Book Title: Akalanka Und Die Buddhististche Tradition
Author(s): Piotr Balcerowicz
Publisher: Piotr Balcerowicz

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Page 27
________________ 202 Piotr Balcerowicz Akalanka und die buddhistische Tradition 203 wesentlich unterscheiden ("Die Einzeldinge sind für die Sinnesorgane wahrnehmbar, als sie sind keine Atome"), wäre es für unsichtbare Atome auch nicht möglich, eine sichtbare Wirkung zu verursachen: "Womit könnten diese Atome dieser (Erkenntnis), die das Vorstellungsbild eines groben (Gegenstands] hat, [ihre) Form verleihen?") (4) Das, was die Erkenntnis als ihren Gegenstand abbildet, ist eben der Inhalt der Erkenntnis (der objektive Aspekt), der auch die tatsachliche Ursache des Wahrnehmungsbilds ist; der Zustimmung zum objektiven Aspekt der Erkenntnis folgt ferner die Annahme des subjektiven Aspekts. (5) Da die beiden Aspekte aus einem einzigen Bewusstsein entste hen, ist allein dieses homogene Bewusstsein, das als ihre Ursache dient, das, was wirklich existiert. Eine gewisse Erscheinungsform les Gegenstands ist stets zeitlich begrenzt und erlaubt seine Wahrnehmung in genau dieser Form nur zu einem bestimmten Moment, nicht aber in vorhergehenden und darauf folgenden Zeitabschnitten.15 Um die zeitliche Zerteilung des Gegenstands in momentane Phänomene mittels des zeitlich gebundenen anupalabdhi-Grunds nachweisen zu können, d.h. um zu demonstrieren, dass der jetzige Gegenstand in dieser Form weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft wahrgenommen werden kann, was auch die Bedingung der Zerteilung in Momente ist, muss man in der Lage sein, das jetzige Vorhandensein (d.h. die Existenz) dieses Gegenstands zu beobachten, weil das Argument der Nichtwahrnehmung (anupalabdhi) das räumlich und zeitlich gebundene Nicht vorhandensein eines Objekts aufzeigt, das zwar von einem bestimmten Beobachter B, an einem bestimmten Ort 0, zu einem bestimmten Zeitpunkt T, (hier: in der Vergangenheit und in der Zukunft) nicht wahrgenommen wird, aber in einer anderen Beobach tungssituation (am Ort O, zum Zeitpunkt To: hier: im jetzigen Moment) doch empirisch wahrnehmbar ist. Der Nachweis bestätigt also, dass der makroskopische, in der aktuellen Wahrnehmung abgebildete Gegenstand (sthala) der Wirklichkeit entspricht.14 Der zweite Teil des Beweises in LTV ad 16, der die Dauerhaftigkeit der Atome betrifft, ist lakonisch und leicht verschlüsselt. Wenn ich das Argument richtig verstehe, basiert es auf ahnlichen Prämissen der Gültigkeit des anupalabdhi-Grunds und lässt sich - zum Teil analog zum Nachweis der Wirklichkeit der makroskopischen Gegenstände - folgendermaßen rekonstruieren: Da die makroskopischen, 6.2.1 Im Kommentar zu LT 16 setzt Akalanka seine Kritik gegen die gerade skizzierte Argumentation auf zweierlei Art fort. Er stützt sich dabei auf die buddhistische Idee der Teilbarkeit, die der Idee vom momentanen Verfallen der Dinge und von den Atomen zugrunde liegt. Als erstes versucht Akalanka, die Realität makroskopischer Gegen stände (hala) im Gegensatz zur These von Dinnaga und Dharmakirti zu beweisen. Tatsächlich seien grobe, wahrnehmbare Dinge, so wie sie sich vor unseren Augen zeigen, zeitlich teilbar, wie auch die Buddhisten behaupten, und die Grenze der Teilung ihrer zeitlichen Kontinuitat lage in den unteilbaren Momenten. Aufgrund der Nichtwahrnehmung von unsichtbaren früheren und späteren Zeitabschnitten ("Existenzpunkten") eines makroskopischen Gegenstands könne man ihre Abwesenheit feststellen und damit die zeitliche Zer. teilung des Gegenstands in augenblickliche Phänomene beweisen: 18 Mit diesem Argument hat der Kommentator Prabhācandra Schwierigkei. ten; Aus diesem Grund interpretiert er den Abschnitt als einen gegnerischen Einwand, den er selber beantwortet, wobei er darauf hinweist, dass es offensichtlich ist, dass vergangene und zukünftige Momente in der Gegenwart nicht existieren und der Gegner deshalb einen Fehler durch das Beweisen von bereits Bewiesenem begeht (siddhasadhana). Siehe NKC p. 484.10: yalah kathamittaIra tadabharasddhane siddhasadhanam. 1 Eine vermutlich shnliche Schlussfolgerung lasst sich auch in der tibetischen Tradition bei Sa skya Pandita in Rigs gter Ran 'grel 34.b.3-35.4.6 feetstellen; siehe Dreyfus 1997: 96: "Sa-pan reaches a similar conclusion (= A con tinuum cannot be one substance with its parts - P.B.) by considering the temporal nature of continua, which are created by putting together past, present, and future moments. Only the present moment, however, is real. A continuum depending for its existence on unreal moinents can be only unreal It is like putting a jar between the two horns of a rabbit." 19 PV, 1.87ab: ... vifisanam aindriyatuam ato 'naruh. 11 PV, 2.321cd: sardpayanti tat kena sthalabhasam ca te 'navah II. 15+ Im folgenden verwende ich die Ausdrucke "teilen", "teilbar" und "[Zer-) Teilung" in drei Bereichen, dh im zeitlichen, physischen und konzeptuellen Sinn; ein zusammenhängendes Ganzes, sei es ein zeitliches Kontinuum, ein makroskopisches physisches Objekt oder ein komplexes Konzept, lasst sich in seine Teile auflösen, zerlegen oder analysieren.

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