Book Title: Raghunatha Siromani
Author(s): Erich Frauwallner
Publisher: Erich Frauwallner

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Page 42
________________ 202 ERICH FRAUWALLNER Im gleichen Sinne ist es zu beurteilen, wenn sich Raghunatha gelegentlich darin gefällt, die verschiedensten Möglichkeiten aufzustellen und auszumalen, selbst wenn es sich um Fälle handelt, an die in Wirklichkeit niemand denkt. Ich erinnere beispielshalber an die drei Fälle, die er beim Abgrenzen der Gegenteiligkeit unterscheidet (§ 9c). Es bestätigt sich also, daß Raghunātha an den sachlichen Problemen, die seine Vorgänger beschäftigten, kein Interesse hat. Er begnügt sich mit den einmal gegebenen Begriffen und Lehrsätzen. Die Hauptsache ist für ihn ihre Anwendung? Charakteristisch für ihn, und zwar im gleichen Sinne, ist sein Handhaben der Definitionen. Wenn er bei einem der von ihm herangezogenen Sonderfälle auf Schwierigkeiten stößt, sucht er dem zu bogegnen, indem er die vorhandene Definition umformt oder eine neue aufstellt. Nehmen wir als Beispiel seine Behandlung des Abgrenzenden (avacchedakam) ($ 3-6). Alle älteren Definitionen erklärt er für unzulänglich, weil sie auf einen von ihm ausgeklügelten komplizierten Sonderfall nicht zutreffen, in dem neben dem einfachen Abzugrenzenden ein gleichwertiges mit der gleichen Ausdehnung steht, neben Feuer im allgemeinen die Zweiheit von Grasfeuer und Nichtgrasfeuer. Da hilft er sich mit der fragwürdigen Annahme zweier Abgrenzender, baut darauf zwei Definitionen, bespricht sie in ihren Gliedern nach dem Muster der grundlegenden Definition der Umfassung und arbeitet schließlich eine dieser Definitionen in die Definition der Umfassung ein. Ein anderes Beispiel für sein Formen und Umformen von Definitionen bietet der Abschluß seiner Besprechung der Verknüpfung (§ 12). Den Ausgangspunkt bildet der absonderliche Schluß, bei dem man aus der Großzeit (mahakālaḥ) auf das Vorhandensein eines Dinges schließt. Da gibt es nämlich, wenn das zu Beweisende etwas nicht durchwegs Vorhandenes ist, kein Nichtvorhandensein, das nicht mit seinem Gegenteil im gleichen Träger vereinigt ist, so wie es in der Definition Gangesa's genannt wird. Das ist natürlich im Grunde genommen gleichgültig. Denn die Definition will nur sagen, daß kein solches Nichtvorhandensein im Träger des Grundes vorkommen darf. Wenn es überhaupt keines gibt, nur umso besser. Aber Raghunātha läßt alle Kunststücke spielen, um ein solches Nichtvorhandensein festzustellen und eine Form der Definition zu finden, in die er es einfügen kann. Dabei überläßt er sich so der 1 Ich habe dabei nur die Anumånadidhitih im Auge, denn sie ist das Werk, welches die spätere Entwicklung bestimmte und der Schule Raghunătha's ihr charakteristisches Gepräge gab. Welche Rolle beispielshalber das Padārthatattvanirūpanam in seinem Denken spielte, läßt sich vorläufig nicht sagen. Dazu müßten erst alle seine Werke veröffentlicht sein. Dann wird sich vielleicht von seinem Werden und seiner Entwicklung reden lassen. Die bis zum Überdruß wiederholten Pandit-Märchen helfen dazu gar nichts.

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