Book Title: Zu Den Sogenannten Identifikationen In Den Brahmanas
Author(s): A Wezler
Publisher: A Wezler
Catalog link: https://jainqq.org/explore/269694/1

JAIN EDUCATION INTERNATIONAL FOR PRIVATE AND PERSONAL USE ONLY
Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ "Die Entwicklung der Kulturanalyse gleicht nicht so sehr einer ansteigenden Kurve kumulativer Ergebnisse, sondern zerfällt in eine Absolge einzelner und dennoch zusammenhängender, immer külnerer Vorstöße. Untersuchungen bauen auf anderen Untersuchungen auf, nicht in dem Sinne, daß sie da weitermachen, wo andere aufgehört haben, sondern in dem Sinne, daß sie mit besseren Kenntnissen und Begriffen ausgerüstet noch einmal tiefer in die gleichen Dinge eintauchen. Jede ernsthafte Analyse fängt ganz von vorn an... (Clifford GEERTZ, Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Frankfurt a. M 1991 (2. Aufl.), S. 36) Zu den sogenannten Identifikationen in den Brähmanas ALBRECHT WEZLER 1. In denjenigen Werken der Sekundärliteratur, bei denen zugestanden werden kann, daß ein wissenschaftlich ernst zu nehmender Versuch unternommen wird, die "Weltanschauung der Brahmanas" zu verstehen' - die diese Texte also nicht als "the twaddling of idiots" usw. denunzieren Dies bekanntlich der Titel der berühmten Abhandlung von Hermann OLDENBERG, Göttingen 1919, die außerdem noch überschrieben ist "Vonvissenschaftliche Wissenschaft ein Begriff, dessen Unklarheit der Begeisterung entspricht, mit der er von anderen aufgegriffen wurde. Siche dazu z. B. WITZEL (Anm. 6), p. 3 und SMITH (Anm. 40), p. 327. Das grundsätzliche Vorurteil der in diesem Zusammenhang zu zitierenden älteren Indologen ist als viel schlimmer - und verhängnisvoller - anzusehen als der oft von Kritikern auch betonte Widerspruch zwischen diesem Vorurteil und der editorischen Tätigkeit der gleichen Gelehr. ten: Was in einem handschriftlich überlieferten Text steht, wird erst erkennbar, wenn man ihn ediert, und das wissenschaftliche Ethos jener Vedisten war, Gott sei Dank, so hoch, daß sie sich durch ihre Verachtung für Teile des Inhalts weder davon abhalten ließen, ihre Erschließungsarbeit fortzusetzen, noch dazu verleilen ließen, den europäischen Standard (kritischer) Textausgaben zu vernachlässigen.-Rezeptionsgeschichtlich und im Hinblick auf die "hinduistische Apologie bemerkenswert ist, wie etwa B. R. SHARMA, Vedic Heritage of India, Tirupati 1991, p. 59 mit der "twaddle"-Abqualifizierung umgeht. Er stellt einfach fest: "These treatises", d. h. die Brdhmanas, "for that matter the entire range of Vedic litera. ture, from the Samhilas to the Brāhmanas, are not meant for ordinary reading. For a general reader, the greater portion of the Brahmanas is simply twaddle, and what is worse, theologi FESTSCHRIFT PAUL THIEME, SI 20, 1996, S. 485-522 Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ . 486 ZU DEN SOGENANNTEN IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS ALBRECHT WEZLER 487 werden sehr häufig 'Identifikationen als eines ihrer charakteristischen Strukturelemente bezeichnet. Bei OLDENBERG' ist ein längerer Teil des 1. Abschnitts diesen 'Identifikationen gewidmet; auch SCHAYER* erwähnt die "berüchtigten Identifikationen ..., die seit jeher das Gespött der abendländischen Wissenschaft gewesen sind", ersetzt seinerseits den Begriff 'Identifikation' jedoch durch den der "(magischen) Äquivalenz", freilich ohne sein Vorgehen zu begründen. Am eingehendsten hat sich zweifellos aber WITZEL - in seiner Leidener Antrittsvorlesung - mit den 'Identifi kationen der Brahmanas beschäftigt; da ihm u.a. durch seine Betonung und Demonstration des System-Charakters des "Magical Thought in the Veda", den es freilich gilt, aus verstreuten, aber als thematisch zusammengehörig und als sich wechselseitig ergänzend zu erkennenden Außerungen in verschiedenen