Book Title: Studien Zum Dvadasaranayacakra Des Svetambra Mallavadin
Author(s): A Wezler
Publisher: A Wezler
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Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ A. WEZLER STUDIEN ZUM DV DASARANAYACAKRA DES ŚVETAMBARA MALLAVADIN LDER SARVASARVĀTMAKATVAVADA 1. Dus Dvidetiranayacakra, das zwölfspeichige Rad der Betrachtungsweisen", des Svetimbara Mallavidin, das vielleicht im 4. Jh. nach Chr., wahrscheinlich aber doch mindestens ein Jahrhundert später entstanden ist', stellt eine der bemerkens wertesten Entdeckungen aus dem Bereich der zumindest von der westlichen Indo logie bisher eher stiefmütterlich behandelten philosophischen Literatur der Jainas dar. Das Werk selbst ist allerdings gar nicht erhalten; jedenfalls sind bisher nur Handschriften des Kommentars, der Nyiyigamänusarinl, von Simhasüri (6. Jh. n. Chr.)' zu Tage gekommen, and it is with its help that to a wide extent there construction of Mallavädi's original is made possibles Dleser - auch für das Verständnis des Kommentars selbst - notwendige Ver. such der Rekonstruktion des Grundtextes stellt freilich den Bearbeiter vor eine Aufgabe, die E: Frauwallner zu Recht als difficult and sometimes almost impos sible" charakterisiert hat, because as a rule Simhasüri quotes only the first and last words of the sentence to be explained" allows wider space only to more difficult passages, and passes quickly over others with the remark easily under stood' (sugamam). If, in spite of all these difficulties, Mallavādi's text, or at least his trends of thought are reconstructed, also Simhasüri's text needs reconstruction, It is faulty and demands numerous corrections. But even then, the comprehen sion of the text is not easy, as Mallavādi's work in itself is very difficult indeed 1 Gemas Jambuvijayajl, der auf den Vijayasimhasüriprabandha des Prabhavakacarita verweist, wo im Vers 81 berichtet wird, Mallavadin habe im Jahre Virasamvat 884 ( 357 n. Chr.) die Buddhisten besiegt (vgl. das ..Mrakkathanam". p. 15. in seiner Ausgabe Is Anm. 100. Seine (Les p. 16, f. 1) bekundete Zuversicht (Vargaponye Vasurite Bharthari-Vasifendhu Ditnegadinim smayeriseye vidim hahavo viradan pruvortante, afas resom servemányo with my thithirup kute / terhapl abhicandricaryen nindigene Malloved emayene tepim mayayarirodherpedayitim lokyala ere) kann ich nicht ganz teilen Legt man E. Frauweliners Datierung von Digip suprunde (vgl. „Landmarks in the History of Indian Lople in: WZKSO V (1961) 134 L.), dann wäre für Mallavadin die 2. Halfte, allen falls die Mitte des 6. Jh. anzusetzen. 2 Gems Jambuvijayajl, der sich allerdings nicht genau festlegt (..Prakkathanam". p.31), aber hervorhebt, daß Simhasuri auf jeden Fall alter als Kumarila, Dharmakirti etc. ist, nicht viel upiter als Dignina gelebt haben kann und daß es zwischen ihm und Mallavadin einkale: tam api kimeld antaram' gegeben haben misse, da er gelegentlich verschiedene Lesarten diskutiert 3 Zitiert aus E. Frauwallners Introduction" zu M. Jambūvijayajis Edition (s. Anm. 10), p. I. 4 In aller Regel tut or das in der Weise, daß er vor den jeweiligen Erläuterungen bemerkt: ...tyadi yaval...(I). 5 Zitiert aus Frau wallners Introduction". p. 51. Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 360 Der urvasarvatmakatvavida A. Wexler 361 te Text des Nava l eriekeiten, mit denen en has been made legible by means of various corrections. Above all this text gains greatly by numerous notes and cross-references to related texts, thus aiding in the comprehension of the original itself . Der durch Muni Jambüvijayaji erzielte Fortschritt ist aber nicht nur einem bewundernswerten Scharfsinn zu verdanken, in dem sich traditionelle Panditgelehrsamkeit, wie sie heute leider immer seltener anzutreffen ist, mit westlicher philologischer Methodik glücklich verbindet, sondern zugleich auch dem Umstand, daß seine anhaltende und intensive Suche nach weite. rem Handschriftenmaterial von Erfolg gekrönt war, so daß er sich bei seiner Arbeit auf insgesamt 8 Codices stützen kann, darunter eine, atidurlabhatiyisistä сa pratih". Dieser hat er das Sigel ,,bha" gegeben und bemerkt von ihr, dort seien in den anderen Manuskripten avid yamari bahavo visuddhah patha asmábhir labdhah 3, sie habe sich also als bei weitem korrekter und vollständiger" erwiesen als alle anderen, einschließlich derjenigen Handschriften, welche den älteren Ausgaben zugrundeliegen. dechriftenbasis mit 2 bzw. Als erster scheint sich Muni Caturvijayaji an diese Aufgabe herangewagt zu haben, doch ohne sie bis zu seinem frühen Tode (1944) auch nur annähernd be wältigt zu haben. Fortgeführt wurde seine Arbeit von Lalcandra B. Gandhi, zu mindest bis zum Erscheinen des 1. Bandes im Jahre 1952. Schon vorher allerdings waren die Binde 1 (1948) und 2 (1951) der einzigen inzwischen vollständigen Ausgabe publiziert worden, die Vijayalabdhisūri besorgt hat. Daß der rekonstruierte Text des Nayacakra in belden Fällen keineswers identisch ist, kann angesichts der ungewöhnlichen Schwierigkeiten, mit denen ein jeder Bearbeiter konfrontiert ist, nicht wundernehmen. Bedenklicher ist, daß die Handschriftenbasis mit 2 bzw. 4 Codices relativ schmal ist und u.a. deshalb auch die kritische Herstellung des Textes der Nyāyāgamanusirini, welcher ja die einzige Grundlage für den Versuch einer Wiedergewinnung des mūla-Textes bildet, nicht als überzeugend gelungen gelten kann. Daß beide Ausgaben darüber hinaus, wenn auch in unterschiedlichem Maße, mit erheblichen grundsatzlichen, die Methode und Technik des Edierens betreffenden Mängeln behaftet sind und von vermeidbaren Einzelfehlern nur so wimmeln, hat Frauwallner in seinem Besprechungsaufsatz gezeigt und an einigen ausgewählten Beispielen belegt. Inzwischen sind nun aber der 1. und 2. Band derjenigen Edition erschienen", zu der Frauwallner 1958 seine, Introduction" geschrieben hat, und schon beim Anlesen zeigt sich, daß ihr gelehrter Herausgeber, Muni Jambūvijayaji, den von Frauwallner erhobenen Forderungen", weitestgehend entsprochen und in zweifacher Hinsicht einen wesentlichen Fortschritt gerentiber seinen Vorgängern erzielt hat, so that a stable basis is supplied for further research". Denn, so führt Frauwallner in seiner Würdigung dieser Ausgabe des weiteren aus, „his reconstruction of the original makes it possible to follow Mallavadi's trends of thought also in passages where absolute certainty cannot be achieved. It has been carefully considered and deserves our full attention. At any rate, the text of the commentary is reliable and 2. Das Dvādasāranayacakra mitsamt der Vrtti ist aber nicht nur für die wenigen auf die philosophische Tradition der Jainas Spezialisierten von Interesse, sondern stellt auch für diejenigen, welche auf dem Gebiet der Geschichtsschreibung der anderen Systeme arbeiten, eine Informationsquelle von außerordentlichem Rang dar". Aufgrund seiner eigentümlichen Systematik der zwölf Betrachtungswei sen"16 enthält Mallavadins Werk nämlich eine Fülle von Material Uber das ältere und zeitgenössische nicht.Jinistische Denken in Indien; es wirft Licht auf einen Zeit raum, für den aus den jeweiligen Systemen oft nur überaus dürftige Reste der einst mals reichen Literaturen zur Verfügung stehen und von dem Frauwallner festgestellt hat, daß er to the most important and creative periods of Indian Philosophyl7 gehörte. Jambūvijaya berichtet dazu: ,krsnāya Nayacakravstfer vacanad idam api mayā jriātam yatha yeşam yesām samkhya-bauddha-vedānta-vaisesikadidarSanagranthärän matāni Nayacakrakstā carcitāni nirastani wi temu bahawo granthas tavat samprati Wilapta eva, kepärícit tu nămäpi na srüyate / kintu yeşām bauddhagranthänām matāni Nayacakre Vrttau collikhitāni tesam samprati samskȚtabhasāyām nastaprāyatve pl kesancid granthänām parahsatebhyo varsebhyah pūrvam Bhotabhisayar Bhopadetiyapanditair viracită anuvädäh präpyante" 6 Vgl. das Foreword" von G. H. Bhatt zu der in Anm. 7 genannten Ausgabe. 7 Dvada Saranayacakra of Srimallavadisürl, with the commentary of Sri Simhasuri. PL. I of Four Aras. Ed, by Late Muni Caturvijayal (pp. 1-232) and Lalacandra B. Gandhi (pp. 233314), Baroda 1952 (COS No. CXVI). - Ob weitere Teile publiziert werden sollen, ist nicht klar & The Dvadasharanayachakram of Sri Mallavadi Kshamasramana with the Nyayagamanusarini Commentary by Sri Sinhasurganl Vadi Kshamasramana. Ed. with Critical Introduction, Index and Vishamapadavivechana by Acharya Vijaya Labdhi Suri. Pt. III Baroda 1957, Pt. IV Baroda 1960 (Shri Labdhisurishwar Jain Granthamala No. 20, 27, 35 und 44). 9 ,,The Editions of Mallavadl's Dvada Garanayacakram" In: WZKSOA I (1957), 147-151. 10 Dvidalaram Nayacakray of Acarya Sri Mallavidl kamaraman, With the commentary Nyuyugamanuskrip of Srl Simhasürl Gani Vadi Ksamilromana. Ed. with critical notes by Muni Jambūvijayail, Pt. 1 (14 Aras) Bhavnagar 1966, P. II (5-8 Aras) Bhavnagar 1976 (Sri Atmanand Jain Granthamala No. 92 und 94). - Ich zitiere nach dieser Ausgabe (Seite u. Zeile), und zwar ohne die Orthographie zu normalisieren (worauf ich auch bel anderen Textzitaten in aller Regel verzichte). 11 Velden in Anm. 9 genannten Aufsata, p. 150 12 Zitiert aus Frauwallners Introduction". p.6. - 13 Zitiert aus seinem , Prakkathanam". p. 9. 14 Jambūvijayaji bemerkt nämlich auch Prakkathanam". p. 9): anyasu sarras apl pratip alabhyamanan parahsahasrah Arddhapathi anetat ca panktayo bha pratau vidyante / Für eine eingehende Beschreibung der von ihm benutzten Handschriften vgl. ,,Prakkathanam". p. 32 ff. 15 Jambuvijayaji hat bereits 1948 darauf hingewiesen (vel. Proceedings of the All India Oriental Conference 14.3, Summaries, 1948, 15) und laßt in seiner Ausgabe keine Gelegenheit aus, diesen Informationswert hervorzuheben. 16 Vgl. dazu Frauwallner, Introduction". p. 1 ff. 17 Zitiert aus dem Anm. 9 genannten Aufsatz, p. 147. 18 zitlert aus seinem ,,Prakkathanam". 8. Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 362 A Werler Der sarvasarvatmakatvavida 363 Der Quellenwert des Nayacakra ist dementsprechend auch von Frauwallner nach drücklich hervorgehoben worden und hat ihn offensichtlich mit dazu veranlaßt, die Aufmerksamkeit der Fachkollegen auf die bereits zugänglichen bzw. die angekündigte Edition eines Werkes zu lenken, das dating back to a time which is extremely lacking in information as to philosophical systems, yields quite a number of news on authors and works of which we know very little indeed 3. Insofern Frauwallner Mallavädin nicht nur als a remarkable", sondern auch als a somewhat selfwilled thinker! bezeichnet, von seinem peculiar but also headstrong way of thinking"his entirely new way to see things***spricht, ihm bescheinigt, versucht zu haben, to categorize the old doctrine of the Naya or the various ways of considering things in a new and more systematic order, so as to bring about a refutation of all contradicting arguments"), seine Methode als often reckless, even on the verge of forcefulness" charakterisiert und sogar den freilich reichlich verwaschenen - Ausdruck „polemics (against other systems)*** verwendet, stellt sich andererseits jedoch grundsätzlich und bereits im Vorweg die Frage, ob von einem solchen Autor denn überhaupt ein nennenswerter Grad der Redlichkeit und Treue gegenüber Lehren anderer Systeme erwartet werden kann, so daß es, abgesehen von allfälligen Zitaten, berhaupt sinnvoll erscheinen kann, sich um die Auswertung der in seinem Werk enthaltenen Sekundar-Oberlieferung zu bemühen, zumal dann, wenn keine Möglichkeiten zusätzlich-kontrastiver Kontrolle bestehen. Wenngleich die Frage des Zeugniswertes des Nayacakra als ganzen letztlich natir lich nur aufgrund einer entsprechenden eingehenden, auf gründliche Kenntnis des gesamten Werkes sich stützenden Untersuchung, die vorläufig ein Desideratum bleiben dürfte, beantwortet werden kann, muß doch darauf hingewiesen werden, daß es sich um ein Mißverständnis handeln würde, wollte man sich durch die zitierten Bemerkungen Frauwallners eine radikal-skeptische Haltung suggerieren lassen, wie sie eben skizziert wurde. Denn bei allem Obergewicht, daß die in dieser Hinsicht kritischen Ausführungen in seiner Introduction" zu haben scheinen, auf den hohen Zeugniswert dieser Texte hat Frauwallner denn doch, wie gesagt, auch mit klaren Worten hingewiesen, wenn auch auffallt, daß er dabei nur authors“ und ..works“ nennt und nicht auch Lehren oder Elemente von Lehren, und auch bei seinem abschließenden Wunsch, daß Mallavādi's work... should find the attention it deserves, and its rewarding contents should bear fruit in further researches, dürfte er zumindest u.a. an die unbestreitbare Tatsache gedacht haben, daß es bei aller Originalität und Eigenwilligkeit seines Verfassers und allen von ihm selbst geschaffenen systematischen Zwängen eine Fülle von Informationen über die altere und zeitgenössische indische Philosophie bietet, die der - selbstverständlich-kri tisch behutsamen Auswertung harren. Trotzdem scheint es geraten, die etwas knappe und einseitige Charakterisierung Frau wallners durch einschlägige Außerungen zu konterkarieren, wie sie sich in dem neuesten Werk von W. Halbfas finden: .. Die Auszahlung verschiedener Lehren oder Sichtweisen (vaya, darisana) dient in den älteren Texten" der Jainas noch vor allem der Kritik und Widerlegung: die spliteren Ansprüche auf Offenheit und Auf nahmebereitschaft finden wir hier noch nicht. Gleichwohl ist die Bereitschaft, ande re Lehren als Präsentation von Teilwahrheiten anzuerkennen, im Jinismus schon in früher Zeit festzustellen, und sie läßt sich der buddhistischen... Tendenz kontrastieren, nicht nur andere Ansichten, sondern bloße Ansichten' als solche zurickzuwelsen.... Ihre philosophisch prignanteste Gestalt findet diese Denkweise in der perspektivistischen Theorie der Weltsichten (naya), die wir zumal bei Siddhasena Divikara und Mallavidin finden. Hier wird die Klassifikation historisch gegebener Standpunkte des Denkens in die Konstruktion systematisch möglicher Standpunkte überführt. Die besondere Leistung des Jinismus erscheint hier dadurch gegeben, daß er die Systematik und Konkordanz der verschiedenen Weltsichten herstellt, ihren Aspektcharakter sichtbar macht und sie zugleich aus ihrer Isolation und Einseitigkeit herauslöstat Dieser ansprechende Versuch, den jinistischen Perspektivismus in seinem kulturellen Kontext und geistigen Umfeld zu sehen und als spezifische Leistung zu wer. ten, verdient, das sel am Rande bemerkt, Beachtung auch durch den Hinweis auf die ,,Konstruktion systematisch möglicher Standpunkte", die man ansonsten ja in der indischen Philosophie vergeblich sucht und die in eklatantem Widerspruch zu der bei nicht finistischen Autoren immer wieder zu diagnostizierenden Implit-unbe wußten Weigerung steht, ein gegnerisches Theorem, auch losgelöst von seiner jeweiligen vorgefundenen Form und seinem Kontext, als möglich zu setzen und ernst zu nehmen sowie philosophisch-logisch auch auf die Gefahr hin fortzudenken, daß eigene bzw. traditionelle Positionen der eigenen Schule erschüttert oder gar falsificiert werden. Im hier gegebenen Zusammenhang ist jedoch vor allem von Belang, daß die Halbfaßsche Charakterisierung der in der nya.Theorie sich ausdrückenden Denkweise, zu deren Weiterentwicklung Mallavidin entscheidend beigetragen hat, eher auf ein starkes Bemiihen um Neutralität und Objektivität schließen läßt, so daß selbst bei letztendlicher Intention der Zurückweisung und Aufdeckung der Unhaltbarkeit anderer Lehren - anders als im Falle nicht jinistischer Autoren, denen es primar um die Widerlegung geht und die sich zu diesem Zweck gelegentlich auch der Mittel der Sophistik bedienen oder zu fronie und Sarkasmus ihre Zuflucht nehmen - in geringerem Maße mit Verzerrungen und Entstellungen zu rechnen 19 Vgl. seinen in Anm. genannten Aufsatz, p. 147; sowie seine Introduction". p. 3 und 5. 20 Zitiert aus seiner Jntroduction". p. 5. 21 Introduction". p. 1. 22 Introduction".p. S. 23 Introduction", p. 1. 24 Introduction". p. 3. 25 Introduction", p. 6. 26 Jndien und Europa. Perspektiven ihrer geistigen Begegnung", Basel 1981. Der VI. hat mir freundlicherweise bereits das Manuskript zur Verfügung gestellt. 27 Zitiert aus dem In Anm. 26 genannten Buch, 255; vgl. auch W. Halbfall in WZKS XXIII (1979), 199 fr. Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 364 A Werler Der sarvasarvatmakatvavida 365 wäre. Ob Mallavādin in diesem Sinne tatsächlich sine ira ac studio vorgegangen ist, als er sein abstrakt-systematisches Konzept der zwölf Sichtweisen" offenbar weltRehend mittels des historisch gegebenen Materials philosophischer Lehren empirisch konkretisierte, bedarf freilich noch der Überprüfung in jedem Einzelfall. So viel ist aber immerhin klar: Mallavadins Dvadasaranayacakra erheischt mehr Aufmerksam. keit, als ihm bisher von seiten der Philosophie Historiker trotz Frauwallner und Muni Jambüviyayaji zuteil geworden ist. Aus gegebenem Anlaß versuche ich einen Einstieg in dieses komplexe Thema, mit dem mich zu beschäftigen ich seit längerem geplant hatte, ohne das Vorhaben freilich zu Lebzeiten von Ludwig Alsdorf realisieren zu können. Auge; dort ist nämlich die schrittweise Destruktion der Samkhyalehre, die offen. sichtlich in der Form vorgeführt wird, zu der sie von Vrsagana in seinem verlorengegangenen Sastitantra entwickelt worden war, cinem sarasarvatmakarvavadin zugewiesen, indem der gelehrte Herausgeber den Inhalt des zweiten Teils des 3. Ka pitels in den Worten zusammenfaßt: kimtu samkhyena vidhividhinaya (2. Kapitel) anusirişv advaitavadesu ye dosa udbhavitas tesām praktikaramaväde pi tadawasthyad Varsaganatan travarnite sümkhyamate sarvasarvatmakarvavadinta vistarena niraste tatrāsvārasyäd isvaravādi bhavya-bhavitrbhedena išvarefitadvaitavādam upanyasyati!... Abgesehen davon, daß nicht auf Anhieb verständlich ist, wer mit diesem Sarvasarvatmakarvavadin" im Unterschied zum samkhya" einerseits und zum ,ifvaravadin" andererseits gemeint sein soll. fragt man sich, wie diese Abweichung in der Analyse der dispositorisch-dialektischen Struktur des 3. Kapitels zustandegekommen ist, auf welcher Seite also der Irrtum oder die Ungenauigkeit liegt. 4. Im 3. Kapitel des Dvadasāranayacakra, vidhyubhayāru genannt, also die (einer Sichtweite entsprechende) Radspeiche, welche aus beiden (d.h. positiver Setzung (vidhi) und zugleich negativer Einschränkung (niyama') der generellen Affirmation besteht", kommt nun Mallavādin auf das Samkhya-System sowie den Isvaravāda zu sprechen. Der systematischkontextuelle Zusammenhang ist dabe gemäß Frauwallners Inhaltsangabe der folgende: .Against this viewpoint", nämlich die im 2. Kapitel behandelten verschiedenen, einander widersprechenden Formen des advaitavade - der Lehre also, daß es nur Eines gibt, nämlich die Weltseele (puruse) bzw. die Notwendigkeit oder das Schicksal (niyatl) bzw. die Zeit (kala) bzw. das Eigenwesen (svabhava) bzw. das Werden per se (bhava), von dem die Aussage wird", „existiert als Werdendes" (bhavati) zutrif- stands a third which refutes the vehicle of becoming as the sole principle. It manifests itself in two doctrines: the Samkhya system and the doctrine of a godhead as the creator of all things (ifvaravädah). And again Mallavadi allows the first of the two doctrines to be contradicted by the second. The viewpoint of the Samkhya system reasons in the following way it differentiates two forms of being or becoming, being present (sannidhibhavanam) and coming about (apattibhavanam)". Only an existent duplicity, however, makes them possible. As concerns being present someone who knows (nata) presupposes something that is known (feyam), someone who enjoys (bhokta) presupposes something that is enjoyed (bhogyam) and vice versa. The coming about requires a manifold unity (anekam ekam) which by changing again and again (parinamah) adopts a new form: At the same time it requires a second principle on account of which the change is being brought about. Thus, the two principles of Särkhya, the soul (puruşah) and original matter (pradhanam) are given. The doctrine of a godhead does away with the differentiation of being present and coming about ... . Vergleicht man damit den entsprechenden Absatz im ,,racatustayaparicaya" von Muni Jambūvijayaji, dann springt eine nicht unerhebliche Divergenz sofort ins S. Muni Jambūvijayaji hat sich zu seiner Auffassung offenbar durch einen Satz bestimmen lassen, der in der Nyāyāgamanusarini unmittelbar vor dem Abschnitt steht, mit dem die Widerlegung der Lehre des Samkhya durch den isvaruvadin "*** beginnt. Da auch der Kontext für die kritische Oberprüfung der Auffassung des Herausgebers relevant ist, muß ein etwas längeres Textstück zitiert werden, und zwar Nayacakra 324.7-13: ... (= Textstick A.) fasmad atathartharvad anumanabhäsatvād ete arthā nopaparnah. tadyatha bhinnagunarvarn walsamyalrakatvam viparinamah punahsāmyāpattis cell/ tadanupapatter jagatsargasar hara. kalpana nirmūla pradhanabhāvāt / tannimülatvat puruşarthena hefurā prayukta pravattir ty etad api witatham, tadvitathatvat tad visayah prutyayo pyaranam en, fadajränatal Manaprapyapurusarthabhavo piti samastatantrarthavicha tanam ev ell" kim avafisate vdragone fantre? subhasitabhimatas tyayo yam anupaparinaparoksarthavadah yady upapadyeta paroksartham api tam ghniyama, na rūpaparnah/tasmat sarvasarvatmakarvaparigraha ewa nyayyah/ anyah punar itādi / na sarvasarvatmakarvaparigraho yayyah ....Well [die von Vrsagana zu ihrem Erweis angeführten Jogischen Grunde) also nicht dem (von ihm) intendierten Zweck dienen (d.h. beweislogisch nicht das leisten, um dessentwillen sie von ihm vorgebracht wurden). (vielmehr] Scheinschlußfolgerungen darstellen, sind diese [Lehr-Gegenstände/-Aussagen nicht stimmie, nämlich die, daß [die Urmateriel aus verschiedenen Konstituenten Geuna) hasteht, daß fbel Beginn der Schöpfung ihr Wesen eine Störung des Gleichgewichts 28 Zu diesen Termini vgl. auch Simhasürl, Nayacakra 10. . 