Book Title: Akalanka Und Die Buddhististche Tradition
Author(s): Piotr Balcerowicz
Publisher: Piotr Balcerowicz

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Page 28
________________ 204 Piotr Balcerowicz zusammengesetzten (sthala) Dinge zeitlich teilbar (d.h. in augenblickliche Momente zerlegbar, ohne weitere Ausdehnung in der Dimension der Zeit) sind, müssten sie auch räumlich teilbar (d.h. in physische Punkte zerlegbar, ohne weitere Ausdehnung im Raum) sein; am Ende dieses räumlich-physischen Zerlegungsprozesses befänden sich die unteilbaren Atome. In Fall von makroskopischen Dingen, die ihrer Natur nach in gewissen Beobachtungssituationen auch wahrnehmbar (dréya) sind, ist es möglich, auf solche Beobachtungssituationen zu verweisen (in der Vergangenheit und in der Zukunft), wenn sie jetzt nicht wahrnehmbar sind und deshalb nicht existieren, was aufgrund des dréyanupalabdhi-Grunds zu erschließen ist. Dagegen gibt es im Fall von mikroskopischen Atomen, die stets unsichtbar (adrsya), d.h. "dem Eigenwesen nach entfernt" (svabhavaviprakargin svabhavaviprakṛṣṭa) sind, keine entsprechende Beobachtungssituation S, (Beobachter B,, Ort O,, Zeit T,), in der man die Anwesenheit von Atomen erkennen könnte, um mit Bezug darauf in einer anderen Beobachtungssituation S, (B2, Og, T2) ihre Abwesenheit festzustellen. Mit anderen Worten: Man kann weder mittels des Grunds der Nichtwahrnehmung von Sichtbarem (dréyanupalabdhi) noch mittels des Grunds der Nichtwahrnehmung von Unsichtbarem (adréyampalabdhi) die Zerteilung der Atome in momentane Phänomene nachweisen. Gleichzeitig muss man aber ihre Existenz wegen ihrer wahrnehmbaren, sich andauernd ereignenden Wirkungen in der Form von makroskopischen (sthala) Gegenständen anerkennen und daraus ihre unveränderbare und unvergängliche Natur - weil das einzige, was sich an den Atomen nicht ändert, ihre Unsichtbarkeit (adriya) ist erschließen. In der Beweisführung wird einerseits die Dauer von makroskopischen Objekten in sichtbare (d.h. räumlich weiter auflösbare), aber zeitlich unteilbare "Bestandteile" (d.h. unzerlegbare Momente), und andererseits ihre Masse in unsichtbare (d.h. räumlich unzerlegbare), aber zeitlich teilbare "Bestandteile" (d.h. Atome) unterteilt. Das Problematische an Akalankas Beweis der Nichtaugenblicklichkeit der Atome scheint darin zu liegen, dass man nach dem konsequent eingesetzten Prinzip der räumlichen und zeitlichen Teilbarkeit von groben Gegenständen unvermeidlich die Unteilbarkeit ihrer Bestandteile erreichen sollte, die ersichtlich sowohl den räumlichen als auch den zeitlichen Aspekt umfasst. Darauf würde Akalanka erwidern, dass ein solcher Auflösungsprozess des Ganzen keineswegs allumfassend ist, wie man anhand des Beispiels der makroskopischen Akalanka und die buddhistische Tradition 205 Gegenstände demonstrieren kann. Sie werden eben in räumlich weiter teilbare, aber zeitlich unzerlegbare Punkte aufgeteilt; mulatis mutandis sollen sie auch in räumlich unteilbare, aber zeitlich weiter zerlegbare Punkte aufgeteilt werden. Diese räumlich unzerlegbaren, zeitlich trennbaren Punkte sind also dauerhafte Atome. Konsequenterweise müssten die Buddhisten die Unvergänglichkeit der unsichtbaren Atome und die Wirklichkeit des sichtbaren Ganzen gelten lassen. Auf diese Weise stellt sich ein äußerst origineller Beweis der Existenz von ewigen Atomen dar, der von ähnlichen Prämissen wie der buddhistische Beweis der Zerteilung der Dinge in momentane Phänomene (d.h. ihres momentanen Verfallens) ausgeht, aber zu gegensätzlichen Ergebnissen führt. 6.2.2 Der zweite Bestandteil von Akalankas Widerlegung der buddhistischen Lehre in LT/LTV 16 betrifft die Annahme eines teillosen, homogenen Bewusstseins. 155 Das Argument scheint eine etwas einfa chere Struktur zu haben. Wenn man die Existenz einer als einziges real existierenden Gesamtheit des unteilbaren Bewusstseins annimmt, auf der die illusorische Aufteilung des Bewusstseins in das zu erkennende Objekt (grähya) und das erkennende Subjekt (grahaka) basiert, analog zu den unsichtbaren Atomen, die als kausale Faktoren für die illusorische Erkenntnis eines makroskopischen Gegenstands dienen, gibt man gleichzeitig auch zu, dass dieses Bewusstsein wahrnehmbar ist, weil, wenn eine Erkenntnis von einer anderen Erkenntnis (svasamvitti) entsteht, diese also wahrgenommen wird, dies heißt, dass sie erkennbar ist. Damit wird aber die Möglichkeit aufgezeigt, dieses angeblich homogene Bewusstsein weiter in das zu erfassende Objekt und das erkennende Subjekt aufzuteilen, was gegen die ursprüngliche Annahme der Unteilbarkeit des Bewusstseins spricht. Überdies impliziert die Aussage Akalankas, dass "... das So-sein der teillosen Erkenntnis niemals selbst wahrgenommen (wird], weil [sie] gerade so (nämlich als rund [parimandala], momentan [keanika]. teillos) niemals [im Bewusstsein] erscheint" (näpi... avibhāgajñānatattvasya va jätucit svayam upalabdhis tathaivapratibhasandt), eine Folge, die sich auf den Grund der Nichtwahrnehmung der durch sich 188 Siehe oben p. 184f.

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