Texten/Textgruppen herauszuarbeiten, ein nicht unwesentlicher Erkenntnissortschritt zu verdanken ist', bedarf es wohl keiner weiteren Rechtfertigung, daß im folgenden zunächst einmal vor allem auf seine Darlegungen Bezug genommen wird. 2. Auch WITZEL vermag aus dem Textkorpus, auf das er sich bezieht, keinen Ausdruck nachzuweisen, der mit "Identifikation" wiederzugeben wäre. Daß - nach einhelliger Meinung aller Forscher, die sich mit diesem Aspekt der 'Weltanschaung der Brāhmanas' befaßt haben, -in diesen Texten selbst der Begriff "Identifikation" nicht bezeugt ist, berechtigt natürlich nicht zu dem Schluß, daß sich in ihnen nicht gleichwohl Sätze finden, die eine Identifikation aussagen bzw. darstellen'. Wichtig ist aber, zunächst einmal festzuhalten, daß bestimmte Sätze - oder besser: Satztypen - jedoch gelegentlich auch andere syntaktische Gebilde, von Vedaphilologen so verstanden werden, daß in ihnen eben eine 'Identifikation' ausgedrückt sei. WITZEL betont, daß "to the Vedic priest and magician, such identifications are very real". Die bei weitem häufigsten Satztypen, durch die 'Identifikationen ausgesagt werden sollen, sind Nominalsätze, bei denen die Kopula - wie auch sonst gewöhnlich - fehlt; daneben cal twaddle as Max Mueller observed." O.c., S. 110-123 Die Struktur der magischen Weltanschauung nach dem Atharva-Veda und den Brah mana-Texten, München 1925, p. 20. Einige weitere Beispiele für die Verwendung des Begriffs 'Identification' (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die hier auch nicht nur nicht erreichbar, sondern methodisch auch ganz und gar überflüssig ware), auf die mich meine Mitarbeiterin Eva WILDEN hingewiesen hat: L. VON SCHRODER, Indiens Literatur und Kultur in historischer Entwicklung, Leipzig 1887, S. 127-135; A. A. MACDONELL, History of Sanskrit Literature, London 1900, p. 32; A. B. KEITH, The Religion and Philosophy of the Veda and the Upanishads, Cambridge (Mass.), 1925, p. 484; W. RAU, Staal und Gesellschaft im Alien Indien, Wiesbaden 1957, S. 6; J. GONDA, Die Religionen Indiens I. Stuttgart 1960, S. 177.; G. U. THITE, Sacrifice in the Brahmana-Texts, Poona 1975, p. 47; H. KRICK, Das Ritual der Feuergründung, Wien 1982, S. 402 (und vgl. das Stichwort agnyd. dheya im Index); P. HACKER, Grundlagen indischer Dichrung und indischen Denkens, Wien 1985, S. 66ff. (et passim). Ergänzend füge ich an: B. DELBRÜCK, Altindische Syntax, Halle a. d. Saale 1888 (Nachdruck: Darmstadt 1968), S. 61 (mit Bezug auf appositionelle Nebeneinanderstellung von Substantiven); F. EDGERTON, "Dominant Ideas in the Formation of Indian Culture", in: JAOS 62 (1942). P. 153; P. MUS, "The Problem of the Sell, West and East and the Mandala Pattern, in: Ch. A. MOORE (ed.) Philology and Culture East and West. East-West Philosophy in Practical Perspective, Honolulu 1968, p. 602; and J. F. SPROCKHOFF, Die Alten im alten Indien. Ein Versuch nach brahmanischen Quellen". in: Saeculum. Jahrbuch fur Universalgeschichte, 30/4, 1979, S. 388, 390 u. 394. 'S. auch J. C. HEESTERMAN, The Inner Conflict of Tradition, Chicago/London 1985, p. 33. On Magical Thought in the Veda, Rede uitgesproken bij de aanvaarding van het amb van gewoon lector in hel Sanskriet aan de Rijksuniversiteit te Leiden op vridar 19 Oktober 1979 door Dr. M. Wirzel. Ich benutze die Gelegenheit, einen Titel nachzutragen, der auf P. 25 erwähnt ist ((cf. POLANYI, 1975)) in der "Literature (p. 22) aber fehlt: Universitaire P?, Leiden 1979, p. 3. ANTON SMITH (S. Anm. 40), p. 37 nebst Fußnote 25 hat das eindeutig nicht erkannt und sein Urteil über WITZELS Leistung ist folglich verfehlt. Daß die Identifikationen, im ganzen gesehen, nicht wahllos erfolgen, sondern nach einem System" hatte schon MYLIUS (s. den zweiten der in Anm. 12 genannten Aufsätze) richtig gesehen. Beiden Vedisten wird man es nachsehen, daß sie sich nicht auch um (die) Systemtheorie(n) gekümmert haben. Das gilt auch für SMITHS (s. Anm. 40) p. 47 Bemerkung über das Fehlen eines Begriffs for resemblance" in der alteren vedischen Literatur (s. unten, Anfang von $5). O.c. (Anm. 6). p. 10. Die Hervorhebung ist WITZELS. 25. Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 488 ALBRECHT WEZLER handelt es sich um prädikative Syntagmen innerhalb andersgearteter Sätze, 10 WITZEL selbst äußert sich auffälligerweise nicht zu dem von ihm verwendeten Begriff der 'Identifikation', jedenfalls nicht explizit und bei seiner ersten Verwendung, obwohl schon MYLIUS, den WITZEL zitiert", immerhin "die eigentlichen Identifikationen" von "bloßen Beziehungen und Vergleichen" bzw. "Definitionen" unterscheidet. Indem WITZEL außerdem verschiedentlich statt von "identification" von "identity" und "identical" spricht, macht er deutlich, daß er unter "identifications" "identifying or being identified"14, d.h. "causing (sic!) to be or becoming identical"15 im strikten Sinne von "identical" = "being the same" versteht. 16 10 Wie etwa das von WITZEL eingangs (o.c., p. 3) besprochene Beispiel "I look down on you (i.e. the pot) with the eye of the sun" oder formelhafte Wendungen wie savitúḥ prasavé 'tvinor bähúbhyam pusnó hástäbhyam. Wahrscheinlich gibt es noch andere syntaktische Fügungen, die angeblich 'Identifikationen' ausdrücken (vgl. oben Anm. 4 (DELBRÜCK)), aber mir kommt es auch in dieser Hinsicht aus verständlichen praktischen Gründen nicht auf Vollständigkeit an, zumal sie für das hier gesetzte Ziel methodisch auch nicht erforderlich ist. - - "O.c. (Anm. 6), p. 6. Ich beziehe mich hier auf seinen Aufsatz "Die vedischen Identifikationen am Beispiel des Kausitaki-Brahmana", in: KLIO. Beiträge zur Alten Geschichte, 58 (1976), S. 145-166, namentlich die "Einleitung" (S. 145f.) Zu berücksichtigen wären außerdem "Die Identifikationen der Metren in der Literatur des Veda", in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl Marx Universität 17 (1968), S. 267-273, [wie die "Identifikationen und Symbolisierungen zu verstehen sind, bleibt freilich unklar] bzw. "Die Identifikationen im Kausitaki-Brahmana", in: Altorientalische Forschungen 5 (1977), S. 237-244. 13O.c. (Anm. 10), p. 5 et passim. Zitiert aus The New Penguin English Dictionary, London (etc.) 1986, s.v. "identification la. 15 Ibidem, s.v. "identity" la. 16 So daß die Bedeutungen "being very similar or exactly alike", die "identical" u.a. auch hat, ausgeschlossen sein müßten. ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS 489 3. Es läßt sich aber nicht übersehen, daß damit ein Terminus auf die Brahmanas angewandt wird, dessen Bedeutung erst im Rahmen philosophischen bzw. logischen Denkens geklärt werden müßte. Von SCHELLINGS Identitätsphilosophie" - als deren Grundlage gilt "Alles, was ist, ist an sich eines" darf in diesem Zusammenhang wohl abgesehen werden, nicht aber a limine auch von den Bereichen der Philosophie, die sich mit dem Problem der psycho-physischen Identität u.ä. beschäftigen1". "Identity" wird in A Dictionary of Philosophy" erklärt als "the relation expressed in mathematics and logic by the 'equals' sign, '='. The force of saying that 2+3 5 is that the number obtained by adding 2 and 3 is (identical with) 5. In ordinary English the relation of identity is expressed using the word 'is', but this word has so many other uses20 that one has to try to isolate the cases in which it is used to express identity... Consider the following four sentences: (1) London is a city. (2) London is the capital of England. (3) Zimbabwe is in Africa. (4) Zimbabwe is Rhodesia. In (1) and (3) a particular entity is decribed in some way. When 'is' is used in this way, in the giving of descriptions, it is called the 'is' of predication. 