Dauer niemals direkt in der Erkenntnis erscheinen; trotzdem nimmt man einen groben, makroskopischen, von Atomen verursachten Gegenstand wahr. Das gleiche Prinzip gilt aber auch im Fall von augenblicklichen Erscheinungen des Objekts (svalaksana), die, obwohl sie unsichtbar sind, von Buddhisten als die Ursache von Wahrnehmung anerkannt werden: Die für einen Augenblick erscheinenden Einzeldinge sind, genau wie die Atome, für die Erkenntnis, insofern sie [entsteht], ohne das Abbild von diesen (augenblicklichen Einzeldingen und Atomen] aufzuzeigen, [tatsächlich] nicht direkt wahrnehmbar, ähnlich wie der Unterschied der Form des Gegenstands [in der Erkenntnis vom Selbsterkennen dieser Erkenntnis nicht direkt wahrnehmbar ist],137 Ein absoluter Unterschied (d.h. Teilbarkeit) oder eine absolute Identität (d.h. Unteilbarkeit) der Erscheinungsform der Erkenntnis [ei. nerseits], die sichtbar ist, und der Augenblicklichkeit [von Einzeldin 134 Für die Jinisten repräsentiert kathamcit ("irgendwie") oft den Modalfunktor ayat ("in einem bestimmten Sinn") oder paraphrasiert auch, wie hier, die Idee von Mannigfaltigkeit (anekantatva), d.h. "auf unterschiedliche Art und Weise". LT/LTV 16:viksyanuparimandalyakṣaṇabhangadyavikṣaṇam/svasamvidvişayakaravivekanupalambharat || sthalasyaikasya dṛsyalmana eva paraparakotyor anupalambhad abhavasiddher anityatvam buddher iva vedyavedakakarabhedasya paramarthasattvam, na punaḥ parimandalader vijñananamialattvaval. napi kṣanikaparimandalader avibhagajnanatattvasya va jätucit svayam upalabdhis lathaivapratibhasandt. lat kathamcit tatsvabhavapratibhase 'nekantasiddhiḥ. 136 AIP le: atadabhataya tasyah [buddheḥ]. 17 Vgl. NViV ad locum, Bd. I, p. 492: artho darsanavikalpaikatvarůpo vibhramākāras tasmad viveko vikalpasvasamvedanasya sa iva tadvat pratikanam visepä na pratyakṣaḥ- "Das Objekt [in der Erkenntnis] besitzt den Charakter einer Einheit in der Vorstellung. [die] aus der Wahrnehmung [hervorgeht]; das ist eben die illusorische Form; davon der Unterschied; [gemeint ist der Unterschied] des Selbsterkennens der Konzeptualisierung [davon]. Gleich diesem, [d.h.] wie dieser [Unterschied], sind die für einen Augenblick erscheinenden Einzeldinge nicht direkt wahrnehmbar." Weniger plausibel, aber nicht unmög lich, wäre eine andere Interpretation: "... Ahnlich wie [etwas nicht direkt wahrnehmbar ist die Unterscheidung [in ler Erkenntnis] zwischen dem äußerlichen] Objekt und dessen Form [in der Erkenntnis]." Akalanka und die buddhistische Tradition gen andererseits], die unsichtbar ist, ist weder aufgrund von diesen [beiden zusammen] (d.h. aufgrund der Erkenntnis und des äußeren Objekts) noch in gegenseitiger [Abhängigkeit anzunehmen].19 Aber angesichts des bereits in LT/LTV 12 als gültig bewiesenen140 und in LT/LTV 15 exemplifizierten logischen Grunds des "Sachverhalts, der nicht anders erklärbar ist" (anyathanupapatti), der sich auch auf unsichtbare Objekte erstrecken kann, scheint Akalanka davon auszugehen, dass nichts der Erklärung der Entstehung von sichtbaren Wirkungen unsichtbarer Atome als Ursachen widersprechen dürfte. Die Situation entspricht dem Verhältnis zwischen der inneren Abbildung eines äußeren Objekts in der Erkenntnis und dem selbsterkennenden Erkenntnisakt, mittels dessen man sich innerlich der Abbildung des Objekts in der Erkenntnis bewusst wird: im Akt der Wahrnehmung des Objekts beobachtet man den Unterschied nicht. 199 6.1 Der Abschnitt LT/LTV 16 scheint direkt von den folgenden Versen Dharmakirtis inspiriert worden zu sein und die dort enthaltenen Vorstellungen über die Zusammenhänge zwischen mikroskopischen Atomen und makroskopischen, sichtbaren Gegenständen einerseits und zwischen dem teillosen, homogenen Bewusstsein und dessen Zweiteilung in das zu erkennende Objekt und das erkennende Subjekt andererseits kritisch aufzunehmen: 13 NVIV ad locum, Bd. I, p. 492.10: tayos ladvatas tadadhikaranaj jñānād arthác ca. 13 NV, 140-141 (p. 48.17-21) NVi, 1.143 (Bd. I, p. 491-492): pratikṣaṇam vibesa na pratyakṣaḥ paramanuvat/atadabhataya' buddher arthakaravivekavat // atyantabhedabhedau na tadvato na parasparam / dryadṛsyatmanor buddhinirbhasaksanabhangayoḥ // NVi,: drambhataya. Cf. AIP le: aladabhataya tasyaḥ [= buddheḥ]. Vgl. auch PSaV § 33 (ad PSa 30ab) (p. 105.3): paramanuvac chalasya (recte: sthalasya) kasyacit pratibhase tadabhasavirodhaḥ. 140 LTV ad 12: na hi tadatmyatadutpatti jnatum sakyete vindnyathanupapattivitarkena, tabhyam vinaiva, ekalakṣaṇasiddhiḥ. - "Es ist wohl nicht möglich, die [Relation der] essentiellen Identität und der Kausalität zu erkennen ohne eine Kenntnis, die einen Sachverhalt voraussetzt, der nicht anders erklärbar ist; auch wenn beide [Relationen] fehlen, [bleibt der logische Grund des 'Sachverhalts, der nicht anders erklärbar ist' in Kraft - das ist] der Nachweis, [dass der logische Grund] nur eine Eigenschaft [hat, im Gegensatz zum trair@pya]." 141 Siehe oben, § 3. 142 Vgl. die Darstellung der Dharmakirtischen Auffassung von Atomen im Zusammenhang mit dem Bewusstsein in Dreyfus 1997: 83-90 und 100-103.

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