29 Zu diesen interessanten Termini, die möglicherweise Mallavidin geprägt hat, vgl. auch Nayacakra 261 ff. 30 Zitiert aus Frau wallners Introduction". p. 3. 31 Zitiert aus seinem Prakkathanam". p. 27. v harmidini Samkhyematekhandenem gemal Jambūvijay is Nayacakraprotamarbha parye Virunurmak " (Einleitung p. 92). 11 Serrone charakterisiere ich diejenigen Passagen in Simhaus Test von denen Jam avait auch ohne, die sie durch ein nachfolgendes i als prat e wiesen wären. want du sie wus dem Grundtext wörtlich übernommen sind, und die er entsprechend hervorhebt. Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 366 A Wezler Der arrasarvatmakatvavida 367 6. Bevor man jedoch den offenbar auf diesen Beobachtungen beruhenden Ge dankenschritt des Herausgebers mitvollzieht, wird man zunächst doch nach weiteren Belegstellen für diesen sarveservatmakatvavade im Nayacakra bzw. dem Kommentar Ausschau halten. Jambūvijayaji aber verzeichnet in seiner Gayacakre vrou vacatury aresülikhitanam vada vidi gruntha gran thakinamnam such gar keine derartige Lehre". Der Index, welcher der Edition von Vijayalabdhisüri beigereben ist", dagegen weist, wenn auch nur unter dem Stichwort arusarvatmakat, zwei Eintragungen auf. [zwischen den drei Konstituenten) bildet, daß [das Entstehen der Erscheinungswelt] ein Umwandlungsprozeß ist und daß [die Urmaterie bei der allgemeinen Vernich. tung des gesamten Weltalls (mahapralaya) wieder zu dem Zustand vollkommenen Gleichgewichts (und vollkommener Ruhe) zurückkehrt. Insofern diese (Elemente der Lehre) nicht stimmig sind, hat auch die Konstruktion/Annahme von Schöpfung (als Entfaltung der Erscheinungswelt und Resorption (derselben) keine Grundlage, da es die Urmaterie nicht gibt. Weil diese [Konstruktion) ohne Grundlage ist, ist auch die (Behauptung) falsch, daß das Tätigwerden (der Urmaterie auf die Erschelnungswelt hin) durch den Zweck/das Interesse der Seele (puruse) als Ursache veranlaßt ist". Da diese (Behauptung) falsch ist, stellt auch die Kenntnis, die das zum Inhalt hat (d.h. sich auf das Unentfaltete, Entfaltete und die Seele bezieht), in Wahrheit ein Nicht-Wissen dar. Da das ein Nicht-Wissen ist, gibt es auch das durch [dieses Wissen (angeblich) zu erreichende Ziel des puruse (in Gestalt der Erlösung] nicht. Damit/infolgedessen ist der Lehr]Inhalt des gesamten ($asti Tantra in der Tat destruiert: was bleibt in dem (das gesamte System behandelnden) selbständigen Werk" des Visagana (als haltbar) noch übrig? Diese vermeintlich wohl-formulierte, [in Wahrheit aber nicht stimmige Lehre von Obersinnlichem ist aufzugeben! Wenn sie stimmig wire, würden wir sie annehmen, obwohl sie sich auf Übersinnliches bezieht, sie ist aber nicht stimmig. fasmar sarwasarvatmakatvaparigraha ewa nyāyyah." - Ein anderer jedoch (meint usw.: Es ist logisch nicht angiingig, sich die An. sicht ganz und gar zueigen zu machen, daß alles aus al. lem besteht..." Offenbar hat Jambüvijayaji den hier unibersetztgelassenen Satz dahingehend verstanden, daß ein sarvasarvatmakarvavadin seine gegen die Metaphysik des Samkhya gerichtete Kritik in der Feststellung gipfeln labt, daß folg. lich allein seine eigene Position logisch unanfechtbar ist. Wegen des folgenden anyah punar tahap" und des Inhalts der folgenden Darlegungen, die mit einer klaren Negierung der vorangehenden Aussage beginnen, kann in der Tat kein Zweifel daran bestehen, daß hier inkompatible, ja kontrare, philosophische Standpunkte einander gegenübergestellt werden, und daß die vorgängige Widerlegung zentraler Elemente der Samkhya-Lehre von jemandem anderen als dem erst danach zu Wort kommenden ivaravadin vorgetragen worden sein muß. 6.1. Die erste Belegstelle gehört in den Zusammenhang der kritischen Erörterung des sakarya und aserkaryavada; es heißt dort (Nayacakra 38.2-4) - Text stück BJ: sarvasarvatmakatvasarakaranavat sevadikriyakalapo yatha arthaprāpteh karanam tatha klesaprāpter api, wozu Simhasūri erläuternd ausführt (38.20-23) - Textstück C): sthavarajarigamabhyavahtänyonyarasarudhiradirüpädiparinama partivaitvarūpyadarSanat sarvarn sarvatmakam, tata eva Sarvar sarvasya karanam karyam ceti krha sevidikriyakala po yatha arthaprapreh karanam rathä klefapräpter api prakalpyata eva karanam / tad api ca phalam arthaklespräptyády aniyatam, ubhayatra vyabhicärät /..dadie Vielgestaltigkeit der Erscheinungswelt, die dadurch zustandekommt), daß etwas durch einen Umwandlungsprozeß in einen anderen Zustand gerät wie z. B. das, was von vegetabilischen oder animalischen Wesen als Nahrung aufgenommen wird, wechselseitig (d.h. bel den einen) 2.B. die Gestalt von Salt usw., (bel den anderen) z.B. die Gestalt von Blut usw. annimmt (oder besser: wie . B.. indem von vegetabili schen und animalischen Wesen eines das andere sich als Nahrung zufuhrt. (das ver zehrte animalische Wesen) 2.B. die Gestalt von Saft usw.. (das verzehrte vegeta. bilische Wesen) 2.B. die Gestalt von Blut usw. annimmt), (da also diese Vielgestaltigkeit eine empirische Tatsache ist, besteht alles aus allem. Aus eben diesem Grund ist alles Ursache von allem und Wirkung von allem. Insofern diese Meinung vertreten wird, wird das Bündel von religios.rituellen Handlungen wie Verehrung seiner Gottheit] usw. ebenso, wie es eine Ursache für die Erreichung des Heils-1 Ziels darstellt, in der Tat als Ursache auch der Erlangung von Beflockungen bestimmt. Und auch dieses Resultat in Gestalt der Erreichung des (Heils) Ziels bzw. der Erlangung von Befleckungen usw. steht nicht sicher fest, da es in beiden Fällen ein Fehlgehen gibt." 6.2. Die zweite Belegstelle führt in die Diskussion uber verschiedene Definitionen des Mittels gültiger Erkenntnis sinnliche Wahrnehmung (pratyaksa). Nachdem Mallavidin sich eingehend mit Dignagas Bestimmung pratyaksom kalpanapo 34 Man beachte, dat hier statt des eblichen Samkhya-Terminus periname in gleicher technt scher Bedeutung der Begriff viperfama verwendet wird, 35 Jambúvijayají verweist wa af Samkhyeuptati, tarika 31. Za vergleichen wäre auderdem die Yuktidipiki auch zu kariki 17 (ed. Pandey.p. 77 fr.). 36 Zu dem Begriff entre vil Yuktidipika (ed. Pandey). p. 5.20 ff. und dazu VI. Some Obser vations on the Yuklidipika" (In: XVm. Deutscher Orientalistentag vom 1. bis 5. Okt. 1972 in Lübeck. Vorträge, hrsg. von W. Volgt. Wiesbaden 1971, 436 f.). S. auch u. Anm. 72. 37 Die im Kontext unsinnige Lesart ne punch word die Vijayalabdhisuri in den von ihm te konstruierten Grundtext aufgenommen hat, wird von Jamburiyeli gar nicht verzeichnet. Beruht sie auf Verlegung einer Handschrift durch den ersteren Herausgeber? 38 Im 1. Bd. seiner Ausgabe, Anhang p. 247 39 Im 4. Bd. seiner Ausgabe, Anhang p. 26 T. Warum er diesen Wintlichen Index wusge rechnet nach den Seitenzahlen und leider nicht alphabetisch geordnet hat, bleibt unerfindlich. Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 368 A. Wexler dham auseinandergesetzt hat, behandelt er den vijñānavada, dessen Widerlegung mit den Worten endet (Nayacakra 107.1-2): tasman na vijñānamātram ity alam ativikalinya sankathaya,,,deshalb ist [die Dreiwelt]" nicht nur Bewußtsein; damit genug der Rede, die [ohnehin] mehr als klar ist". Anschließend führt Mallavädin aus (Nayacakra 107.2-108.2) (= Textstück DJ: anayaiva ca difa svavacanavyapekṣai vakṣepo videsaikantavadino pi/ sarvasarvätmakatāyām frotrādivṛttiḥ pratyakşam iti bruvato nirvikalpatvad vibhāgabhävät kim trotram? kim afrotram? ka ādiḥ? ko 'nādiḥ? kā vṛttiḥ? kā vāvṛttiḥ? kim prati? kim aprati? kim akşam? kim anakşam ityādi? Und in eben dieser Richtung [liegt, so muß man sich klarmachen], (d.h. als eben damit aufgezeigt ist anzusehen auch) der in nichts anderem als der kriti schen Betrachtung des von ihm Gesagten bestehende Einwand, der auch [gegen die Definition der sinnlichen Wahrnehmung zu erheben ist], wie sie derjenige [gegeben hat], der mit dem Anspruch auf ilire absolute Gültigkeit die Lehre von der Nichtverschiedenheit [aller Dinge der Erscheinungswelt] vertritt. Da für diesen, der [die Definition] lehrt: Sinnliche Wahrnehmung ist die Funktion des Gehörs usw.", insofern [ihm zufolge] alles aus allem besteht, keine unterscheidende Vorstellung gege ben ist und folglich auch keine Trennung (und damit Verschiedenheit, erheben sich die von dieser Position aus nicht beantwortbaren Fragen]*2: Was ist das Gehör? Was das Nicht-Gehör (d.h. das konträre Gegenteil des Gehörs)? Was ist das (durch den Begriff] usw. Eingeschlossene? Was das [dadurch] Nicht-Eingeschlossene? Was ist das, in bezug worauf etwas sinnliche Wahrnehmung (pratyaksa) ist? Was ist das, in bezug worauf etwas nicht sinnliche Wahrnehmung ist? Was ist das Sinnesorgan? Was das Nicht-Sinnesorgan? Usw." Die u.a. bereits durch den Terminus parināma im Textstück C (o.S.367) nahegelegte Vermutung, daß mit dem Ausdruck sarvasarvätmakatva ein spezifisches und, so darf schon jetzt gesagt werden, fundamentales Element der Lehre des Sämkhyasystems, benannt ist, findet an der zweiten Belegstelle alsó ihre Bestätigung, denn aus der Yuktidipika und anderen Quellen, die sie unter Angabe der Herkunft zitieren, ist bekannt, daß die Definition froträdivṛttiḥ pratyakṣam' von dem Samkhya-Philosophen Vrsagana stammt, auf den sich Mallavädin immer dann zu beziehen scheint, wenn er Theoremata dieses Systems behandelt. Daß mit dem Ausdruck sarvasarvātmakatva eine Grundposition des Samkhya gemeint ist, wird überdies 40 Vgl. u.a. M. Hattori: „Dignaga, On Perception...", Cambridge (Mass.) 1968 (HOS Vol.47), p. 25. 41 Vgl. Nayacakra 105.4: vijñānamätram idam tribhuvanam /. 42 Simhasüri erläutert (Nayacakra 107.27, 108.6-10):... yac coktam brotrādi iti, tatra ka adiḥ sarvatmakaikavastutve prathamadvitiyadyanyonyapeksavibhag bhävät? ko 'nadir madhyo 'nto va? ka vṛttis team frotrādinām purvam apravṛttanam pafcad vrttih kalabhedenävasthantaratvena ca visistä? kā vṛttir vṛttyuparamalakṣaṇā vibhāgabhävad eva? kim prati, katamo nyo bhavo yam apeksya tam pratyakşam ity ucyate? kim aprati, sarvasarvätmakaikatve kath kim napeksyate? kim aksam in driyam yad visayavyatirik tam irotrādi parasparavyatiriktam va?... 43 Ed. Pandey, 35.1. Vgl. auch Jambūvijayajis Annotation zu Nayacakra 59.21 (Tippanani", p. 32). Der sarvasarvätmakatvavāda auch durch Simhasüri unmißverständlich klargestellt, indem er in seinem Kommen. tar zu dem Textstück D u.a. expliziert (Nayacakra 107.20-26) [= Textstück E]: evam hi lakṣaṇaduṣaṇātideśaḥ sarvam sarvātmakam' ity aviseṣam icchataḥ Samkhyasyāpi sarvātmakasyaikasya vastuno rūparasādibhedena frotrādibhedena ca vikalpayitum aśakyatvad viseṣaikāntavādina iva nirvikalpaparamarthaparamāṇusadharmyad avikalpakatvam / avikalpakatvad yathā purvam pratyakṣalakṣaṇodaharanavakye dosah cakṣur naiva cakṣuḥ, rūpam naiva rūpam, vijñānam naiva vijñānam' ityadayas tatha frotradivṛttiḥ pratyaksam frotratvakcaksurjih. väghrāṇānām manasadhisthita vṛttiḥ sabdasparśaruparasagandheşu yathakramam grahane vartamānā pramānam pratyakṣam iti bruvato sarvasarvātmakatve nirvikalpakatvad vibhāgabhävät kim frotram yat tvagādibhyo vibhaktam.... Auf folgende Weise nämlich wird der [bereits vorgetragene] Nachweis der Fehlerhaftigkeit der [von Dignaga stammenden] Definition [des Erkenntnismittels sinnliche Wahrnehmung von Mallavädin] übertragen (d.h. von ihm darauf hingewiesen, daß er darüber hinaus auch für eine andere Definition gilt): Auch für den Vertreter des Samkhya, der, indem er [lehrt], daß alles aus allem besteht, die Nichtverschiedenheit [aller Dinge der Erscheinungswelt] für richtig hält, ist ein aus allem bestehendes Einzelding, da es nicht durch die Unterscheidung von Farbe, Geschmack usw. und die Unterscheidung von Gehör [als Sinnesvermögen] usw. differenziert werden kann, etwas Undifferenziertes, ebenso wie [für Dignaga und andere buddhistische Philosophen], die mit dem Anspruch auf ihre absolute Gültigkeit die Lehre von der Verschiedenheit [aller Dinge] verkünden, weil [ihrer Ansicht nach] die gemeinsame Beschaffenheit [aller Dinge] darin besteht, daß sie aus nichts anderem als Atomen gebildet sind, welche die undifferenzierte letzte Wirklichkeit darstellen. Wie wegen des Fehlens der Differenziertheit vorher (d.h. bei der Widerlegung der Dignagaschen Definition) in bezug auf den Satz, der die[se] Definition der sinnlichen Wahrnehmung illustriert [nämlich idam tat] die Mängel [aufgezeigt wurden], daß [dann] das Auge überhaupt kein Auge ist, die Farbe keine Farbe, das Erkennen kein Erkennen usw., so [erheben sich], da für denjenigen, der definiert: Sinnliche Wahrnehmung ist die Funktion des Gehörs usw., [d.h.] sinnliche Wahrnehmung als gültiges Erkenntnismittel ist die vom Denkorgan gelenkte Funktion von Gehör, Haut, Auge, Zunge und Nase, die sich, der Reihenfolge entsprechend, bei der Erfassung von Ton, Berührung, Geschmack und Geruch entfaltet, insofern [ihm zufolge] alles aus allem besteht, [in bezug auf das Einzelding] keine Differenziertheit gegeben ist und folglich auch keine Trennung [und damit Verschiedenheit, die von dieser Position aus nicht beantwortbaren Fragen]: Was ist das Gehör, [d.h.] inwiefern ist es von Haut usw. getrennt [und damit von Haut usw. verschieden]?..." 369 44 Jambūvijayaji verweist hier auf Nayacakra 71.4. Page #7 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 370 A Wezler Der sarvasarvatmakatvavada 371 63. In seinen Tippanāni" verweist Jambūvijayaji unter Nayacakra 38.20 auf die Stelle 11.26 [ff.) aus dem Kommentar, die sich in der Tat als aufschlußreiche Parallele erweist. Um Simhasüris erläuternden Ausführungen folgen zu können, müs sen zuerst freilich wieder die entsprechenden Sätze des Grundtextes zur Kenntnis genommen werden (Nayacakra 11.2-12.2) - Textstück F]: tatra vidhiyrttis tavat yathalokagraham eve wastu, spaparavisayatāyām sámányovifesayor anupapatter anarthakos vivekayatnah Sastrepiti / -sámányavifepau hi svavisayau par visaya pa syaram tatra samanyam tavad ekarya sarvavad, yadi Savisayam samanya virodhah / yadi simanyar tata amma na bhavati, anekārthavisyarat samanyasya: atha arma, tato na samanyam, ekatvadātmanah, senahastinor iva / Unter diesen (verschiedenen Sichtweisen wie positiver Setzung (vidhi), einschränkender Negation (niyama) etc.) findet (die einfachste, also die (allgemeine) positive Setzung, um mit ihr zu beginnen, ihren Ausdruck (in der Vorstellung , daß das Ding genauso ist, wie der gewöhnliche Mensch [im Gegensatz zum Philosophen, der sich für einen Prüfer (pariksaka) hält es nimmt. (Diese Feststellung ist in dem Gedanken (getroffen), daß ,,the attempt as made in philosophical systems to build up a teaching deviating from the common opinion is inane , da sowohl das Gemeinsame (das die Vertreter des Samkhya in allen Dingen sehen) als auch das Besondere (welches die Buddhisten in den Dingen erkennen, als auch beides, wovon die Vaibesikas in bezug auf die Dinge sprechen), gleichgültig, ob das Gemeinsame bzw. das Besondere eines Dinges) in seinem Ding)(d.h, das Ding, dem es zukommt) oder in einem anderen (Ding) vorkommt, nicht stimmig ist". - Das Gemeinsame wie das Beson dere mußten nämlich (wenn es sie gäbe) entweder jeweils eben in dem (Ding, dem sie zukommen) oder jeweils in einem anderen (Dingl vorkommen. Wenn, um (mit dieser Möglichkeit) unter den gegebenen (vier Alternativen zu beginnen, das Gemeinsame, da eines alles ist, eben in dem (Ding, dem es zukommt), vorkommt, ergibt sich ein Widerspruch zwischen dem (Begriff des Gemeinsamen (und dem Begriff des Einzeldings, und zwar aus folgenden Gründen): Wenn [es] das Gemeinsame (gibt), dann gibt es das individuelle Wesen des Dinges nicht, weil das individuelle Wesen (des Dinges notwendig) eines ist: (es verhält sich damit so wie mit dem Begriff Heer' [der ein Kollektiv von Kampfelephanten, Pferden, Streitwagen und Fußsoldaten, also mehr als ein Ding bezeichnet und dem Begriff (KampfElephant', (der nur ein Ding bezeichnet, insofern sie nicht gleichzeitig in bezug auf ein und dasselbe Bezeichnete verwendet werden können)." Aus dem Kommentar dazu soll nur der für die thematisierte Fragestellung relevante Abschnitt zitiert werden (Nayacakra 11.21-30 und 12.4-5) - Textstück G): ... tat katham ill cel, weyate - samanyavile saw hi svari ayaw pa. ravisa y au vă syaram wastunah samanyam ghadder wastuna amani varteta, parasya wi parāder armani gharad vatiricyamane / caturş apy esu Sam khyādinar domain manyamano laukikah pakar grāhayati dudumayish sopaparti kam-tatra adya samanya mtavad ekasya sarvat vad yadi svavisa y am / sarvame ekam ekam ca sarvam, kasmāt? karanasya vai varūpyat / yathāha sarvam sarvatmakam / yady evai kasmät survam ekatra nopalabhyate sarvatra caikam iti? uyate - desakālākäranimittävabandhät tu na samanakalam ātmābhivyaktih / te manyāmahe jalabhümyor apy etad pärinamika rasādivais wa rūpyar sthāvarasya jangamatām gatasya fangamabhyavahtavanaspatyäder Manga mafarirapurināmāpannasya, fangumasyāpisthavaratan gatasya sthāvarābhyavahr tasya tatparinatasya, evan sthāvarasya sthāvaratär gatasya jangamasya jangama tām gatasya / tasmat sarvarri sarvatmakam tata ekasya sarvaträt sarwasya calkatvat svavisayam samanyam ghatasyatmani vartata iti paramatam pradaryottaram aha... ... Wenn (der Einwand erhoben wird): Wieso das (d.h. wieso ist die Anstrengung zwecklos, die in den philosophischen Systemen unternommen wird, durch Prüfen der Dinge eine differenzierte Lehre zu entwickeln, die von der Ansicht des gewöhnlichen Menschen abweicht)?', dann wird entgegnet: Das Gemeinsame wie das Besondere müßten nämlich wenn es sie gäbe ent. weder jeweils eben in dem Ding, dem sie zukommen oder jeweils in einem anderen Dingl vorkommen, (d.h.] das Gemeinsame eines Dinges mußte sich im individuellen Wesen (dieses) Dinges wie 2.B. eines Topfes usw. (ohne von ihm verschieden zu sein) befinden oder im indivi duellen Wesen eines anderen (Dinges] wie z. B. eines Tuches usw., das von dem Topf verschieden ist, und das Gleiche würde auch für das Besondere gelten). Der (hier zu um wafaheliche molte zu unterscheiden rader (0.38) dabel die von den Punt in seinem Prawomit nichts gulannten Aufsatas 45 Es handelt sich dabei um wishrliche, im 1. Bd. fut 100 Seiten umfassende, Information reiche Annotationen, die von den Fußnoten zu unterscheiden sind, den.. Tippanum draividhyan "Überschriebenen Abschnitt in seinem Prakkathanam' (p. 38). 46 So ist zu lesen und nicht mit Jambuvljayaji asistato, womit nichts anzufangen ist. Das hat bereits Frau wallner klargestellt, und zwar auf S. 149 seines in Anm. genannten Aufsatzes, indem er - Vijayalabdhisürl kritisierend - muf einige Parallelstellen verwies, an denen der Satz von Simhasüri zitiert wird. Auch Jambüvijayaji verweist bei diesen Parallelstellen (Naycakra 117.13; 118.7: 173.15 und 251.13), die mit Ausnahme der ersten, wo das synonyme viphala steht, alte die Lesungenarthako bezeugen, regelmatig auf Nayacak 11.4 turlick, ohne doch die damit mögliche, ja gebotene Emendation dort durchgeführt zu haben, die im übrigen bereits durch die Weise, wie Simhasur diesen Satz in seinem Kommentar zu Nayscakra 11.4 mit eigenen Worten wiedergibt (Nayacak 11.20: ... tamadyathalokapraham eye rart, fato lokabhiprayad vivekayananarthakyam nahegelegt wird. 47 Ve Nayacak 10.9-10: ein (d. h. idhiniyamabhartinim vt mariasampitanen Bhavani arthanam. 