Book Title: Sautrantika Voraussentzungen In Vimsatika Und Trimsika
Author(s): Lambert Schmithausen
Publisher: Lambert Schmithausen
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Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ SAUTRANTIKA-VORAUSSETZUNGEN IN VIMSATIKA UND TRIMSIKA Von Lambert Schmithausen 1. Uber die Entwicklung der Philosophie des Yogacara, vor allem die der alteren Zeit, herrscht im einzelnen noch grosse Unklarheit, da ihre Rekonstruktion nicht zuletzt durch die unsicheren literarhistorischen Verhaltnisse erschwert wird. Das altere Material wird fast ausnahmslos - und nicht einmal dies in einheitlicher Weise - Maitreya(natha), Asanga und Vasubandhu zugeschrieben, wobei uberdies ein anscheinend immer noch nicht beendeter Streit daruber herrscht, ob Maitreya(natha) uberhaupt als historische Person oder doch wenigstens als Chiffre fur eine historische Person neben Asanga - dessen Lehrer er eventuell war - angenommen werden darf. Unklarheit herrscht auch Abkurzungsverzeichnis AD = Abhidharmadipa, ed. P. S. Jaini, Patna 1959. AK = Abhidharmakosa (Verstext). AKBh = Abhidharmakosabhasya (= T 1558). AP '= Alambanapariksa, ed. Frauwallner in: Dignaga, sein Werk und seine Entwicklung, WZKSO, Bd. III/1959, p. 157-161. Bstan-gyur: Peking-Druck (Ausgabe der Suzuki Research Foundation). KSi = Karmasiddhi, ed. Lamotte in: Melanges chinois et bouddhiques, Vol. 4/1935-1936, p. 183ff.; meine Zitate folgen der Paragraphen einteilung Lamotte's. MS = Mahayanasamgraha, ed. Lamotte, Louvain 1938; meine Zitate folgen der Paragrapheneinteilung des tibetischen Textes bei Lamotte. PhB = Frauwallner, ,Die Philosophie des Buddhismus', Akademie-Verlag, Berlin 1958. PVA = Pramanavartikabhasyam (Vartikalamkarah) of Prajnakaragupta, ed. R, Sanktityayana, Patna 1953. Si = Vijneptimatratasiddhi des Hsuan-tsang (= T 1585). = Taisho-Ausgabe des chinesischen Tripitaka. = Trimsika, ed. Sylvain Levi, Paris 1925. V = Vimsatika, ed. Sylvain Levi, Paris 1925. Y = Yogacarabhumi (Part I), ed. V. Bhattacharya, University of Calcutta, 1957. 109 Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ hinsichtlich der Datierung dieser Literatur. Die Schlusselfigur hierfur ist Vasubandhu, der vor allem als Verfasser des Abhidharmakosah und Kommentator der alteren Yogacarawerke hervorgetreten ist und der Bruder Asangas gewesen sein soll. Aber die Quellen fur seine Datierung verweisen teilweise ins 5. Jh. n. Chr., teilweise auf eine fruhere Zeit 1 (wahrscheinlich das 4. Jh. 2). Frauwallners Hypothese der Existenz zweier Vasubandhu, nach der der Bruder Asangas und der Verfasser des Abhidharmakosah verschiedene Personen gewesen sind 3, hat sich leider nur bei einem Teil der Fachgelehrten durchsetzen konnen, wahrend sie bei anderen - z. B. P. S. Jaini 4, A. Wayman 5 und auch auf japanischer Seite 6 - auf Ablehnung oder Skepsis gestossen ist, ohne jedoch, soweit ich sehe, schlussig widerlegt worden zu sein ". 1 Frauwallner, 'On the Date of the Buddhist Master of the Law Vasubandhu', p. 32ff. 2 Frauwallner, op. cit., p. 3ff. 3 Frauwallner, op. cit., p. 10ff. 4 P. S. Jaini, 'On the Theory of the two Vasubandhus' (Bulletin of the School of Oriental and African Studies, Vol. XXI/1958, p. 48-53). Die Argumentation Jaini's tut jedoch Frauwallners These keinen Abbruch: vgl. Frauwallner, 'Landmarks in the History of Indian Logic', WZKSO, Bd. V (1961), p. 131. 5 A. Wayman, 'Analysis of the Sravakabhumi Manuscript', University of California Press, Berkeley and Los Angeles, 1961, p. 19ff. Nach Wayman's Auffassung ist der Verfasser des Abhidharmakosah mit dem Bruder Asangas identisch. Es hat jedoch auch nach Wayman's Ansicht noch einen zweiten Vasubandhu gegeben, der vor allem Madhyamakawerke verfasst hat. Obgleich die unter dem Namen Vasubandhu uberlieferten Madhyamakawerke etc. zweifellos ein zusatzliches literargeschichtliches Problem stellen, scheint mir Wayman's Argumentation gegen Frauwallner nicht ganz schlussig zu sein. Es ist zwar merkwurdig, dass Paramartha den Bruder Asangas fur identisch mit dem Verfasser des Abhidharmakosah halt, sein jungerer Zeitgenosse Yasomitra ihn hingegen von diesem zu unterscheiden scheint, und es mag gleichfalls merkwurdig sein, dass offenbar beide Vasubandhus vom Hinayana zum Yogacara ubergetreten sind (vgl. auch Abschn. 4 des vorl. Aufs.); aber unmoglich ist das doch nicht! Und es mag Verdacht erregen, dass wir jeweils nur von einem der beiden Vasubandhus Geburtsort, Abstammung usw. kennen (Wayman, op. cit., p. 21); aber eine Verschmelzung der Biographien zweier Vasubandhus zu einer einzigen ware doch ohne eine solche Vereinheitlichung kaum moglich gewesen! Vgl. H. Nakamura in Acta Asiatica, 1 (1960), p. 74. Der dort erwahnte Aufsatz von Sakurabe ist mir leider nicht zuganglich. ? Vgl. Anm. 4 u. 5. 110 Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Da somit eine auf ausseren Kriterien basierende Literaturgeschichte des Yogacara uber den allergrobsten Rahmen hinaus anscheinend keine vollig gesicherten Ergebnisse zeitigt, muss die Ideengeschichte dieses Systems von inneren Kriterien - von den Lehren und (soweit es angesichts des teilweisen Verlustes der Sanskritoriginale moglich ist) von der Terminologie der einzelnen Texte bzw. Textstucke - ausgehen. Sie muss versuchen, diese in ihren individuellen Zugen zu erfassen, auf diese Weise die ungegliederte Masse des Stoffes aufzulosen und schliesslich durch einen Vergleich der verschiedenen Schichten den Gang der philosophischen Entwicklung zu rekonstruieren. Dieses Verfahren wird dann auch zur Rekonstruktion der ausseren Geschichte des Yogacara beitragen, etwa dadurch, dass es die verschiedenen auf Grund ausserer Kriterien gestellten Alternativen bestatigt oder ausschliesst. Fur das Maitreyanatha-Asanga-Problem hat Frauwallner in seiner ,,Philosophie des Buddhismus" 8 und seinem Aufsatz ,,Amalavijnanam und Alayavijnanam 9 bereits mit einem solchen Verfahren begonnen und gezeigt, dass zum mindesten zwischen Madhyantavibhagah und Mahayanasutralamkarah einerseits und Mahayanasamgrahah andererseits gewichtige lehrmassige Unterschiede bestehen. Im vorliegenden Aufsatz hingegen soll ein Beitrag zur ideengeschichtlichen Sichtung des Vasubandhu-Komplexes geleistet werden, und damit gleichzeitig ein Beitrag zur Losung der diesbezuglichen literargeschichtlichen und datierungsmassigen Probleme. Lamottes Untersuchungen zu Vasubandhus Karmasiddhih haben gezeigt, dass dieses Werk, obwohl von der buddhistischen Tradition als Yogacarawerk eingestuft 10, im wesentlichen ein Sautrantika-Text ist 11 und mit Sicherheit von demselben Verfasser stammt wie der 8 PhB, p. 296ff.; vgl. auch p. 6f. * Beitrage zur indischen Philologie und Altertumskunde, Walther Schubring zum 70. Geburtstag dargebracht, Hamburg 1951, p. 148-159. 10 E. Lamotte, Le Traite de l'Acte de Vasubandhu (Karmasiddhiprakarana)', Melanges chinois et bouddhiques, Bd. 4 (1935-36), p. 176. - Im tibetischen Tripitaka ist die Karmasiddhih in der Abteilung "Sems team" (cittamatram) enthalten, in der Taisho-Ausgabe des chinesischen Tripitaka in der Abteilung ,,Yogacara". 11 Vgl. Lamotte, op. cit., p. 176-179. 111 Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Abhidharmakosah 12. Insofern dieser Text jedoch das fur die Yogacarins typische Alayavijnana 13 vertritt - eben deshalb wird er, wie gesagt, von der buddhistischen Tradition als Yogacarawerk eingestuft -, enthalt er trotz seines grundsatzlichen-Sautrantika-Charakters eine Annaherung an den Yogacara und ist insofern ein Indiz fur die Richtigkeit der Tradition, dass der Verfasser des Abhidharmakosah spater zum Yogacara ubergetreten sei. Zugleich bezeugt die systematische Zwitternatur der Karmasiddhih, dass sich dieser Ubertritt nicht plotzlich, sondern schrittweise vollzogen zu haben scheint. Hiermit aber erhebt sich die Frage, ob nicht auch bei anderen unter dem Namen Vasubandhu uberlieferten Yogacarawerken durch genauere Untersuchung Sautrantika-Voraussetzungen nachgewiesen werden konnen. Ich mochte im folgenden zeigen, dass dies bei Vimsatika und Trimsika tatsachlich der Fall ist. Die Vimsatika steht insofern eindeutig auf der Seite des Yogacara, als sie die Vijnaptimatrata - die Lehre, dass es nur Erkenntnis 14 und erkenntnisartige Gegebenheiten 15), aber keine getrennt davon 'existierenden realen Gegenstande 158, gebe - vertritt; diese Lehre ist ja, wie auch der volle Titel des Werkes - ,,Vimsatika Vijnaptimatratasiddhih" - zeigt, sein zentrales Thema. Die Ve unterscheidet sich dadurch von der Karmasiddhih, in der diese Lehre bisher nicht nachgewiesen werden konnte 16. Umgekehrt fehlt aber in der Vs das in der pirisch fassbaren Vorstellung einte dieses Begriffes 12 Lamotte, op. cit., p. 179-181. 