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A. Wezler
Der sarvasarvitmakatvavida
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anderen Elemente miteinbezogen sind. Bezeichnend für den sarvasarātmakatvawide aber bleibt, daß nicht die fünf Elemente und ihre mannigfachen Verbindunpen im Vordergrund stehen, sondern das konkretere Anschauungsfeld des Lebendigen: und daß einem vor-naturwissenschaftlichen Denken der Körper animalischer Lebewesen, voran der des Menschen, als letztlich aus den (find) Elementen gebildet erscheint, nimmt nicht wunder, wenn auch die betonte Herausstellung der Elemente Wasser und Erde', die auch im Pali-Kanon beobachtet werden kann. zu denken gibt
Satz sarvam sarvatmakam erläutert, kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Vertreter des Samkhya ihre Ontologie soweit systematisch durchdacht haben, daß sie die unbelebten Dinge der Erscheinungswelt nicht etwa von dem sarasarvatmakarva ausnahmen.
Es will freilich nicht recht einleuchten, daß - wie Sankara offensichtlich unterstellt - mit diesen Beispielen mehr verdeutlicht ist, als daß z. B. die verschiedenen Geschmacksarten eben auf den einen Geschmack zurickgehen. Inwiefern es berechtigt und richtig ist, z. B. auch von einem Topf die Aussage zu machen, er sei in dem oben explizierten Sinne sarvatmaka', bleibt dunkel. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß dieser Mangel an Explizitheit nicht durch die Oberzeugung der Vertreter des Samkhya zu erklären ist, weitere anschauliche Beispiele, und zwar für den Bereich dinglicher Gegenstände, erübrigten sich, da ohnehin alles klar sel, eher wohl dürfte dabei eine Rolle gespielt haben, daß sich das sarvasarvatmakatwa an dinglichen Gegenständen in der Tat schwer anschaulich exemplifizieren laßt. Jeden falls gilt es festzuhalten, daß in dem zugänglichen Textmaterial das mit der Nahrungskette" gegebene Anschauungsfeld entschieden dominant bleibt. Auch unter diesem Gesichtspunkt stellt sich demnach die Sachlage so dar, daß die Erkenntnis, daß ein Jedes Jedes (andere) in sich enthält", aus der Beobachtung der belebten Natur gewonnen worden sein dürfte bzw. durch sie als evident erwiesen erschien.
7.4. Im Anschluß daran drängt sich aber eine weitere Frage auf, und zwar die, ob sich das sarvasarvatmakatwa auf den gesamten Bereich des materiellen Seienden, auf amtliche Evolute der Urmaterie erstreckt oder etwa nur auf den durch die Begriffe jagamna und sthāvara abgegrenzten Teilbereich der Tiere und Pflanzen. Auch bei der Beantwortung dieser Frage wird man sich nicht mit dem Hinweis auf systematische Zwänge und gedankliche Folgerichtigkeit begnügen, die in der Tat nichts anderes als eine uneingeschrankte Geltung der ontologischen Aussage sarvam sar witmakam zulassen, sondern man wird das bereits in Anmerkung 85 (0.S. 388f.) besprochene Zitat, das der Verfasser der Yuktidipika den Vārsaganāḥ zuschreibt, heranziehen, freilich auch den von Frauwallner nicht übersetzten Schluß: (tad etat trailokyam vakter apaiti na sattad, apetam apy asti vinafapratigedhat /(a)sarisar gác cäsya sauksmyam, sauksmyāc cănupalabdhih, tasmad vyaktyapagamo vinafah ) sa ty dvividhah / sargapralayāt tattvānām, kimcitkaläntarāvasthanad itaresam iti ,dieses (Entschwinden aus der Sichtbarkeit aber ist zweifach: die [23] Wesenheiten (entschwinden) vor der Schöpfung und nach der Auflösung (der Erscheinungswelt aus der Sichtbarkeit), die anderen (Evolute) (d.h. die phänomenalen
