Book Title: Bemerkungen Zu Isvarasenas Lehre Vom Grund
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner

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Page 4
________________ Zur richtigen Beurteilung dieser Lehre muß berücksichtigt werden, daß ihr Autor noch nicht mit der Theorie von der festen Verknüpfung von Grund und Folge arbeitet, über Vermittlung von deren Notwendigkeit sich das gemeinsame Fehlen schon mit der Feststellung der Verknüpfung ergibt. Wenn es nun bei Dignaga heißt, daß beide Beispiele, das gleichartige wie das ungleichartige, in einer unanfechtbaren Schlußfolgerung formuliert werden müssen 10, dann ist das im ersten Fall nicht schwierig. Die Formulierung des gleichartigen Beispiels, d. i. im Verständnis Dharmakirtis die Formulierung der Gleichartigkeit nach, setzt nur voraus, daß man den Grund dort sieht, wo man die Folge sieht. Im zweiten Fall ist jedoch vorausgesetzt, daß man das Fehlen des Grundes erkenne. Es fragt sich nun zweierlei. Zunächst: Was ist das Fehlen des Grundes ? Und dann: Wie, d. h. durch welches Erkenntnismittel (pramānam), erkennt man das Fehlen des Grundes? Meines Wissens Fragen, die noch von Dignāga weder gestellt noch beantwortet worden sind. Der hier vorliegende Gegner scheint jedenfalls diese Fragen gestellt und, wie wir noch sehen werden, zu ihrer Beantwortung gegenüber Dignāga durchaus neue Gedanken in die buddhistische Logik gebracht zu haben. Die zuletzt zitierten Stellen geben die Antwort auf die Frage nach dem Wie der Erkenntnis des Fehlens: Man erkennt das Fehlen des Grundes durch die Nichtbeobachtung. Diese wird so zu einem wichtigen Begriff der logischen Theorie und es nimmt daher nicht wunder, wenn dieser Begriff auch genauer bestimmt worden ist. Die Besonderheit dieses Begriffes und seiner Bestimmung scheint es auch gewesen zu sein, die seinen Schöpfer noch nach dem Wirken Dharmakirtis eine Zeit lang im Gedächtnis der Tradition bewahrt hat. Sakyamati übernommen worden (vgl. dessen Kommentar zum Pramāņavārttikam, Peking Edition, Band 131, No. 5718, f. 41b 8f.). Die Angabe, daß Isvarasena Schüler Dignāga's war, kann man nicht gut wörtlich nehmen, weil man sonst in Schwierigkeiten mit der anderen Angabe kommt, daß er Lehrer Dharmakirti's gewesen sei; eine unmittelbare Beziehung zwischen Isvarasena und Dharmakirti glaube ich vorläufig aber unbedingt annehmen zu müssen. Das Werk, das er nicht richtig verstanden hat, ist wohl der Pramāṇasamuccayah. 10 Vgl. G. Tucci: The Nyāyamukha of Dignāga. Heidelberg 1930, p. 42, 4ff. 76

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