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A. Wezler
Wort kommende] gewöhnliche Mensch ist der Ansicht, daß im Falle aller vier [gegebenen] Alternativen [die jeweiligen Lehren] der Vertreter des Samkhya usw. fehler. haft sind; [deshalb versucht er], indem er die Fehlerhaftigkeit [der entsprechenden Lehren des Samkhya und weiterer philosophischer Systeme] aufzuzeigen gedenkt, [andere] dazu zu veranlassen, sich [seine eigene] gedankliche Position zu eigen zu machen, deren Stimmigkeit er [auf diese negative Weise] begründet. Wenn, um [mit dieser Möglichkeit] unter den [gegebenen vier Alternativen zu beginnen, [d. h. ] als erste [Alternative], das Ge meinsame, da eines alles ist, eben in dem [Ding, dem es zukommt vorkommt: Alles ist eines und eines ist alles. Warum? Wegen der Mannigfaltigkeit der Ursache, wie es heißt [= Zitat A]: Alles besteht aus allem. - Wenn [es sich] so [verhält], warum wird [dann] nicht alles in einem wahrgenommen und eines in allem? - [Dieser Einwand] wird mit der Feststellung zurückgewiesen, daß [die Erkenntnis, daß alles aus allem besteht zwar richtig ist, daß es] aber aufgrund des Gebundenseins an Ort, Zeit, Gestalt und Bedingung kein Sich-Manifestieren der Einzeldinge zur gleichen Zeit gibt. Deshalb50 sind wir der Ansicht, daß die [zu beobachtende] Mannigfaltigkeit z.B. des Geschmacks usw. durch Umwandlung/Umwandlungsprozesse der beiden31 [Elemente, nämlich] des Wassers und der Erde, zustande kommt, bei einem vegetabilischen Wesen, das zu einem animalischen geworden ist, das [also] wie z.B. eine von einem animalischen Wesen als Nahrung aufgenommene Pflanze usw. zu einem Produkt der Umwandlung in Gestalt des Körpers des animalischen Wesens geworden ist, und auch bei einem animalischen Wesen, das zu einem vegetabilischen geworden ist, das sich [also], wenn es von einem vegetabilischen Wesen als Nahrung aufgenommen wurde, in dieses umgewandelt hat, ebenso bei einem vegetabilischen Wesen, das zu einem [anderen] vegetabilischen Wesen geworden ist, [und] bei einem animalischen Wesen, das zu einem [anderen] animalischen Wesen geworden ist. Deshalb besteht alles aus allem."
Weil deshalb eines alles und alles eines ist, befindet sich das Allgemeine, das in seinem [Ding] (d.h. dem Ding, dem es zukommt) vorkommt, [z.B.] im individuellen Wesen des Topfes. Nachdem er (d.h. der hier zu Wort kommende gewöhnliche Mensch) damit die Ansicht eines anderen aufgezeigt hat, gibt er darauf die Antwort..."
Simhasuri stellt also u.a. erläuternd fest, daß der im Nayacakra hier zu Wort kommende gewöhnliche Mensch (laukika) sich anschickt, die gegebenen vier Alternativen kritisch zu untersuchen, da er der Ansicht ist, daß die philosophischen
50 Jambūvijayaji weist (Nayacakra 320) in einer Fußnote zu der Parallelstelle (= Textstück H, u. S. 375) für die Verwendung von te in der Bedeutung von tatahjatah auf Patanjalis Mahabhasya hin, wo die Floskel te manyamahe in der Tat öfters belegt ist (vgl. z.B. I 30.11; 38.20 etc.) und sich aus ihrem Alternieren mit ato manyamahe bzw. Abl. + manyamahe (z.B. I. 31.20 hzw. 6.22) die beobachtete Aquivalenz ergibt.
