Book Title: Zum Begriff Der Substanz Im Vaisesika
Author(s): Wilhelm Halbfass
Publisher: Wilhelm Halbfass

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Page 22
________________ 162 WILHELM HALBTA88 stanz selbst in Anspruch genommen. Eben dies ist einer der Punkte, an denen die buddhistische Kritik einsetzt: In unmittelbarem Anschluß an das Argument Aviddhakarnas bemerkt sāntarakṣita, daß auch in diesem Falle nichts als eine Gestalt (samsthānamätra) — also keinesfalls eine Substanz als solche — wahrgenommen werde. Ein entsprechender Einwand wird schon von Uddyotakara aufgenommen und diskutiert; er selbst und andere Autoren des Nyaya und Vaiseșika versuchen nachzu. weisen, daß eben dieser Begriff des samsthāna, sofern er überhaupt von dem der Farbe usw. unterschieden werde, über bloße Qualitäten hinaus und zur Substanz selbst führe. Und Vyomasiva, in offenkundigem Bezug auf Aviddhakarņas These oder ein ähnlich formuliertes Argument, bemerkt, daß bei sehr schwacher Beleuchtung der avayavin (und das ist ja derjenige Substanztypus, der empirisch zugänglich ist) als ,,bloße Gestalt“ (sansthanamätra) wahrgenommen werden. -- Auf die Gestalt bezieht sich u. a. auch Sridhara in seiner Verteidigung des Substanz begriffs: Eine Substanz ist deshalb anzunehmen, weil wir im Wahrnehmen von Fall zu Fall besondere, individuelle Gestalten erfassen; dies könnte durch Qualitäten wie Farbe usw., die ihrem Wesen nach ganz und gar ohne solche individuelle Besonderheit sind, nicht erklärt werden. Worum es hier geht, ist samsthāna als partikularisierender, individualisierender Faktor: Qualitäten rein als solche sind als Prinzipien der Besonderung und Individuierung unzureichend; sie sind nicht als Individuen nomerisch identifizierbar. Eben dies freilich, daß samsthana als Basis numerischer Identität dienen könne, wird von den Buddhisten spätestens seit Dignāga bestritten: Die Gestalt wird selbst gänzlich in den Bereich der bloßen Qualitäten verwiesen. - Wir dürfen in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß rūpa in den älteren Texten sowohl die Bedeutung Farbe“ wie auch die Bedeutung „Gestalt“ („Form“) umfaßt; der er - A. . Q. (8. Anm. 67): nanu ca tatra-api samathanamdtram upalabh. yote; vgl. auch TS, v. 566; der dort gebrauchte Ausdruck samniveta wird von Kamalasila durch samsılanavisepa paraphrasiert. * Vgl. xV: 76f. (zu NS I a 14; = NV 419); vgl. auch Santarakṣita a. a. 0. (8. Anm. 67): satyam upalabhyate (sc. samsthanam), na tu tad rūpadyatmakom (als purvapakpa). n Vgl. Vy. 46: mandamandaprakase sati samsthanamdtrasya-avayavino grahaņād ii. Der unmittelbar vorhergehende Text ist offenkundig verderbt; es dürfte zu lesen sein: tatha ca visesaņågrahaņāt visesyabuddher na ca-asat. tvami na ca-apy-abhedah | tatha-avayavagrahe avayavyagraho 'siddhah. " NK 41: ... pratyekavilakpanasamsthanasarvedandt, rupadisvabhavarya sarvatra-avisepdt ...; vgl. Kumărila, Slokavårttika, Vanavåda 17: anyad anyac ca samsthanam pratipindam pratiyate. * Etwa in den Upanişaden und in den philosophischen Partien des Mabil bharata

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