13 KSi 33. - Lamotte's Auffassung von der Geschichte dieses Begriffes, die vor allem besagt, dass die Yogacarins die Vorstellung eines untergrundigen Erkennens neben den empirisch fassbaren Erkenntnissen im wesentlichen von den Sautrantikas ubernommen hatten (Lamotte, op. cit., p. 178), halte ich fur falsch (vgl. auch Wayman, op. cit., p. 28). Fur eine ausfuhrlichere Behandlung dieses Problems verweise ich auf meine demnachst erscheinende Habilitationsschrift uber Vijnaptimatrata und Alayavijnana. 14 Naheres zum Terminus vijnaptih in Abschn. 2, s des vorl. Aufsatzes. 15 Vgl. Ve 1, 3: cittam atra sasamprayogam abhipretam. 152 Vgl. V 1, 4: matram ity arthapratisedhartham. . 16 Lamotte, op. cit., p. 178f. 112 Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Karmasiddhih zentrale Alayavijnana, obwohl Stellen vorkommen, an denen es nach der klassischen Yogacaralehre und auch im Sinne der Karmasiddhih zur Sprache kommen musste. Vs 5, 13 heisst es:,,Das Residuum der Tat (karmano vasana) ist enthalten (samnivista) im Erkenntnisstrom (vijnanasamtana-) der (Lebewesen)." Wahrend nach klassischer Yogacaralehre die Residuen der Taten im Alaya vijnana enthalten sind, ist hier nur von einem nicht naher bestimmten,,Erkenntnisstrom" die Rede. Diese Lehre findet sich nun aber auch in der Karmasiddhih, wo es in 20 heisst:,,Der Willensakt (cetana, was gleichbedeutend ist mit: die Tat) erzeugt im Erkenntnisstrom (cittasamtanah) eine besondere Fahigkeit (saktivisesah) 17." Lamotte und auch der tibetisch erhaltene Kommentar des Sumatisila schreiben diese Lehre den Sautrantikas zu 18. Damit erklart sich aber auch der Begriff des (nicht naher bestimmten),,Erkenntnisstromes": Die Sautrantikas vertreten wie fast alle Hinayanaschulen 19 von Hause aus die Ansicht, dass bei ein und demselben Lebewesen zu einem bestimmten Zeitpunkt immer nur eine einzige Erkenntnis moglich ist, das Lebewesen also durch einen immer bloss,,einschichtigen" Erkenntnisstrom konstituiert wird. Unter dieser Voraussetzung ist der Begriff,,Erkenntnisstrom" vollkommen eindeutig und bedarf keiner naheren Bestimmung. Nach Ansicht der Yogacarins hingegen sind bei ein und demselben Lebewesen mehrere Erkenntnisse gleichzeitig moglich. Insbesondere existiert neben den einzeln oder zu mehreren auftretenden empirisch fassbaren Er 17 sems pas sems kyi rgyud la nus pa'i khyad par bskyed pa .... 18 Lamotte, op. cit., p. 166f. u. p. 232, A. 67; Bstan-gyur, Sems-tsam Ku 92 b 5: da ni mdo sdo sde pa dag gi (Text: gis) phyogs gzan bstan pai phyir... -Im Abhidharmakosah ist allerdings in einem hiermit eng verbundenen Zusammenhang (AK 159 a 4f.; vgl. den ubernachsten Absatz dieses Aufsatzes) nur vom ,,Strom" (samtanah) die Rede, und dieser wird dann (ib., Z. 6) als Erkenntnis (cittam) und Korperlichkeit (rupam) umfassend bestimmt, bedeutet also hier den gesamten Personlichkeitsstrom. Es ist jedoch in diesem Zusammenhang nicht erforderlich, der Entwicklung und den Schattierungen dieser Lehre innerhalb der Sautrantika-Schule nachzugehen. 19 Eine Ausnahme machen anscheinend nur die (od. einige?) Mahasamghikas (vgl. L. de La Vallee Poussin, Vijnaptimatratasiddhi (la Siddhi de Hiuan-tsang... ..), pp. 184, Anm. 2, 186 u. 411, Anm. 1. 8 113 Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ kenntnissen das untergrundige Alayavijnana. Hier besteht also das Lebewesen aus einem Komplex von (mehr oder weniger kontinuierlichen) Erkenntnisstromen, so dass die Aussage, die Residuen der Taten wurden im ,,Erkenntnisstrom" deponiert, hier nicht ganz eindeutig ware. Die Aussage von KSi SS 20 kann naturlich von den spateren Teilen dieses Textes her so gedeutet werden, dass der ,,Erkenntnisstrom" nicht den (fur die alteren Sautrantikas einzigen) Strom der (im allgemeinen) empirisch fassbaren Erkenntnisse, sondern den Strom des mit dem Alayavijnana gleichgesetzten untergrundigen Erkennens bezeichne, und Vasubandhu selbst war sich sicherlich dieser Moglichkeit bewusst. Aber ebenso bewusst hat er in KSi SS 20 eine Ausdrucksweise gewahlt, welche, unbefangen gelesen, eine solche Deutung nicht nahelegt, sondern im Sinne der ublichen Sautrantikalehre des ,,einschichtigen" Erkenntnisstromes, neben dem es kein untergrundiges Erkennen gibt, verstanden wird. Das Gleiche gilt auch fur V& 5, 13. Auch hier verweist der Begriff des (nicht naher bestimmten) ,,Erkenntnisstromes", wie auch immer man ihn deuten konnte, bei unbefangener Betrachtung auf den ,,einschichtigen" Erkenntnisstrom der Sautrantikas. Und diese Auffassung lasst sich durch eine Anzahl weiterer Beobachtungen stutzen: a. Ve 9, 16f, heisst es: ,,Wenn den Lebewesen nur auf Grund einer besonderen Umwandlung ihres eigenen Erkenntnis-)stromes (svasamtana-parinama-visesat) Erkenntnisse, die einen (bestimmten) Gegenstand zur Erscheinung bringen (artha pratibhasa vijnaptayah), entstehen, ...". Der Ausdruck ,samtana-parinama-visesah" ist nun ein typischer Sautrantika-Terminus 20. AKBh 159 a 4f. heisst es: ,,(Die Frucht der Tat) entsteht vielmehr aus einer besonderen Umwandlung des (Personlichkeits- 21)stromes (samtana parinama-visesah), in dem die) Tat (aufgetreten ist)." Dabei bedeutet ,,besondere Umwandlung" die letzte momentane Phase (ksanah) eines langeren Prozesses, oder dessen - 20 Seine systematische Funktion ist naturlich in der Va gegenuber dem ublichen Sautrantikasystem erheblich erweitert, insofern er auch zur Erklarung der gegenstandlichen Bestimmtheit der Erkenntnis, deren Ursache im ublichen Sautrantika-System der reale Gegenstand ist, herangezogen wird. 21 Siehe Anm. 18. 114 Page #7 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Kulminationspunkt, aus dem unmittelbar die Frucht hervorgeht (vgl. AKBh 159 a. 7-9). Der Terminus ,,(samtana-) parinama(visesah)" tritt also, wie die soeben zitierte Abhidharmakosa-Stelle zeigt, ebenfalls im Rahmen der Lehre von der Vergeltung der Taten auf. Er beschreibt, wie KSi SS 20 zeigt, die zweite Phase dieses Vorganges: Nachdem zunachst die Tat eine besondere Fahigkeit im Erkenntnisstrom erzeugt hat, ,,entsteht auf Grund einer besonderen Umwandlung des (auf diese Weise) von der (Tat) durchtrankten (Erkenntnisstromes) zu einer spateren Zeit die Frucht (der Tat) 22." D. h.: Die von der Tat der ihr unmittelbar folgenden momentanen Phase (ksanah) des Erkenntnisstromes verliehene Fahigkeit - auch ,,Same" (bijam) genannt 23 - ermoglicht es dieser, die ihr ihrerseits unmittelbar folgende, von ihr erzeugte Phase gegenuber sich selbst so zu modifizieren, dass dies eine Annaherung an die Erzeugung der Frucht bedeutet. Dieser Vorgang setzt sich fort bis zu einer letzten Phase, die den Kulminationspunkt dieses Prozesses darstellt und ihrerseits nun fahig ist, unmittelbar die Frucht zu erzeugen. Die Vs gebraucht den Terminus ,,parinamah" jedoch in verschiedenen Schattierungen. Eine erste Abwandlung ergibt sich dadurch, dass die Umwandlung des Erkenntnisstromes wohl als eine virtuelle, latente, zu denken ist: es wird nur ihre Fahigkeit zur Erzeugung der Frucht von Phase zu Phase gesteigert. Erst mit der letzten Phase manifestiert sie sich in der Aktualisierung der Frucht. Es ist insofern verstandlich, dass der beschriebene Prozess auch als eine Umwandlung - oder ein Heranreifen (diese Nuance enthalt ja das Wort parinamah auch!) - der Fahigkeit oder des Samens bezeichnet wird. In diesem Sinne heisst es Vs 5, 23f.: ,,Der ihr (entsprechende) Same, der eine besondere Umwandlung (d. h. den hochsten Reifungsgrad) erlangt hat (und) aus dem die Farbe (-oder-Gestalt) zur Erscheinung bringende Erkenntnis entsteht, teht, ..." 22 ... des bsgos pa yons su 'gyur ba'i khyad par las tshe phyi ma la bras bu byun ba ... 23 Nach Yasomitra zum mindesten sind fur die Sautrantikas die Termini saktih, bijam und vasana synonym (vgl. P. S. Jaini, "The Sautrantika Theory of Bija', Bulletin of the School of Oriental and African Studies, Vol. XXII/ 1959, p. 244, Anm. 1). 