Book Title: Erich Frauwallner
Author(s): J Slauerhoff
Publisher: J Slauerhoff

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Page 5
________________ Erich Frauwallner versagt geblieben sind“? – Wann anders hätte dieser Gedanke eines umfassenden Handbuchs der Geschichte der indischen Philosophie endgültige Form erhalten sollen, wenn nicht in jenen Jahren, da Frauwallner mit Recht dieses „Mindestmaß an äußeren günstigen Bedingungen“ gesichert wähnen mußte ? Als Aufgabe und treibende Kraft seines Forschens hat dieser Gedanke aber wohl schon vorher, wenn nicht von Anfang an, Frauwallners Arbeiten innerlich bestimmt und ihnen den Charakter sondierender Vorarbeiten verliehen, die sprunghaft, aber nach einer inneren Logik voranschreitend, der Klärung einzelner wichtiger Fragen dienen. Jedenfalls war ein Jahr vor seiner Ernennung zum a.o. Professor die Bewältigung des Stoffes bereits soweit gediehen, daß er am 30. August 1938 in Bonn den erwähnten Vortrag vom arischen Anteil an der indischen Philosophie halten konnte, in welchem er klare Vorstellungen über die Periodisierung der indischen Philosophie vorlegen konnte. Die darin ausführlich begründete These einer Gliederung der indi.schen Philosophie-Geschichte in eine Periode ,wissenschaftlich vorurteilslosen" Philosophierens – Frauwallner wird sie später die Zeit der klassischen Systeme nennen , die vorwiegend von der arischen Oberschicht und ihrem Geist getragen sein sollte, und eine Periode der „religiösen“ Systeme, die von der immer stärker am Kulturleben beteiligten nichtarischen Bevölkerung geprägt wurde, ist, was immer man gegen sie vorbringen kann, der erste und bisher letzte auf gründlicher Materialkenntnis beruhende Versuch einer Periodisierung der indischen Philosophie. Die Einführung der Rassentheorie als inneres Deutungsprinzip dieser Perioden ist Verirrung der Zeit, der Frauwallner erlegen ist und, wenn man näher zusieht, offenbar aus Mißverstehen seiner selbst erlegen ist. Denn der „arische" Geist, der ihm die erste Periode des indischen Denkens zu kennzeichnen scheint, ist nicht der Geist „arischer Rasse“, sondern der Geist Hellas, den der Altphilologe im alten Indien in verwandter Prägung wiederzufinden glaubt. In seiner Zwiespältigkeit aber ist dieser Vortrag gleichsam der die Summe ziehende Epilog des mit ihm zu Ende gehenden Lebensabschnittes. Aus den unmittelbar folgenden Jahren fehlen neue Publikationen. Für Frauwallners, wissenschaftliches Werden wie für sein persönliches Leben bedeutet die Zeit des Zweiten Weltkrieges eine tiefgreifende Zäsur. Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg lebt der aus politischen Gründen frühzeitig Pensionierte - seine Ernennung zum a.o. Professor war in der Zeit erfolgt, in der Österreich unter nationalsozialistischer Herrschaft stand - unter schwierigsten Umständen als Privatgelehrter. 2 E. FRAUWALLNER, Geschichte der indischen Philosophie, Band I, Salzburg 1953, p. 1.

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