48 Zitiert aus Frauweliers in Anm. genanntem Aufsato, p. 150. 49 Ich bin nicht sicher, da Jambuvijayafi eine richtige Entscheidung getroffen hat, als er mein te in den Worten meperuriyatayin simanyaviwyor anupffer, die in der Nyayi manusarini (Nayacakra 11.18) in dem Sata plakabhimanina u thyena ... enerthoko lokalhipriyad vivekayench Getrepy In/begegnen, ein Element des Grundtextes erkennen tu erfen. Wegen des im Grundtext mit Sicherheit unmittelbar folgenden Satzes samanyavile i review pereriye iyitam, in dem wuch die Konjunktion Al be sonders zu beachten ist, wirde eine rustliche Vorwernahme der Begründung in Malla vidins Text, wie Jambuvidysi se annimmt, als redundante Weltschweifigkeit erscheinen, die sich gegenüber seiner sonstigen wuerordentlichen Prignane befremdlich wusthme. Ich No e n binnen derinin würde deshalb in diesem Fall von Jambuvijay is Wiederherstellung des Grundtextes abwe chen und meinerseits rekonstruieren: tetra widhiottir tavad yathalokagraham ewe vastu, enarthako (lokabhiprayad 7) vivekayetnah Gentreprint/samanyavifaa hi... Page #8 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 372 A. Wezler Wort kommende] gewöhnliche Mensch ist der Ansicht, daß im Falle aller vier [gegebenen] Alternativen [die jeweiligen Lehren] der Vertreter des Samkhya usw. fehler. haft sind; [deshalb versucht er], indem er die Fehlerhaftigkeit [der entsprechenden Lehren des Samkhya und weiterer philosophischer Systeme] aufzuzeigen gedenkt, [andere] dazu zu veranlassen, sich [seine eigene] gedankliche Position zu eigen zu machen, deren Stimmigkeit er [auf diese negative Weise] begründet. Wenn, um [mit dieser Möglichkeit] unter den [gegebenen vier Alternativen zu beginnen, [d. h. ] als erste [Alternative], das Ge meinsame, da eines alles ist, eben in dem [Ding, dem es zukommt vorkommt: Alles ist eines und eines ist alles. Warum? Wegen der Mannigfaltigkeit der Ursache, wie es heißt [= Zitat A]: Alles besteht aus allem. - Wenn [es sich] so [verhält], warum wird [dann] nicht alles in einem wahrgenommen und eines in allem? - [Dieser Einwand] wird mit der Feststellung zurückgewiesen, daß [die Erkenntnis, daß alles aus allem besteht zwar richtig ist, daß es] aber aufgrund des Gebundenseins an Ort, Zeit, Gestalt und Bedingung kein Sich-Manifestieren der Einzeldinge zur gleichen Zeit gibt. Deshalb50 sind wir der Ansicht, daß die [zu beobachtende] Mannigfaltigkeit z.B. des Geschmacks usw. durch Umwandlung/Umwandlungsprozesse der beiden31 [Elemente, nämlich] des Wassers und der Erde, zustande kommt, bei einem vegetabilischen Wesen, das zu einem animalischen geworden ist, das [also] wie z.B. eine von einem animalischen Wesen als Nahrung aufgenommene Pflanze usw. zu einem Produkt der Umwandlung in Gestalt des Körpers des animalischen Wesens geworden ist, und auch bei einem animalischen Wesen, das zu einem vegetabilischen geworden ist, das sich [also], wenn es von einem vegetabilischen Wesen als Nahrung aufgenommen wurde, in dieses umgewandelt hat, ebenso bei einem vegetabilischen Wesen, das zu einem [anderen] vegetabilischen Wesen geworden ist, [und] bei einem animalischen Wesen, das zu einem [anderen] animalischen Wesen geworden ist. Deshalb besteht alles aus allem." Weil deshalb eines alles und alles eines ist, befindet sich das Allgemeine, das in seinem [Ding] (d.h. dem Ding, dem es zukommt) vorkommt, [z.B.] im individuellen Wesen des Topfes. Nachdem er (d.h. der hier zu Wort kommende gewöhnliche Mensch) damit die Ansicht eines anderen aufgezeigt hat, gibt er darauf die Antwort..." Simhasuri stellt also u.a. erläuternd fest, daß der im Nayacakra hier zu Wort kommende gewöhnliche Mensch (laukika) sich anschickt, die gegebenen vier Alternativen kritisch zu untersuchen, da er der Ansicht ist, daß die philosophischen 50 Jambūvijayaji weist (Nayacakra 320) in einer Fußnote zu der Parallelstelle (= Textstück H, u. S. 375) für die Verwendung von te in der Bedeutung von tatahjatah auf Patanjalis Mahabhasya hin, wo die Floskel te manyamahe in der Tat öfters belegt ist (vgl. z.B. I 30.11; 38.20 etc.) und sich aus ihrem Alternieren mit ato manyamahe bzw. Abl. + manyamahe (z.B. I. 31.20 hzw. 6.22) die beobachtete Aquivalenz ergibt. 51 Die Partikel api bereitet dem Verständnis hier einige Schwierigkeiten. Weder eine kopulative Funktion (auch" etc.) kommt hier in Frage noch die def Indizierung des Subjekts- bzw. Gegenstandswechsels (,,seinerseits", andererseits" etc.). Daß api auch nach einer, Dualform wie nach Zahlwörtern etc. in der Bedeutung alle" gebraucht werden kann, ist m.W. noch nie beobachtet bzw. nachgewiesen worden. Der sarvasarvätmakatvavāda Systeme, beginnend mit dem Sam k hy a", nicht haltbare Positionen einnehmen, indem sie either see a common factor in all things (sāmānyam).... something specific (videṣaḥ)... or both...2. Die erste Position, auf die dann eingegangen wird, muß deshalb die des Samkhya sein, wenn man nicht die willkürliche Annahme machen will, daß Simhasüri hier gegen das von ihm auch sonst be folgte yathasamkhya-/yathakrama-Prinzip verstößt, demgemäß Glieder in zwei oder mehr aufeinander folgenden Aufzählungen so gereiht werden, daß sie miteinander korrespondieren. 373 Die erste Alternative (svaviṣayam samanyam) wird aber damit begründet, daß „eines alles ist". Wenn auch nicht mit dem gleichen Grad der Explizitheit wie im Textstück E, stellt Simhasüri demnach auch hier klar, daß es sich dabei um ein Theorem des Sämkhya handelt. Aus der drucktechnischen Hervorhebung des entsprechenden Abschnitts in Jambūvijayajis Ausgabe folgt, daß er darin das Zitat einer einschlägigen Passage aus einem anderen Text gesehen hat. Im Unterschied zu den übrigen Belegstellen für das besagte Theorem im Nayacakra, würde Simhasüri in diesem Zusammenhang also einem Samkhya-Autor selbst das Wort erteilen, denn nur auf einen solchen könnte er sich hier berufen. Es erhebt sich aber die Frage, ob Jambūvijayajis Herauslösung dieses Abschnitts als Zitat aus dem Kommentartext richtig ist. Zweifel werden allerdings nicht durch den Umstand geweckt, daß der Herausgeber Vijayalabdhisüri in seiner Ausgabe nur dem ersten Satz, sarvam sarvätmakam, den Status eines Zitats zuerkannt hat; denn da hat sich Jambüvijayaji denn doch entschieden mehr Gedanken gemacht und richtig gesehen, daß der letzte Satz, tasmat sarvam sarvätmakam, die Funktion einer ,conclusio' (nigamana) hat, die gemäß der Definition des Sämkhya eine Wiederholung/-aufnahme der Behauptung (pratijna)53 ist, und daß deshalb durch ihn der ganze Abschnitt auf jeden Fall als argumentativ-gedankliche Einheit erwiesen wird. Dies ergibt sich darüber hinaus auch aus der Art und Weise, wie Simhasüri, den wesentlichen Inhalt des Abschnitts zusammenfassend, in seinem Text fortfährt (tata ekasya sarvatvät sarvasya caikatvat svaviṣayam samanyam ghatasyātmani vartata iti paramatam pradarfyottaram äha...). Zweifel an Jambūvijayajis Auffassung entstehen vielmehr aus verschiedenen anderen Gründen, die zum einen formaler Natur sind, zum anderen die Tatsache betreffen, daß weiteres Parallelmaterial sowohl in der Nyāyāgamanusärini als auch in anderen Texten zu berücksichtigen ist. 6.3.1. Gewiß ist zuzugeben, daß die zu dem Abschnitt überleitende Floskel yathaha die Vermutung nahelegt, daß im folgenden zitiert wird, aber zwingend ist diese Interpretation nicht, zumal am Ende das iti fehlt; daß es in sämtlichen Handschriften, einschließlich der Handschrift bha, die gemäß Jambūvijayaji eine 52 Zitiert aus Frauwallners Introduction", p. 3. 53 Vgl. die von Simhasüri (Nayacakra 314.5-6) referierte Definition: pratijñābhyaso nigamanam. S. auch (gleichlautend) Yuktidipika (ed. Pandey), 41.27. Page #9 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 374 A. Wezler unabhängige Überlieferung bietet54, zufällig ausgefallen sein sollte, während sie es im Falle des nächsten, echten Zitats (Nayacakra 12.17-22) bewahrt haben, ist nicht gerade wahrscheinlich. Außerdem fällt auf, daß von den theoretisch erforder. lichen und praktisch zu jener Zeit auch üblichen fünf Gliedern' der einen modus docendi darstellenden vita-Schlußfolgerung in dem vorliegenden Abschnitt nur vier nachweisbar sind, nämlich Behauptung, Begründung, Beleg und Folgerung". während die Anwendungs fehlt. Bemerkenswert ist auch, daß innerhalb des modus docendi der Einwand eines Opponens erscheint, der die Begründung erst provoziert. Schließlich nehmen sich die Appositionen jahgamabhyavahṛtavanaspatyäder jangamasariraparinämäpannasya sowie sthävaräbhyavahṛtasya tatparinatasya, die im übrigen an das Textstück C (o.S. 367) erinnern und das dortige komplexe Kompositum sthavarajahgamabhyavahṛtänyonyarasarudhiradirūpādipariņāmāpattivaisva rūpyadarsanat beleuchten, wie Explikationen aus, die ebenso gut von einem Autor stammen könnten, der, wenn auch unter Verwendung von Simkhya-Formulierun gen, die Argumentation dieses Systems nur referiert und dabei erläuternde Zusätze macht. Keine dieser Beobachtungen reicht, wohlgemerkt, aus, Jambūvijayajis Auffas sung als nicht möglich zu erweisen, zumal die sprachliche Form, in die Autoren philosophischer und wissenschaftlicher Texte der älteren Zeit ihre beweislogische Argumentation eingekleidet haben, und das Verhältnis des prayoga in der Praxis zu der allfällig vorhandenen, jeweiligen Theorie der Beweisführung noch nicht untersucht wurde, - obwohl dadurch möglicherweise zusätzliche Kriterien für die Lösung von Echtheits-, Stratifikations- und Datierungsproblemen gewonnen werden könnten, ganz abgesehen von der zutage liegenden geistesgeschichtlichen Bedeutung der erzielten Ergebnisse. Zusammengenommen aber lassen sie den Zweifel daran als berechtigt erscheinen, daß es sich bei diesem Abschnitt als ganzem wirklich um ein Zitat aus einem verlorengegangenen Sämkhya-Werk handelt. 6.3.2. Der Zweifel findet, wie bereits angedeutet, weitere Nahrung, wenn man dem Hinweis des Herausgebers folgt und die Parallelstelle Nayacakra 320.1-7 heranzieht. Simhasüri behandelt dort in Explizierung einer knappen Bemerkung des Grundtextes ausführlich die Gründe, die vom klassischen Sämkhya für die behaup tete Existenz der Urmaterie (pradhana) geltend gemacht werden, und es ist dies in der Tat auch der systematische Zusammenhang, in den erwartungsgemäß die Lehre, 54 Vgl. den Abschnitt.Pratinām samānāsamānatve" in seinem „Prakkathanam" (p. 31 ff.) sowie das Stemma p. 36. 55 Die bei Simhasüri (Nayacakra 314.4-7) überlieferten Samkhyadefinitionen dieser Glieder" lauten: sadhyavadharanam pratinā, sadhanasamäsavacanam hetuḥ, tanniderlanam dritantaḥ, sadhyadrantayor ekakriyopasamharah. Diese stimmen wiederum so weitgehend mit den entsprechenden Begriffsbestimmungen in der Yuktidipika (ed. Pandey, 41.15 ff.) überein, daß eine gemeinsame Quelle mehr als wahrscheinlich ist. Die damit verbundenen textkriti. schen und inhaltlichen Probleme erfordern jedoch eine eingehendere Untersuchung. 375 daß alles aus allem besteht", argumentativ hineingehört. Der Abschnitt lautet [= Textstück H]:... itaś ca asti pradhanam, vaifvarūpyasyavibhāgaprāpter delakalapramäṇabalarüpapratyasatter avafyambhavyucchedanucchedäbhyam ca nivṛtteḥ/ jalabhumyoḥ pārināmikam rasādivaitvarūpyam sthavareşu drstam, tatha sthavarānām jangameşu, jahgamānām sthāvareşu, sthävarāṇām sthāvareşu, jahgamānām jangameu/jatyanucchedena sarvam sarvätmakam,desakālākāranimittävabandhät tu na samanakalam ātmābhivyaktih, te manyamahe jalabhumyor apy etat pärinämikam rasadivaisvarupyam, anyesam ca bhūtānām anyaparināma iti, evam tad apy anyasyety avasyambhavi avibhāgaḥ / yatra cavibhāgas tat pradhanam, vaiśvarūpyasyāvibhāgapūrvakatvät, mayurabarhavaicitryasyeva tadandakarasapurvakatvam tasmād asti pradhanam... Der sarvasarvatmakatvavāda Es gibt also teils wörtliche (hier durch Unterstreichung hervorgehobene), teils fast wörtliche (durch Unterstricheln markierte) Entsprechungen zu dem Zitat A" (o.S. 371f.), die nicht auf Zufall beruhen können. Da aber die Verfasserschaft des vom Herausgeber im Textstück G herausgelösten, angeblich ein Zitat darstellenden Abschnitts noch nicht entschieden werden konnte, darf man nicht einfachhin annehmen, daß Simhasüri im Textstück H Passagen aus diesem vermeintlichen Zitat verarbeitet hat, ohne sie als aus einer anderen Quelle übernommene Elemente kenntlich zu machen. Denn es könnte sich genau umgekehrt verhalten und gerade das Textstück H aus einer Sämkhya-Quelle zitiert sein, obwohl in diesem Falle, d.h. bei der gesamten Darlegung der fünf vita-Beweise für die Existenz der Urmaterie, sogar das, freilich nicht eindeutige, Indiz in Gestalt einer Überleitungsfloskel (wie yathaha im Textstück G) am Anfang fehlt. Beachtung verdient in dieser Hinsicht namentlich auch der Umstand, daß das api nach jalabhümyor, dessen Rechtfertigung im Zitat A" nicht recht gelingen wollte, hier eine klare und verständliche Funktion hat, indem es dem nachfolgenden ca korrespondiert, so daß zu übersetzen wäre: deshalb sind wir der Ansicht, daß sowohl die [beiden Elemente] Wasser und Erde dieser auf Umwandlung(-sprozessen) beruhenden Mannigfaltigkeit z.B. des Geschmacks usw. zugrundeliegen als auch die [drei] anderen Elemente [entsprechende, aber] andere Umwandlungen/Umwandlungsprodukte bedingen". Man hat also eher den Eindruck, daß das api aus dem hier vorliegenden Kontext in das Zitat A" mechanisch verschleppt wurde, bzw. aus der ihr zugrundeliegenden Quelle, was darauf hindeuten würde, daß hier, im Textstück H, jedenfalls in dem Satz, der von sarvam sarvätmakam bis anyaparinama reicht, und nicht in dem aus dem Textstück G herausgelösten Abschnitt ein Zitat vorliegen könnte. Der hier vorangehende Satz (jalabhūmyohḥ pārināmikam...) wäre dann dort mit dem hiesigen Satz te manyamahe jalabhümyor api... kontaminiert, was die syntaktischen Abweichungen erklären würde, und außerdem durch Zusätze weiter expliziert worden. Sicherheit darüber läßt sich zwar nicht erreichen; auf jeden Fall aber ist festzustellen, daß das Textstück H die Annahme, daß es sich bei dem aus dem Textstück G herausgelösten Abschnitt um ein Zitat handelt, nicht stützt, sondern im Gegen 56 S. Anm. 51. Page #10 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 376 A. Wexler Der sarvasarvatmakatvavida 377 teil, die ohnehin bestehenden Zweifel eher verstärkt, und daß das Problem durch die Parallelstelle, unabhingis von threr noch komplexeren logisch-argumentativen Struktur, noch verwickelter wird, so daß eine Entscheidung anhand allein dieses Materials nicht möglich ist. Der einzige Wer der noch eingeschlagen werden kann, besteht darin, den Verweisen Jambūvijayajis auf ähnliche Passagen in anderen Texten nachzugehen, die er z.T. in seinen Fußnoten zu dem Textstück H (Nayacakra 320) auch zitiert. Es handelt sich dabel zum einen um Kommentar- bzw. Subkom mentartexte zum Yogasutra, zum anderen um Kommentare zur Samkhyasaptati, da Isvarakrsna in karika 15 seinerseits die besagten fünf vita-Beweise für die Existenz der Urmaterie anführt. 6.3.2.1. In dem Vyasa zugeschriebenen, wahrscheinlich aber von Vindhyavasin stammenden Bhäsya zu YS 3.14: Santoditāvyapadedyadharmanupati dharmi heißt es bei der Erklärung des kompositionsgliedes 'avyapadelya - Textstück 1): ... athavyapadefyah ke? sarvar sarvatmakam ir/faroktam" - falabhūmyoh pārināmikam rasādivaišvarūpyarn sthāvarenu drsamtathasthāvarānär jagameşu, jarigaminam sthavaresy ily evar idyanucchedena sarvat sarvatmakam itidesakilākāranimittāpabandhät na thalu samanakalam atmanám abhivyaktir iti/..99 Auch hier stellt man also (von mir entsprechend hervorrehobene) wortwörtliche Obereinstimmungen, und zwar vor allem mit dem Textstück Haus der Nyayāgamanusäriņi fest. Anders als bel Simhasürl scheint hier aber ein Zweifel daran, daß es sich um ein Zitat handelt, nicht berechtigt. Dabel ist offenbar der Satz sarwari Mr watmakam aus dem im folgenden angeführten Zitat herausgenommen und vorangestellt, um auf die Frage, welches nun diese nicht genau zu bestimmenden Beschaf fenheitselemente sind (oder inwiefern die Beschaffenheitselemente nicht genau bestimmbar sind)", zunächst stichwortartig mit der These zu beantworten: Alles besteht aus allem", wobel das angeführte iti entweder den Zitatcharakter dieser Aussage deutlich macht oder begründende Funktion hat, so daß der Verfasser, ohne damit notwendig einen bestimmten Text wörtlich zu zitieren, eine bekannte These des Samkhya schlagwortartig anführen würde. Und dann heißt es: ,,Dort wo das gesagt ist] / Inbezug darauf ist gelehrt worden..." Fraglich ist allerdings, wie weit das Zitat reicht, ob bis zu dem zweiten sarvatmakam (iti) oder bis abhivyakhir ini". Nun wäre es möglich, das iti nach dem zweiten sana makam nicht, wie die Herausgeber des Yogasútrabhasya es offenbar getan haben, indem sie danach einfachen oder gar doppelten Danda setzen, als zu dem einleitenden uktam gehörig aufzufassen, sondern zu erwagen, ob es nicht-ahnlich wie das vorangehende ity (evam) nach sthāveresy - in anderer Funktion, nämlich der einer kausalen oder konditionalen Konjunktion entsprechenden, verwendet ist. Gegen eine kausale Bedeutung spriche aber der Inhalt des folgenden Satzes, der ja ein Bedenken zerstreuen soll, das gegen die These des Bestehens von allem aus allem" vorzubringen naheliegt, und nicht etwa eine Folgerung daraus zieht". Allenfalls kime eine konditionale Bedeutung in Frage, aber logisch-argumentativ wür de man eigentlich eine konzessive Relation erwarten, der ein einfaches it wohl nicht aquivalent sein kann, oder, wie in dem Zitat A'(0.3.371.) oder im Textstück H (0.S.375), eben ein stark adversatives tu im Nachsatz bei Fehlen dieses iti. Nichts Entscheidendes spricht aber gegen die Annahme, da sowohl das iti nach dem zweiten sarvatmakam als auch das in nach abhivyaktir mit dem einleitenden uktam zu verbinden ist, daß also zunächst eine Passage, dann eine weitere vermutlich aus derselben Quelle zitiert wird. Wie aber wäre diese Zitierweise zu erklären? Ist der Verfasser des Bhäsya so verfahren, weil beide Passagen in der Quelle, aus der er zitiert, nicht unmittelbar aufeinander folgten, oder, weil er deutlich machen wollte, daß ein gewisser Gedankensprung, eine elliptische Lücke, vorliegt, die etwa in der Weise zu schließen wäre, wie es z. B. im. Zitat A" (0.S. 3711.) und bei Sankara (u.S. 378) geschehen ist, oder weil er selbst einen Einschnitt in seinen Erläuterungen machen wollte, die sich jetzt den beiden letzten Worten des sütra und damit dem neuen Gegenstand der Relation zwischen dharma und dharmin sowie letzterem selbst zuwenden? Die Subkommentatoren außern sich nicht zu der Frage, wie weit das Zitat reicht. Leider sagen sie auch nichts über die Herkunft, dh, gehen über das einleitende tatroktam/yatrokaum des Bhäsya mit Stillschweigen hinweg (weil ihnen über die Quelle nichts bekannt war?). Abgesehen davon erweist sich auch in diesem Fall, daß Sankara 67 Vivarana Interessanter ist als Vacaspatimiras Tattvavailaradi. aus der allein Jambüvijayaji zitiert (Nayacakra 325 fn. 3). Sankara nämlich erläutert-Text 57 Das sutra selbst expliziert Sankara (s. Anm. 59) wie folgt: kah puner as dharmi? yasmin anthite dharmantereime dharminarodeyah perime / tatre fintodilarye. padelyadharminwpiil dharmil Gantoditan arepedefyan cedharmant en patiu la yeye nyl Minnep abhinnatma dharmin vapadifyate / dharmah (lies: dharmil) ime yogyatarecchini (llennah) beknotrafenakundaladi herom partum in ya w a ye dharmih kundelemadika lektih ene dharma II (255.24-28). 58 Vacaspatimin hat yatraktom gelesen. 59 Zitiertas Patanjale-Yogasutra-Bhagya-Vivaranam of Sankara-Bhagavatpada, critically ed. with Introduction by Rama Sastri and S. R. Krishnamurthi Sastri Madras 1952 (Madras Government O.S. No. XCIV), 257.19-28 und 258.10-16. 60 Da es etwa nur bis shinarepy reichen könnte, kann u. wegen der Parallele im Textstück H (o. S. 375) ausgeschlossen werden, obwohl dort das folgende ity eram fehlt, wodurch - hier wie in der Samkhyavrtti (V.), S. 380.- der Folgecharakter des anschließenden Sat zes (atyanwecheden...) deutlich gemacht wird. 61 Daf J. H. Woods'Übersetzung (The Yoga-System of Patanjali...". Cambridge (Mass) 1914, *1927 (HOS Vol. XVII), p. 225) Jn this sense, in so far as the common nature is not destroyed, we use the term 'everything contains the essence of everything'..." nicht richtig ist, selbst falls im Bhagya dus in rem survärmekam vor dem Zitat (s. Anm. 63) sekundar in den Tat eingedrungen sein sollte, ergibt sich aus den ihm (noch) nicht bekannten Parallelen. Offenbar war es die erliuternde Bemerkung von Vacaspatimile peharaty erem iti, die Woods ruiner Auffassung veranlathat. Vacaspatimin sher kann nicht zu ver bindlichen Autoritat für die Interpretation des Yogabhagya erhoben werden. 