Book Title: Akalanka Und Die Buddhististche Tradition
Author(s): Piotr Balcerowicz
Publisher: Piotr Balcerowicz

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Page 30
________________ 208 Piotr Balcerowicz In diesem Fall gibt es zwar keinen Anlass, Dharmakirti die Ausd. bung eines Einflusses auf Akalanka zuzuschreiben, weil der Kerngodanke dieser Idee bereits bei Samantabhadra in AMI 7 präsent ist; dennoch ist ein kurzer Vergleich beider Einstellungen für die Problematik des Arguments der Nichtwahrnehmung von Unsichtbarem relevant. Für Dharmakirti ist die Behauptung, dass man aufgrund der Nichtwahrnehmung eines Beispiels die Existenz einer allwissenden bezie. hungsweise erlösten Person überhaupt ablehnt, nicht schlussig: Da die allwissende Natur nicht sichtbar (adrya) ist, sollte das Argument als ein Fall von adr&yānupalabdhi angesehen werden. Aber mit Hilfe des adryanupalabdhi-Arguments kann man im Hinblick auf einen "mutmaßlichen Allwissenden" allein "Erkenntnis, Benennung und praktisches Handeln gegenüber einem Allwissenden als) real (postuliertem Objekt) verwerfen" (sanniscayalabdavyavaharapratisedha; siehe oben, n. 22). Im Klartext heißt dies, dass man sich mit dem folgenden Zweifel abfinden müsste: Da nicht ausgeschlossen, aber auch nicht bestätigt werden kann, dass der "mutmaßliche Allwissen. de" allwissend ist, muss man so handeln, als ob er nicht allwissend sei (sadvyaraharapratisedha). Man könnte höchstens den Autoritatsstatus und die Wahrhaftigkeit eines "mutmaßlichen Allwissenden" aufgrund seiner Aussagen allein mit gewöhnlichen Erkenntnismit teln (d.h. mittels der Wahrnehmung oder Schlussfolgerung) zu er. schließen versuchen: Die Unfehlbarkeit der Aussage einer Autoritat), die sich auf sicht: bare und unsichtbare Gegenstände bezieht, die ihrerseits) Objekte dieser (beiden) (d.h. von Wahrnehmung und Schlussfolgerung) sind, heißt das Fehlen eines Gegenbeweises, (der) mittels der Wahrneh mung und zweifachen Schlussfolgerung (dargelegt ist]192 193 Auch diese auf Dinnaga zurückgehende Methode, dass (nämlich] zuerst nachgewiesen werden sollte, dass es überhaupt kein Zeugnis oder keinen Beweis gibt oder geben kann, der die Wahrhaftigkeit Akalanka und die buddhistische Tradition 209 einer Person negiert, sichert kein schlussiges Ergebnis, mit dem man den Autoritatsanspruch oder die Allwissenheit einer Person beweisen könnte. Wie es Vadirajasuri, Akalankas Kommentator, in seiner Untersuchung einer Reihe von Widerlegungen der Allwissenheit erklärt: Analog führen [solche) Aussagen usw. (die die Unmöglichkeit der Allwissenheit be. weisen sollen), so lange sie die Dreiförmigkeit des logischen Grunds) in der Form der Wirkung des Eigenwesens und der Nichtwahrneh mung nicht aufgeben, zu keiner sicheren Erkenntnis gerade deshalb, weil (sie) nicht auf dem logischen Grund des] "Sachverhalts, der nicht anders erklärbar ist" basieren,145 d.h. alle Beweise der Existenz eines Allwissenden, die sich auf das buddhistische Modell des dreifachen logischen Grunds stützen, sind nicht definitiv. Akalanka nimmt den von Dharmakirti in NB 3.70 geäußerten Zweifel (siehe oben, p. 207) auf und entgegnet: Wieso ist ein allwissender Redner nicht möglich?! Je mehr seine erkennende) Natur zunimmt, desto mehr wird dadurch deren Wir. -kung (in der Form von autoritativen Aussagen) nicht widerspro. chen.166 Dieses Argument ist eindeutig eine Umformulierung des bereits besprochenen "Arguments der allmählichen Vollendung" (siehe $ 4.3), das in einem engeren Zusammenhang mit dem zweiten "Argument der Unsichtbarkeit des Erlösungszustands" (siehe $ 4.1) steht: Man kann die unsichtbare Natur einer angeblich allwissenden Person allein durch ihre Wirkungen, wie z. B. verbale Aussagen oder praktisches Handeln, 67 feststellen. Die allmähliche Vollendung der Erkenntnis soll in der Unwidersprüchlichkeit von Aussagen, in absoluter Zuverlässigkeit und Tugendhaftigkeit resultieren. Der Kommentator VadirajasOri fasst Akalankas Argumentation zusammen, wobei er auch bestätigt, dass die Nicht wahrnehmbarkeit einer erlösten 141 PVSVT ad PV 3.215 (p. 392.14-15): anumanna ca dvividhena vastubalapravyttenägimdaritena ca. Vgl. auch die Übersetzung in van Bijlert 1989: 123f. 1 PV 3.216: pratyakşenánumarena dvividhenapy abadhanam/draadratarthayor asydvisamuddas tadarthayoh //. IN PramasaMuccaya 2.5ab: dplavidavisamuddasd mdnydd anumana . zitiert in PV, 3.216: aplaud lavinamiddasdmdnydd a w nala /buddher agalya bhilita parokse 'py' asya gocare // 'PV, 3.218: nipiddhapy. * NVIV ad NVi, 2.183, Bd. II, p. 218.25-26 (= NVI, 352): evam ete vacanddayah karyasvabhavanupalambharipalaya trairapyamaparityajanlo 'pyanyathanupapattivaikalyad evagama kah. I NVI, 353 = NVi, 2.184cd-185ab: katham na sambhavt vakld sarvaj flas tasya tena no Il yavat prakysyale rupam lāvat karyam tirudhyale. in Man kann hier eine direkte, notwendige Bindung zwischen Erkenntnis und Ethik beobachten, Ahnlich wie zwischen der Sokratischen Weisheit copia) und Tugend (&pern). -

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