dinge belebte wie unbelebte) entschwinden], bevor sie für eine bestimmte Zeitdauer bestehen und nachdem sie für eine bestimmte Zeitdauer bestanden haben, aus der Sichtbarkeit)." Da nun auch namentlich Sankara (vgl. Textstück J. o. S. 378) feststellt, daß nicht nur die Mannigfaltigkeit der Geschmacksarten, wie sie in bestimmten Pflanzen als für sie typisch wahrgenommen wird, sondern auch das vaivarípya der Gerüche und Farben gleichermaßen das Ergebnis von Umwandlungsprozessen der Elemente der Materie darstellt, und da er mit diesen Beispielen den
7.5. Auf eine in einigen Textstücken (H, o. S. 375, et passim) selbst gegebene Prilisierung des Satzes sarvam sarvatmakam muß noch eingegangen werden, den Zusatz fātyanucchedena nämlich. Sankara (Textstick J, o. S. 378) erläutert saltvadyavinasena und Vācaspatimiśra (Tattvavaišaradi zu YS 3.14) bemerkt: jalatvabhūmitädijäteh sarvatra pratyabhivrayamanatvenanucchedal, ..weil die Gattungen Wasser'. Erde' usw.insofern sie überall (d.h. In jedem Einzelding) wiedererkannt werden, nicht abgeschnitten werden (d.h. nicht aufhören, weiter zu bestehen)". Beide Explikationen lassen an Klarheit und Detailliertheit zu wünschen übrig. Es geht beim sarvasarvatmakatvavada ja gar nicht primair darum, daß alle Dinge der Erscheinungswelt Produkte der Umwandlung der Materie bzw. der fünf Elemente sind oder daß die Elemente durch lange Reihen von Umwandlungsprozessen hindurchgehen, und auch die Vorstellung, daß ein Produkt, eine Wirkung (karya), auch wenn sie nicht mehr wahrnehmbar ist, doch weiterhin existent ist, bildet, wie noch zu zeigen sein wird, nicht den eigentlichen Gegenstand dieser Lehrelemente, son dem eher seine Voraussetzung.
Ich vermute deshalb, daß mit diesem präzisierenden Zusatz ursprünglich nicht mehr und nicht weniger gemeint war, als daß z. B. eine bestimmte Kuh, auch wenn sie in dem explizierten Sinne sarvatmaka ist, nicht aufhört, eine Kuh, d. h. ein Vertreter der Gattung Kuh, zu sein, vielleicht auch, daß das Gras, das die Kuh gefressen hat und das durch einen Umwandlungsprozeß zu Blut geworden ist, nicht aufhört, Gras zu sein, d.h. weiterhin als Vertreter der Gattung Gras ein Selendes ist. Ich halte mit anderen Worten dafür, daß der Zusatz bezweckt, von vornherein das - durch den folgenden Teil der Aussage in der Tat naheliegende - Mißverständnis zu verhindern, daß es also die gattungsmäßige Diversität der Phänomene dieser Welt
93 L. Schmithausen verwelst mich u.. suf M I 185 ff. u. III 240 f. 94 Z.B.: Steckt (1.) eine Kitere Vorstellung dahinter, derzufolge der Körper nur aus den Ele
menten Erde und Wasser besteht, oder erklärt sich die konkrete Nennung nur bew. vor allem diesel belden Elemente daraus, dab (2.) an den Leichnam redacht ist, der ohne Körperwirrte (Feuer) und ohne Atem (Windist, oder daraus, dal (3.) man sich primär auf die Auscheldungen des Körpers als „Bewels" für seine elementare" Beschaffenheit bezog? - Alle 5 Elemente werden schon Praina U 2.2 unter den deras genannt, welche den Körper
95 YD (od. R. C. Pandey) 57.7-9. - Aufgrund des Kontextes bew. der Vorstellung darüber,
we in diesem Tell des Zitats gesagt sein muß, fasse ich sargapralayat als samahara dwanda Kompositum auf, Interpretiere die Präposition i einmal als .. bls", des andere Mal alsyon an" und lasse sie bis zum zweiten Ablativ fortgelten"