67 Vd vor allem P. Hackens Aufsate Sahkan der Yogin und Sahkara der Advaitin. Einige Be obachtungen" (in: Beitrige zur Geistesgeschichte Indiens. Festschrift für Erich Franwall ner". Aus Anlab seines 70. Geburtstages hrsg. von G. Oberhammer. Wien 1968, 119-148) (- Kleine Schriften, hrsg. von L. Schmithausen, Wiesbaden 1978, 213-242). iri, die Woods zu sein de ecliuternde Bemerkunden ilma (noch) nich Page #11 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 378 A Werler Der varvatmakate 379 rungstatsache), daß die Mannigfaltigkeit des Geschmacks usw., wie aus dem Wissen vom Leben der Bäumes allgemein bekannt ist, in vegetabilischen Wesen (durch Umwandlungsprozesse) animalischer Wesen, die [von ihnen) als Nahrung aufgenom men wurden, (zustande kommt). Das gleiche gilt für das Verhältnis von vegetabili schen zu vegetabilischen Wesen sowie von animalischen zu animalischen Wesen. Deshalb besteht in dieser Weise ohne Extirpation des Generischen, (d. h.) ohne Verlust der Seiendheit usw..(d.h. also: ohne daß das Einzelding aufhörte, ein Seiendes, aus Erde, Wasser Bestehendes usw. zu sein) alles aus allem. In der Fingerspitze befindet sich die ganze Dreiwelt! Und diese (Erkenntnis bildet) den (gedanklichen] Ausgangspunkt für Hunderte von noch unveroffentlicht von Simson, Darmstadt D. M. Bow anderen stück J): athavya padedyah ke? tadevyapadefyabhipradarsanartham aha - sarvam sarvatmakam in" / kathamn? tatroktam - jala. bhūmyob pärimimik am residivaidvarūpyam sthavareu dritam/ yatharese eka eve ikpufrigiverakadige madhurakatukatvadivarifvarup yam pretipadyate / tatha rūpasya Suklakrsnatadiicitrarüpatam eva gandhadiş api / sthāvarānam upayuktanapi jangamesuresalohitadivifiabhedah/ tatha jangamanāmsthavaresu upayuktānām uksayurvedaprasiddham rasadivaifvarūpyam // evar sthavaranam sthavaresu, fangamanam ca jargameşu, ity evam satyanucchedena sattadyavinatena sarvam sarvatma. kam angulifikhare lokatrayam apy asti / tatha aangushad asjad brahmaro maküpebhyah ityadifrutismpilataprasthanam // yadi s am sarvatmakarr, fadā sarvami sarvatropalabhyeta, sammataviprayogafanmi casoko má prafti vartistetyader uttaram pathati-defakalakaranfmittapabandhad defadinam apabandhah avabandhah tasmat, na samanakalam at manām sana vastūnām abhivyakrib/kasyacit kvacideva defe kale ca kenacidevákarena tanubhtām ca dharmadinimitabhisamiksaya kacid evabhiyaktih, yatha rahuprabhrtinametenaiva sammataviprayoganimittafokadyurapartih /ata ekaikasminn atilanghitasarkhyāgocaratvad dharma na sakyd vyapadestum // ... ..Welches nun sind die nicht genau bestimmbaren Beschaffenheitselemente? Um einsichtig zu machen, daß sie nicht genau bestimmt werden können, sagt er: Alles besteht aus allem. Inwiefern (besteht alles aus allem)? Dort (wo das gesagt ist] wird gelehrt/ in bezug darauf ist gelehrt worden: Es ist eine Erfahrungstatsache, daß die Mannigfaltigkeit des Ge. schmacks usw. in vegetabilischen Wesen durch Umwand lungsprozesse der beidon Elementel Wasser und Erde zustande kommt: wie (z. B.) der Geschmack, der nur einer ist, in Zuckerrohr, Ingwer usw. zur Mannigfaltigkeit von Sube, Schärfe usw. gelangt: desgleichen Tbeobachtet man), daß die feine] Farbe als Buntheit aus Weiße, Schwarze usw. (erscheintl: ebenso (verhält es sich auch in bezug auf den Geruch usw. Inglel. cher Weise ist es eine Erfahrungstatsache, daß die Mannigfaltigkeit des Geschmackhaften usw. in den animalischen Wesen durch Umwandlungsprozesse von vegetabilischen Wesen zustandekommt. d. h.) daß veretabilische Wesen, die von Ihnen) konsumiert werden, in animalischen Wesen zu allerlei Verschiedenem wie Chylus, Blut usw. (werden). In gleicher Weise (ist es eine Erfah 65 Wahrscheinlich denkt Sankara hier an das technisch vrk syurvede genannte Sastra und nicht an ein bestimmtes Werk gleichen Titels. Der Vrksayurveda des Surapala jedenfalls, den M. Monier Williams (A Sanskrit English Dictionary'') . erwähnt und auf den C. Vogel als noch unveröffentlicht" hinweist (Einführung in die Indologle. Stand-Methoden-Aufet ben", hrsg. von H. Bechert und G. von Simson, Darmstadt 1979, 169), stammt gewill aus späterer Zeit in: A Concise History of Science in India", ed. by D. M. Bose u anderen, New Delhi 1971, auf die mich C, Vogel freundlicherweise hinwes, wird für Surapalas Werk p. 56 das 11. Jh., p. 362 aber das 10. Jh. n. Chr. angestat). Es handelt sich ohne Zweifel um eine Wissenschaft oder einen Wissenszweig von relativ hohem Alter, da der w ksyurveda be reits in Kautalyas ArthaSastra (2.24.1) erwilhnt wird. Wann er sich förmlich verselbständigt hat bew. zum ersten Mal einer eigenständigen Abhandlung gewürdigt wurde, muß vorläufig offen bleiben. Aus alterer Zeit scheinen solche Speaialdarstellungen jedenfalls nicht überliefert zu sein, während der Gegenstand selbst in anderen Werken, medizinischen Texten, Purinas, namentlich im Agnipurana (vgl. dazu . J. Meyer in: Festschrift Moriz Wintemnitz...". hrsg. von O. Stein und W. Gampert, Leipzig 1933, 56-65) sowie Varahamihiras BthatSamhita mehr oder minder eingehend behandelt wird. - Sahkaras Hinweis auf den w i r rede ist in der Tat sehr hilfreich, insofern sich, geht man ihm nach, die in den Textsticken C (o S. 367), G ( S. 371), H (o. S. 375) und I ( S. 376) begegnende, ja nicht sofort ver ständliche Behauptung, daß auch vegetabilische Wesen Tiere als Nahrung aufnehmen und folglich in sich enthalten, klären und in ihrer Entstehung nachvollziehen ist. Die altindischen Botaniker" empfehlen nämlich ua die Verwendung von Fleisch, bemerkenswerterweise sogar Rindfleisch, und Fisch bew, bestimmten tierischen Produkten als Dünger bew. Mittel zut, auch prophylaktischen, Bekämpfung von Pflanzen- bzw. Baumkrankheiten. So lehrt z.B. das Agnipuriņa 282 ( kap yurvedokathane), 11-13: ghrtasitapayasekah phalapupaya serrade/ avikajokrocurant yeracunan lanca // gomisam dekart cative saptaratrum nidhapayet utsekah servesksanam phalopuspadtuddhidah II matsyambhash sekenavddhir bharat Gokhinh/ vidargatandulopetay matryam masy M dohodam servesam erifesene yksanam rogamerdere il Vel, außerdem K. Artha Gastra 2.24.24-25, Brhat-Samhita 55 ( kayurvedadhyaya), bes. Vers 17 ff: den Uponene vinode Abschnitt wus der Sargadharapaddhati G. P. Majumdar. „Upavana-Vinoda (A Sanskrit Treatise on Arbord-Horticulture)", Calcutta 1935 - Indian Positive Sciences Series No. 1). p. 54 FT. (poneridhi), 58 (kunapajale). Th. Aufrecht. ..Catalog Codicum Manuscriptorum Bibliothecae Bodleianae...". Oxonii 1864, 324. W G. P. Majumdar. „Vanaspati. Plant and Mant-Life as in Indian Treatises and Traditions" Calcutta 1927. - Diese Hinweise verdanke ich teilweise C Vogel und meinem Freund O.Y. Hinüber. 63 Man winde, falls das in bereits im Grundtext vorlag, eigentlich im Pratikari erwarten, aber einer derartigen Vereinfachung begegnet man durchaus wuch sonst in der KommentatorenSprache. Ausschien kann man die Möglichkeit freilich nicht, dass das in versehentlich wus dem Kommentar in den mulo-Text praten ist. Es lidbe sich dort brigens auch so auffassen: De die Beschaffenheitselemente nicht bestimmbar sind, stellt der Verfasser des sutra in dem Gedanken fest, did (oder: well...) alles was allem besteht." 64 Man virde eigentlich adevyapadelya ri Ohr erwarten. Page #12 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 380 A. Wezler [entsprechenden Aussagen] in der Sruti und in Smrti[-Werken] wie z.B. der [folgen. den]: Aus [seinem] Daumen entließ/schuf Gott Brahma [die Welten], aus seinen Po.. ren's Wenn alles aus allem bestünde, dann würde alles überall / in allem wahrgenommen werden, dürfte der Kummer, der aus der Trennung von jemandem, den man schätzt, entsteht, gar nicht aufkommen. Auf diese und ähnliche Einwände rezitiert er die Antwort: Aufgrund des Gebundenseins an Ort, Zeit, Gestalt und bedingende Ursache: Das Gebundensein an Ort etc., [d.h.] die Bindung; aufgrund dieser [gibt es] kein Sich-Manifestieren der Einzeldinge, [d.h.] aller Gegenstände, zur gleichen Zeit: etwas wird an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit sowie in einer be. stimmten Gestalt und, [wenn es sich dabel um körperhafte Lebewesen handelt], abhängig von den bedingenden Ursachen wie der (jeweiligen bestimmten] dharma [-Substanz] usw. körperhafter Lebewesen in einem bestimmten [Ding] (d.h. als etwas Bestimmtes und Individuelles) manifest wie z.B. [der Daitya] Rahu usw.; eben deshalb [und aus keinem anderen Grund] ist es stimmig, daß man wegen der Trennung von jemandem, den man schätzt, bekümmert ist, und dergleichen mehr. Aus diesem Grund können die Beschaffenheitselemente in jedem einzelnen Ding nicht genau bestimmt werden, weil der Bereich des Zählbaren [durch sie] weit überschritten wird." 6.3.2.2. Auffällige, von mir wieder entsprechend hervorgehobene Anklänge an die Zitate im Yogabhäsya sowie das Zitat A" (o. S. 371f.) bzw. das Textstück H (o. S. 375) im Nayacakra begegnen auch in der Sämkhyasaptativṛtti (V1), d. h. einem der beiden anonymen Kommentare zur Samkhyasaptati, von denen je eine Handschrift im Jaisalmer Grantha Bhandär entdeckt wurden und die zuerst durch E. A. Solomon ediert wurden. Das Argument avibhagad vaivarupyasya aus kärikä 15 wird dort nämlich, wie folgt, expliziert [= Textstück K]: na vibhāge (go)'vibhāgaḥ visvarüpasya bhāvo vai[fvarüpyam balba)hurüpyam ity arthaḥ / tatra trailokyam pañcasu mahabhüteşv avibhagam gacchati / pañca mahābhūtāni tanmatresy avibhāgam gacchanti / pañcatanmätrany ekadasendriyani cahankäram (re') vibhagam gacchanti, ahamkaro 'pi buddhau, buddhir api pradhanam (ne) / 66 Die Quelle dieses Zitates habe ich nicht gefunden. Ich verweise aber auf Mbh. (Poona) 12. 200.19 ab: angusthad asjad brahma maricer apl purvajam/ sowie 12. App. 1, No. 28.81: so fivo] riad romaküpebhyo raumyan nama gaṇefvaran/ (vgl. auch 13.85.19) und gebe zu bedenken, daß es sich vielleicht gar nicht um ein Zitat bzw. das Zitat einer Textstelle handelt, sondern um eine halb zitierende, halb referierende Bezugnahme auf mehrere, vielleicht sogar die angeführten, Textaussagen. Die Schöpfung aus den Poren" gehört historisch wohl zu den vedischen kosmogonischen Mythen der Schöpfung durch bzw. aus tapas Schweiß (vgl. besonders Gop. Br. 1.1.2). 67 Samkhya-Saptati-Vetti (V,). Ed. by Esther A. Solomon, Ahmedabad 1973. SamkhyaVetti (V,). Ed. by Esther A. Solomon, Ahmedabad 1973.-Letztere wurde noch sorgfältiger und unter Heranziehung auch des aus tibetischen und chinesischen Quellen aushebbaren. Parallelmaterials erneut herausgegeben von N. Nakada (Samkhyavṛttiḥ"), Tokyo 1978. 381 evam trayo lokaḥ pralayakale pradhane vibhaktas ta[dya]tha dadhyadayaḥ prak pravṛtteḥ kire vibhaktaḥ, yatha jalabhumyor ameta(apy etajd rasadivaiśvarūp yam sthavaranam jangamesu jangamanām sthavaresy iti evam jatyanucha(oche) dena sarvam sarvātmakam iti / tena manyamahe asti pradhanam yatra mahadadilingam avibhagam gacchati ity evan avadyambhavi avibhago, yatrāvibhāgas tat pradhanam tasmad asti pradhanam.. Der sarvasarvátmakatvavāda 69 Im Anschluß an die sprachliche bzw. semantische Erläuterung der Begriffe avibhāga und vaifvarüpya stellt der unbekannte Kommentator also die schrittweise Resorption der tattväni bei der periodischen Weltzerstörung dar und faßt dann noch einmal zusammen:,,Auf diese Weise sind die drei Welten... in der Urmaterie undifferenziert enthalten, so wie Sauermilch etc., bevor sie zutage treten, in Milch undifferenziert enthalten sind." Soweit ist der Text klar: das unmittelbar folgende yatha aber bereitet einige Schwierigkeiten, auf die die Herausgeberin in ihren Notes" nicht eingeht; denn man würde einen anderen Satzanschluß erwarten, wäre es dem Verfasser darum gegangen, ein in Wahrheit redundantes - weiteres Beispiel für das terminologisch avibhaga genannte Phänomen anzuführen. Da auch die syntaktische Struktur des damit eingeleiteten Satzes gegen die zunächst naheliegende Annahme spricht, daß yatha, an das vorangehende tadyathā anknüpfend, als yathā vā oder yatha ca aufzufassen ist, wird man deshalb auf jeden Fall erwägen, ob hier nicht eine Ellipse für yathoktam o.ä. vorliegt. Dadurch würde dem Verfasser u.U. auch insofern mehr Gerechtigkeit widerfahren, als ihm dann nicht mehr der Vorwurf der Weitschweifigkeit gemacht werden könnte, da er in diesem Fall etwas durchaus Übliches und Legitimes getan hätte, nämlich seine eigenen Ausführungen durch Berufung auf eine ältere Autorität abzustützen, und zwar durch Zitierung einer leicht gekürzten einschlägigen Passage. Diese Interpretation böte darüber hinaus den Vorteil einer konzinnen Erklärung des iti nach sarvätmakam. Die Möglichkeit, daß hier das gleiche Textstück zitiert ist, das schon im Yogabhasya als Übernahme aus einer unbekannten Quelle begegnet war, kann also zu. mindest nicht ausgeschlossen werden. Die restlichen Bemerkungen (tena manyamahe...) andererseits erinnern zu stark an das Textstück H (o. S. 375) im Nayacakra, als daß zur Erklärung dieser Übereinstimmung nun der Zufall herhalten könnte. Nichts deutet hier freilich darauf hin, daß es sich möglicherweise ebenfalls um ein Zitat handelt. E. A. Solomon hat nun aus den in der Tat nicht zu überhörenden Anklängen zwischen diesem Abschnitt aus der Samkhyasaptativṛtti (V1) und der (o. S. 378) 68 E. A, Solomons Emendation "bhumyor eta muß im Lichte der Parallelen zurückgewiesen werden. Richtig schon Jambūvijayaji, Nayacakra 320, fn. 3. 69 Zitiert aus Samkhya-Saptati-Vetti (V,) (s. Anm. 67), 29. In runden Klammern die Emendationen, in eckigen die Ergänzungen der Herausgeberin (s. aber Anm. 68). Jambūvijayaji verweist noch auf die Matharavṛtti, deren Erläuterungen nur geringfügig abweichen. 70 E. A. Solomons Ergänzung rajdyatha ist überzeugend, denn anderenfalls mußte man yatha dadhyadayah... tatha jalabhumyor api... erwarten. Doch auch die Matharavetti bietet tadyatha... Page #13 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 382 A. Wezler Der urvasarvatmakatvavada 383 zitierten Passage aus dem Yogabhāsya, von dem sie erst mit auch gebotener - Vorsicht sagt, it seems to be quoting V, here", im nächsten Satz bereits den sicheren Schluß gezogen, ..that V, is prior to the Yogabhasya", und vertritt, wenn auch auf Grund einer anderen Parallele, des weiteren die Meinung, daß Mallavadin should have had knowledge of V". Abgesehen von der bedenklichen Verwandlung eines Anscheins in eine Gewißheit kranken ihre Überlegungen daran, daß die gegebenen Probleme von ihr offensichtlich nicht voll bzw. überhaupt nicht erkannt worden sind, Hastig vorschnelle Schlußfolgerungen, die eher auf Impressionen denn auf kritisch reflektierten Beobachtungen und ihrer Problematisierung beruhen, bringen die Forschung aber auch dann nicht weiter, wenn es nur um die Erhellung literarischer Abhängigkeiten elementarster Art geht. Denn hier ist die Situation, wie die bisherige Besprechung der relevanten Textstücke deutlich gemacht hat, nun einmal so, daß in einzelnen Fällen keineswegs sofort und ohne jeden Anlaß zu tiefgehenden Zweifeln ausgemacht wäre, daß es sich überhaupt um ein Zitat handelt oder auf keinen Fall ein Zitat vorliegt und daß ein eventuelles Zitat genau 30 weit reicht und nicht weiter; und selbst wenn in dieser Hinsicht alle Probleme überzeugend gelöst wären, dh, z. B. als sicher davon ausgegangen werden könnte, daß die Sāmkhyasaptativrtti (V.) nicht ihrerseits auch zitiert, wäre der Schluß, daß sie die Quelle der Zitate im Yogabhāşya darstellt, alles andere als zwingend und dürfte auch über die textlichen Abweichungen, die es daneben ja gleichfalls gibt, nicht einfach hinweggegangen werden. Namentlich was die Beziehung des Zitats Asowie des Textstückes H im Nayacakra zu diesem Abschnitt der Samkhyasaptativetti (V.) angeht, wäre der Tatsache Rechnung zu tragen, daß Simhasūris Darlegungen auch inhaltlich weit über das hinausgehen, was V, bietet, d.h. bliebe zu klären, ob diese gedankliche Weiterführung nun von ihm stammen soll oder nicht etc. etc. Um einer wirklichen Lösung des Problems, das mit der Beobachtung der Textparallelen gestellt ist, näher zu kommen, ist m.E. zum einen von den Tatsachen auszugehen, daß 1. Isvarakrsnas Samkhyasaptati samt ihren zahlreichen Kommentaren nur das dürf tige Relikt der einst nicht nur umfangmäßig erheblich bedeutenderen Literatur des klassischen Samkhya darstellt, daß 2. seine meisterhafte, aber knappe Darlegung der Lehren des Systems, wenn sie auch möglicherweise nicht völlig jeder Originalität ermangelt", im wesentlichen auf diesen verlorenen älteren Texten basiert, und daß 3. auch Mallavādin und Simhasūri dieses ältere Material, auf jeden Fall Vrsagaņas Sastitantra, gekannt haben und bei ihren Bezugnahmen auf Samkhya-Theoreme bzw. deren Erläuterung daraus geschöpft haben. Zum anderen wären folgende Uberlegungen anzustellen: 1. Aus der Tatsache, daß Simhasūti aus der Samkhyasaptati zitiert", folgt nicht, daß er auch den einen oder anderen ihrer Kommentare gekannt hat; und selbst wenn das erwiesen wäre, küme der Mutmaßung, daß er sich bei seinen Erläuterun. gen der Bezugnahmen auf Samkhya-Theoreme im Grundtext solche Kommentare und nicht vielmehr jene ältere, ihm gleichfalls bekannte Literatur des Systems ver wertet hat, ein denkbar geringes Maß von Wahrscheinlichkeit zu. Denn, 2. die Annahme, daß Verfasser von Kommentaren zur Samkhyasaptati ebenfalls dieses altere Material, gleichgültig, ob dank direkter oder indirekter Uberlieferung, benutzt haben, darf wegen des Charakters des Kärikä-Textes schon a priori als überaus wahrscheinlich gelten; die Yuktidipika hat sich ja gerade deshalb als so wertvoll für die Kenntnis der Geschichte und Schulbildung des klassischen Samkhya erwiesen, weil ihr Autor in größerer Breite älteres Material herangezogen hat als die anderen Kommentatoren, die, wie Frauwallner richtig bemerkt, inhaltsarme Erklärungen der Karika" verfaßt haben, die über den erklärten Text hinaus wenig bieten" - eine Charakterisierung von der Frauwallner auch die beiden neu-entdeckten Samkhyasaptativttis nicht ausgenommen haben würde, hatte er sie noch zu Gesicht bekommen. Warum hitte Simhasürl, falls sie ihm überhaupt vorgelegen haben, an derartigen philosophisch bestenfalls zweitrangigen Quellen seine Kenntnis der Lehre des Samkhya ziehen sollen, wo ihm erheblich besseres Material zur Ver. fügung stand? Es zeugt deshalb von mangelhaftem Problembewußtsein, wenn man bei einem jeden Zitat oder Referat von einzelnen Elementen der Samkhyalehre, die man in anderen Texten entdeckt, nur auf die vermeintlich selbstverständliche Idee verfällt, daß als Quelle allein die Samkhyasaptati oder einer ihrer Kommentare in Frage kommen könne, und dies alsbald zur Gewißheit erhebt, wenn sich eine entsprechende Passage auftreiben laßt und auch die relative Chronologie einer solchen Beziehung nicht widerspricht. Fast alles nämlich spricht für die Annahme von der denn auch immer als erster heuristisch ausgegangen werden sollte , daß in Nicht-Sāmkhya-Texten aus einer bestimmten Zeit allemal die Vor-Kärlkk-Tradition des klassischen Samkhya durchscheint. Daß diese unabhängig und als ganze nicht erhalten ist, wird ein jeder bedauern, aber die Frustration, die man berechtigterweise darüber empfindet, daß sich die vermutete Abhängigkeit nicht durch einen Vergleich mit der Quelle selbst verifizieren läßt, sollte nicht dadurch kompensiert werden, daß man sein Blickfeld willkürlich nur auf die vollständig erhaltenen Texte einschränkt. sich selbst vermeintliche Gewißheiten suggeriert, um sich um das schmerzliche, aber redliche Eingeständnis herumzudrücken: non liquet. Beim gegenwärtigen Kenntnisstand läßt sich dieses Eingeständnis aber gar nicht vermeiden. Denn ein hoher Grad von Sicherheit lift sich nur hinsichtlich der weni 71 ,,The Commentaries of the Samkhya Karika. A Study". Ahmedabad 1974, 170. 72 Frauwallner spricht Geschichte der indischen Philosophie", 1. Bd., Salzburg 1953, 286) Isvarakrsna jegliche Originalität ab. Der Verfasser der Yuktidipika war aber - und gewi aufgrund besserer Kenntnis der Alteren Literatur - anderer Ansicht (vgl. Vf. In dem In Anm. 36 genannten Aufsatz, Lc.). 73 Z.B. Nayacakra 35;s. u. S. 400, Anm. 106. 