Book Title: Zum Begriff Der Substanz Im Vaisesika
Author(s): Wilhelm Halbfass
Publisher: Wilhelm Halbfass

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Page 21
________________ 161 Substanz (dravya) im Vaiseşika fern er die dunkle Tönung des Gegenstandes übernimmt, ohne seine ihm eigene, nämlich helle Farbe". Später wird das Argument wiederholt und ein weiteres hinzugefügt: daß man in der Dämmerung Vögel im Fluge sehen könne, ohne daß man ihre Farbe sieht. Diese Argumente werden in Santarakṣitas Tattvasamgraha und im zugehörigen Kommentar von Kamalasila angeführt und widerlegt. Als weiteres im Nyaya verwendetes Argument wird u. a. das Beispiel eines in einem Harnisch stekkenden Mannes genannt, der, auch ohne daß man seine Farbe sehen könnte, als Mensch aufgefaßt wird. Die in diesem Zusammenhang namentlich genannten Nyaya-Autoren sind Uddyotakara und Bhāvi. vikta. In seinem Kommentar Vipañcitärtha zu Dharmakirtis Vāda. nyaya verweist Santarakṣita ferner auf Aviddhakarna und schreibt ihm die These zu, daß es insofern ein Erfassen der Substanz ohne ihre Farbe und sonstigen Qualitäten gebe, als ja bei schwacher Beleuchtung eine Substanz auch ohne Wahrnehmung ihrer Farbe usw. vage als Kuh oder Pferd wahrgenommen werde", Über die Unzulänglichkeit dieser Argumente im Disput mit den buddhistischen Erkenntniskritikern ist kaum ein Wort zu verlieren. Vom Ding-Phänomen, vom in der Wahrnehmung Gegebenen ist (besonders deutlich im Kristall-Beispiel und im Beispiel des Mannes im Harnisch) überhaupt nicht die Rede; es geht lediglich darum, daß ein Ding auch ohne seine ihm normalerweise zukommende Farbe erscheinen kann. Nur, wenn man schon akzeptiert hat, daß es ein solches substantielles, physisch-objektiv vorhandenes Ding mit einer bestimmten ihm objektiv zugehörigen Farbe gibt, hat der Hinweis auf ein Sehen ohne diese seine Farbe Gewicht 68. Was den Argumenten, in einem erkenntnisdeskriptiv nachvollziehbaren Sinne, offenbar zugrunde liegt, ist die Trennung zwischen der Gestalt und der Farbe usw. eines Dinges, also sozusagen die Trennung von primären“ und „,sekundären" Qualitäten. Die in der Wahrnehmung auch ohne,,ihre" Farbe usw. faßliche Gestalt wird als das Erscheinen der Sub NV 421). 4 NV1 78f. (zu NS I a 14; 45 NV1 351 (zu NS III a 1). "Vgl. TS, v. 556 ff.; v. 557: kañcukantargate pumei tadrupadyagatão api puruşapratyayo drsto... 7 Dharmakirti's Vadanyaya with the comm. of Santarakṣita, ed. R. SANKṚTYAYANA (Appendix to Journal of the Bihar and Orissa Res. Soc., vols. 21-22, 1935-1936) 35: aviddhakarnas tv äha rupadyagrahe 'pi dravyagrahanam asty eva, yato mandaprakase 'nupalabhyamānarüpädikam dravyam upa. labhyate 'niscitarupam gaur aśvo va-iti. S. u., Anm. 71. "Im übrigen ist es ein naheliegender Einwand, wenn TS, v. 566 erklärt, daß die Erkenntnis des Mannes im Harnisch (s. o., Anm. 66) lediglich eine auf Schlußfolgerung beruhende (anumänika) sei.

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