17 Der Einfachheit halber sei auf den gleichnamigen Artikel in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hrsg. von J. RITTER † u. K. GRUNDER, Bd. 4 I-K, Basel/Stuttgart 1976, verwiesen, an dessen Ende einschlägige Literatur verzeichnet ist. In einer früheren Fassung des vorliegenden Aufsatzes hatte ich im Anschluß an diesen Satz Definitionen bzw. Erläuterungen des Begriffs "Identität" zitiert, die dem Historischen Wörterbuch der Philosophie (vgl. Anm. 17) entnommen waren. Mein Freund Claus OETKE, durch dessen Kritik meine Darlegungen auch in anderen Teilen an Klarheit und Schlüssigkeit gewonnen haben, hat mich aber davon überzeugt, daß A Dictionary of Philosophy ed. by J. SPEAKE, sec. revised ed., New York 1984, den Vorzug verdient, und er hat mich außerdem auf den von A. STROLL verfaßten Artikel über "Identity" in Paul EDWARDS (ed.-in-chief), The Encyclopedia of Philosophy, Vol. Four, New York-London 1967 hingewiesen. Zu dem gerade erschienenen The Oxford Companion to Philosophy, ed. by T. HONDERICH, OxfordNew York 1995, wird man allerdings gewiß auch greifen, ohne klassische Handbücher der analytischen Philosophie wie etwa W. V. O. QUINE, Grundzüge der Logik, Frankfurt a. M. 1974 (s. Register s.v. "Identität") oder E. TUGENDHAT / U. WOLF Logisch-semantische Propädeutik, Stuttgart 1983, S. 168-184 darüber zu vergessen. 19 Und zwar p. 161. 20 Vgl. Anm. 23. Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 490 ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN "IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS 491 By contrast, in (2) and (4), where 'is' has the sense of 'is the same as it is called the 'is' of identity. Two features that help to distinguish the 'is' of identity from other uses of 'is' are (a) it can be replaced by 'is the same as' without significantly altering the sense of the sentence in which it occurs, and (b) the phrase standing on either side of it can be interchanged without significantly altering the sense of the sentence.... The expression occurring on either side of an 'is' of identity must be singular term; that is, either proper names, such as 'John', definite descriptions, such as 'the North Pole'. pronouns, such as 'T' or 'he', or demonstrative words or phrases such as 'this', 'this cat', and 'that mouse ..." "The work of Gottlob Frege, especially his celebrated paper "Über Sinne und Bedeutung "1 ..., set the stage for modern researches into the subject of identity", mit diesen Worten leitet STROLL” den Unterabschnitt über "modern views" ein. FREGES Interpretation der Identität als Relation zwischen Namen oder Zeichen für Gegenstände pflegt - ihm folgend - an dem Beispiel "Morgenstern und Abendstern sind dasselbe" illustriert zu werden, was über die triviale Identität von A mit sich selbst hinausgeht. Weitere Beispiele nicht-trivialer Identitätsbehauptungen wären etwa "Managua ist die Hauptstadt von Nicaragua" oder "Aristoteles war der Lehrer von Alexander dem Großen. 23 4. Das letztgenannte Beispiel erinnert unmittelbar an den Satz aus dem Kausitaki Br. "Brhaspati is the brahman of the gods", den MYLIUSund ihm folgend WITZEL" - jedoch gerade nicht als Identifikation, son dern als Definition betrachtet wissen möchten. Nur ersterer aber äußert sich, wenn ich nichts übersehen habe, zum Unterschied zwischen Identifikationen und Definition, wenn auch in eher ein wenig ausweichender Form, indem er nämlich von ihm bemerkt, er sei "nicht immer leicht zu treffen und ließe "mehrfach subjektiv begründeter Verschiedenheit in der Auslegung einen gewissen Spielraum offen" 28 Der Satz aus dem Kausitaki Br. ist zumindest oberflächengrammatisch einem Identitätssatz gleichartig dadurch, daß das "is" von zwei singulären Termen flankiert wird. Allerdings wird das nur durch den Zusatz von "the" eindeutig gemacht, einen Zusatz, der