74 Frauwallner bemerkt (o.c., Lc. (s. Anm. 70D): ..Was er" (d.h. Ivanakrona)..wiedergibt, ist das überkommene System der Schule". Page #14 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 384 A. Wexler Der arrasarvatmakatvavada 385 gen Sitze in dem behandelten (0.S. 3788.) Abschnitt aus dem Yogabhäsya erreichen, bei denen Immerhin der Zitatcharakter außer Zweifel steht. Als sehr wahrscheinlich darf gelten, daß auch das Textstück H (0.S. 375) Zitate aus der gleichen Quelle, vermutlich einem Werk Vraganas oder eines seiner Schüler, enthalt. Geringe Wahrscheinlichkeit kommt der Annahme Jambüvijayajis zu, daß es sich bei der von ihm hervorgehobenen Passage Im Textstück Go. S. 371) wirklich um ein Zitat handelt und nicht vielmehr um ein Referat, das sich zwar an Formulierungen der gleichen Quelle anlehnt, Inspimt aber ein bestimmtes Argument aus seinem urprünglichen Kontext, der Nachweis der Existenz der Urmaterie, herauslöst, um den Erfordernissen eines anderen argumentativen Zusammenhangs zu genigen, nämlich die Samkhya-Lehre über das Mavisyan simanyam, unabhängig von dem - damit allerdings eng verknüpften - Konzept des pradhd n, zu explizieren. Wichtiger jedoch ist ein anderes Ergebnis, daß die vorgängige Betrachtung der verschiedenen Parallelstellen zu den Textstücken G und Haus dem Nayacakra erbracht hat: Es sind keine Indizien dafür aufgetaucht, daß Simhasür die Lehre des Samkhya In diesem Punkt irgendwie manipuliert hatte; im Gegenteil, die in Samkhya- und Yogatexton greifbaren schlagenden Ubereinstimmungen fößen Vertrauen auch zu den Teilen seiner Darstellung ein, für die unmittelbares Vergleichsmaterial nicht zur Verfügung steht. Insgesamt aber dürfte damit auch der letzte, möglicherweise noch gehegte Zweifel daran ausgerumt sein, daß die Ansicht alles bestehe aus allem" ein Element des Samkhya-Systems darstellt. Darüber hinaus hat sich ergeben, daß das aufschlubreichste Textmaterial dazu im Nayacakra bzw. In der Nyāyāgamanuskrini Überliefert int, daß also die Rezeption der Vor-Kärikä-Tradition des klassischen Simkhya in dlesem Werk der philosophischen Literatur der Jainas für den Historiker von höhe. rem Wert ist als die Sämkhydsaptati samt ihren Kommentatoren, außer der Yuklidi. plki. Bevor die Untersuchung zu der nunmehr möglichen und gebotenen Inhaltli. chen Analyse dieses Lehrelements fortschreiten kann, sel aber noch- und, wie sich zeigen wird, nicht nur um der Vollständigkeit willen - ein letzter Beleg dafür vorgeführt, daß auch in einer spilteren Zeit in Indien mit dem Stichwort .. sarva ser vātmakam" das Samkhya-System assoziiert wird. vipramosh smrter ista kaifoit tu varilaci asarkhyātih parnir anyai sarvam sarvatra vidyate //. den der Verfasser, Prajnikaragupta (8. oder 9. Jh. nach Chr.), zwar bis zu einem gewissen Grad weiter erläutert, ohne dabel aber die Vertreter der jeweiligen Theorie beim Namen zu nennen bzw. die jeweiligen Schulen zu identifizieren. Da Subkommentare, die man in einem nächsten Schritt zu Rate ziehen wird, nur in tibetischer soll zunlichst dle tibetische Wiedergabe des Verses selbst zitiert werden: dran par brjed par dod pa dah/ gas ni logs par rig pa ste / gtan dag med snangtan dag ni thams cad thamıs cad la yod dod/10 Der Kommentator Yamäri alias Jamäti(ca. 1040 n. Chr.") führt dazu aus: dran pa briod (lies: brjed) pa ni dan periams pa ste / od byed pamams kyio / log par rig pa ni gfon nu ma len pa marts kyl'o/medpasniah buni rigs pa con la sopspariams kyro / Nams cod that cad la yod Hod ces bwa ba nlgrans can pa mams kyl'o/", was das Vergessen der Erinnerung anbelangt, (d.h. daß die Er innerung unvollständig ist, so ist das die These der Prabhakaras, was die verkehrte Erkenntnis betrifft, so ist das die These der Anhinger Kumärilas, was das Erken nen von etwas Nichtseienden' anbelangt, so ist das die These der Nalyāyikas usw. Tund) was die Ansicht betrifft, daß alles in allem enthalten ist, so wird sie von den Samkhyas vertreten." Aus dem Kontext, in dem der zitierte Vers im PV-Bhasya steht, seinem Inhalt und den sich anschließenden Ausführungen Prajnakaraguptas folgt, daß er hier auf die Irrtumstheorien verschiedener Systeme bzw. Schulen eingeht, die in einer auch sonst bezeugten Weise schlagwortartig charakterisiert werden. Da die Zuweisung der smrter-vipramos-Theorie an Prabhakara und seine Anhänger sowie der viparidel an Kumarila und seine Anhänger nachweislich richtig ist, bestünde kein Anlaß, dle Glaubwürdiskeit seiner Erläuterung zum letzten pada des Verses in Zweifel zu zie. hen, wäre nicht die Behauptung, die asarkhyati stelle die Irrtumstheorie der Nalyavikas dar dazu angetan, doch Zweifel an Yamaris Informationsstand zu wecken. Denn die spezifische Irrtumslehre des Nyiya ist, soweit ich sehe, nie als asatkhyati bezeichnet worden, und es wäre auch schwer nachvollziehbar, daß dieser Terminus, der traditionell die entsprechende Lehre der Madhyamakas charakterisiert, zu ir 6.4. Im Pramāņavārttikabhâsya" zu PV 2.331 findet sich u.a. der folgende Vers: 75 Das in der Quelle, auf die Simhasürls Darstellungen undkgehen, an zwei verschiedenen Stellen, also nicht nur im Kontext des Nachweise der Existenz der Ummaterie, vom sve arvatmakare gehandelt wurde, kann zwar nicht ausgeschlossen werden, ist aber nicht gera de wahrscheinlich 76 Für den Hinweis auf diese Stelle, wie such die weitere, S. 386 zitierte sowie den Verstext aus Ramanujas Stithasya, denke ich meinem Freund L. Schmithausen. Beim Aufsinden der tibetischen Obertrung und der darauf bezogenen Erlbuterungen in den Subkommentaren hat mir Prof. Gedun Lodro Rimpoche (1) cholfen. 77 Pramanavartikabhashyam or Vartikalankarah of Prajakarsgupta (Being a commentary on Dharmakirti's Pramanavartika), deciphered and ed. by R. Sankrityayana (Tibetan Sanskrit Works Series, Vol. 1), Patna 1953, p. 356. 78 TTP (Peking) B 132-170-3-5. Umschrift gemak Regein fur die Alphabetische Katalogisie rung, Anlage 5. Tabellen Nr die Umschrift nicht lateinischer Schriftreichen in die Buchstaben der lateinischen Schrift", Tabelle 4. Transliteration der tibetischen Schrift", hry vom Verein Deutscher Bibliothekare, Kommission for Alphabetische Katalog kering. Vor abdruck, Munchen 1976. 79 Datierung emas Shoyu Miyaaka, Dharmakirti no shogal", Mikkyohunka 93.2 (1977). 76-75. dera suf A. Schiener, Tiranathas Geschichte des Buddhismus in Indien", sus dem Tibetischen übersetzt, St. Petersburg 1869,247 verweist. - Ich danke Herrn Takashi Iwata für den Hinweis auf diesen Aufsatz. 80 TTP (Peking) B 135-217-2-3 Page #15 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 386 gendeinem Zeitpunkt ohne wirkliche sachliche Berechtigung als Benennung der Irrtumslehre der Naiyayikas verwendet worden sein sollte. Daß sich Yamari mit seiner Zuweisung der Lehre,sarvam sarvatra vidyate' an die Vertreter des Sämkhya gleichwohl nicht geirrt hat oder damit etwas bloß Erfundenes vorträgt, sondern über ein entsprechendes Wissen verfügt, das zu seiner Zeit freilich nicht notwendig Allgemeingut der philosophisch Gebildeten gewesen sein muß, folgt aus der Tatsache, daß Prajñākaragupta selbst von der Zugehörigkeit des sarvasarvätmakatvavāda zum Samkhya spricht, indem er (o.c., 180.21) bemerkt: samkhyamatam avalambya sarvam sarvatra vidyate. A. Wezler Das Auffällige ist aber nicht, daß Yamari die These 'sarvam sarvatra vidyate' den Vertretern des Sämkhya zuweist, woraus zu ersehen ist, daß die Herkunft des sarvasarvātmakatvavāda noch im 11. Jh., zumindest ihm, bekannt war; überraschend ist vielmehr, daß Prajñākaragupta diese Lehre im Zusammenhang von Irrtumstheorien zur Sprache bringt. Gewiß, es läßt sich durchaus nachvollziehen, daß von dieser gedanklichen Position aus eine Theorie der Art entwickelt wurde, daß der Irrtum das Erkennen eines der,,allen" Dinge darstellt, welche in einem bestimmten Einzelding enthalten sind: da z.B. eine Perlmuschel aus allem, also auch aus Silber, besteht, wird sie irrtümlich als dieses erkannt, d.h. in ihrem spezifischen Eigenwesen verkannt. Daß von allen" in der Perlmuschel enthaltenen Dingen gerade das Silber zum Erkenntnisgegenstand des Irrtums wird, dürfte vermutlich mit der zwischen beiden bestehenden Ähnlichkeit erklärt worden sein, einem Begriff, der auch in anderen Irrtumstheorien von Bedeutung ist. Das Fehlen von auch nur Anspielungen auf diese Irrtumstheorie in älteren Texten, gleich welcher Provenienz, einschließlich der im vorliegenden Aufsatz untersuchten Textstücke, widerrät aber entschieden der Annahme, daß diese irrtumstheoretische Fortentwicklung oder Verwendung des sarvasarvätmakatvavāda eine Leistung von Vertretern des klassischen bzw. eigentlichen Samkhya darstellt. Die involvierten Probleme sind jedoch zu komplex, als daß sie ohne ein weiteres Ausholen erörtert werden könnten, das sich im Rahmen der vorliegenden Untersuchung leider verbietet. Immerhin sei noch der Hinweis gestattet, daß die erst relativ späte Bezeugung einer argumentativ auf den sarvasarvātmakatvavāda gegründeten Irrtumslehre die Vermutung nahelegt, daß sie eher in Kreisen vom Samkhya beeinflußter Theisten entstanden ist. In diese Richtung dürfte auch Ramanuja (1056-1137 gemäß Nakamura) weisen, der im Zusammenhang der Erörterung der Irrtumsproblematik in seinem Śribhasya zu BS I.I.I. die Darstellung einer von ihm erwogenen alternativen Lehre mit den Worten beginnt: athava 81 Vgl. L. Schmithausen, Mandanamifra's Vibhramavivekah mit einer Studie zur Entwicklung der indischen Irrtumslchre", Wien 1965. Mit Prabhakaras Theorie setzt sich übrigens Jayantabhatta auseinander, Nyayamanjari (critically ed. by K. S. Varadacharya, Vol 1. Oriental Research Institute Series No. 116, Mysore 1969), p. 54 ff. 82 Bhagavad Badarayana's Brahma Sutra or Sariraka with Sri Bhashya by Sri Bhagavad Ramanuja and its commentary named Bhashyartha Darpana by Sri Uttamur T. Viraraghavacharya, Pt. I, Madras 1963, 132 f. Der sarvasarvatmakatvavāda yathartham sarvavijñānam iti vedavidām matam/ frutismṛtibhyah sarvasya sarvātmatvapratititaḥ || bahu syam' itisankalpapūrvasṛṣtyädyupakrame/ tāsām trivṛtam ekaikām' iti frutyaiva coditam // trivṛtkaranam evam hi pratyaksenopalabhyate/ yad agne rohitam ripam tejasas tad, apām api // fuklam kṛṣṇam pṛthivyaf cety agnav eva trirüpata/ frutyaiva darfita tasmät sarve sarvatra samgatah ... 387 Da eine zufällige Konvergenz alles andere als wahrscheinlich ist, darf davon ausgegangen werden, daß sich Ramanuja auf die gleichen Kreise bezieht, die auch Prajñākaragupta im Auge hat, solche nämlich, die auf der Basis der ontologischen Position, daß sarvam sarvatra vidyate', einen sehr bemerkenswerten Beitrag zur Irrtumsdiskussion geliefert haben; denn ihnen zufolge gibt es nämlich gar keinen Irrtum, ist vielmehr ein jedes Erkennen richtiges Erkennen. Wenn somit auch im Lichte der Feststellungen Ramanujas der obige Versuch einer Rekonstruktion der ,,Irrtumslehre" dieser Denker als revisionsbedürftig erscheint, so wird andererseits durch Ramanuja doch die Vermutung bestätigt, daß-es sich bei ihnen nicht um Ver. treter des anifvaram samkhyam gehandelt haben kann, denn hinter seinen „vedavidaḥ" könnten sich durchaus von Samkhya-Doktrinen beeinflußte UpanischadenErklärer bzw. Theologen verbergen. Und auf die enge Verbindung des Samkhya zu Kreisen, in denen religiöse Lehren überliefert und gepflegt wurden", sowie auf den ,,starken Einfluß, welchen das Samkhya auf diese Kreise ausübte", ist verschiedentlich hingewiesen worden, u.a. von Frauwallner". Jedenfalls kann man nicht aus dem andererseits sicher nicht zufälligen Anklang der ersten Hälfte der zitierten Verse Ramanujas an den Anfang des Nayavithi betitelten dritten Prakarana in Sälikanathas Prakaraṇapañcikä (vathärtham sarvam eveha vijñānam iti siddhaye / prabhakaraguror bhavaḥ samicinaḥ prakatyate // einfachhin schließen, daß Rāmānuja mit dem Ausdruck vedavidaḥ Prabhakara bzw. seine Anhänger gemeint hat; denn eine Nutzbarmachung des sarvasarvätmakatvaväda durch Prabhakara selbst, mit der Intention, seine These, daß jegliche Erkenntnis richtige Erkenntnis ist, ontologisch zu untermauern, ist nicht bezeugt und darf auch in bezug auf die von ihm ausgehende Schule als nicht gerade wahrscheinlich gelten. Daß die von Rämänuja dargestellte Irrtumslehre gar nicht von Vertretern des Sämkhya stammt, dürfte im übri gen auch Prajñākaragupta dadurch andeuten, daß er (s. o. S. 386) von einem „Sich. Stützen auf die Ansicht der Samkhyas" spricht. 7. Faßt man die in den Textstücken B-K über den sarvasarvätmakatvavāda gemachten Aussagen ohne Berücksichtigung der literarhistorischen Abhängigkeiten und der Chronologie der Werke, aus denen sie stammen, systematisch zusammen und analysiert sie auf ihren wesentlichen philosophischen Inhalt sowie ihre Bezie 83,,Geschichte der indischen Philosophie", 1. Bd. (= G.d.i.Ph.), Salzburg 1953, 283 u. 330 (dort die zitierte Passage). Page #16 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 388 A. Wezler hung zu anderen Theoremata des Sämkhya, dann läßt sich etwa folgendes Bild zeichnen. 7.1. Mit dem sarvasarvätmakatvavāda ist ein offensichtlich wichtiges konstitutives Element der Sämkhya-Ontologie zutage gefördert worden, das von der älteren philosophiegeschichtlichen Forschung als solches einfach deshalb noch nicht erkannt werden konnte, weil erstmals durch das Dvadasaranayacakra und die Nyāyā. gamānusāriņi eindeutiges und aussagekräftiges Material zugänglich geworden ist. Der Überlieferungsstand ist beim Samkhya zwar in mancher Hinsicht besser als bei anderen Systemen, insgesamt aber doch von solcher Lückenhaftigkeit, daß sich Frauwallner u.a. zu der Feststellung genötigt sah, daß,,manche Teile der Lehre in wichtigen Einzelheiten dunkel bleiben"4. Jede zusätzliche Information kann deshalb nur höchst willkommen sein, auch dann, wenn sie wie im vorliegenden Fallnicht oder zumindest nicht direkt zu einem umfassenderen Verständnis der Entstehung und Entwicklung des Systems beiträgt, sondern Licht,,nur" auf einen einzelnen, allerdings zum Fundament gehörenden Baustein des ausgebildeten Lehrgebäu des wirft. Die Textaussagen sind freilich insgesamt nicht ausführlich genug und einzelne in ihnen verwendete Termini nicht explizit genug, um allein aus ihnen ein völlig klares Bild über die diesbezüglichen Vorstellungen des Samkhya und über das Maß ihrer folgerichtigen Berücksichtigung für die Systematik gewinnen zu können. Es bleibt somit nichts anderes übrig, als das im Textmaterial Gesagte selbständig fortzudenken. Dieses bestimmten Gedanken des Sämkhya folgende,,Nachdenken" kann naturgemäß in einzelnen Fällen nur zu hypothetischen Ergebnissen führen, welche durch eventuelle spätere Textfunde ebensogut bestätigt wie invalidiert werden können. Der Satz sarvam sarvätmakam (Textstück B, o. S. 367 et passim) ist durch die Sätze sarvam ekam ekam ca sarvam (Textstück G, o. S. 371) bzw. sarvam sarvatra [asti/vidyate] (Textstück I, o. S. 372) paraphrasierbar. Auf dem Hintergrund der spezifischen Sämkhya-Vorstellung, daß das Hervorgehen der Erscheinungswelt aus der Urmaterie ein Sich-Entfalten (abhivyakti) im Sinne eines Sich-Offenbarens, In-Erscheinung-Tretens darstellt, muß dieser Satz dahingehend verstanden werden, daß in einem jeden Einzelding alle anderen Dinge der Erscheinungswelt unsichtbar enthalten, d.h. als nicht mehr wahmehmbares aufgehoben" sind. Das Text 84 G. d. I. Ph., 282. 85 Frauwallner verweist (G.d.i.Ph., Anm. 195) auf Yuktidipika (ed. R. C. Pandey 57.6-7): tatha ca varsagaṇaḥ pathanti: tad etat trailokyam vyakter apaiti na sattvad, apetam apy asti vinälapratisedhat/asamsargic casya sauksmyam, sauksmyde camupalabdhis tasmad: vyaktyapagamo vinilah, übersetzt diesen Teil des Zitats aber (G.d.i.Ph., 352): Diese Dreiwelt entschwindet aus der Sichtbarkeit, weil gelehrt ist, daß sie nicht ewig ist. Aber sie besteht auch nach ihrem Verschwinden, weil gelehrt ist, daß sie nicht vernichtet wird. Infolge ihrer Auflösung ergibt sich ein feiner Zustand, und aus diesem feinen Zustand ihre Unwahrnehmbarkeit. Was man Vernichtung nennt, ist daher nur ein Entschwinden aus der Sichtbarkeit". D.h. Frauwallner kontaminiert die Yuktidipika-Version des Zitats mit der Form, die ihm Pakṣilasvamin Vätsyayana (Nyayabhāṣya zu NS 1.2.6) gegeben hat (dort nämlich...apaiti 389 Der sarvasarvätmakatvavāda material zeigt aber, und nicht nur durch die häufige Verwendung der Termini (vi-)parināma, pārināmika etc., sondern auch durch die explizite Beschreibung dieses Prozesses selbst, daß der sarvasarvātmakatvavāda ebenso eng mit dem pariṇāmavāda verbunden war, der Auffassung also, daß das Entstehen der Erscheinungswelt ebenso wie alles Werden und Vergehen in ihr eine,,Umwandlung" darstellt,wobei dieser Begriff bekanntlich gleichermaßen den Vorgang selbst wie dessen Resultat bezeichnen kann. nityatvapratisedhat...), und folgt mit der Lesung samsargae der ihm ja allein zugänglichen editio princeps von P. Chakravarti (Calcutta 1938, 67.14-16). Die Lesung nityatvaprati sedhat-statt na sattvär, nicht aus der Seiendheit" ist auch im Bhagya zu Yogasutra 3.13 bezeugt, wobei die ganze Passage aber auch dort wie im Nyayabhasya nicht als Zitat gekennzeichnet ist. In seiner Auffassung von samsargac schließt sich Frauwallner offenbar Vacaspatimira an, der diesen Ausdruck durch svakaraṇalayat paraphrasiert (Vaifaradi zu Bhasya zu YS 3.13) und dabei Sankara verpflichtet sein könnte, der zu der auch im Yogabhasya bezeugten Lesung samsorgat in seinem Vivarana (vgl. Anm. 59) den vorangestellten erklären. den Zusatz saksätkärane macht. Sollte sich R. C. Pandey - leider müßte man sagen: ein weiteres Mal für die falsche Lesart entschieden haben? Vielleicht doch nicht. Denn Frauwallners Auffassung ist semantisch wie kontextuell (vgl. -pralaya- in dem von ihm nicht übersetzten Restteil des Zitats, s. u. S. 394) problematisch. Zunächst wäre festzustellen, daß auch der in der YD unmittelbar vorangehende Satz, an den das Zitat mit tatha ce... angefügt ist, gegen seine Deutung spricht, denn das dort variantenlos überlieferte amarga sollte bedeutungsmäßig von dem gleichlautenden bzw. negierten Begriff im Zitat eigentlich nicht divergieren, ist seinerseits aber durch den Kontext klar bestimmt. Dieser Satz lautet nämlich: käranänām tu parasparam samsargāt samsthänavidesaparigrahas, tasya virodhilaktyantaravirbhavad vyaktis tirodhiyata ity etad vinalalahdena vivaksitam,.,dadurch aber, daß sich die Ursachen miteinander verbinden, nimmt etwas eine besondere Anordnung an, Idie als Wirkung wahrnehmbar ist): dadurch, daß sich eine andere, [ihnen] widerstreitende Kraft/Fähigkeit manifestiert, wird seine Sichtbarkeit verborgen (d.h. entschwindet es auch der Sichtbarkeit): das ist, was mit dem Wort,Vernichtung" ausge drückt werden soll". Die Verwendung von samsarga in der speziellen technischen Bedeutung von Verbindung (der Ursachen/Wirkfaktoren)" ist wohlbezeugt (vgl. z.B. Jayantas Nyayamanjari (Anm. 80), 43 ff.). Man müßte also, stünde diese Lesart nicht bereits in der Ahmeda bader Handschrift, asamsargac im Zitattext konjizieren und hätte dann zu übersetzen: und weil sich ihre Ursachen] nicht (miteinander) verbinden (d.h. aufhören, miteinander verbunden zu sein), ergibt sich Jihre (d.h. der Dreiwelt)] Feinheit...". Das gilt aber zunächst nur für die Auffassung des Zitats durch den Verfasser der YD, der eigentlich nicht anders als asamsargac gelesen und diesen Begriff in der genannten technischen Bedeutung verstanden haben kann. Aber damit ist ganz und gar nicht ausgemacht, daß seine Lesung und Auffas sung auch richtig ist. Denn zum einen ergäben sich erhebliche gedankliche Schwierigkeiten, insofern auf diese Weise unterstellt würde, daß die Verbindung der Ursachen als Vorausset zung für die Entstehung einer Wirkung ebenso lange wie diese bestehen müßte. Zum anderen kennt Sankara sons und samsarga in einer ganz anderen technischen Bedeutung, und zwar der der Wiederverbindung/-vermischung einer Wirkung mit bzw. gegenüber ihrer Ursache (vgl. z.B. Vivarapa 248.3-4: tathedam trailokyam kärane samsretam vidyamānam evanabhivyaktatmakaguṇasvabharataya... und 248.5-6: tathaiva ca gatisamskarak şaye sthitisamskarabhivyaktau karanam prati samsriyamanam vyakter apaiti); er gebraucht auch den konträren Begriff visarga (248.7)! Das Sich-Offenbaren und also Sichtbarwerden der in der Ursache immer seienden Wirkung wird demnach als ein Loslassen, Aus-sich-Entlassen beschrieben, das Gegenteil, d.h. das Entschwinden aus der Sichtbarkeit, als ein Sich-Wieder-mit-der-Ursache-Verbinden. Frauwallners Wiedergabe von samsarga ist demnach zu Page #17 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 390 A. Wexler Der sarvasarvatmakatvavada 391 Dabei hat man, wie Frauwallner ausführt". In älterer Zeit, die Umwandlung als das Annehmen einer bestimmten Form oder genauer einer bestimmten Anordnung (sannivesah) der Teile erklärt, aus denen der Gegenstand besteht. Nun" (d.h. in der Phase der Auseinandersetzungen mit gegnerischen Schulen liber einzelne, besonders hervorstechenden Lehren), zog man auch Begriffe heran, die inzwischen von anderen Systemen entwickelt worden waren. So hatte man