Book Title: Erich Frauwallner Author(s): J Slauerhoff Publisher: J Slauerhoff View full book textPage 7
________________ Erich Frauwallner Datierung und philosophiegeschichtliche Charakterisierung dürfte heute kaum mehr in Frage gestellt werden. So umfaßt Frauwallners Forschen dieser und der folgenden Jahre in breitester Streuung Studien zu den klassischen Systemen des ersten nachchristlichen Jahrtausends. Nach den genannten Arbeiten steht zunächst die Rekonstruktion der Geschichte des Vaiseşika-Systems im Vordergrund, die den wesentlichsten Beitrag des zweiten Bandes seiner Geschichte der indischen Philosophie bildet, der 1956 erscheint. Auch hier ersetzt Frauwallner die bisher übliche Doxographie aufgrund später Werke durch eine historische Darstellung, in der in gewissenhafter Rekonstruktion das klassische System, wie es im Werk Prasastapādas Gestalt gewonnen hat, in seinem Werden aus einer einfachen Naturphilosophie über die Einführung der Kategorienlehre verfolgt wird. Daneben nehmen aber die buddhistischen Studien und in einem unerwartet breiten Ausmaß auch das Übersetzen buddhistischer Autoren einen entscheidenden Platz ein. Sie stellen letztlich Vorarbeiten für einen in der Planung langsam Gestalt gewinnenden späteren Band seiner Geschichte dar. So etwa die für das Verständnis des Aufkommens der frühen buddhistischen Literatur und des Entstehens der alten Schulen wertvolle Studie desselben Jahres ,,The Earliest Vinaya and the Beginnings of Buddhist Literature“, in der Frauwallner einen verlorenen Vinaya-Text als Quelle des Skandhaka der Mūlasarvāstivādins und der Mahāsanghikā erschlossen hat, der in Anlehnung an den Typus spätvedischen Stils die Mönchsregeln in Form einer Biographie des Buddha dargestellt hat und aus der ersten Hälfte des 4. vorchristlichen Jahrhunderts stammen muß. Neben diesen beiden Werken erscheint 1956 noch ein umfangreicher Übersetzungsband ,,Die Philosophie des Buddhismus“, der mit seiner Auswahl wichtiger Abschnitte aus den Werken buddhistischer Denker bis zum 6. nachchristlichen Jahrhundert und den jeweiligen kritisch erläuternden Einführungen zu ihnen, wenn auch mehr doxographisch im Charakter, ahnen läßt, welche Fülle des Stoffes dem nicht mehr verwirklichten buddhistischen Band seiner Philosophiegeschichte zugedacht gewesen wäre. Aus derselben Zeit intensiver Übersetzungstätigkeit stammt noch ein kleiner, erst 1962 publizierter Auswahlband philosophischer Texte der sivaitischen Systeme, der zeigt, daß Frauwallner damals tatsächlich daran dachte, in seiner Geschichte des indischen Denkens auch die „religiösen Systeme" des zweiten nachchristlichen Jahrtausends zu behandeln, obwohl sonst dafür keine Vorstudien vorliegen. Beide Publikationen sind eigentlich Teile eines umfassenden Übersetzungsbandes zur indischen Philosophie, den Frauwallnerin jenen Jahren vorbereitete, der aber als ganzer nie erschienen ist. 4 Op. cit. p. 5 Anm.Page Navigation
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