Book Title: Die Theorie Der Schlussfolgerung Bei Parasarabhatta
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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Page 3
________________ Theorie der Schlußfolgerung bei Parāśarabhatta 255 Auch mit der hier enthaltenen Lehre, daß die Vyāpti durch eine einmalige Beobachtung festgestellt werden könne, weicht Parāśarabhatta sowohl von der Lehre des Nyāya ab, der die Feststellung der Vyāpti durch mehrfache Beobachtung vertreten hatte, wie auch von der gängigen Meinung des Visiştādvaita seiner Zeit, der in dieser Frage offenbar nicht von der Lehre des Nyāya abwich. So ist zum Beispiel von Varadavişņumisra ein Fragment überliefert, worin er ausdrücklich die mehrfache Beobachtung (bhūyodarśanam) als Mittel, die Vyāpti festzustellen lehrt 6. Venkatanātha, der beide Auffassungen referiert, wendet sich ausdrücklich gegen die Lehre Parāśarabhattas und schließt sich der Meinung an, daß man letztlich nicht um die Annahme einer mehrfachen Beobachtung herumkomme? Nur Meghanādāri 8 folgt in seinem Nayadyumaṇiḥ Parāśarabhatta", wie noch gezeigt werden wird. Die Gründe, die Parāśarabhatta veranlaßt haben dürften, diese unkonventionelle Auffassung zu vertreten, lassen sich mit großer Wahrscheinlichkeit, ja zum Teil mit Sicherheit angeben. Zunächst hatte schon Udayana, der auf die Logik Parāśarabhattas einen großen Einfluß ausübte, bemerkt, daß sich die mehrfache Beobachtung nicht auf eine bestimmte Zahl von Beobachtungen festlegen lasse: „Und nicht liegt ein Nutzen darin“, sagt er in seiner Nyāyavārttikatātparyaparisuddhiḥ, ,,die Anzahl der Male [der Beobachtung) zu begrenzen, weil die Menschen infolge des Unterschiedes einer geringen, mittleren oder überragenden Erkenntnis in ihrer Fähigkeit verschieden sind ... ... Denn auch hier muß sich schließlich die Einsicht einstellen, daß die Verbindung upādhi-frei ist, wie auch für die Unterweisung und Übung des Yoga die unmittelbare Erkenntnis einer Gegebenheit das Ende bedeutet, ohne daß diese durch eine festgelegte [Anzahl] von Malen bestimmt wären.“ 10 – Darüber hinaus aber vertritt der Visiştādvaita wie die gesamte Mimāmsā die Lehre vom svataḥprāmānyam jeder Erkenntnis, d. h. die Lehre, daß eine Erkenntnis, sofern sie Erkenntnis ist, aus sich heraus gültig ist, und zum Nachweis ihrer Gültigkeit keiner weiteren Erkenntnisse bedarf. Diese Lehre findet sich als Grund für die These, daß die Vyāpti durch einmalige Beobachtung festgestellt werden könne, im oben zitierten Fragment durch den Ausdruck pratītisvarasāt angedeutet, und ist in einem anderen Fragment Parāśarabhattas auch ausdrücklich als dessen Lehre belegt 11 Wenn also die Beobachtung der Ver * NP, p. 104, 2f. 7 NP, p. 106, 4ff. 8 Meghanādārisūri (1. Hälfte d. 13. Jh. n. Chr. ?) ist einer der wenigen, erhaltenen Visiştādvaita-Autoren vor Venkatanātha. Er ist Schüler Atreyanāthāryas (Nay. prak. zu I, 1, 1). Von seinen Werken sind Nayaprakäsikä, Bhäşyabhāvabodhanam und Nayadyumaṇiḥ erhalten, wenngleich das zweite unvollständig. Von den von ihm zitierten Autoren sind zu nennen: Sriharşa, Varadavişnumiára, Srīrāmamisra (Somāsiyāndān), Varadanārāyaṇabhattāraka u. a., er selbst scheint Venkatanātha bekannt zu sein. Nay. dyum. p. 197, 22 ff. 10 NVTP, p. 702, 2-6. 11 Nyā. siddh. p. 117, 23ff.

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