inzwischen bei den Dingen zwischen Eigenschaften (dharmah) und ihrem Träger (dharmi) unterscheiden gelernt. Und das verwendeten nun die Vertreter der Samkhya-Schule, um den Be. griff der Umwandlung zu erklären, indem sie sagten: Wenn ein Gegenstand eine frühere Eigenschaft aufgibt und eine andere neue annimmt, ohne sein Wesen zu verlieren, so wird das Umwandlung genannt? Es ist somit auch in bezug auf den sarvasarvatmakatvavada mit diesen beiden Auffassungsmöglichkeiten zu rechnen, denn die klare Bezeugung der Jüngeren Auffassung in einigen Textstilcken (YS 3.14, und deshalb auch in den Kommentaren vorausgesetzt, o. S. 376ff.) schließt nicht aus, daß die anderen relevanten Aus sagen aus einer Zeit stammen, in der die ältere Auffassung als einzige bestand oder noch vorherrschte, obwohl eindeutige Indizien, die in die Richtung weisen wiirden, fehlen. Der Satz sarvam sarvatmakam könnte folglich zum einen bedeuten, daß in einem jeden Einzelding alle anderen Dinge in bestimmter anderer Anordnung enthalten sind, oder zum anderen, daß ein jedes Einzelding alle anderen Eigenschaftsträger in sich enthalt, welche die ihnen friher zukommenden jeweiligen Eigenschaften oder Beschaffenheitselemente aufgegeben haben bzw. deren frühere Eigen schaften entschwunden (tirobhūta) sind. Auf jeden Fall ist, wie aus der metaphysischen Grundposition des Systems folgt und wie auch aus den in verschiedenen Textstücken angefügten, einander sehr ähnlichen Explikationen dieses Satzes klar hervorgeht, damit gemeint, daß ein jedes Einzelding den Stoff, das Material enthalt, aus dem die anderen Dinge der Erscheinungswelt gebildet sind. Dieses In-Sich-Enthalten wird dabei freilich weder so verstanden, daß allen Dingen der Erscheinungswelt, die je gemaß der Grundanschauung des Samkhya aus nichts anderem als ungeistiger Materie bestehen können, nur die Materie bzw. die ..fünf großen Elemente" (mahābhūta), also Ather, Wind, Glut, Wasser und Erde, Insofern gemeinsam sind, als sie aus je spezifischen, aber immer anderen Teilmen gen bzw. Mischungen von Teilmengen der gleichen Materie bestehen, noch ist die Auffassung etwa die, daß ein bestimmtes Einzelding materiell alle anderen Einzeldinge in sich enthält, denn diese Annahme würde implizieren, daß die phanomenale Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt immer nur aus einem einzigen Ding bestehen könnte, das sich allenfalls in einem nächsten Moment in ein anderes umwandeln würde. Es geht hier also weder um die Materiehaftigkeit aller Phänomene als solche noch um das Enthaltensein aller anderen Phänomene in einem, das zu einem be. stimmten Zeitpunkt allein wahrnehmbar wäre, sondern in dem Satz muß vielmehr der Gedanke zum Ausdruck kommen, daß ein jedes Einzelding mindestens einen Vertreter ein jeder Gattung von Einzeldingen zusammen mit dem allfalligen Produkt seiner Umwandlung zugleich auch in seiner Individualität In sich enthält. mindest ungenau und dazu angetan, falsche Vorstellungen zu wecken; bel dem ogenluigen Prozel des Aus der Sichtbarkeit-Entschwindens handelt es sich gerade nicht um eine Auflösung", sondern eher das Gegenteil! Der Annahme, dal Sahkan sufgrund einer Korruptel im Bhagy-Text als Interpret diese spezielle Bedeutung des Begriffs gewissermalen erfunden hat, kommt sehr geringe Wahrscheinlichkeit zu. Da er auch den kontriren Begriff kennt und som unabhangig vom Grundtext zur Bezeichnung jenes ricklilullgen Prozesses verwendet, muß man wohl davon ausgehen, daß er sich damit traditioneller Samkhya-Yoga-Termnologie bedient. Das Mißverständnis liegt deshalb allem Anschein nach auf seiten des Verfassen der YD, vill man nicht annehmen, daß er selbst den Begriff sentsorge bewust in an derer Bedeutung verwendet hat, nimlich als - historisch möglicherweise fungere - Bezeichnung für die Verbindung des Zusammenkommen der verschiedenen Faktoren, durch welche diese erst zu karakas, bewirkenden", werden. - Zuztiglich zu dem Textmaterial, das O. Strauß in dem Aufsatz Eine alte Formel der Samkhya-Yoga-Philosophie bei Vitsyiyana" (In: Festgabe H. Jacobi, Bonn 1926, 358-368), auf den Frau wallner (G.d.i.Ph., Anm. 195) gleichfalls hinweist, herangezogen hat, ware heute noch Sankara tu YS 3.13 zu berücksich tigen. 86 G, d. L. Ph., 389. Mir ist nicht klar, aufgrund welcher Beobachtungen oder Überlegungen Prouwallner zu der Uberzeugung gelangt ist, die eine Auffassung selalter als die andere. 87 Übersetzt aus YD (ed. R. C. Pandey) 75.6-7: . jahaddharmantaram punom update yadeperam/ tetreidepracyuto dharmi parinamah saucyafell - Der Nicht-Verlust des Wesens gilt auch für die saved Auffassung 7.2. Im Zusammenhang des sarvasarvatmakatyavdda ist, so scheint es, auch eine für die Geschichte der indischen Philosophie und Wissenschaft außerordentlich wichtige Feststellung Frauwallners in Erinnerung zu bringen: „Es ist ein altes Ent. wicklungsgesetz, daß es nicht die Gründe sind, welche die Entstehung einer Lehre veranlassen. Es sind vielmehr die Lehrsätze, die zuerst da sind und für die man nachträglich die Begründungen zu geben sucht. Die Lehrsitze aber ergeben sich als unmittelbare Erkenntnis aus der Anschauung der Dinge . Denn diese Beobachtung ist von Bedeutung nicht nur für die Beurteilung der Verwendung des sarvasanatmakatvavida als Beweis für die Existenz der Ummaterie (s. u. S. 397.), sondern mög. licherweise auch für die Frage nach dem Verhältnis des Theorems,sarvam sarvatma kar zu seiner anschaulichen Begründung. Diese besteht in dem Verweis auf die Nahrungskette", der geradezu stereotyp im Zusammenhang mit dem sarvaser patmakanyada auftaucht. Soll man darin einen solchen nachträglichen Begrün dunesversuch sehen oder wird in ihm nicht vielmehr doch gerade die empirische Anschauung greifbar, aus der die Lehre vom sarvasarvatmakatwa hervorgewachsen ist? Vieles spricht für die zweite Möglichkeit, denn aus welcher anderen Anschauung der Dinge" sollte sich der sarnasarvatmakahavada als unmittelbare Erkenntnis" ergeben haben, wenn nicht aus der Beobachtung der Nahrungskette897 88 G. d. L Ph., 385. 89 Die stufenweise Resorption der 23 Wesenheiten und damit der Dreiwelt in die prakti, auf die im Textstick K (0.S. 3801.) verwiesen wird, scheidet gleichfalls aus, denn dermaha) praleye ist der Anschauung entzogen. Page #18 -------------------------------------------------------------------------- ________________ A. Wezler Außerdem fungiert die Nahrungskette" gar nicht, auch nicht formal, als Begründung, sondern als Explikation des Satzes sarvam sarvātmakam. Und diese aus unmittelbarer Beobachtung gewonnene, in ihrem naturwissenschaftlichen" Ansatz ja auch richtige Erkenntnis besagt natürlich weder, daß z. B. ein bestimmtes einzelnes pflanzenfressendes Tier die gesamte pflanzliche Materie, in Pflanzen umgewandelte Materie-Teilmenge, in sich enthält, noch, daß es eben aus der gleichen Materie wie auch die Pflanzen gebildet ist; denn, was beobachtet wur de, war ja u.a. gerade die wechselseitige Beziehung und Abhängigkeit von pflanzlichem Leben, eine Beobachtung, die historisch weit zurückdatiert und, zumindest was die Abhängigkeit tierischen Lebens von pfanzlichem anbelangt, in religiösen, mythischen und magischen Anschauungen der vedischen Zeit mannigfalti gen Ausdruck gefunden hat. Die Beziehung von Tieren zu Tieren und Pflanzen einerseits und von Pflanzen zu pflanzlichen und tierischen Stoffen andererseits ist, wie die Erfahrung zeigt, dadurch charakterisiert, daß die einen den anderen als Nahrung dienen. Dieser Vorgang ist nun von Sämkhya-Denkern so aufgefaßt worden, daß z. B. ein bestimmtes Tier-Individuum die Materie aller anderen Tiere und/oder Pflanzen, die es im Laufe seines Lebens frißt, in umgewandelter Form in sich enthält. Das Gleiche gilt natürlich auch für jedes Individuum dieser als Nahrung aufge nommenen Tiere und/oder Pflanzen, insofern sich dieser Prozeß ungezählte, wenn auch endliche Male, während einer Weltperiode (kalpa) wiederholt. Es ist deshalb durchaus nachvollziehbar, daß diese aus unmittelbarer Anschauung abstrahierte Erkenntnis in dem Satz sarvam sarvätmakam formuliert wurde, demzufolge ein jedes Einzelding überhaupt alle anderen Einzeldinge materiell in sich enthält. Man darf dabei allerdings nicht übersehen, daß die Auffassung des Samkhya ein Element beinhaltet, das nicht nur für Menschen mit dem neuzeitlichen naturwissenschaftlichen Weltbild weniger leicht nachzuvollziehen ist, sondern das sich auch nicht als unmittelbare Erkenntnis aus der Anschauung der Dinge", jedenfalls nicht aus der bloßen Beobachtung der Nahrungskette" ergeben haben kann. Für die Vertreter des Sämkhya geht es nämlich nicht allein um die Durchgängigkeit" (samanvaya) der Materie im Kreislauf der Stoffe in der Natur", sondern sie deuten diese Vorgänge dahingehend, daß die als Nahrung aufgenommenen Tier- und Pflanzenindividuen nach wie vor als solche existent (sat) sind, und es wird sich zeigen (s. u. S. 398f.), daß die Entstehung dieser Deutung nicht einfach durch das Fehlen einer wirklichen Kenntnis der Stoffwechselprozesse zu erklären ist. Im Hinblick auf das Beobachtungsfeld darf man den Satz sarvam sarvātmakam folglich übersetzen: „Der Körper eines jeden Vertreters [einer Gattung von Lebewesen] enthält die Körper der Vertreter sämtlicher [anderer Gattungen von Lebewesen in umgewandelter Form] in sich", d.h. stellt das Produkt der Umwandlung im Sinne einer bestimmten anderen Anordnung oder im Sinne des Entschwindens bestimmter Eigenschaften und des Erscheinens bestimmter neuer Eigenschaften - der Materie zahlloser anderer Lebewesen einer jeden vorkommenden Gattung dar, ohne daß die 392 90 Zur Beziehung zwischen anna und prina vgl. H. W. Bodewitz, Jaiminiya Brahmana I, 165...", Leiden 1973, 231 u. 271 ff. Der sarvasarvätmakatvavida als Nahrung aufgenommenen anderen Lebewesen deshalb aufhörten zu sein. Damit ist die außerordentliche Mannigfaltigkeit (vaifvarüpya) der Erscheinungsformen des Lebens nicht nur auf die unter der Oberfläche liegende Durchgängigkeit der Materie hin durchschaut, sondern zugleich auch auf die vermeintlich gegebene totale Interdependenz aller Phänomene, die sowohl jeweils sie selbst als auch alle anderen sind. 393 7.3. Insofern der sarvasarvātmakatvavāda immer wieder mittels der Nahrungs. kette" expliziert wird, könnte man dennoch fragen, ob diese Vorstellung etwa mitbeinhaltet, daß ein jedes individuelle Lebewesen neben der Substanz der anderen Lebewesen, die es als Nahrung zu sich nimmt, auch eine ureigene Stofflichkeit be. sitzt, die es nicht als Ergebnis von solchen Umwandlungsprozessen erworben hat. Diese Frage ist eindeutig zu bejahen. Denn nichts wäre, wenn ein jedes nur die anderen wäre, etwas. Dabei muß man aber auch Folgendes im Auge haben: Da der in den zitierten Textstücken regelmäßig wiederkehrende Begriff jangama den Menschen miteinschließt, ist hier zu berücksichtigen, was das Samkhya über die Entstehung des menschlichen Körpers lehrt und darf angenommen werden, daß die entsprechenden Aussagen in mehr oder minder abgewandelter Form auch für Tiere und Pflanzen gelten. Obwohl sich die oben behandelten Textstücke nicht explizit dazu äußern, ist also davon auszugehen, daß die Anschauung des Samkhya die war, daß die spezifischen Stoffe, welche die Eltern zur Bildung des Embryo beisteuern, nämlich Samen und Blut, ihrerseits durch die Umwandlung bestimmter Lebewesen oder Bestandteile von Lebewesen, die den Eltern als Nahrung gedient haben, entstanden sind, so daß der Mensch bereits in der vorgeburtlichen Lebensphase, bevor er selbst pflanzliche oder tierische Nahrung direkt aufnimmt, durch Partizipation an dem elterlichen sarvātmakatva auch seinerseits sarvātmaka ist. Diese Annahme ist nicht so sehr wegen ihrer systematischen Folgerichtigkeit berechtigt - denn beim Fehlen eindeutiger relevanter Textaussagen läßt sich schwer mit letzter Sicherheit ausmachen, bis zu welchem Grad die Lehren einer Schule von ihren Vertretern in allen Einzelheiten systematisch durchdacht waren, als vielmehr zum einen, weil die Vorstellung der Entstehung des männlichen Samens aus der Nahrung in Vor-Samkhya-Texten wohlbezeugt ist, und zum anderen, weil sich in den zitierten Textstücken entsprechende Indizien finden. Denn es wird dort, jedenfalls hinsichtlich der Ergebnisse der Umwandlungsprozesse, differenziert: aus einer bestimmten Nahrung bzw. bestimmten Bestandteilen derselben entstehen bestimmte Bestandteile eines tierischen oder pflanzlichen Organismus wie u.B. Blut oder Saft (mit seinem je spezifischen Geschmack) usw. Neben dieser Zuordnung bestimmter Nahrungsstoffe zu bestimmten konstitutiven Elementen eines Organismus verdient Beachtung auch die mehrfache Erwähnung der jeweiligen Elemente. Dabei werden meistens Wasser und Erde genannt; im Textstück H (o. S. 375) wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, daß auch die 91 Vgl. E. Frauwallner, G. d. i. Ph., 364. 92 Z.B. Ch U 5.10.6, Prafna U 1.14. Page #19 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 394 A. Wezler Der sarvasarvitmakatvavida 395 anderen Elemente miteinbezogen sind. Bezeichnend für den sarvasarātmakatvawide aber bleibt, daß nicht die fünf Elemente und ihre mannigfachen Verbindunpen im Vordergrund stehen, sondern das konkretere Anschauungsfeld des Lebendigen: und daß einem vor-naturwissenschaftlichen Denken der Körper animalischer Lebewesen, voran der des Menschen, als letztlich aus den (find) Elementen gebildet erscheint, nimmt nicht wunder, wenn auch die betonte Herausstellung der Elemente Wasser und Erde', die auch im Pali-Kanon beobachtet werden kann. zu denken gibt Satz sarvam sarvatmakam erläutert, kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Vertreter des Samkhya ihre Ontologie soweit systematisch durchdacht haben, daß sie die unbelebten Dinge der Erscheinungswelt nicht etwa von dem sarasarvatmakarva ausnahmen. Es will freilich nicht recht einleuchten, daß - wie Sankara offensichtlich unterstellt - mit diesen Beispielen mehr verdeutlicht ist, als daß z. B. die verschiedenen Geschmacksarten eben auf den einen Geschmack zurickgehen. Inwiefern es berechtigt und richtig ist, z. B. auch von einem Topf die Aussage zu machen, er sei in dem oben explizierten Sinne sarvatmaka', bleibt dunkel. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß dieser Mangel an Explizitheit nicht durch die Oberzeugung der Vertreter des Samkhya zu erklären ist, weitere anschauliche Beispiele, und zwar für den Bereich dinglicher Gegenstände, erübrigten sich, da ohnehin alles klar sel, eher wohl dürfte dabei eine Rolle gespielt haben, daß sich das sarvasarvatmakatwa an dinglichen Gegenständen in der Tat schwer anschaulich exemplifizieren laßt. Jeden falls gilt es festzuhalten, daß in dem zugänglichen Textmaterial das mit der Nahrungskette" gegebene Anschauungsfeld entschieden dominant bleibt. Auch unter diesem Gesichtspunkt stellt sich demnach die Sachlage so dar, daß die Erkenntnis, daß ein Jedes Jedes (andere) in sich enthält", aus der Beobachtung der belebten Natur gewonnen worden sein dürfte bzw. durch sie als evident erwiesen erschien. 7.4. Im Anschluß daran drängt sich aber eine weitere Frage auf, und zwar die, ob sich das sarvasarvatmakatwa auf den gesamten Bereich des materiellen Seienden, auf amtliche Evolute der Urmaterie erstreckt oder etwa nur auf den durch die Begriffe jagamna und sthāvara abgegrenzten Teilbereich der Tiere und Pflanzen. Auch bei der Beantwortung dieser Frage wird man sich nicht mit dem Hinweis auf systematische Zwänge und gedankliche Folgerichtigkeit begnügen, die in der Tat nichts anderes als eine uneingeschrankte Geltung der ontologischen Aussage sarvam sar witmakam zulassen, sondern man wird das bereits in Anmerkung 85 (0.S. 388f.) besprochene Zitat, das der Verfasser der Yuktidipika den Vārsaganāḥ zuschreibt, heranziehen, freilich auch den von Frauwallner nicht übersetzten Schluß: (tad etat trailokyam vakter apaiti na sattad, apetam apy asti vinafapratigedhat /(a)sarisar gác cäsya sauksmyam, sauksmyāc cănupalabdhih, tasmad vyaktyapagamo vinafah ) sa ty dvividhah / sargapralayāt tattvānām, kimcitkaläntarāvasthanad itaresam iti ,dieses (Entschwinden aus der Sichtbarkeit aber ist zweifach: die [23] Wesenheiten (entschwinden) vor der Schöpfung und nach der Auflösung (der Erscheinungswelt aus der Sichtbarkeit), die anderen (Evolute) (d.h. die phänomenalen dinge belebte wie unbelebte) entschwinden], bevor sie für eine bestimmte Zeitdauer bestehen und nachdem sie für eine bestimmte Zeitdauer bestanden haben, aus der Sichtbarkeit)." Da nun auch namentlich Sankara (vgl. Textstück J. o. S. 378) feststellt, daß nicht nur die Mannigfaltigkeit der Geschmacksarten, wie sie in bestimmten Pflanzen als für sie typisch wahrgenommen wird, sondern auch das vaivarípya der Gerüche und Farben gleichermaßen das Ergebnis von Umwandlungsprozessen der Elemente der Materie darstellt, und da er mit diesen Beispielen den 7.5. Auf eine in einigen Textstücken (H, o. S. 375, et passim) selbst gegebene Prilisierung des Satzes sarvam sarvatmakam muß noch eingegangen werden, den Zusatz fātyanucchedena nämlich. Sankara (Textstick J, o. S. 378) erläutert saltvadyavinasena und Vācaspatimiśra (Tattvavaišaradi zu YS 3.14) bemerkt: jalatvabhūmitädijäteh sarvatra pratyabhivrayamanatvenanucchedal, ..weil die Gattungen Wasser'. Erde' usw.insofern sie überall (d.h. In jedem Einzelding) wiedererkannt werden, nicht abgeschnitten werden (d.h. nicht aufhören, weiter zu bestehen)". Beide Explikationen lassen an Klarheit und Detailliertheit zu wünschen übrig. Es geht beim sarvasarvatmakatvavada ja gar nicht primair darum, daß alle Dinge der Erscheinungswelt Produkte der Umwandlung der Materie bzw. der fünf Elemente sind oder daß die Elemente durch lange Reihen von Umwandlungsprozessen hindurchgehen, und auch die Vorstellung, daß ein Produkt, eine Wirkung (karya), auch wenn sie nicht mehr wahrnehmbar ist, doch weiterhin existent ist, bildet, wie noch zu zeigen sein wird, nicht den eigentlichen Gegenstand dieser Lehrelemente, son dem eher seine Voraussetzung. Ich vermute deshalb, daß mit diesem präzisierenden Zusatz ursprünglich nicht mehr und nicht weniger gemeint war, als daß z. B. eine bestimmte Kuh, auch wenn sie in dem explizierten Sinne sarvatmaka ist, nicht aufhört, eine Kuh, d. h. ein Vertreter der Gattung Kuh, zu sein, vielleicht auch, daß das Gras, das die Kuh gefressen hat und das durch einen Umwandlungsprozeß zu Blut geworden ist, nicht aufhört, Gras zu sein, d.h. weiterhin als Vertreter der Gattung Gras ein Selendes ist. Ich halte mit anderen Worten dafür, daß der Zusatz bezweckt, von vornherein das - durch den folgenden Teil der Aussage in der Tat naheliegende - Mißverständnis zu verhindern, daß es also die gattungsmäßige Diversität der Phänomene dieser Welt 93 L. Schmithausen verwelst mich u.. suf M I 185 ff. u. III 240 f. 94 Z.B.: Steckt (1.) eine Kitere Vorstellung dahinter, derzufolge der Körper nur aus den Ele menten Erde und Wasser besteht, oder erklärt sich die konkrete Nennung nur bew. vor allem diesel belden Elemente daraus, dab (2.) an den Leichnam redacht ist, der ohne Körperwirrte (Feuer) und ohne Atem (Windist, oder daraus, dal (3.) man sich primär auf die Auscheldungen des Körpers als „Bewels" für seine elementare" Beschaffenheit bezog? - Alle 5 Elemente werden schon Praina U 2.2 unter den deras genannt, welche den Körper 95 YD (od. R. C. Pandey) 57.7-9. - Aufgrund des Kontextes bew. der Vorstellung darüber, we in diesem Tell des Zitats gesagt sein muß, fasse ich sargapralayat als samahara dwanda Kompositum auf, Interpretiere die Präposition i einmal als .. bls", des andere Mal alsyon an" und lasse sie bis zum zweiten Ablativ fortgelten" Page #20 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 396 A. Wezler Der sarvasarvatmakatvavida 397 nicht gibt, bzw. daß ein jedes Ding, insofern es sarvatmaka ist, nicht zugleich auch es selbst ist (s. o. S. 393). tungen von Einzeldingen einsthließt, der ebenfalls seiend, aber nicht wahrnehmbar ist, weil die Bedingungen für sein Erscheinen nicht gegeben sind. Dem tiefer dringenden Blick der Samkhya-Philosophen enthüllt sich hinter dem vai variipya, der Mannigfaltigkeit, der avibhaga, das Nicht-Getrennt sein, d. h. die letztliche NichtVerschiedenheit der Phänomene. 