115 Page #8 -------------------------------------------------------------------------- ________________ (rupapratibhasa vijnaptir yatah svabijat parinamavisesapraptad utpadyate...). Ahnlich spricht auch Hsuan-tsang in seiner Ubersetzung von KSI SS 20 statt von einer,,besonderen Umwandlung des davon durchtrankten (Erkenntnisstromes") von einer,,besonderen Umwandlung der (durch die Tat im Erkenntnisstrom erzeugten) Fahigkeit 24". Bezeichnete die ,,Umwandlung" an den bisherigen Stellen nur den Prozess oder seine letzte Phase, so scheint sie in Vs 5, 8 auch das Resultat dieser Modifikation, die in einer bestimmten neuen Gestalt der aktuellen Seite der Erkenntnis bestehende Frucht der Tat, einzuschliessen:,,Warum nehmt ihr nicht an, dass nur die Erkenntnis sich auf Grund der Taten der (Lebewesen) so umwandelt, (dass sie Hollenwachter etc. zur Erscheinung bringt)?" (vijnanasyaiva tatkarmabhis tatha parinamah kasman nesyate). Das Gleiche gilt fur Vs 5, 13f.:,,Warum nehmt ihr nicht an, dass in ebendemselben, worin das Residuum (der Tat) sich befindet, auch dessen Frucht auftritt, (indem diese Frucht nur in) eine(r) entsprechende(n) Umwandlung der Erkenntnis (besteht)?" (yatraiva vasana tatraiva tasyah phalam tadrso vijnanaparinamah kim nesyate). An beiden Stellen versteht sich die (nicht naher bestimmte) ,,Erkenntnis" (vijnanam) naturlich nach dem oben Gesagten am naheliegendsten im Sinne des ,,einschichtigen" Erkenntnisstromes der Sautrantikas, der durch die Tat zunachst virtuell, schliesslich aber auch aktuell modifiziert wird. b. Dass in der Vs ein,,einschichtiger" Erkenntnisstrom vorausgesetzt ist, wird auch durch die Auffassung der Vs von der Natur der sechs ,,inneren Bereiche" (ayatanani), d. h. der funf Sinnesvermogen oder -organe und des ihnen analogen Denk- und Vorstellungsvermogens (manah), gestutzt. Ve 5, 27 ff. heisst es:,,Der ihr (entsprechende) Same, der eine besondere Umwandlung (s. o.!) erlangt hat (und) aus dem die Farbe (-oder-Gestalt) zur Erscheinung bringende Erkenntnis entsteht, dieser Same einerseits und das, was in ihr erscheint, (d. h. das gegenstandliche Bild in der Erkenntnis) andererseits, diese beiden hat der Erhabene respektive als den (inneren) Bereich dieser Erkenntnis (sc.) ,Auge' und als ihren (ausseren) Bereich - (sc.), Farbe (-oder-Gestalt)', 24 T 1609, p. 783 c 5. 116 - Page #9 -------------------------------------------------------------------------- ________________ - bezeichnet 25." Zu dieser Deutung der Sinnesvermogen ist Vasubandhu m. E. eben deshalb gezwungen, weil er die Vijnaptimatrata in der Vs nicht auf der Basis des Erkenntnisstrom-Komplexes der Yogacarins, sondern auf der des ,,einschichtigen" Erkenntnisstromes der Sautrantikas entwickelt. Die Sinnesvermogen sind fur die meisten buddhistischen Schulen nicht die grobmateriellen, sondern auf diese gestutzte feinmaterielle Organe, die nicht wahrnehmbar, sondern nur erschliessbar sind 26. Auf der Basis des Erkenntnisstrom-Komplexes des Yogacara war es nun trotz des Prinzips der Vijnaptimatrata - das die Reduktion alles Realen, insbesondere des Materiellen, auf ein Produkt der Erkenntnis, auf ein Erkenntnisbild, auf ein Ideelles, forderte - moglich, die Existenz wirklicher, aktueller Sinnesorgane als Voraussetzung der Sinneserkenntnis aufrechtzuerhalten, indem man sie als Bilder, als ideelle Produkte des untergrundigen Alaya vijnana bestimmte 27; denn obwohl das Alayavijnana zunachst nur eine Art psychisches Organ und Trager oder Inbegriff der Samen (bijani) war, wurde ihm doch schon ziemlich fruh auch eine aktuelle Seite, ein Aspekt wirklichen Erkennens von etwas, zugeschrieben 28. Fur ein System der Vijnaptimatrata auf der Basis des ,,einschichtigen" Erkenntnisstromes der Sautrantikas hingegen war eine solche Losung angesichts des Fehlens eines untergrundigen Erkennens neben der empirisch fassbaren Erkenntnis nicht moglich, und als Bilder der empirisch fassbaren Erkenntnis 25 rupapratibhasa vijnaptir yatah svabijat parinamavisesapraptad utpa* dyate tac ca bijam yatpratibhasa ca sa te tasya vijnaptes caksurupayatanatvena yathakramam bhagavan abravit. 26 Vgl. etwa Y 4, 9f.: caksuh katamat ? catvari mahabhutany upadaya caksurvijnanasamnisrayo rupaprasado 'nidarsanah sapratighah. (,,Was ist das Auge ? - Eine unsichtbare, (aber) Widerstand leistende feine Materie, die auf der Grundlage der vier groben Elemente (besteht) und die Basis des Augenerkennens ist." - Vgl. auch AP, p. 161, 1f. (s. Abschn. 2, f. u. Anm. 59 des vorl. Aufsatzes. 27 Als Beispiel fur eine Realisierung dieser Moglichkeit mag hier die Trimsika (s. Anm. 65) genugen. Vgl. ferner Si 20 a 25ff. (Ubers. v. La Vallee Poussin [s. Anm. 19), p. 235). Fur eine ausfuhrlichere Behandlung dieser Lehre und ihrer Entwicklung muss ich wieder auf die in Anm. 13 erwahnte Studie verweisen. 38 Naheres wiederum in der in Anm. 13 erwahnten Arbeit. 117 Page #10 -------------------------------------------------------------------------- ________________ konnten die Sinnesvermogen ja wegen ihrer Unwahrnehmbarkeit nicht gefasst werden. Es blieb daher nichts anderes ubrig, als den Begriff des Sinnesvermogens umzuinterpretieren, und Vasubandhu tat das, indem er ihn als eine Bezeichnung des die Erkenntnis unmittelbar erzeugenden Samens deutete. Auch innerhalb des Yogacara musste diese Interpretation ubernommen werden, wenn das Alayavijnana nur rein virtuell als Inbegriff der Samen gefasst wurde. Ein solcher Fall scheint Si 19 c 12-27 29 vorzuliegen. Dort wird zwar im Sinne des Yogacara das Alayavijnana und das Modell des Erkenntnisstrom-Komplexes 298 anerkannt, aber dennoch werden die Sinnesorgane im Sinne der Vs als die Samen der Sinneserkenntnisse interpretiert. Auffallend ist nun, dass hier das Alayavijnana (im Gegensatz zu den ubrigen von der Siddhih in diesem Zusammenhang herangezogenen Quellen 30) nicht als ,,gleichzeitige Grundlage" (sahabhur asrayah) der ubrigen Erkenntnisse oder doch wenigstens des Manas des zwischen Alayavijnana und empirisch fassbare Erkenntnisse eingeschobenen ,,siebenten Erkennens" des Yogacara kannt wird. Dies kann vielleicht als ein Hinweis darauf verstanden werden, dass das Alayavijnana nach Ansicht dieser Quelle nicht neben seiner virtuellen auch eine aktuelle Seite hat 31: denn,,gleichzeitige Grundlage" ist es nach Si 20 b 9 32 in seiner Funktion als aktuelle Erkenntnis. - aner Spater ist dann noch die Frage gestellt worden, ob die Sinnesorgane, wenn sie nur als Samen gefasst werden, mit den zum Auftreten der betreffenden Erkenntnis fuhrenden Samen der Taten zu identifizieren sind oder mit den durch die Taten bzw. ihre gereiften Samen zur Aktuali - 29 Nach Kuei-chi (T 1830, p. 380 b 29) handelt es sich hier um die Auffassung von ,,,,Nanda und anderen". 29a Vgl. Si 19 c 12f., wo es heisst, das Manovijnana sei,,gleichzeitige Grundlage" (sahabhu-asrayah) der Sinneserkenntnisse,,,weil es notwendig vorhanden ist, wenn diese aktuell auftreten". 30 Vgl. Si 20 b 6-9; 20 b 20f.; 20 c 19f. 31 Dem braucht die Si 19 c 25f. gegebene Erklarung, das Manas habe keine,,gleichzeitige Grundlage", weil es einen ununterbrochenen Strom bilde und deshalb in sich selbst genugend Kraft habe und keiner Stutze bedurfe, nicht zu widersprechen. 32 Vgl. auch Shu-chi (= T 1830), p. 378 a 8. 118 Page #11 -------------------------------------------------------------------------- ________________ sierung bestimmten inhaltlichen" Samen (den nisyanda-vasanah von Trimsikabhasyam 18, 6ff.). Aus dem Text der Ve, die, soweit ich sehe, keinen expliziten Unterschied zwischen diesen beiden Kategorien von Virtualitaten macht, vermag ich keinen Anhaltspunkt fur eine Entscheidung dieser Frage zu gewinnen. In der Alambanapariksa, die der Vs systematisch und historisch sehr nahe steht, werden die Sinnesorgane mit den ,,inhaltlichen" Samen gleichgesetzt (vgl. unter f!). Spater scheint man sich aber meist fur die Samen der Taten entschieden zu haben, da diese wie die Sinnesorgane nach der Lehre des Abhidharma als ,, beeinflussende Ursache" (adhipati pratyayah) bestimmt sind, im Gegensatz zu den zum mindesten im Abhidharma des Yogacara als ,,Hauptursache" (hetupratyayah) bestimmten ,,inhaltlichen" Samen 33 Ahnlich wie das Sinnesorgan konnte auf der Basis des Erkenntnisstrom-Komplexes des Yogacara trotz Vijnaptimatrata auch das Objekt als der empirisch fassbaren Erkenntnis vorausgesetztes dadurch aufrechterhalten werden, dass man lehrte, dem gegenstandlichen Bild der empirisch fassbaren Erkenntnis liege ein entsprechendes Bild im aktuellen Alayavijnana zugrunde 34. Auf der Basis des ,,einschichtigen" Erkenntnisstromes hingegen war dies nicht moglich: das Objekt kann, wie die oben zitierte Stelle V& 5, 27 ff. zeigt, nur als das gegenstandliche Bild der empirisch fassbaren Erkenntnis gefasst werden. C. Auf den ,,einschichtigen" Erkenntnisstrom, wie er von den Sautrantikas vertreten wurde, verweist auch Vs 1, 3, wo es heisst: ,,cittam, manah, vijnanam und vijnaptih sind Synonyme (paryayah)." Im Gegensatz zu dieser Auffassung ziehen die vom Modell des ErkenntnisstromKomplexes ausgehenden Yogacara-Texte die Begriffe cittam, manah und vijnanam haufig gerade zur Ableitung der verschiedenen Arten von Erkenntnis heran: cittam ist das Alayavijnana, manah ist das ,,siebente Erkennen" - das listam manah -, und vijnanam sind die funf Sinnes 88 Vgl. etwa Si 20 a 15-17. 