keine Entsprechung im Sanskrit Original haben dürfte. Da er aber als Verdeutlichung des Gemeinten gewiß gerechtfertigt ist, besteht kein Grund, diesen Satz nicht - auch -- als "Identification" zu klassifizieren. Es darf folglich festgestellt werden, daß es in den Brahmanas zweifellos Identifikationen - im Sinne FREGES - gibt. Wie aber steht es mit dem von WITZEL." aus der KpS (47.3)(lies: 46.3) ausgehobenen Beispiel "He (fi.e.) the priest) brings forward the waters (to be used in the ritual). The waters are the sacrifice. Having stretched out the sacrifice (fi.e.) fashioned the offering ground), he proceeds. The waters are the abode dear to the gods. Having brought forward the abode dear to the gods, he starts (the ritual). Demon slaying waters are used this serves to beat away the demons. A club are the waters. He hurls forward a club, for the abolishment of rivalry)."? Meine Frage gilt dabei wohlgemerkt nur jeder einzelnen dieser drei 'Identifikationen, nicht dem Problem, daß sie sich wechselseitig ausschließen müßten, auf das WITZEL auch eingeht. S. "Uber Sinn und Bedeutung in: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kri tik 100 (1892), S. 25-50, nachgedruckt in: G. FREGE, Funktion, Begriff. Bedeutung, Funflogische Studien. Herausgegeben und eingeleitet von G. PATZIG, Göttingen 1962, S. 38-63 50 wie Kleine Schriften, hrsg. v. I. Angelelli, Darmstadt Hildesheim 1967, bzw. Begriffsschrift. eine der arithmerischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens, Halle a. S. 1879, nachgedruckt in: Begriffsschrift und andere Aufsarze, hrsg. von 1. Angelelli, Hildesheim 1961; vgl. auch Anm. 66 unten. * S. oben Anm. 18. Diese Beispiele gibt W. STEGMÜLLER, Der Phänomenalismus und seine Schwierigkellen - Sprache und Logik, Darmstadt 1969, im ersten Kapitel ("Die Funktionen des 'ist") des zweites Teils, der erstmals veröffentlicht wurde in: Stadium Generale, 9. Jahrgang 2 Heft (1956), S. 57-77, auf S. 70ff. = 60ff. * L.c. (s. Anm. 12, der erste Aufsatz), S. 145. L.c. (s. Anm. 6), p. 6. L.C. (s. Anm. 12, der erste Aufsatz) S. 145. "L.c. (s. Anm. 6), p. 4 Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS 493 So einleuchtend WITZELS Erläuterungen der einzelnen 'Identifikationen auch sind," man kommt nicht umhin festzustellen, daß z.B. der Satz "a club are the waters" keine Identifikationsbehauptung in dem gerade explizierten Sinne darstellen kann; denn nach WITZELS Übersetzung wäre das sogar syntaktisch ausgeschlossen wegen des unbestimmten Artikels (das "is" wird nicht von singulären Termen flankiert). Vedisch vajra ist nicht ein anderer Name für oder eine Kennzeichnung der Wasser - wie "Lehrer von Alexander dem Großen" des Aristoteles. WITZEL meint zwar, daß "the identifications of the objects ... are not intended as poetical similes"." er spricht zwar von "a full equation of both entities and not a mere similarity of both", als durch die emphatischen Partikeln angezeigt", er hält zwar "magical identifications" und "metaphors"" auseinander, aber er bietet nirgendwo eine Erklärung dafür, wie diese Identität zu verstehen ist. Des nicht genug, bei der Besprechung eines weiteren Beispiels, nämlich der Aussage "Indra is a bull", die wieder durch die Syntax als eindeutig keine Identitätsaussage erwiesen wird, gibt er offensichtlich selbst den Begriff der Identität auf, indem er dazu ausführt: "God Indra, the human-shaped warrior god of the Vedic Aryans, is certainly not a bovine and was never described ... as such. Yet the author wants to express something meaningful. A Vedic listener to this may here introduce one noem" connected with 'Indra' or 'bull' after another in quick succession, recalling them from active memory and thus, from his general cultural background, which is not always known to us perfectly, in order to reach a meaningful