7.6. Der sarvasarvātmakatvavāda war offensichtlich früh verständlichen Angriffen ausgesetzt gewesen, oder es war bei ihm die Möglichkeit derartiger Angriffe von Vertretern des Samkhya vorwegnehmend einkalkuliert worden. Denn es fällt auf, daß in verschiedenen Textstücken (z.B. G, O. S. 371) auf den auch formal als solchen charakterisierten Einwand eingegangen wird, aus diesem Theorem würde sich ergeben, daß man, träfe es zu, in einem bestimmten Ding oder an einem bestimmten Ort (vgl. Textstück J, o. S. 378) alle anderen Dinge bzw. jedes Lebewesen, die angeblich in ihm enthalten sind, wahrnehmen können müßte. Die Notwendigkeit - sei sie nun durch tatsächliche gegnerische Einwände entstanden oder durch eigenes Nachdenken eingesehen worden-, systematisch zu begründen oder doch zumindest zu erklären, warum eine bestimmte, per definitionem materielle Konfiguration, obwohl sie sanatmaka ist, gerade z. B. als Kuh und nur als Kuh wahrgenommen wird, konnten die Vertreter des Samkhya, die hier offenbar selbst noch nicht die Möglichkeit sahen, die Entstehung des Irrtums, welche wohl erst später zu einem allgemein diskutierten Problem wurde, ontologisch zu rechtfertigen (S.O.S. 38Sil.), nicht in Verlegenheit bringen: der Begriff der abhivyakti, des In-Erscheinung-Tretens", der in der Ontologie des Systems fest verankert war (s. Anm. 85 u. S. 388ff.), eröffnete einen Weg, diese unerwünschte, der Erfahrung jedenfalls weithin widersprechende Konsequenz zu vermeiden. Es galt nur, in Ergänzung zu der systematisch folgerichtigen Verwendung der abhivyakti-Vorstellung nun diejenigen Faktoren zu benennen, die bedingen, daß sich Selendes zu einem bestimmten Zeitpunkt als bestimmtes Soseiendes offenbart, d.h. wahrnehmbar wird, und nicht gleichzeitig als ein beliebiges anderes. Als entscheidend dafür, daß ein Ding als individuelles Soseiendes in Erscheinung tritt, wurden die Bedingungen Ort, Zeit, Form (akāra) und dharma" usw. angesehen (vgl. die Textsticke G, O. S. 371, H, 0. S. 375, 1. o. S. 376 sowie J. o. S. 3788.). Berücksichtigt man auch den ersten Satz des Textstickes H, dann kamen als weitere determinierende Faktoren noch Größe/Umfang (pramāna), Stärke (bala) und Form (rūpa) hinzu". Die Mannigfaltigkeit der Erscheinungswelt ist also real und nicht etwa eine Illusion; aber alle wahrnehmbaren Gegenstände sind insofern interdependent, als jede Individualität materiell mindestens einen Vertreter aller anderen Gat 7.7. Da dieses Aufgehobensein" aller seienden Gegenstände in einem jeden phänomenalen Einzelding anders als die Durchgängigkeit der Materie bzw. der Elemente sinnlicher Wahrnehmung entzogen ist. stellt sich erneut das Problem des Verhältnisses von sarasarvatmakatvavida als Lehrsatz" zur Nahrungskette" als gängiger Explikation dieses Theorems. Denn inzwischen ist klar geworden, daß die Deutung, welche Vertreter des Sämkhya den dabei für sie tatsächlich beobachtbaren Vorgängen geben, nicht nur als unmittelbare Erkenntnis aus der Anschauung der Dinge" entstanden sein kann, sondern, daß sie von bestimmten Prämissen ausgehen. Diese gedanklich-theoretischen Voraussetzungen können aber nicht in der spezifischen Samkhya-Konzeption der Urmaterie bestehen. Der sarvasarvatmakarvavada ist zwar von dieser Konzeption nicht zu trennen, und, daß er den Textzeugnissen zufolge als einer der (Analogie-)Beweise für die Existenz der prakti fungiert, kann deshalb auch nicht überraschen, ja man darf sogar vermuten, daß er hier und nur hier seinen Platz innerhalb des ausgebildeten Systems des Samkhya hat. Andererseits wäre aber im Hinblick auf die von Frauwallner behauptete Priorität der Lehrsitze und Posteriorität ihrer Begründungen zumindest mit der Möglichkeit zu rechnen, daß sich auch die Begründungsfunktion des servisarvatmakatvavada Regenüber dem Theorem der Existenz der Urmaterie erst nachträglich entwickelt hat. Trotzdem wire es ganz und gar nicht einsichtig, daß und wie die Vorstellung vom sarw sarvatmakatva aus der Konzeption der Urmaterie abgeleitet worden sein sollte. Nun vertritt Frauweliner offenbar die Ansicht, daß einer der kennzeichnendsten Lehrsätze des Systems, nämlich die Kausalitätslehre des Samkhya, die Lehre. daß die Wirkung bereits in der Ursache vorhanden ist, der sog. Satkaryavadah", auf dessen Verhältnis zum sarwasarvatmakatwavāda ohnehin hier noch einzugehen war, ,im Anschlub" an gegnerische Widerlegungsversuche jener Analogieschlüsse, durch die die Vertreter des Samkhya die Existenz der Urmaterie erweisen wollten. .ent. wickelt wurde . Es besteht aber eine enge gedankliche Zusammengehörigkeit und Korrespondenzbeziehung zwischen dem sarkaryavāda und dem sarvasarvatmakatvavada: erklärt ersterer auf eigentümliche Weise die Entstehung der Dinge in der 96 Zu dharma im Samkhya vgl. Frauwallner, G. d. L. Ph., 340 f. 97 Entsprechen pramane und rūpe zusammen dem Begriff akare, der in den anderen Text sticken verwendet wird? - Der erste Satz des Textsticks A ist mir nicht ganz verständlich. Ist etwa nirytteh zu lesen und sind die Ablative prapter und nirritek als durch da gleichgeordnete Begründungen der Behauptung aufzufassen? Der Ablativ pratyāsatter wäre dann nirvytreh unterzuordnen und arayambhavyucchedanucchedáhyān als Instrumental dahin gehend zu interpretieren, daß bei dem ,,Hervortreten der Mannigfaltigkeit" notwendiger weise einerseits gewisse Veränderungen statthaben, andererseits sich keine Veränderungen ergeben. 98 S. o. S: 3741. u. 391. 99 Zitiert aus G. d. I. Ph. 385: entwickelt wurde" kann doch nur heißen entstanden ist":an dererseits bemerkt Frau wallner In dem gleichen Satz vom sarkaryavada, daß er die oben wiedergegebenen Begründungen erst richtig verstehen läßt". Soll damit nun umgekehrt gesagt werden, das die Berlindungen für die Existenz der Urmaterie den ikäryavade voraus setzen? Ich habe mich dahingehend entschieden, daß Frauwallner vielmehr zum Ausdruck hringen will, da der Akaryawada, indem er in Anschluß an sie bew. die um sie entbrannte Auseinandersetzung entstanden ist, diese Begründungen Insofern erst richtig verstehen lift, als er in ihnen Impliziertes, aber noch nicht klar Gedachtes ins Bewußtsein hebt. Page #21 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Der sarvasarvatmakatvavada 399 398 A. Wexler dhaika ahur asadevedamagra asid ekam evād vitiam/tasmādasata sallayata // kutas tu khalsomyaivan syad in hovica / katham astal saj javetei / saf vera somyedam are asid ekan evadviriyam // „Dieses Universum, mein Lieber, war im Anfang ein Seiendes (und nicht ein Nichtseiendes oder etwas weder Seiendes noch Nichtseiendes), ein einzelnes und nicht mehr, also ein, alleiniges. - Dazu sagen nun Manche: Dieses Universum war im Anfang ein Nichtselendes, ein einzelnes (und nicht mehr, also ein) alleiniges. Dann wurde aus diesem Nichtselenden das Seiende reboren'. - Woher aber, mein Lieber, könnte das so sein? - so sprach er. Wie sollte aus einem Nicht seienden ein Seiendes geboren werden? Vielmehr war, mein Lieber, dieses Universum im Anfang ein Seiendes (und nicht ein Nichtseiendes oder etwas weder Seiendes noch Nicht seiendes), ein einzelnes (und nicht mehr, also ein alleini ges02 Erscheinungswelt, so letzterer auf nicht weniger eigentilmliche Weise ihr Verkehen: bestimmt ersterer die Wirkung als bereits in der Ursache unsichtbar vorhanden, so letzterer sie, nachdem sie ihrerseits zur Ursache von etwas geworden ist, als nach wie vor vorhanden. Der sarvasarvālmakatvarāda bildet also nicht nur einen konstitutiven Bestandteil der Kausalitatslehre des Systems, sondern es ist doch auch wegen der evidenten gedanklichen Kohärenz zwischen beiden gar nicht zu bersehen, daß sich In beiden Lehren gleichermaßen das besondere Seinsverständnis des Sümkhya ausdrickt, das gemiß einem im Abhidharmakolabhasya des Vaubandhu bewahrten Fragment von den Virsaganya so formuliert wurde: yad asty asty eva tad/yan nästi nästy ewa fad asato năstil sambhavah/sato nästi vinälah"..das Selende ist ausschließlich seiend, das Nichtselende ausschließlich nichtseiend. Nichtselendes kann nicht entstehen, Selendes nicht vergehen . Wie aufgrund dieses Begriffs des Seienden eine jede Wirkung (karya) bereits in der Ursache vorhanden (ser) sein muß, so muß auch ein jedes Ding, nachdem es sich als Wirkung offenbart hat, wenn es ..vergeht", d. h. aus der Sichtbarkeit entschwindet (8. o. S. 388ff.), in Wahrheit weiterhin existent sein. Genau diese zweite gedankliche Konsequenz aber spricht der sarwasaramakarvavada aus! Sein ist ein anfangs und endloses Sosein (vgl. aber unten, S. 400), aber dieses ewige Kontinuum weist eine sich weltperiodisch wiederholende mehr oder minder kurze Phase des In-Erscheinung-Tretens und damit Wahrnehmbarwerdens auf. Man millte also, wollte man sich Frauwallners Ansicht zu eigen machen, annchmen, daß auch der eigentümliche Seinsbegriff des Samkhya, da er offensichtlich die gemeinsame gedankliche Grundlage des sarkaryerada und des sarnasarvatmakatwaveda bildet, erst nachträglich entwickelt wurde, um den Lehrsatz von der Existenz der Urmaterie zu begrunden! Welches aber wäre dann die unmittelbare Erkenntnis aus der Anschauung der Dinge" gewesen, als die sich dieser Lehrsatz ursprünglich ergeben hat? Und wie steht es um die Herkunft des Seinsbegriffes? Mir scheint, Frauwallners Darstellung der Geschichte des Systems bedarf in die sem zentralen Punkt der kritischen Überprüfung. Diese kann hier nicht vorgenommen werden, doch das Problem soll nicht ausgeklammert werden, ohne nicht doch wenigstens eine - notwendig hypothetische - andere und, wie ich glaube, plausiblere Entwicklungsmöglichkeit mit einigen Strichen zu skizzieren. Der Seinsbegriff des Sāmkhya, den die Bhagavadgita in den berühmten Satzen Masato vidyafe Bhavo nabhavo vidyafe satah (2.16 ab) vorträgt. Ist m. E. historisch nicht zu trennen von der nicht weniger bekannten Lehre Uddalaka Arunis, wie sie in Ch U6,2.1-2 überliefert ist: sadeva somtydamagra asid ekam evad vitlyam tad Gewid, Hacker hat zu Recht betont, daß das Selende hier allerdings nicht in einem Sinne verstanden wird, den wir strikt ontologisch nennen würden, sondern cher kosmologisch oder naturphilosophisch, primar sogar kosmogonisch. Das Seien de ist hier das Erste Seiende, das Urselende, ein ens primum, das zugleich eine Art materia prima ist101. Diese Beobachtung schließt aber die von mir ins Auge gefaßte Möglichkeit, ja hohe Wahrscheinlichkeit einer historischen Abhängigkeit des Seinsbegriffs des Samkhya von Ch U 6.2 keineswegs aus. Unlängst ist es Ruping Relungen, von Arbeiten Frau wallners und Hackers ausgehend, die Emanationslehre des Systems über den Mokşadharma-Abschnitt des Mahübharata hinaus bis auf seine vedischen Grundlagen zurückzuverfolgen '04. bei denen es sich ebenfalls um kosmoRonische Texte handelt. Es besteht also kein Anlaß, eine Abhängigkeit des Samkhya berriffs des Seienden von Ch U 6.2 deshalb für unmöglich oder unwahrscheinlich zu halten, weil dort noch eine primar kosmogonische Lehre vorliegt. Ebensowenig gibt el soweit ich sehe, stichhaltige Gründe dafür, dem Erklärungsmodell einer erst spa teren Wiederaufnahme und rezeptiven Benutzung von Ch U 6.2 gegenüber der Annahme den Vorzug zu geben, daß der Seinsbegriff des Simkhya durch eine ununter brochene Traditionslinie mit Ch U unmittelbar verbunden ist. Denn zieht man außerdem noch den Fortgang dieses Textstückes mit in Betracht, also Ch U 6.2.3, wo es von diesem Ur-Seienden' heißt: tad aikata bahu syām prajyeyetl....da nahm es wahr (sah): Ich könnte/möchte vielerlel/vieles sein, ich konnte/möchte mich fortzeugen..", und erinnert man sich, daß Rāmānuja in der oben (S. 387) zitierten Passage aus seinem Sribhāsya genau diese Stelle als Schriftbewels" für das sarvasarātmakatva zitiertlos, dann gewinnt die Annahme einen denkbar hohen Grad von Wahrscheinlichkeit, daß dieser upanischadische Text bzw. die in ihm vor 100 Zitiert wus Abhidharma Kota Bhayya of Vasubandhu. ed. by P. Pradhan, Patna 1967, 3012 101 Zitiert wus Frau wallner, G. d. LM, 385, in Anm. 203 verweist Frauwallner of L'Abhi dharmakola de Vaubandhu" traduit par L de la Valle Pousin, Paris 1923-1931, V, S. 63 (C) sowie Additions (p. 150), wo - ergänze: p. 63 1.31 - ohne Angabe der Quelle die tibetische Version dieses Zitats angeführt wird. 102 Obersetzung in Anlehnung an P. Thieme, Upanischaden. Ausgewählte Sticke", Stuttgart 1966,45. 103 Kleine Schriften", hrsg. von L. Schmithausen, Wiesbaden 1978, 293. 104 In: Studien zur Indologie und Iranistik, Hfl. 3 (1977), 3-10. 108 Das Riminuje bew, die von ihm herangezogene thelstische Schule diesen Satz zitiert und nicht etwa den eigentlichen Anfang des kosmogonisch philosophischen Mythos, liegt offenbar daran, da diese Aussage des erreurmekatwe, wie es von ihm bew. ihr ver standen wurde, unmittelbar bezeugt. Page #22 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 400 A. Wezler getragene Lehre, wenn auch wohl nicht allein, den Ausgangspunkt für die Entwick lung des in Rede stehenden eigentümlichen philosophischen Seinsbegriffs gebildet hat, und zugleich, daß diese Fortentwicklung nicht erst erheblich später in einer eigentlich ganz anderen Schule eingesetzt hat. Durch diese Berufung Rāmānujas auf Ch U 6.2.3 einerseits und die wahrscheinliche Bezeugung dieser Theisten durch Mallavadin andererseits (s. u. S. 402) wird nämlich die hypothetische Erwägung nahegelegt, daß das zunächst überraschende,,Wiederauftauchen" des sarvasarvātmakatvavāda im Rahmen einer Diskussion über die Irrtumsproblematik - anders als oben (S. 387) vermutet worden war nicht durch Einfluß des Samkhya auf eine theistische Schule zu erklären ist, sondern eher durch eine gemeinsame Herkunft des Begriffs vom Seienden, der erst sekundär im Rahmen jeweils anderer Welterklärungsversuche, hier eines dualistischen (und atheistischen), dort eines theistischen (vielleicht auch monistischen), differenziert worden wäre. Was das Samkhya von dieser Schule doktrinär unterschieden hätte, wäre dann in erster Linie der von ihm im Laufe seiner Entwicklung immer radikaler gefaßte Dualismus und die völlige Entgeistigung der Materie gewesen. Möglicherweise war die Entstehung beider Denkrichtungen, des Ur-Samkhya wie jener theistischen Schule, aus dem gleichen Überlieferungsstrom dadurch bedingt, daß die Vertreter der einen den Begriff des Seienden in Ch U 6.2 als ungeistige materia prima und Grundlage (prakṛti) der Etscheinungswelt gedeutet haben, die Theisten aber personal als Schöpfergott und Ausgangspunkt der Weltemanation, wobei von beiden als,,ererbte" Gemeinsamkeit die spezifische Seinsvorstellung und der aus ihr, und nicht allein aus der ,,Anschauung der Dinge", entwickelte sarvasarvātmakatvaväda bewahrt wurde. 7.8. Was nun die weitere Entwicklung des klassischen Sämkhya anbelangt, so hat man den Eindruck, daß der sarvasarvātmakatvavāda im Laufe der Zeit in den Hintergrund getreten ist, denn, obwohl der mit ihm direkt verknüpfte Begriff des vaitvarūpyasya avibhagaḥ auch in kārikā 15 der Sämkhyasaptati unter den 5 Beweisen für die Existenz des avyakta begegnet, fällt auf, daß nur mehr in einigen wenigen Kommentaren zu Isvarakṛsnas Werk in diesem Zusammenhang die Lehre sarvam sarvātmakam' überhaupt noch herangezogen und behandelt wird, wobei die Erläuterungen dann auch noch eher dürftig ausfallen. Welche Gründe waren für diese Verhaltenheit" verantwortlich? Das Bemühen, gegnerischen Einwänden zu begegnen und diese Beweise so zu formulieren bzw. zu interpretieren, daß sie als zwingend angesehen werden konnten, also inzwischen in der Logik allgemein erzielte Fortschritte? Oder hatte man die Inkompatibilität dieses Theorems mit anderen, inzwischen entwickelten und wichtiger erscheinenden Lehrelementen entdeckt? Falls ein solcher Widerstreit dazu geführt haben sollte, daß der sarvasarvātmakatvavāda, wie es doch offenbar der Fall war, an Bedeutung verlor, dann kann dieser nicht darin gesehen worden sein, daß unter den Begründungen für den satkāryaväda u.a. auch das Argument angeführt wird, daß nicht alles aus allem entsteht/ entstehen kann 105, denn beide Vorstellungen sind durchaus miteinander verein106... sarvasambhavābhāvāt. Kārikā 9 wird übrigens von Simhasuri zitiert (Nayacakra 35. 17-18). Der sarvasarvatmakatvavada bar, insofern sich die Erkenntnis, daß jeweils spezifische Ursachen erforderlich sind, nur auf den Bereich des Wahrnehmbaren bezieht. Am ehesten noch könnten die tatsächlich gegebenen Schwierigkeiten, den sarvasarvätmakatvavāda mit der Wiederverkörperungs- und damit Erlösungslehre in Einklang zu bringen, sein In-den-Hin tergrund-Treten verursacht haben; denn geht man z.B. von dem Fall aus, daß ein Mensch von einem Raubtier getötet und gefressen wird, so müßte dieses Raubtier gemäß den sarvasarvātmakatvavāda den Menschen nicht wahrnehmbar, aber als seiend in sich enthalten, gemäß der Sämkhya-Auffassung der Wiederverkörperungs. lehre aber müßte der feine Körper (sükṣmalarira) mit dem psychischen Organismus in einen neuen Mutterschoß eingegangen sein, um als auch wahrnehmbar seiender Mensch geboren zu werden. 401 Jedenfalls hat man mal wieder das Gefühl, daß die mangelnde gedankliche Kohärenz und systematische Konsistenz einzelner Lehren des Samkhya in ihrem philosophischen Zusammenhang historisch darin begründet ist, daß sie zu verschie denen Zeiten aufgekommen, übernommen oder in Antwort auf von außen kommende Anstöße entwickelt wurden. Daß die Anwendung des sarvasarvätmakatva vada auf den psychischen Bereich, insbesondere im Rahmen der karman-Lehre, problematisch erscheint, könnte in diesem Sinne dadurch bedingt sein, daß er in einer Zeit konzipiert wurde, zu der die Frage nach dem psychischen Apparat, namentlich im Hinblick auf die Wiederverkörperung, noch nicht ins Blickfeld getreten war. Man wird aber auch damit rechnen, daß die Entwicklung des Systems" im Wesentlichen schon abgeschlossen war, bevor das philosophische und wissenschaftliche Denken einen solchen Stand erreichte, daß die Notwendigkeit systematischer Konsistenz und entsprechender Durchdringung einer Lehre überhaupt eingesehen war. Von daher scheint die Möglichkeit gegeben, daß ein philosophisches System" in alter Zeit eben kein System, sondern ein gewachsenes Gesamt mehr oder minder locker miteinander verbundener Versatzstücke darstellt und daß, sollte dies für das Samkhya zutreffen, das Fehlen systematischer Konsistenz mit der Tatsache zu erklären ist, daß die kreative Fortentwicklung dieser Lehre gerade dann zu ihrem Ende kam, als in anderen Kreisen wirkliche philosophische Systeme entstanden, so daß das Samkhya dieser letzten und in gewisser Hinsicht tödlichen Herausforderung nicht mehr begegnen konnte. Inwieweit ein solcher Versuch, wenigstens teilweise, von denjenigen unternommen wurde, welche in starkem Maße gedanklich an das Samkhya angeknüpft haben, bleibt noch zu untersuchen und würde einen wesentlichen. Aspekt bei der noch zu schreibenden Geschichte der Rezeption von Samkhya-Gedankengut bilden. Nicht völlig ausschließen kann man wohl auch die Möglichkeit, daß die ganz andere Entwicklung, die das sarvasarvätmaka-Theorem in jener theistischen Schule, die bereits zu jener Zeit bestanden zu haben scheint, erfahren haben dürfte, auf das Samkhya in dieser Weise gewirkt hat wie auch vielleicht eine ganz anders geartete Vorstellung von der Resorption der Erscheinungswelt, die in diesem Prozeß nicht ein Entschwinden aus der Sichtbarkeit, sondern ein tatsächliches Sich-Auflösen auch des Menschen als materiellen Organismus im personalen Absolutum sah. Auch das Bemühen der Samkhya-Denker, jedem Einzelding und damit auch je Page #23 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 402 A. Wezler Der urvasarvatmakatvavida 403 dem menschlichen Individuum eine uneingeschränkte Seinsfulle zuzusprechen und zu bewahren, muß in der Vorstellung einer möglichen Erlösung an eine unübersteig bare Grenze gekommen sein: Wenn es denn eine Erlösung aus dem Immer wieder Geboren-Werden-Müssen gibt, dann muß ein jedes dazu fühige Lebewesen mit Erreichung dieses Ziels aufhören, ein sat zu sein; das einzige Seiende kann dann nur noch der jeweilige purus sein, der sich damit, d.h. ohne das gleichzeitige Sein eines Irrtümlich mit ihm verbundenen materiellen Organismus, im Zustand des taivalya, des absoluten Für Sich-Seins, befindet. Sein leibliches Gegenstück" samt dem psy. chischen Apparat aber muß sich, da es nicht mehr sein kann, in der Ummaterie restlos auflösen, d.h. dieser Teil der Materie muß, da er seine Aufgabe er fullt hat, seine Tätigkeit einstellen und sich fortan in einem Zustand des Gleichgewichts (samyāvastha) befinden, in dem auch im Sinne des sarkaryavāda kein Seiendes mehr vorhanden ist, das irgendwann als Wirkung erneut in Erscheinung treten könnte. Hat Kalidasa an dieses Aufgehen im undifferenzierten Sein der prakti gedacht, als er die Erreichung der Erlösung durch den ehemaligen König und jetzigen Yogin Raghu in Raghuvamsa 8.21 cd mit den Worten raghur apy ajayad gunatrayam prakrtistham samalostakaricanah beschrieb? 