84 Vgl. wiederum die Trinsika (8. Anm. 65), sowie fur weitere Einzelheiten die in Anm. 13 erwahnte Arbeit. 119 Page #12 -------------------------------------------------------------------------- ________________ erkenntnisse und die ,,Denkerkenntnis" (das Manovijnana) 85. Diese dritte Gruppe wird den beiden ersten Arten von Erkenntnis auch gern als ,,Objekterkenntnis" (visaya- oder Klambana-vijnaptih) gegenubergestellt 36. vijnanam ist also hier gleichbedeutend mit vijnaptih. Dieser letztere Ausdruck bezeichnet aber grundsatzlich die aktuelle Erkenntnis, das wirkliche Erkennen von etwas 37; von Hause aus aktuelle Erkenntnis sind aber nur das Manovijnana und die funf Sinneserkenntnisse 38 Der Terminus vijnanam wird aber im Yogacara - wie schon das Wort ,,Alayavijnana" zeigt - auch in einer allgemeineren, auch auf die (zum mindesten ursprunglich) nicht aktuellen, nicht als wirklich ein Objekt erkennend bestimmten Erkenntnisse - Alayavijnana und Manas - anwendbaren Bedeutung verwendet. Auch cittam kann neben seiner speziellen Verwendung auch allgemeiner gebraucht werden. manah schliesslich bezeichnet neben dem ,,siebenten Erkennen" auch die jeweils unmittelbar vorhergehende Erkenntnis, den samanantarapratyayah 39, und ist in diesem Sinn auch auf das Manovijnana und die funf Sinneserkenntnisse anwendbar 40. Aber angesichts der grossen Bedeutung, die die spezielle Verwendung im Yogacara hat, kann ein Yogacarin diese Termini doch wohl kaum . 35 Vgl. z. B. Abhidharmasamuccayah (ed. Pradhan, Santiniketan 1950), p. 11, 25ff.; MS I, 6 u. 8; Y 11, 3ff. 36 Vgl. etwa Y 11, 8; Tr. 2. 87 Fur eine Begrundung muss ich auf die in Anm. 13 erwahnte Studie verweisen. 38 Zum Alayavijnana vgl. Abschnitt 2, b des vorl. Aufsatzes. Der Ursprung des Manas (als siebentes Erkennen) liegt zwar noch weitgehend im Dunkeln; seine altesten nachweisbaren Funktionen bestehen jedoch darin, dass es sinnesorgananaloge Grundlage des Manovijnana (vgl. MS I, 7, 2) und Trager von Ichvorstellung (MS I, 7,5 u. 6 u. I, 59, 3) ist. Ob es sich um eine buddhistische Nachbildung des Ahamkara, der als psychisches Organ gefassten Ichvorstellung des Samkhya, handelt ? Interessant ist jedenfalls, dass spater Prajnakaragupta an einer Stelle (PVA 60, 2f.) vom ahamkaralaksanam manah spricht. 89 MS I, 6, 1; Y 4, 10f.: manah katamat ? yac caksurvijnanasyanantaratitam vijnanam. 40 Vgl. Abhidharmasamuccayah (s. Anm. 35!) 12, 5f.: (manah katamat ? ...) yac ca sannam vijnananam samanantaraniruddham vijnanam. 120 Page #13 -------------------------------------------------------------------------- ________________ ohne Einschrankung als Synonyme bezeichnen. Fur die Sautrantikas hingegen, die nur die sechs ,,Objekterkenntnisse" - Manovijnana und Sinneserkenntnisse - anerkennen, fallt die spezielle Bedeutung von cittam und manah sowie die auch nichtaktuelle Erkenntnisse einschlieBende allgemeinere Bedeutung von vijnanam weg. Alle vier Termini beziehen sich daher hier auf schlechthin ein und dieselbe Sache, wenn sie sie auch vielleicht unter verschiedenen Gesichtspunkten aussagen. In diesem Sinne heisst es auch im Abhidharmakosah: ,,cittam, manah und vijnanam bezeichnen ein und dieselbe Sache 41." ,,Deshalb ist das von (den Termini) cittam, manah und vijnanam Benannte, obgleich dem Sinn (d. h. dem jeweils angesprochenen Gesichtspunkt) nach verschieden, doch der Sache nach identisch 42." d. Beachtung verdienen im Zusammenhang mit der Frage nach den Sautrantika-Voraussetzungen der Ve ferner die Ausfuhrungen dieses Textes zum Problem von Anschauung und Vorstellung. V8, 22-24 wendet ein Gegner ein, die Lehre, dass es nur Erkenntnis und keinen realen Gegenstand gebe, sei falsch, da die Existenz eines realen Gegenstandes von dem Erkenntnismittel ,,sinnliche Wahrnehmung" oder ,,Anschauung" (pratyaksam) verburgt werde; denn jedermann sei sich der Wahrnehmung realer Gegenstande bewusst. Hierauf entgegnet Vasubandhu in V& 8, 29f.: ,,Wenn ... dieses Bewusstsein von der sinnlichen Wahrnehmung (in der Form) , dies ist von mir sinnlich wahrgenommen auftritt, dann wird der Gegenstand (darin) nicht angeschaut, da er (darin vielmehr) nur durch das ,Denkerkennen' (manovijnanam) bestimmt wird, die Augenerkenntnis hingegen zu diesem Zeitpunkt bereits vergangen ist. Wie (konnt ihr) da annehmen, ein realer Gegenstand werde sinnlich wahrgenommen 43 ?' Diese Stelle ist zunachst ganz allgemein ein Hinweis auf Einfluss hinayanistischen Denkens. Offensichtlich wird ja dem Gegner folgendes zugegeben: Die Sinneserkenntnis ist, im Gegensatz zu dem reale Gegen 41 AK II, 34 a: cittam mano -tha vijnanam ekartham ... 42 AKBh 21 c 23f. 43 yada ... sa pratyaksabuddhir (Text falschlich -buddhir na) bhavatidam me pratyaksam iti tada na 80 'rtho drsyate manovijnanenaiva paricchedac caksurvijnanasya ca tada niruddhatvad iti katham tasya pratyaksatvam iftam. 121 Page #14 -------------------------------------------------------------------------- ________________ stande vorstellenden (rupadivikalpika, Ve 9, 7) Manovijnana, wirklich vorstellungsfreie Anschauung; und wenn sie auch offensichtlich so ,,blind" ist, so sehr in reiner Unmittelbarkeit bleibt, dass sie nicht selbst als Zeugnis dienen kann und man sich somit allzu leicht von dem sie zum Bewusstsein bringenden, aber gleichzeitig mindeutenden Manovijnana verfuhren lasst, so kann sie doch als vorstellungsfreie Anschauung nichts anderes als die Wirklichkeit, die ,,blosse Erkenntnis", beinhalten: die Anschauung enthalt zwar ein gegenstandliches Bild, aber sie interpretiert es nicht als reales Ding, sondern lasst es in seiner Idealitat (ohne allerdings, wie gesagt, diese klar zum Bewusstsein zu bringen). Eine derartige Einschrankung der ,,Vorstellung" auf das Manovijnana steht aber im Widerspruch zu der in vorherrschend mahayanistisch bestimmten Yogacarawerken beobachtbaren Tendenz, alle weltliche Erkenntnis ausnahmslos als ,,unwahre Vorstellung", als Vorstellung im Sinne eines Fingierens nichtseiender Inhalte, speziell realer Gegenstande, zu bestimmen 44. Sie lasst sich dagegen recht gut mit den Lehren des Hinayana, insbesondere auch denen des Abhidharmakosa (bhasyam), verbinden. Dort heisst es: ,,Die (funf Sinneserkenntnisse) sind vorstellungsfrei durch (das Fehlen von) ,Deutungs- und Erinnerungsvorstellung"" (nirupananusmaranavikalpenavikalpakah) 45. Auch im Abhidharmakosah fallt somit die eigentliche Vorstellung nur ins Manovijnana: nur diesem kommen ,,Erinnerungsvorstellung" (anusmaranavikalpah) und ,,Deutungsvorstellung" (abhinirupanavikalpah 458) zu. Den Sinneserkenntnissen hingegen fehlen diese beiden Arten von Vorstellung; sie sind insofern vorstellungsfrei. Es kommt ihnen jedoch eine ,,naturliche 44 Vgl. etwa Madhyantavibhagah I, 8ab: abhutaparikal pas ca cittacaittas traidhatukah; ferner Tr 17 (s. Anm. 66). - Bei Yogacaratexten hingegen, in denen nur das Manovijnana Vorstellung ist, die Sinneserkenntnisse hingegen nicht, liegt durchweg Hinayana-Einfluss vor, ja, in vielen Fallen handelt es sich offenbar um gar nicht oder nur teilweise uberarbeitete Hinayanatexte, etwa im Falle des 5. Kapitels des Samdhinirmocanasutram (ed. Lamotte), wo erst der 6. Paragraph mahayanistische Ideen vortragt, oder im Falle der ersten beiden ,,Bhumis" der Yogacarabhumih, wo solche Ideen uberhaupt zu fehlen scheinen. 45 AK I, 33 ab. 462 Vgl. AD, p. 19, Anm. 4. Paragon zu ten beiden 122 Page #15 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Vorstellung" (svabhavavikalpah) zu, welche im Abhidharmakosabhasyam als vitarkah bestimmt wird 46. Darunter ist aber nach Yasomitra 47 vom Sautrantika-Standpunkt aus nur eine bestimmte ,,geistige Aktivitat" (cetana) zu verstehen, d. h. es scheint, dass die ,,naturliche Vorstellung" eigentlich nichts anderes ausdruckt als das Faktum der Aktualitat oder Intentionalitat, die ja trotz aller Unmittelbarkeit auch der Sinneserkenntnis qua Erkenntnis zuerkannt werden muss, da die ,,geistige Aktivitat" (cetana) - nach buddhistischer Ausdrucksweise - eine alle Erkenntnisse ohne Ausnahme begleitende erkenntnisartige Gegebenheit ist. Die Funktionen des Manovijnana in der Vimsatika passen nun ausgezeichnet zu den beiden Arten von Vorstellung, welche auch nach dem Abhidharmakosah nur beim Manovijnana vorkommen: Die Tatsache, dass das Manovijnana den Inhalt der Anschauung reflektierend zum Bewusstsein bringt 48, durfte der Tatigkeit der ,,Erinnerungsvorstellung" (od. viell. besser: ,,Vergegenwartigungsvorstellung") (anusmaranavikalpah entsprechen. In der Tat wird das vorstellende Manovijnana auch in der V6 (9, 7) als ,,mit Erinnerung (od. Vergegenwartung) verbunden" (smrtisam prayukta) charakterisiert. Der Akt der Interpretation jenes Inhaltes als reale Gegebenheit hingegen liesse sich recht gut mit der ,,Deutungsvorstellung" (abhinirupanavikalpah) verbinden; denn diese wird vom Abhidharmakosah ausdrucklich mit der ungesammelten prajna gleichgesetzt 49; diese aber schliesst die destayah, die falschen Ansichten, ein 50. Die Auffassung, es gebe reale Gegebenheiten, ist 46 AKBh 8'b 3-5 (vgl. auch AD, p. 19, Anm. 4). 