Book Title: Erich Frauwallner
Author(s): J Slauerhoff
Publisher: J Slauerhoff

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Page 12
________________ 16 GERHARD OBERHAMMER der Hinayana-Schulen zeigt, brechen die Abhidharma-Studien 1973 ab. Ein kurzer Vortrag,,Die Entstehung der buddhistischen Systeme", 1971 vor der phil.-hist. Klasse der Akademie der Wissenschaften in Göttingen gehalten, zieht die großen Entwicklungslinien vom Abhidharmapiṭakam zu den späteren Systemen. Es ist die letzte synthetische Schau der Geschichte des philosophischen Gedankens in den Schulen des HināyānaBuddhismus. Der entsprechende Band der „,Geschichte der indischen Philosophie" wurde nie geschrieben. Im Augenblick, da die Vorarbeiten im Wesentlichen abgeschlossen zu sein schienen, wurde Frauwallners Forschen durch den Tod ein Ende gesetzt. Die seit Jahren in ihrer Schwere unerkannte Krankheit war unheilbar geworden. Die schicksalhafte innere Form seines Lebens entzieht sich hinter dem als Torso zurückgelassenen wissenschaftlichen Werk, wenngleich man glaubt, sie zu ahnen. In gewissenhafter Arbeit hat Frauwallner sein Leben in wissenschaftliche Leistung umgesetzt. Was er war, ist nun sein Werk. Was er ist, barg sich hinter der Sperrigkeit seines Habitus, hinter der fast ans Schamhafte grenzenden Scheu vor allem Gesellschaftlichen und mündete ein in die Entzogenheit der letzten Krankheit, verfremdet im geahnten Austausch des Lebens gegen den Tod,,dem Eide folgend bei dem Gott, dem Lenker von allem, dem Vergangenen und Zukünftigen, und bei dem Vater und Herrn des Lenkers, den wir, wenn wir echte Philosophie treiben, wahrhaft erkennen werden, soweit es Menschen gegeben ist, die mit ihrem Dämon im Frieden sind". Diese Worte hatte Frauwallner einst seinen jungen Mitarbeitern und Schülern als Leitsatz akademischer Existenz mitgegeben?. Sie galten im vollen Maße von seinem eigenen Leben. Das Bleibende dieses Lebens, lag es in der geleisteten Arbeit, mit der Frauwallner den Weg zur geschichtlichen Betrachtung der indischen Philosophie als ganzer gebahnt hat, oder in der durch das Leben erzwungenen Entsagung? Auch das Ausland hat den Gealterten in den letzten Jahren seines Lebens geehrt. Es war Bestätigung eines Werks, das in seiner sensationslosen philologischen Beschränkung und Ehrlichkeit kaum den Blick des Zeitgenossen auf sich zieht, doch da ist und für sich zeugt. 1972 verlieh die Deutsche Morgenländische Gesellschaft Frauwallner die Ehrenmitgliedschaft, und 1973 wählte ihn die Akademie der Wissenschaften in Göttingen zum korrespondierenden Mitglied. Als wir Junge anfang der fünfziger Jahre mit dem Verstorbenen gemeinsam Dharmakirtis Pramāṇavārttikam lasen und uns die Schlußverse mit ihrer starken persönlichen Aussagekraft anrührten, war es uns, als 6 Platon, Ep. VI, 323d, in der Übersetzung Frauwallners. 7 E. FRAUWALLNER, Geschichte und Aufgaben der Wiener Indologie, Wien 1961, p. 95.

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