8. Wenn die Untersuchung nach dem weiten Bogen, der notwendigerweise geschlagen werden mußte, jetzt zum Ausgangspunkt und damit zu dem Widerspruch zurückkehrt, der in den Inhaltsangaben festgestellt wurde, die einerseits Frauwallner, andererseits Jambūvijayaji vom 3. Kapitel des Dvīdasaranayacakra gegeben haben (0.S. 364f.), dann muß als erstes Ergebnis festgehalten werden, daß man im Hinblick auf das gerade herausgearbeitete Element der Lehre des Sāmkhya sehr wohl von einem vāda sprechen kann, so wie gewisse andere, aber damit zusammen hangende Theoreme als sarkarya-vāda, parināma-vāda etc. bezeichnet werden, daß der Terminus sarvasarwimakatva-yada weder von Mallavādin noch von Simhasüri gebraucht wird, besagt nichts. Insofern wäre der sarvasarvatmakatvavadin, von dem Jambüvijayaji spricht, kein Phantom. Wenn es sich bei einer Person, für die dieser wäda charakteristisch ist, jedoch um einen Vertreter des Samkhya handel te, würde Jambüvijayajis Inhaltsangabe, träfe sie in dieser Hinsicht zu, die Widersinnigkeit implizieren, daß ein Vertreter des Samkhya die Metaphysik seines eigenen Systems widerlegt! Das zweite, weit wichtigere Ergebnis besteht demnach in einer schlagenden Bestätigung der bereits (o. S. 366) prima facie getroffenen Feststellung, daß derjenige Philosoph, der in der im 3. Kapitel des Nayacakra sich entfaltenden Auseinandersetzung die Samkhya Metaphysik destruiert, auf keinen Fall dem Samkhya zugerechnet werden kann, und daß er andererseits aber auch nicht mit dem itxaravadin, also einem Nalyāyika (oder Valsesika) identisch sein kann, wie es durch Frauwallners Zusammenfassung suggeriert wird. Theoretisch wäre die Möglichkeit gegeben, daß es sich bei diesem Kritiker um niemanden anderen als Mallavādin selbst handelt, der die Widerlegung der Metaphysik des Sämkhya bis zu dem Punkt vorantreibt, daß nurmehr das, was von Sāmkhya-Autoren einhellig als empirisch-anschaulicher Beleg für einen der AnaloRieschlüsse angeführt wird, durch welche sie die Existenz der Urmaterie erweisen wollten, übrig bleibt, eben das sanasarvatmakatva, auf das sich zwar SamkhyaPhilosophen nachdrücklich berufen, das als solches aber auch ohne ihren metaphysi. schen Oberbau" akzeptabel erscheint. Diese Möglichkeit scheidet aber praktisch doch aus, weil sie implizieren würde, daß Mallavädin sich anschließend selbst durch den Kvaravadin widerlegen lassen würde, - eine Form der Dialektik, mit der selbst beim jinistischen Perspektivismus nicht zu rechnen ist. Im übrigen bestätigen Jambūvlayas Inhaltsangaben der ersten Kapitel des DvadaSaranayacakra, was auch Frau wallner hervorhebt, daß Mallavādin nämlich durchgängig so verfährt, daß er eine bestimmte Lehre durch den Vertreter einer anderen, mit der seinen keineswegs Identischen Lehre widerlegen läßt, d. h. daß er im Rahmen seiner spezifischen systematischen Konstruktion insgesamt jeweils nicht-linistische Schulen gegeneinander ausspielt. Die Lösung, die sich deshalb allein anbietet, ist die, daß es sich bei diesem Kriti ker doch um einen sarvusarvatmakatvavadin handelt, aber eben nicht einen Vertre. ter des Samkhya, sondern einen Anhänger jener spezifischen theistischen Schule, von der oben (Abschnitt 7, S. 387ff.) schon verschiedentlich die Rede war und für die in gleicher Weise, wenn auch als Element eines ganz anderen Lehrgebäudes, der Sarvasarvatmakatvavada historisch zumindest u.a. charakteristisch war. Das mögliche Gegenargument, daß diese Theisten erst durch Prajnakaragupta bzw. mit einem höheren Maß von Sicherheit erst durch Ramanuja, also erst für eine erheblich spätere Zeit bezeugt sind, wäre nicht stichhaltig. Denn ein jedes histori sche Phänomen ist eben mindestens so alt wie das älteste Dokument, das es bezeugt: und Mallavādin bezeugt den sarvasarvatmakatvavida als Lehre nicht nur des Saint khya, sondern auch einer Schule, die sich doktrinar einerseits vom Samkhya, andererseits vom Nyāya (und/oder Valsesika) wesentlich unterscheidet. Daß die Vertre. ter dieses Nicht-Samkhya sarvasarvatmakarvavada ganz andere Philosophen bzw. Theologen waren als die Ramanuja bekannten Theisten,- das anzunehmen besteht kein Anlaß, bzw. um das wahrscheinlich zu machen, bedürfte es mehr als skeptischer Phantasie; denn die Identität beider würde ja nicht dadurch ausgeschlossen, dal thre Existenz für die Zeit zwischen Mallavādin und Rāmānuja nicht indirekt oder direkt kontinuierlich bezeugt ist, und im übrigen bleibt abzuwarten, ob ein nun entsprechend geschärfter Blick nicht doch noch derartige Zeugnisse entdeckt. Man kann auch nicht so argumentieren, daß Mallavadin, da er sich an den anderen Stellen, an denen er auf das sarvasarvatmakatwa zu sprechen kommt (Textstücke B, D und F, s.o. S. 367. u. S. 370), dabel immer auf das Samkhya bezieht, folglich auch hier keine andere Schule im Auge haben könne. Denn Simhasūris explizite Unterscheldung des Nicht-Samkhya-sarasarvatmakatvavada von dem identischen Element der Lehre des Samkhya hat auf jeden Fall, abgesehen von möglichen anderen Faktoren wie z.B. entsprechender eigener Kenntnis Simhasūris, eine sichere Grundlage im Text Mallavädins selbst, insofern dieser die Widerlegung dieses Vāda und die anschließende Darstellung des varavada mit den Worten anyah punaraha (s. o. S. 365) einleitet, durch die sich eine Mutmaßung der Art verbietet, die Kritik an der Samkhya-Metaphysik wie am sarvasarvatmakarvavada werde von ein und demselben Diskussionsteilnehmer, eben einem Nalyāyika oder Vaibesika, vorgetra Page #24 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 404 A. Werler Der sarvasarvatmakatvavids gen. Wenn dieser letztere Kritiker also ein anderer ist als derjenige, der zuvor die zentralen Theoremata des Sámkhya mit Ausnahme des sarvasarvatmakatvavada strulert hat, dann scheint der Schluß, den Jambuvijaya aus diesen Beobachtungen gezogen hat, in der Tat unabweisbar: der erste Kritiker hat mit dem von ihm ange griffenen Samkhya immerhin soviel gemeinsam, daß auch er die These servam sarvatmakam' vertritt. Gegen ihn - und nicht gegen den bereits am Boden liegenden Vertreter des Simkhya - laßt Mallavādin den ifvaravādin sich wenden, der die Dar. legung seiner eigenen philosophisch-theologischen Anschauungen sogleich mit der entsprechenden Gegenthese eröffnet: na sarasarvatmakatvaparigraho nyayyah. Die Widerlegung des sarvasarvatmakatvavida durch diesen Hvaruvadin ist zwar insofern fiktiv, als dabei auf die spezifische, von Mallavädin stammende Systematik des vidhyubhaye (s. o. S. 364) etc. Bezug genommen wird, und die darstellungsmaßige Entwicklung des Hvaravala in kritischer Abgrenzung gegen den sarvasar patmakatavada mag auch insgesamt insofern eine literarisch-dialektische Fiktion Mallavadins darstellen, als es eine derartige Auseinandersetzung realiter, d. h. in der historischen Wirklichkeit, soweit sie Mallavadin bekannt war. gar nicht gegeben haben muß. Daß man sich eine solche Auseinandersetzung vorstellen kann, ja daß es geradezu naheliegt, sie als Autor spielerisch in Szene zu setzen, kann kaum bestrit ten werden. Warum sollten nicht auch bzw. nicht gerade auch Theisten verschiedener Richtungen über ihre unterschiedlichen ontologischen Voraussetzungen mitein ander in Streit geraten können? whereas Muni Jambüvijaya states that it is a sarvasar makarvavadint who does away with Samkhya metaphysics and is, thereafter, criticized in his turn by the itvaravadin. In order to re-examine the dialectical structure of this chapter of the NC, first (8 5) that passage of the Nyayigamanuskrini is taken up for a closer study which Muni Jambüvijaya must have had in mind, i.e. NC 324.7-13 (references are always to his edition): It does, Indeed, allow of no other conclusion but that the opponent who proves Särkhya metaphysics to be unsustainable, cannot be identical with the ivaravadin. On the other hand, as he must be different also from the exponent of Samkhya, a problem remains to be solved, viz. who is the mysterious .. sarvatar parmakatvavadin". Thus it proves necessary to inspect closely all those passages in the NC itself and in its Vrtti in which this vida is mentioned (6). In this connection the following text passages are quoted and translated: NC 38.3-4 together with NC 38.20-33 ($ 6.1), NC 107.2-108.2 together with NC 107.20-27 ( 6.2), NC 11.2-12.2 to gether with NC 11.21-12.5 (6.3). This yields the result, puzzling at first sight, that the sanusaramakatuvada forms an essential and integral part of Samkhya philosophy itself. Regarding the last mentioned passage, I ask (56.3.1) whether Muni Jambüvijaya Is right in recognizing in the passage NC 11.26-30 a quotation from another source (which could not but be an older Samkhya work). This question, in itself sec ary, leads nevertheless to the inspection of NC 320.1-7 ($6.3.2) as well as of a part of the Bhagya on Yogasutra 3.14, including the explanations offered by Sah kara in his Vivarana (16.3.2.1); and of the Samkhyavrtti (V) to karika 15 of Isvarakrina's Samkhyasaptati. The conclusion drawn by E. A. Solomon (cf. note 71) regarding the obvious and close correspondance between several parts of these passages, is criticized as being ill-considered, and it is stressed that in explaining them one should rather start from the heuristic assumption, well founded as it is, that not only Mallavidin and Simhasüri, but also some of the authors of commentaries on the Samkhyasaptati and the YS had access to and made use of the pre-Karika tradition of Simkhya, i.e. especially of the lost Şastitantra of Vrsagana and perhaps also works of his disciples or followers. In answering the secondary question raised by the passage NC 11.2630, I argue that there is little probability of its being a quotation, whereas NC 320. 1-7 and the Bhasya on YS 3.14 might well represent, or contain, a quotation from sich older Samkhya works. Returning to the problem as to which school of thought the sarvasanatmakatwa vāda belongs, I quote a verse from Prajñākaragupta's Pramäņavärttikabhäsya to gether with the explanation given by Jamāri (alias Yamari) in his commentary thereon, preserved only in Tibetan translation ($ 6.4). With the help of another passage out of Prajñakaragupta's work, it is shown that both Buddhist philosophers still associated the Sāmkhya with this vada. Since Prajnakaragupta, however, refers to it in the context of different theories of error, a verse passage from Ramanuja's Sribhäsva is drawn upon where he, too, deliberates, among other theories of error. on one that is evidently based on the servasaramakatvavada. According to this SUMMARY The present article is the first of a series I intend to write under the common title "Studies on Mallavadin's DrädaSaranayacakra". Here I deal with the servasar patmakatvavada. In the beginning ( 1), preliminary information is given about the state of prekrvation of this text, Le the necessity of reconstructing it totally from its commentary, the Nyayigaminusirini of Simhasūri, and about the different editions published so fur (d. notes 7, 8 and 10); among the latter, that of Muni Jambüvija yaji surpasses the previous ones in every regard (cf. E. Frauwallner's "Introduction" to the Muni's edition). The question of the testimonial value of the Nayacakra (NC) is raised (72 and 3), for some remarks of Frauwallner (cf. notes 3 and 9) are open to the misconstruction that he was, as to this, rather sceptical. On the basis of general observations on the anekantavāda, made by W. Halbfab (cf. notes 26 and 27), it is argued that, on the contrary, Mallavādin may fully be expected to furnish objective and extraordinarily valuable information about earlier and contemporary philosophical thought. In 4 attention is drawn to a peculiar divergence between Frauwallner's and Muni Jambüvijaya's analysis of the contents of chapter III (vidhyubhayāra). According to Frauwallner, there the central tenets of Samkhya are refuted by the Isvaravadin, Page #25 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 406 A. Werder Der sarvasarvatmakatwavida 407 theory, there is no error at all, every cognition being valid since "everything con tains everything". In discussing this prima facie strange recurrence of the server ritmakareváda, a provisional hypothesis is framed, namely that it is due to Sim. khva influence on certain theistic circles, and to these it is that Ramanuja seems to refer. In $7 this väda is analysed both as to its essential philosophical content and the relations it has with other central tenets of the Samkhya school of thought. Before doing so it is made clear that the passages in which this vāda is mentioned, and that some of the terms used, are not explicit enough to allow by themselves to draw a distinct and complete picture, and that the exegete is, therefore, thrown back upon his own understanding and his own endeavour to think along the lines of Sam. khya. Thus, the result cannot but be hypothetical in part. Starting from the observation that the sentence sanam sarvatmakam is parsphrased in the texts by the sentences samekam ekam ca se and surva sur watra (vidyate asti), this ontological statement is shown to mean that every-necessarily: material - phenomenon contains in itself at least one representative of each and every species of individual things ($ 7.1). Yet it cannot be overlooked that this vida is always exemplified or proved by explicitly referring to what now. adays would be called the 'alimentary chain'. The fact, easily to be observed that animal and vegetal life are mutually dependant, has obviously been interpreted by Samkhya philosophers on the assumption that e.g. a particular animal contains in Itself the matter of all those other animals and/or plants it consumes. The peculiari ty of this conception consists in that they suppose that all the individuals who have been consumed are nevertheless still existent as such. On the other hand, it can be demonstrated that the statement sarvarni sarvatmakam does not imply that every phenomenon consists only of all the others, i.e. is not at the same time also this very thing by itself (7.3). Likewise it is conspicuous that the validity of this vide extends to the inanimate evolutes of prakti, too (74). In connection with this latter question a fragment, assigned to the Viraganih by the author of the Yuktidipiki and dealt with already by O. Strauß (cf. end of note 85), is examined; it clearly states that the exponents of Samkhya do not admit any annihilation, but only a disappearing out of being manifest, and that this holds good for the 23 tattvas (at the end of a kalpa) as well as for all the other minor evolutes of them (after a more or less limited time of manifestation). In note 85 It is shown with the help of Sankara's Vivaraña on YS 3.13 that Frauwall ner has misunderstood the technical term samsarga, occurring in this fragment; the expression has evidently to be interpreted to denote the rejoining of a phenomenon with its cause(8) after having been mantfest for some time, whereas the opposite process is called visarga in Samkhya-Yoga terminology.) In $7.5 the additional element jātyanucchedena, frequently met with when the sentence sara sarvatmakam occurs, is taken up for consideration and the opinion is expressed that it is intended to preclude the possible misunderstanding of the Servervatmakarvavade as implying that the individual phenomenon by being sarvatmaka does not at the same time represent its own species. This vida has ob viously been attacked quite early, and the argument was that if it were true, every thing would then be visible everywhere or in everything else. As to the answer of the exponents of Samkhya, some of the relevant passages say that they took recourse to their peculiar concept of abhivyakti, ie, they accounted for the empirical fact that a particular thing is perceived as this and only as this, by referring to place, time, shape, etc., as conditioning its manifestation, In 7.7 still more fundamental problems connected with this vāda are discussed in some detail. The essential course of this discussion is as follows: Frauwallner has made the interesting and important observation that the origin of a given doctrine lies elsewhere than in the reasons adduced for it, and that the reasons are, on the contrary, adduced only later in order to prove the doctrine, of which the origin lies in immediate observation and perception of things. From this it would follow that the sarvasan k atuwada is posterior in relation to the doctrine of prakrti, which, together with other reasons, it serves to justi fy. Since it cannot have been solely deduced from empirical facts nor have itself been derived from the concept of primary matter, there is greater likelihood for the assumption that it is later merely in the sense that it was later used as one of the proofs for the existence of prakti. In quest of the origin of this vada one has, there fore, to take into account the fact that it is closely related to sakaryavida. I.e. that it forms an integral constituent part of the special theory of causation the Samkhyas adhere to and propound: according to the latter wäda, a product already exists before it becomes manifest, and according to the former it is all the same still existent after it has disappeared! And both these vadas cannot be delinked from the peculiar Samkhya concept of being which was formulated by the Varsaganyab, as is clear from a fragment thus preserved by Vasubandhu in his Abhidharmakosabhâsya: yad astiasty ene tadyan nästi nästy en tad / asalo nästi sambhavah/sato rasti vinafah Now, regarding the satkaryavada Frauwallner seems to have taken the view that it was developed secondarily only, viz. in order to meet adverse criticism directed against the reasons brought forward by Samkhys authors who wanted to prove the existence of primary matter. Thus, If Frauwallner were right, it would mean that the peculiar Samkhya concept of being, too, is of later origin - consequence alto gether improbable! Against Frauwallner, als also against the implications of his ideas about this part of the historical development of the Samkhya school of thought, It is stated that the whole problem stands in need of a thorough and critical reconsideration which may well lead to quite different results. The resulting new picture would, to be sure, likewise have the character of a hypothesis: vet. I think it would be a stronger one. It has, of course, yet to be drawn in full detail: my own attempt is but a rough sketch. It starts from the as sumption that the Samkhya concept of being has arisen, among other fruti passages, out of Chind. Up. 6.2.1 f, where though still in terms of rather cosmological than ontological thinking - it is stated that a dar can only have originated out of a sat. Since Ramanuja, too, refers to this very teaching of Uddalaka Aruni, one has to reckon with the possibility that the peculiar concept of being which has developed Page #26 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 408 A. Wezler out of it was not confined to the early Samkhya school of thought, but was likewise shared by the forerunners of that specific theistic school which later used it in its singular theory of error. Both schools could have had in common this concept of being, but should have greatly differed from each other as regards their respective ,,Weltanschauung", a dualistic and non-theistic one in the case of the Samkhya and a theistic and perhaps also monistic one in the case of the others. In $ 7.8 an attempt is made to solve the problem posed by the observation that the sarvasarvatmakatvavada seems to have receded to the background in later classical Samkhya, i.e. in the Samkhyasaptati and its commentaries. The tentative answer proposed is that this vada could not be reconciled with the idea of moksa that had become important in the meantime. In conclusion (SS 8), the present study returns to the initial question of the dialectical structure of chapter 3 of the NC, i.e. to the question of the i him who has rightly been named , sarvasarvatmakatvavadin" by Muni Jambuvijaya. Since the exponent of this doctrine must in the given context be different from the upholder of the Samkhya doctrine he attacks, one cannot but draw the conclusion that he represents those theistic thinkers for whom this vada has likewise been characteristic, but who did not, of course, approve of the metaphysical "superstructure" the Samkhyas had erected. Thus Mallavadin leaves us in no doubt whatsoever as to the actual existence of this peculiar theistic school.