47 Sphutartha, p. 64 (zitiert AD, p. 19, Anm. 4). 48 Diese Funktion des Manovijnana ist schon im Vijnanakayah (T 1539) vorausgesetzt, wo es heisst: caksurvijnanasamangi nilam vijanati, no tu nilam iti (s. Frauwallner, Abhidharmastudien', WZKSO Bd. VIII/1964, p. 90). 49 Vgl. AK I, 33 cd: ,,Der (abhinirupanavikal pah) und der (anusmaranavikal pah) sind (respektive) die mit dem Mano(vijnana) verbundene prajna, soweit sie ungesammelt ist, und die gesamte mit dem Manovijnana verbundene Erinnerung" (tau 'prajna manasi vyagra (= viksipta; vgl. AKBh 8 b 6f.: = asamahita) smetih sarvaiva manasi). 50 Dies geht z. B. aus AK I, 41 cd hervor: ,,Das mit den 5 Sinneserkenntnissen zugleich entstandene Wissen (dhih) ist nicht (falsche) Ansicht (dretih) ..."; dhih steht hier, wie AKBh 10 c 5 und AD, Vers 42.cd, zeigt, anstelle von prajna. 123 Page #16 -------------------------------------------------------------------------- ________________ aber eine solche falsche Ansicht, wenn auch nur nach der Auffassung des Mahayana 51; aber bezuglich der Wertung der realen Gegebenheiten hat ja die Vo durch die Annahme der Vijnaptimatrata den Boden des Hinayana verlassen (vgl. auch Vs 1, 2); denn die Vijnaptimatrata beinhaltet die Wesenlosigkeit der (realen) Gegebenheiten" (dharmanairatmyam, vgl. Ve 6, 9-11), welche schon nach der Bodhisattyabhumih (ed. Wogihara, p. 38) das charakteristische theoretische Lehrstuck des Mahayana gegenuber dem Hinayana darstellt. Die obige Stelle (Va 8, 29f.) enthalt aber daruber hinaus auch einen Hinweis auf das Vorausgesetztsein eines ,,einschichtigen" Erkenntnisstromes. Aus ihr geht namlich klar hervor, dass nach Ansicht der Vs die Vorstellung (das Manovijnana) auf die Anschauung (die Sinneserkenntnis) folgt. Das bestatigt auch Vs 9, 6f., wo es heisst, das vorstellende Manovijnana entstehe aus der Sinneserkenntnis. Diese Betonung der Sukzessivitat von Sinneserkenntnis und Manovijnana, von Anschauung und Vorstellung, spricht dafur, dass nicht nur der Einfluss einer Hinayana-Schule ganz allgemein, sondern der Einfluss einer HinayanaSchule, die, wie die Sautrantikas, den ,,einschichtigen" Erkenntnisstrom vertrat, in Rechnung zu stellen ist. Denn nach der Auffassung des 5. Kapitels des Samdhinirmocanasutram 52, das die Position des Erkenntnisstrom-Komplexes vertritt (und eben deshalb wahrscheinlich aus Mahasamghika-Kreisen stammt 53), ist das vorstellende Manovijnana grundsatzlich mit den Sinneserkenntnissen gleichzeitig 54. Umgekehrt lehren die beiden ersten ,,Bhumis" der Yogacarabhumih 52, die moglicherweise aus Mahisasaka-Kreisen stammen und deshalb - zum mindesten in den alteren Schichten 55 - den einschichtigen Erkenntnisstrom 51 Dadurch, dass die Vs mit dem Mahayana die Auffassung, es gebe reale Gegebenheiten, zu einer falschen Ansicht erklart, dehnt sie naturlich den Bereich derjenigen Manovijnanas, welche Vorstellung im Sinne des Verbundenseins mit einer falschen Ansicht, oder falsche Vorstellung, sind, gegenuber dem Hinayana erheblich aus. 52 Vgl. Anm. 44. 53 Vgl. Anm. 19. 54 Vgl. etwa Samdhinirmocanasutram (ed. Lamotte, Louvain/Paris 1935), p. 56, 6-8. 65 An anderen (aber wahrscheinlich spateren) Stellen allerdings scheint 124 Page #17 -------------------------------------------------------------------------- ________________ voraussetzen 56, wie die Ve Sukzessivitat von (vorstellungsfreier) Sinneserkenntnis und (vorstellendem) Manovijnana:,, Wenn eine Augenerkenntnis entstanden ist, lassen sich drei Erkenntnisse beobachten, u. zw. der Reihe nach: 1. eine unvermittelt auftretende (aupanipatikam), 2. eine untersuchende (paryesakam) und 3. eine Gewissheit beinhaltende (niscitam). Dabei ist die erste die Augenerkenntnis selbst, die beiden (ubrigen) sind Manovijnanas" (Y 10, 2f.). ,,Von diesen beiden Manovijnanas, dem untersuchenden und dem Gewissheit beinhaltenden, wird das Objekt vorgestellt (vikalpyate)" (Y 58, 18f.). e. Im Zusammenhang mit dem im vorigen aufgezeigten SautrantikaEinfluss ist schliesslich auch das Hervortreten rein philosophischer Begrundungen der Vijnaptimatrata in der Ve zu beachten: In den klassischen Yogacara-Werken stammen die meisten Grunde fur die Vijnaptimatrata aus der Versenkungs- und Erlosungslehre (vgl. etwa MS II, 14 u. 14), in der Vs hingegen nimmt die Widerlegung eines realen Objektes (als Affektionsursache der Erkenntnis) auf der Basis der Alternative Atome-Ganzes den grossten Raum ein (Vs 6, 22-8, 22). f. Die im vorigen aus dem Text der Vs selbst erhartete Deutung lasst sich noch durch den Hinweis stutzen, dass eine solche Vijnaptimatrata auf Sautrantika-Voraussetzungen von einer ganzen Tradition vertreten wird, die ihren Ausgangspunkt in Dignagas Pramanasamuccaya (I, 9--12) hat und vor allem von Dharmakirti (vgl. den folgenden Absatz!) entwickelt wird. Das Bindeglied zur Ve ist dabei Dignagas Alambanapariksa. In offensichtlichem Anschluss an die Vs kommt dieser Text durch die Widerlegung einer realen Affektionsursache der Erkenntnis auf der Basis der Alternative Atome-Ganzes zum ,,Idealismus" (der Ausdruck,,Vijnaptimatrata" tritt in der AP nicht auf!) und lasst als Objekt der Erkenntnis lediglich ein ideelles gegenstandliches durch die Einfuhrung des (allerdings noch nicht als aktuelle Erkenntnis gefassten) Alayavijnana bereits eine erste Auflosung des einschichtigen Erkenntnisstromes vorzuliegen. 56 Y 58, 13f. heisst es (im Gegensatz zu Samdhinirmocanasutram V, 5), dass niemals mehrere Sinneserkenntnisse gleichzeitig auftreten. Auch von einem mit der Sinneserkenntnis gleichzeitigen Manovijnana ist im Gegensatz zum 5. Kapitel des Samdhinirmocanasutram nirgendwo die Rede. 125 Page #18 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Bild, als Ursache dieses gegenstandlichen Bildes in der Erkenntnis nur eine entsprechende Virtualitat - es handelt sich hier allerdings um eine ,,inhaltliche" Virtualitat, nicht um das Residuum einer Tat - gelten. Wie in der Ve ist auch in der AP im Rahmen der Erzeugung dieser Virtualitat nur von einer (nicht naher bestimmten) ,,Erkenntnis" (vijnanam) die Rede: ,,Das gegenstandliche Bild (in der Erkenntnis) ruft eine Fahigkeit hervor, die die Erkenntnis zu ihrer Grundlage hat und zur Entstehung einer ihr entsprechenden Wirkung (d. h. eines neuen gegenstandlichen Bildes in der Erkenntnis) fuhrt" (so'rthavabhasah svanurupakaryotpattaye saktim vijnanadharam karoti ...) 57. Und wie in der Vs ist diese nicht naher bestimmte ,,Erkenntnis" nicht, wie Hsuan-tsang es in seiner chinesischen Ubersetzung (T 1624, p. 888 c 26) tut 58, im Sinne des Alayavijnana der Yogacarins zu deuten, sondern im Sinne des ,,einschichtigen" Erkenntnisstromes der Sautrantikas. Hierfur spricht - abgesehen von dem Terminus saktih, der haufig in Sautrantika-Texten, aber nur selten bei den Yogacarins auftritt - die Tatsache, dass die Sinnesvermogen mit der jeweils zur Entstehung der gegenstandlichen Bestimmtheit in der Erkenntnis fuhrenden ,,,Fahigkeit" identifiziert werden: ,,Was die Natur einer Fahigkeit hat (d. h. die im vorigen erwahnte Fahigkeit, die das gegenstandliche Bild in der neuen Erkenntnis hervorruft), das kann auch das Sinnesvermogen sein. (Denn) das Sinnesvermogen kann aus seiner Wirkung (sc. der Sinneserkenntnis) (nur) als die Natur einer Fahigkeit habend erschlossen werden, nicht aber als (fein-)materiell (bhautikam). Und es spricht nichts dagegen, dass diese (das Sinnesorgan darstellende Fahigkeit) in der Erkenntnis ist (und somit mit obiger Fahigkeit identifiziert werden kann) 59." Ferner greift Dignaga bei dem Versuch, das Objekt trotz seiner Idealitat als wirkliche Ursache, als der jeweiligen Erkenntnis vorausgesetzt, zu fassen, auf das gegenstandliche Bild der vorhergehenden gleichartigen Er 57 AP 160, 18-20 = 160, 30f. 58 Desgleichen Frauwallner, 'Dignagas Alambanapariksa', Wiener Zeitschrift fur die Kunde des Morgenlandes, Bd. 37/1930, p. 190. 