51 Die Partikel api bereitet dem Verständnis hier einige Schwierigkeiten. Weder eine kopulative Funktion (auch" etc.) kommt hier in Frage noch die def Indizierung des Subjekts- bzw. Gegenstandswechsels (,,seinerseits", andererseits" etc.). Daß api auch nach einer, Dualform wie nach Zahlwörtern etc. in der Bedeutung alle" gebraucht werden kann, ist m.W. noch nie beobachtet bzw. nachgewiesen worden.
Der sarvasarvätmakatvavāda
Systeme, beginnend mit dem Sam k hy a", nicht haltbare Positionen einnehmen, indem sie either see a common factor in all things (sāmānyam).... something specific (videṣaḥ)... or both...2. Die erste Position, auf die dann eingegangen wird, muß deshalb die des Samkhya sein, wenn man nicht die willkürliche Annahme machen will, daß Simhasüri hier gegen das von ihm auch sonst be folgte yathasamkhya-/yathakrama-Prinzip verstößt, demgemäß Glieder in zwei oder mehr aufeinander folgenden Aufzählungen so gereiht werden, daß sie miteinander korrespondieren.
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Die erste Alternative (svaviṣayam samanyam) wird aber damit begründet, daß „eines alles ist". Wenn auch nicht mit dem gleichen Grad der Explizitheit wie im Textstück E, stellt Simhasüri demnach auch hier klar, daß es sich dabei um ein Theorem des Sämkhya handelt.
Aus der drucktechnischen Hervorhebung des entsprechenden Abschnitts in Jambūvijayajis Ausgabe folgt, daß er darin das Zitat einer einschlägigen Passage aus einem anderen Text gesehen hat. Im Unterschied zu den übrigen Belegstellen für das besagte Theorem im Nayacakra, würde Simhasüri in diesem Zusammenhang also einem Samkhya-Autor selbst das Wort erteilen, denn nur auf einen solchen könnte er sich hier berufen.
Es erhebt sich aber die Frage, ob Jambūvijayajis Herauslösung dieses Abschnitts als Zitat aus dem Kommentartext richtig ist. Zweifel werden allerdings nicht durch den Umstand geweckt, daß der Herausgeber Vijayalabdhisüri in seiner Ausgabe nur dem ersten Satz, sarvam sarvätmakam, den Status eines Zitats zuerkannt hat; denn da hat sich Jambüvijayaji denn doch entschieden mehr Gedanken gemacht und richtig gesehen, daß der letzte Satz, tasmat sarvam sarvätmakam, die Funktion einer ,conclusio' (nigamana) hat, die gemäß der Definition des Sämkhya eine Wiederholung/-aufnahme der Behauptung (pratijna)53 ist, und daß deshalb durch ihn der ganze Abschnitt auf jeden Fall als argumentativ-gedankliche Einheit erwiesen wird. Dies ergibt sich darüber hinaus auch aus der Art und Weise, wie Simhasüri, den wesentlichen Inhalt des Abschnitts zusammenfassend, in seinem Text fortfährt (tata ekasya sarvatvät sarvasya caikatvat svaviṣayam samanyam ghatasyātmani vartata iti paramatam pradarfyottaram äha...). Zweifel an Jambūvijayajis Auffassung entstehen vielmehr aus verschiedenen anderen Gründen, die zum einen formaler Natur sind, zum anderen die Tatsache betreffen, daß weiteres Parallelmaterial sowohl in der Nyāyāgamanusärini als auch in anderen Texten zu berücksichtigen ist.
6.3.1. Gewiß ist zuzugeben, daß die zu dem Abschnitt überleitende Floskel yathaha die Vermutung nahelegt, daß im folgenden zitiert wird, aber zwingend ist diese Interpretation nicht, zumal am Ende das iti fehlt; daß es in sämtlichen Handschriften, einschließlich der Handschrift bha, die gemäß Jambūvijayaji eine
52 Zitiert aus Frauwallners Introduction", p. 3.
53 Vgl. die von Simhasüri (Nayacakra 314.5-6) referierte Definition: pratijñābhyaso nigamanam. S. auch (gleichlautend) Yuktidipika (ed. Pandey), 41.27.