Book Title: Zum Begriff Der Substanz Im Vaisesika
Author(s): Wilhelm Halbfass
Publisher: Wilhelm Halbfass

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Page 18
________________ 158 WILHELX HALBTASS „Substanz selbst“ lasse sich aus dem Bestimmtheitskomplex, der das konkrete Ding ist, ebenso herausschälen, wie sich — einem beliebten Bei. spiel zufolge – der Mann, der den Stock trägt, aus dem Bestimmtheitskomplex ,,Stockträger" (dandin) herauslösen läßt. Diese und andere Beispiele präsentieren den Bestimmungsträger als ein seinerseits durchaus bestimmtes Ding, dem weitere Bestimmungen hinzugefügt werden kön. nen und das von solchen Bestimmungen sozusagen eine zusätzliche ,,Fär. bung" empfangen kann 57. Daß der Begriff und die Wahrnehmbarkeit der „bloßen Substanz" als solcher auf diese Weise nicht zu erläutern und nicht zu verteidigen sind, wird in der Auseinandersetzung mit den Buddhisten jedoch alsbald deutlich. Das svarūpālocanamätra der Substanz als solcher, das Prasastapada offenbar als erstes und unmittelbarstes Resultat des Kontaktes mit dem Gegenstand sowie der übrigen erforderlichen Kausalfaktoren postuliert, wird auch von seinen Kommentatoren nicht wirklich präzisiert oder er. läutert, mag es auch durch die mittlerweile voll entwickelte termino logische Unterscheidung von „prädikativer" (savikalpaka, oft mit ,,vor. stellend“ übersetzt) und „nicht-prädikativer“ (nirvikalpaka, „vorstel. lungsfrei“) Wahrnehmung paraphrasiert werden. Stattdessen nimmt man u. a. wiederum einen zumindest impliziten Bezug auf die Vorstellung des konkret-bestimmten „ganzen" Dinges, die inzwischen, vor allem durch Kumärila, begrifflich und thematisch etabliert worden ist und die als dasjenige verstanden werden kann, das im ,,bloßen Anschauen" zwar als Ganzes, jedoch vage und undifferenziert gegeben sei 54. Dabei kommt eino Ambivalenz in der Verwendung von visesana zustatten, das einerseits als zum Bestimmungsträger hinzutretende Bestimmung, andererseits als 57 Zu diesem Begriff der Färbung“ (anurdga u. dgl.) vgl. B. GUPTA a. a. 0. 69 ff.; bes. 98 ff., 115f.; den von GUPTA S. 69, Anm. 165 parallelisierten Stellen aus Jayanta und Dignåga wäre auch unsere Prasastapåda-Stelle (bes. 1861..) an die Seite zu stellen. Vgl. Vàoaspati zu NS I, 1, 4 (ND: 232): wabhavo hi dravyasya upddhibhir vibigyate, na tu-upädhayo ud tair vidippatvam od tasya rabhavah. " Dies kommt, wenn auch wohl eher unabsichtlich, ins Spiel, wenn Sridhara bemerkt, der Gegenstand (artha), mit dem ja der Kontakt (samni. karpa) stattfindet, sei zwar stets ein bestimmter (visista), werde zunächst (prathamam) jedoch nicht als solcher erfaßt (NK 193—194). Im übrigen läuft auch die NK 189 gebotene Interpretation des svarūpalocanamdtra der Substanz darauf hinaus, daß es nicht um ein isolierbares Erfassen des Bestimmungsträgers, sondern um ein zunächst nicht differenzierendes Erfassen des konkreten Ding-Ganzen geht.

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