60 AP 160, 23ff.: ... nus pa yi no bo gan yin dban po an yin || dban po ni ran gi bras bu las nus pa'i no bo nid du rjes su dpag gi byun ba las gyur pa nid du ni ma yin no // de yan rnam rig la mi 'gal / ... 126 Page #19 -------------------------------------------------------------------------- ________________ kenntnis zuruck, nicht, wie der Yogacara, auf das gleichzeitige gegenstandliche Bild im Alayavijnana: ,,Oder aber (d. h. wenn man nicht zugeben will, dass das eigene gegenstandliche Bild eines Erkenntnisaugenblickes dessen Objektursache sein konne): (das gegenstandliche Bild in einem bestimmten Erkenntnisaugenblick) ist (Objektursache eines spateren Erkenntnisaugenblickes, u. zw.) mittelbar, indem es (im Erkenntnisstrom) eine Fahigkeit deponiert (die ein entsprechendes gegenstandliches Bild in einer spateren Erkenntnis hervorruft) 60." Auch dies erscheint als ein Hinweis darauf, dass die AP nicht den Erkenntnisstrom-Komplex des Yogacara, sondern den ,,einschichtigen" Erkenntnisstrom der Sautrantikas voraussetzt. Ein schones Beispiel fur Idealismus auf der Basis des ,,einschichtigen" Erkenntnisstromes der Sautrantikas bei Dharmakirti ist Pramanavartika III, 396-397 (Verszahlung nach PVA). Dharmakirti will dort zeigen - vgl. auch Vers. 393-394! -, dass die Schlussfolgerung von Rauch auf Feuer auch ohne Annahme realer Gegenstande - also auf der Basis der Vijnaptimatrata (vgl. PVA 416, 14f.) - auf Grund der festen Verbindung bestimmter Erkenntnisse moglich ist: ,,Auch in diesem Fall konnte (es doch so sein, dass) die Erkenntnis, in der Rauch erscheint, nicht (reales) Feuer erschliessen lasst, sondern nur (die Tatsache, dass) das Residuum einer Erkenntnis, in der Feuer erscheint, (genugend) Intensitat fur eine Aktualisierung besitzt.( Denn) nur ein Erkenntnisstrom, der ein fur die Erzeugung einer Feuererkenntnis) geeignetes Residuum enthalt, manifestiert eine Erkenntnis, in der Rauch erscheint ..." (tatrapi dhumabhasa dhuh prabodhapaluvasanam / gamayed agninirbhasam dhiyam eva na pavakam // tadyogyavasanagarbha eva dhumavabhasinim / vyanakti cittasamtano dhiyam ...). Das Ala ya vijnana kommt bei Dharmakirti anscheinend nur an einer einzigen Stelle vor. Pramanavartika III, 522 heisst es: ,,Obgleich verschiedenartige Erkenntnisse gleichzeitig entstehen konnen), (kommt es doch vor, dass) aus dem Alayavijnana (nur eine Erkenntnis) entsteht, die ubrigen (aber) nicht, weil fdas Alayavijnana) durch eine besonders 60 AP 160, 16f. = 160, 28f.: atha va saktyarpanat keramat; Erganzungen nach dem Kontext. 127 Page #20 -------------------------------------------------------------------------- ________________ intensive Erkenntnis unfahig gemacht worden ist, (die ubrigen zu erzeugen) 61." Dieser Vers soll aber, wie aus dem Zusammenhang klar hervorgeht 62, lediglich zeigen, dass man auch auf der Basis des Yogacarasystems und seines Erkenntnisstrom Komplexes nicht ohne die Kausalitat der vorhergehenden (empirisch fassbaren) aktuellen Erkenntnis - des ,,samanantara-pratyayah" - auskommt. Daraus folgt aber keineswegs, dass Dharmakirti selbst diese Voraussetzungen des Yogacara billigt. Der Kommentator Prajnakaragupta allerdings scheint die Yogacara-Position des Erkenntnisstrom-Komplexes und des Alayavijnana als eine Alternative zur Position des einschichtigen Erkenntnisstromes der Sautrantikas zu akzeptieren. Auf den Einwand, dass angesichts des entscheidenden Einflusses der vorhergehenden aktuellen Erkenntnis das Alayavijnana uberflussig sei (PVA 457, 26f.), erwidert er zwar zunachst: ,,Halten wir uns mit dem Alayavijnana nicht langer auf (astam iyam alayavijnanacinta)!" Man konnte erganzen: ,,Wir brauchen es schliesslich gar nicht, da wir unseren Idealismus auf der Basis des ,,einschichtigen" Erkenntnisstromes entwickeln." Prajnakaragupta fugt aber dann hinzu: ,,Oder aber: Das (Alayavijnana) ist als Trager des Residuums (einer fruheren Erkenntnis, das dem samanantara-pratyayah die besondere Fahigkeit, eine jener fruheren Erkenntnis gleichartige Erkenntnis zu erzeugen, verleiht (vgl. 102, 4f.),) angenommen worden, so dass sich der (obige) Fehler (dass es uberflussig sei) nicht (ergibt)" (vasanadharataya va parikal pitam tad iti na dosah). Auch sonst lasst Prajnakaragupta gelegentlich die Yogacara-Position stan- gyur Phedergabe der tils pa'i phyir" (Kos 61 sakrd vijatiyajatav apy ekena patiyasa / cittenahitavaigunyad alayan nanyasambhavah; fur ahitavaigunyat hat die tib. Ubers. des PVA (Bstan'gyur, Gtan-tshigs The 138 b 2) nus pa nams par byas pa'i phyir (Karmadharaya!); besser ist aber wohl die Wiedergabe der tib. Ubers. des Kommentars des Ravigupta (Bstan-gyur Phe 203 b 3f.) mit nus pa med par byas pa can (Bahuvrihi). 62 Im Vorhergehenden heisst es: ,,Eine Erkenntnis (kann) nicht (entstehen) ohne (die Mitwirkung) der vorhergehenden Erkenntnis; denn es kommt nicht vor, dass eine Erkenntnis (eines bestimmten Gegenstandes) entsteht, wenn die (vorherige) Erkenntnis durch ihre Hinneigung zu einem anderen Gegenstand (zur Erzeugung einer Erkenntnis des erstgenannten Gegenstandes) unfahig ist" (na ... dhih pragdhiya vina / anyarthasaktivigune jnane jnanodayagateh). 128 Page #21 -------------------------------------------------------------------------- ________________ des (das Modell des Erkenntnisstrom-Komplexes einschliessenden) Alayavijnana als * Alternative zum ,,einschichtigen" Erkenntnisstrom der Sautrantikas zu (vgl. etwa PVA 142, 30, wo er asrayasya mit cittasamtanasya alayasya va erklart). Prajnakaragupta steht also gewissermassen uber dem Gegensatz von Sautrantika- und Yogacara-Voraussetzungen der Vijnaptimatrata; aber er ist sich der Verschiedenheit dieser Voraussetzungen klar bewusst. Gestutzt durch dieses Faktum einer in letzter Instanz auf die Vs zuruckgehenden Tradition der ,,Sautrantika-Vijnaptimatrata" durfte Ergebnis, dass in der Vs die Vijnaptimatrata auf der Basis des ,,einschichtigen" Erkenntnisstromes der Sautrantikas entwickelt wird, endgultig gesichert sein. Damit hat sich aber ergeben, dass das System der Ve von dem der Trinsika wesentlich verschieden ist; denn die Trimsika vertritt. ohne jeden Zweifel wie der Yogacara die Gleichzeitigkeit mehrerer Erkenntnisse 63 und das Alayavijnana 64. Insofern letzteres auch eine aktuelle Seite hat, auch wirkliches Erkennen von etwas ist, brauchen die Sinnesorgane nicht auf Samen reduziert zu werden; sie sind vielmehr aktuelle, vom Alayavijnana als seine Bilder produzierte Gegebenheiten 65. Die Tr bezeichnet ferner nicht nur das Manovijnana, sondern alle aktuellen Erkenntnisse als Vorstellung im Sinne des Fingierens von Nichtexistentem, d. h. von (Ich und) realen Gegebenheiten 66. Die Voraussetzungen, auf denen die Vijnaptimatrata in der 63 Tr 15-16. 64 Tr 2-5a. 65 Tr 3 ab: ,,Dem (Alayavijnana) kommt ferner ein unbewusstes Erkennen der Aneignung und der Statte zu" (asamviditakopadisthanavijnaptikam ca tat). Die ,,Aneignung" umfasst nach dem 51. Kap. der Yogacarabhumi (T 1579, p. 580 a 5f. das Residuum des Haftens an der vorgestellten Natur (parikalpitasvabhavabhinivesavasana) sowie die materiellen Sinnesvermogen (d. h. die Sinnesvermogen mit Ausnahme des ,,mana-indriyam") nebst ihrer Grundlage (d. h. dem Korper). Die ,,Statte" ist - vgl. ib. Z. 4 u. 7f. - die Aussenwelt. Vgl. auch Sthiramati, Trimsikabhasyam p. 19, 6-8. 66 Vgl. Tr 17: vijnanaparinamo 'yam (d. h., wie weiter unten gezeigt werden wird, alle aktuellen Erkenntnisse) vikalpo; yad vikalpyate / tena, tan nasti ...; vgl. ferner Tr 20. 129 Page #22 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Tr vorgetragen wird, sind also eindeutig die des Yogacara und unterscheiden sich insofern wesentlich von denen der Ve. Dieser grundsatzliche Unterschied zwischen den Systemen von Vs und Tr ist bisher nicht klar erkannt worden 67. Aber die der Vs zugrundeliegende Sautrantikalehre vom (einschichtigen) Erkenntnisstrom und seiner ,,Umwandlung" (parinamah) hat auch in der Tr deutliche Spuren hinterlassen. Gleich zu Anfang heisst es: ,,Das (unberechtigte) Reden 68 von einem Ich und von (realen) Gegebenheiten, welches in mannigfacher Weise stattfindet, bezieht sich auf eine Umwandlung des Erkennens" (atmadharmopacaro hi vividho yah pravartate, vijnana pariname 'sau). Der hier auftretende Begriff vijnanaparinamah ist von der europaischen Forschung bisher nicht richtig gedeutet worden 69. Von der Vs her ist er jedoch ohne grosse System von Lehre etwa folgen Lehre vom Alaya Absatz b]), obg Lastet ist. Er Idealitat ihrer Sustems der Ir won 67 So setzt beispielshalber Frau wallner fur Ve und Tr ein einheitliches System voraus (PhB, p. 352: ,,Im einzelnen ergibt die in den beiden Werken enthaltene Lehre etwa folgendes Bild ..."), und La Vallee Poussin unterschiebt der Ve explizite die Lehre vom Alayavijnana (,Note sur l'Alaya', Melanges chinois et bouddhiques, Vol. 3, p. 167 (Absatz b]), obgleich er den Unterschied zwischen Ve und Tr in der Frage der Sinnesorgane bemerkt hat (ib. p. 165). 68 Sthiramati erklart upacarah mit prajnaptih (Trimsikabhasyam 15, 20f.). Ich glaube nicht, dass der Ausdruck upacarah an dieser Stelle terminologisch besonders belastet ist. Er bedeutet ganz einfach die alltagliche Redeweise, die eben deshalb, weil sie die Idealitat ihrer Grundlage nicht berucksichtigt, ungenau, unberechtigt, ist. Im Rahmen des Systems der Tr ware der upacarah wohl als eine besonders explizite Aktivitat der Vorstellung (vikalpah) zu deuten. - Auch in der Bodhisattvabhumin (etwa p. 45f.) wird von einer Grundlage des Redens von realen Gegebenheiten gesprochen; aber im Gegensatz zur Tr ist diese Grundlage in der Bodhisattvabhumih das Absolute, die ,,Soheit" (tathata) (vgl. Bodhis. bh., p. 41). * Frauwallner beispielsweise paraphrasiert den Begriff ,,vijnanaparinamah" mit ,,Erscheinungsformen des Erkennens" (PhB, pp. 352, 10ff. u. 384, 4), was man, da er keine nahere Erklarung gibt, im Sinne von ,,Arten von Erkenntnis", ,,konkrete Formen, in denen Erkenntnis vorkommt" zu verstehen geneigt ist. Eine solche Auffassung ubersieht aber die in dem Begriff ,,parinamah" eingeschlossene Differenz von Ausgangspunkt und Resultat. Hacker, der in seinem ,Vivarta' (Ak. d. Wiss. u. d. Lit. (Mainz), Abh. d. geistes- u. sozialwiss. Kl., Jahrg. 1953, Nr. 5), p. 218f., auf Tr 18 eingeht, beachtet zwar diese Differenz zwischen Resultat (sc. den aktuellen Erkenntnissen) und Ausgangspunkt (sc. dem sich umwandelnden Erkennen) und bestimmt letzteres - im Sinne von Tr 2cd mit Recht (vgl. den uber 130 Page #23 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Schwierigkeiten verstandlich. Man muss sich lediglich vergegenwartigen, dass an zwei Stellen der Vs die ,,Umwandlung der Erkenntnis" nicht bloss den Prozess der. virtuellen Umwandlung des Erkenntnisstromes, des Heranreifens der Samen, bedeutete, sondern auch das Resultat dieses Prozesses, die dadurch hervorgerufene besondere Gestalt der nachsten Absatz des vorl. Aufsatzes) - als das Alayavijnana. Aber er deutet die ,,Umwandlung" des Alayavijnana, deren Resultat die aktuelle Erkenntnis ist, falschlich als einen illusorischen Vorgang (op. cit., p. 219, Z. 20) und unterschiebt damit eine in der Tr (und in der gesamten Yogacaraschule mit Ausnahme vielleicht der synkretistischen Richtung des Lankavatarasutram) nicht nachweisbare Wirklichkeitsdifferenz zwischen Alayavijnana und aktuellen Erkenntnissen. Eine Wirklichkeitsdifferenz bestunde nur zwischen dem (auch das Alayavijnana einschliessenden) endlichen Erkennen und dem von manchen Yogacarins - moglicherweise auch von der Tr - als Geist gefassten Absoluten, das gelegentlich als ,,(reines) Erkennen" ([amala- vijnanam) bezeichnet wird (vgl. etwa T 1587, p. 62 c 19f.; Traikalyapariksa Vers 33 (s. Frauwallner, 'Dignaga, sein Werk und seine Entwicklung', WZKSO Bd. III/1959, p. 152]); hier allein konnte, wie der soeben genannte Vers der Traikalyapariksa Dignagas zeigt, die advaitische Kategorie der Scheinentfaltung (vivartah) angewendet werden. Einer Deutung des sich umwandelnden Erkennens der Tr im Sinne jener absoluten Geistigkeit (vgl. etwa Cammann, 'Das System des Advaita nach der Lehre Prakasatmans' [Wiesbaden 1965), p. 150f.) widerspricht aber das eindeutig auf die virtuelle Seite des endlichen Erkennens bzw. des Alayavijnana hinweisende Attribut sarvabijam in Tr 18. - Eine (im Sinne von Tr 2 cd richtige) Erklarung des vijnanaparinamah der Tr als Umwandlung des Alayavijnana gibt auch D. S. Ruegg in seinem Aufsatz ,,On the Term buddhivi - parinama and the Problem of Illusory Change" (Indo-Iranian Journal, Vol. II/1958), p. 278f., und er fasst diese Umwandlung - obgleich er ihr Wesen . nicht naher erklart - richtig als nichtillusorische, als ,,real" (op. cit., p. 258, 28). In Anm. 21 des angefuhrten Aufsatzes erwagt Ruegg allerdings, ausgehend von der zum mindesten von einem Teil der tibetischen Tradition (vgl. auch die tib. Ubers. v. Sthiramatis Trimsikabhasyam, Bstan-'gyur Si 170 b 8 u. 171 a 3) gestutzten Emendation des ,,vijnanapariname" von Tr lc in ,,vijnanaparinamo", die Moglichkeit, dass Tr 1 ac die Lehre ,,of the transformation ... of the real vijnana in the form of an unreal upacara (op. cit., p. 279, 33-35)" ausdruckt. Aber selbst wenn man sich dieser Emendation gegen Sthiramati (Trimsikabhanyam 16, 24f.; vgl. Ruegg, op. cit, p. 279, 7ff.) und Hsuang-tsang (Si 1 a 18) anschliessen wollte, so ist doch der - im wesentlichen mit der Vorstellung" (vikalpah), d. h. der aktuellen Erkenntnis, gleichzusetzende (vgl. Anm. 68) - upacarah trotz seiner Unwahrheit nicht unwirklich, zum mindesten nicht unwirklicher als das (Alaya-)Vijnana. Unwirklich ist bloss das Vorgestellte (vgl. ge) Erklarung chD. S. Ruegg in sein Change" (Indo-Ir 131 Page #24 -------------------------------------------------------------------------- ________________ aktuellen Erkenntnis, einschloss. In der obigen Tr-Stelle ist nun nur dieses Resultat des Umwandlungsprozesses der virtuellen Seite des Erkenntnisstromes gemeint, also die verschiedenen Auspragungen der aktuellen Erkenntnis. Tr 18 heisst es namlich: ,,Die Erkenntnis enthalt alle Samen; ihre Umwandlung (hier als Prozess gefasst!) erfolgt kraft gegenseitiger (Einwirkung) 70 in dieser oder jener Weise, so dass diese oder jene Vorstellung entsteht" (sarvabijam hi vijnanam parinamas tatha tatha / yaty anyonyavasad yena vikalpah sa sa jayate). In Vers 17 war aber das Ergebnis dieses Vorganges der ,,Umwandlung" - die verschiedenen Vorstellungen - mit der ,,Umwandlung des Erkennens" gleichgesetzt worden, so dass diese sich als nur das Resultat bezeichnend erweist. In Tr 1 a-c ist allerdings mit ,,(Resultat der) Umwandlung des Erkennens" vor allem das gegenstandliche Bild dieser Vorstellung gemeint, doch ist das lediglich eine spezielle Akzentuierung ?1. Tr 17), sc. Ich und (reale) Gegebenheiten. Die Relation des parinamah besteht aber nicht zwischen der Vorstellung und dem Vorgestellten, sondern zwischen dem (Alaya-)Vijnana (d. h. seiner virtuellen Seite) und der Vorstellung. 70 Nach Sthiramati (Trinsikabhasyam 36, 13ff.) deutet dieser Ausdruck an, dass die aus der Umwandlung der virtuellen Seite der Erkenntnis resultierende aktuelle Erkenntnis ihrerseits wieder eine Umwandlung der virtuellen Seite der Erkenntnis veranlasst. Die Siddhih Hsuan-tsangs (Si 40 a 13f., 17f. u. 10-13) interpretiert den Ausdruck anyonyavasat im Sinne einer gegenseitigen Unterstutzung der aktuellen Gegebenheiten: eine bestimmte aktuelle Gegebenheit resultiert aus einer Umwandlung des betref. fenden Samens, d. h. seinem Heranreifen, und dieses bedarf der Unterstutzung von Seiten bestimmter aktueller Faktoren. Wie dem auch sei: der Ausdruck anyonyavasat enthalt durch die in ihm angesprochene Gegenseitigkeit, die sich in dieser elliptischen Form in den im ubrigen nur eine Richtung der Ursachlichkeit ausdruckenden Satz nur schwer einfugen lasst, eine stilistische Harte. Oder darf man vielleicht anyonya- wie in alteren Schichten des buddhistischen Sanskrit (vgl. Edgerton, Buddhist Hybrid Sanskrit Dictionary, 8. v. anyonya) als ,,jeweils andere", ,,verschiedene" verstehen und den Ausdruck mit ,,kraft jeweils anderer (Mitursachen)" ubersetzen? 71 Zu Schwierigkeiten fuhrt diese unterschiedliche Nuance erst mit der in der Siddhih Hsuan-tsangs greifbaren Umdeutung des vijnanaparinamah im Sinne einer Relation innerhalb des einzelnen aktuellen Erkenntnisaugenblickes (vgl. Anm. 73). gung von Seiten Desfinom Heranreifens einer Umwandlun 132 Page #25 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Die zugleich als Vorstellung bestimmte ,,Umwandlung des Erkennens" ist nun nach Tr 1d-2b dreifach, indem sie in Alayavijnana, Manas und die sechs ,,Objekterkenntnisse" 72, d. h. aber in die acht Erkenntnisse des Yogacara, zerfallt. Auf diese Weise erscheint der ErkenntnisstromKomplex des Yogacara in der Tr als eine Unterfacherung der aktuellen Seite des nunmehr nicht mehr einschichtigen, aber doch als eine Art ubergeordneter Einheit weiterbestehenden einheitlichen Erkenntnisstromes der Sautrantikas, aus dessen virtueller Seite jene aktuellen Erkenntnisse durch das Reifen der Samen, das zugleich als eine (virtuelle) Umwandlung des einheitlichen Gesamtstromes gefasst wird, hervorgehen. Man konnte dieses Modell vielleicht als das eines ,,mehrschichtigen" Erkenntnisstromes bezeichnen. Nach Tr 2cd (... alayakhyam vijnanam ... sarvabijakam) ist aber das Ala ya vijnana Trager aller Samen. Im Sinne dieser Stelle musste dann auch die ,,alle Samen enthaltende Erkenntnis" von Tr 18 mit der virtuellen Seite des Alayavijnana identifiziert werden, und aus seiner Umwandlung (als Prozess) wurden dann die sieben ubrigen Erkenntnisse sowie es selbst, d. h. seine aktuelle Seite, resultieren. In diesem Sinne erklart auch Sthira mati den vijnana parinamah der Tr. In seinem Kommentar zu Tr 18 (Trimsikabhanyam (s. Tr), p. 36, 14-15) erganzt er den Ausdruck zu alayavijnanaparinamah (allerdings dort im Sinne des Prozesses gebraucht). Vgl. ferner Trimsikabhasyam 16, 1ff.: ,,Was ist diese ,Umwandlung'? Eine Veranderung (anyathatvam). Eine Umwandlung besteht darin, dass gleichzeitig mit dem Vergehen der ursachlichen momentanen Phase (ksanah) eine von der ursachlichen momentanen Phase verschiedene Wirkung (lies: karanaksanavilaksanakaryasya) zustande kommt. Dabei entsteht durch das Anwachsen des Residuums der Vorstellung eines Ich usw. (atmadivikal pavasanapari posat) und durch das Anwachsen des Residuums der Vorstellung von (realen Gegebenheiten) - Farbe(-oder-Gestalt) usw. - (rupadivikalpavascomapari posat) aus dem Alayavijnana eine Vorstellung, in der ein Ich usw. erscheint (atmadinirbhaso vikalpah), bzw. (eine Vorstellung,) in der (reale Gegebenheiten) - Farbe(-oder 72 Vgl. Abschn. 2, s des vorl. Aufsatzes. 133 Page #26 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Gestalt) usw. - erscheinen" 73. Diese Deutung, die ganz im Sinne des Erkenntnisstrom-Komplexes des Yogacara ware, ist zweifellos moglich. Aber sie erklart nicht die gerade angesichts des textlich eindeutigen Befundes der Vs bedeutsame Tatsache, dass tn Tr 18 nur vom vijnanam und gerade nicht vom Alaya vijnana, und in Tr ku. 17 von einer Umwandlung des ,,vijnanam" und nicht des Alayavijnana die. Rede ist. Das System der Tr enthalt also in diesem Punkte eine Spannung zwischen dem vom Yogacara her vorgegebenen Modell des Erkenntnisstrom-Komplexes und einer dem Verfasser der Tr eigentumlichen Neigung zur Einheit des Erkenntnisstromes im Sinne der Sautrantikas. Trotz aller Unterschiede beruhren sich also die Systeme von Ve und Tr durch die in beiden Werken nachweisbare Wirksamkeit der Sautrantika-Vorstellung von der Einheitlichkeit des Erkenntnisstromes. Die Unterschiede ergeben sich dadurch, dass diese Vorstellung im Falle der Vs die einheitliche Basis des Systems, in der Tr hingegen bloss ein Moment ausmacht. Aber das Auftreten dieser Vorstellung im Rahmen eines Systems der Vijnaptimatrata ist so charakteristisch, dass hinsichtlich der Identitat des Verfassers der beiden Werke kein Zweifel moglich ist. Die Wirksamkeit der Sautrantika-Vorstellung vom einheitlichen Erkenntnisstrom erweist daruber hinaus die Identitat des Verfassers von Ve und Tr mit dem Verfasser des Abhidharmakosah und der Karmasiddhih. Karmasiddhih und Vs zeigen, wie sich der ursprungliche Sarvastivadin und spatere Sautrantika beim Durchdenken des Problems der Vergeltung der Taten und des damit zusammen hangenden Problems der Kontinuitat des Erkenntnisstromes zur Annahme des Alayavijnana, und beim Durchdenken der Moglichkeit 73 Auch die Siddhih des Hsuan-tsang fasst im Kommentar zu Tr 18 das sich umwandelnde Erkennen als die im Alayavijnana enthaltenen Samen (Si 40 a 3ff.). An den ubrigen Stellen interpretiert die Siddhih den vijna. naparinamah der Tr jedoch ganz anders: als eine Relation innerhalb des einzelnen aktuellen Erkenntnisaugenblickes unter Voraussetzung der Lehre von den ,,Teilen" der Erkenntnis. Auf Einzelheiten muss ich in diesem Rahmen verzichten. 134 Page #27 -------------------------------------------------------------------------- ________________ eines realen Objektes als Affektionsursache der Erkenntnis zur Annahme der Vijnaptimatrata gezwungen sah. Damit hatte Vasubandhu aber die beiden charakteristischsten Begriffe des Yogacarasystems akzeptiert. Es war daher nur eine letzte Konsequenz, wenn Vasubandhu schliesslich mit der Tr ganz zum Yogacara ubertrat. Doch auch in der Tr konnte er, wie sich gezeigt hat, sein Sautrantika-Erbe nicht vollig verleugnen. * Mit diesem Nachweis, dass der Verfasser des Abhidharmakosa schliesslich Yogacarin wurde, ist jedoch keineswegs gesagt, dass nun alle unter dem Namen Vasubandhu uberlieferten Yogacarawerke eben diesem Vasubandhu zugeschrieben werden mussten und somit Frauwallners These, Vasubandhu, der Verfasser des Abhidharmakosah, sei von Vasubandhu, dem Bruder Asangas, zu unterscheiden, falsch sei. Frauwallner selbst ist ja der Ansicht, dass der Verfasser des Abhidharmakosa spater Yogacarin wurde und mochte - wie sich gezeigt hat, vollig zu Recht - Ve und Tr als seine Werke angesehen wissen 74. Ob auch die ubrigen unter dem Namen Vasubandhu uberlieferten Yogacarawerke -- insbesondere die Kommentare zu den klassischen Yagacarawerken - dem Verfasser des Abhidharmakosah zugeschrieben werden mussen, hangt vielmehr davon ab, ob sich auch in ihnen der individuelle Geist dieses Denkers aufweisen lasst, etwa indem auch hier seine Sautrantika-Vergangenheit sichtbar gemacht werden kann. Man sollte doch meinen, dass ein so brauchbarer und den Gegebenheiten des Yogacara - wie etwa die oben zitierte Sthiramati-Stelle zeigt - so leicht anpassbarer Begriff wie der des (vijnana-) parinamah auch in den ubrigen Yogacarawerken des Verfassers des Abhidharmakosah, falls es solche gibt, gelegentlich auftreten musste, insbesondere dann, wenn die Uberlieferung, dass die Tr Vasubandhus letztes Werk gewesen sei, richtig ist. Ich habe den Begriff in den Vasubandhu-Kommentaren zu den klassischen Yogacarawerken jedoch bisher nirgendwo angetroffen. Sollte der Begriff tatsachlich nicht vorkommen, so sprache das nicht fur die Verfasserschaft des Autors des Abhidharmakosah, wenn es auch wohl noch nicht ausreichen wurde, das Gegenteil zu beweisen. Doch liesse sich eine noch grossere Wahrscheinlichkeit er 74 Vgl. Frauwallner, ,Landmarks ...' (8. Anm. 4), p. 131f. 135 Page #28 -------------------------------------------------------------------------- ________________ reichen, wenn noch weitere individuelle Zuge der Systeme von Ve und vor allem Tr herausgearbeitet werden konnten. Insbesondere scheint die in Va und Tr vorliegende Gestalt der Lehre von der Vijnaptimatrata, wo ich bei anderer Gelegenheit zu zeigen hoffe, nicht nur bezuglich der Basis, auf der sie entwickelt wird, sondern auch in anderer Hinsicht von der Auffassung des klassischen Yogacara abzuweichen. Ich will daher dem endgultigen Ergebnis einer grundlichen Untersuchung aller unter dem Namen Vasubandhu uberlieferten Yogacarawerke hier nicht vorgreifen. Summary A closer examination of Vasubandhus Vinsatika shows that in this work the Vijnaptimatrata is not developed on the basis of the eightfold complex of mental series taught by the Yogacarins (Alayavijnana, Manas etc., all of which may simultaneously arise) but on the basis of the "one-layered" mental series of the Sautrantikas. This is clear from the following facts: 1. the container of the residues (vasana) of actions is not called "Alayavijnana", but is called merely "mental series" (vijnana-santanah); 2. the Sautrantika-term "(vijnana-) santanaparinama-(visesah)"; 3. the conception of sense-faculties espoused by Vimsatika; 4. the synonymity of "cittam", "manah", "vijnanam" and "vijnaptih"; 5. the distinction of sense-knowledge as "perception" (pratyaksam) from the succeeding Manovijnana as "vikalpah". - Such an idealism developed on the basis of the "one-layered" mental series of the Sautrantikas is to be met with also in Dignaga's Alambanapariksa and in Dharmakirti. - Vasubandhu's Trimsika, as against Vimsatika, advocates the eightfold complex of mental series taught by the Yogacarins; still unmistakable traces of the author's Sautrantika-past are noticeable in the work. - On account of these Sautrantika-elements Vimsatika and Trimsika may be attributed to the author of Abhidharmakosah. At the same time it appears that such elements are wanting in the commentaries on the works of Maitreyanatha and Asanga attributed to Vasubandhu, a fact which seems to support the "two-Vasubandhuhypothesis" put forward by Frauwallner. 136