interpretation. Apparently, some noem is involved here which is not usually, not habitually relevant in using or hearing the word 'bull', - at least not for us. It is not the shape or colour of a bull, which come to our mind most readily when enumerating the various noems connected with the noematic aggregate expressed by the word 'bull'. ... Similarly, the noems connect ed with 'Indra' do not help: he is known as a male god who helped in the creation of the world, who delivered to mankind water and cows, he is a warrior god who helps the fighting Aryans. It is here that the reader or listener has to call up another noem, which may be connected with many words, i.e. the one 'figurative meaning'. This may, in many cases, belong to a particular cultural background, it may have been established for a certain period. In other words, and especially in poetry, this noem is not habitually relevant at all, it is not even occasionally relevant but relevant only in the particular phrase studied. In the present case, where Indra is equated" with a bull, however, we are in a slightly better position to understand the sentence. We know that one characteristic of Indra is his enormous strength and also his sexual potency which he shares with the bull. The way to understand this equation thus is to take it as a simile at first: Indra is similar to a bull in so far as he has great strength. Again, the equation" is established by selecting one or more) peculiarities shared by both entities." *Cf. 1.c. (s. Anm. 6). p. 4(.). * L.c. (s. Anm. 6), p. 5. L.C. (s. Anm. 6). p. 5 unter Verweis auf OLDENBERG, O.c. (Anm. 1), S. 120ff. "Emphasizing particles die Partikel bezieht sich auf vai und eva. "L.c., p. 9. "Lc., p. 141. "Diesen Begriff hat WITZEL von seinem Lehrer Karl HOFFMANN übernommen und zwar erläutert (I.c., p. 11)-, der sich seinerseits (s. Der Injunktiv im Veda, Heidelberg 1967, S. 37(ff.)) auf E KOSCHMIEDER beruft. - In anderer Bedeutung verwendet Paul RICOEUR den Begriff (genauer: den Begriff noema), wenn er sagt was wir schreiben, ist das noema ("Gedanke', 'Inhalt', 'Gehalt") des Sprechens", zitiert ohne genaue Quellenangabe bei C. GEERT2, Dichre Beschreibung, Frankfurt a. M. 1991, S. 28, wobei diese Erläuterung freilich nicht ausreicht, die Brauchbarkeit des Terminus zu erweisen. Es scheint, daß WITZELS Text hier nicht in Ordnung ist; was soll hier "one"? Sperrung von mir. * Sperrung von mir Sperrung von mir. Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 495 494 ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS Mit "at first" ist offenbar gemeint, daß man auf dem Wege zu einem vollen Verständnis des in Rede stehenden Satzes "Indra ist ein Stier" erkennt, daß eine signifikante Ähnlichkeit zwischen diesem Gott und einem Stier besteht, daß das endgültige Verstehen aber erst in der Einsicht besteht, daß eben wegen dieser Ahnlichkeit "Indra is equated with a bull", Da "to equate" die Bedeutungen 1. "to make or set equal" und 2. "to treat, represent, regard as equal, equivalent, or comparable" har", ist, wie gesagt, festzustellen, daß WITZEL den Begriff der "Identität" hier de facto aufgegeben hat, d. h. nicht nur im Fall dieses einen Satzes, sondern aller anderen Sätze gleicher Art." fraglich bleiben, ob der 'Vedism wirklich "was a coherent and comprehensive system of doctrine and practice", und erst recht, ob der Begriff der "resemblance" tatsächlich die zentrale Rolle gespielt hat, die SMITH ihm beilegt, nota bene: ohne ihn zu definieren bzw. indem er ihn für formal und inhaltlich ganz unterschiedliche Beziehungen innerhalb eines Textkorpus verwendet, dessen Entstehung sich über rd. 1000 Jahre erstreckt. Ja es fällt schwer, sich des Zweifels zu erwehren, daß der Erkenntniswert dieser - wie anderer ähnlicher 'Entdeckungen von "philosophischen Zentren" o.ä." - eher gering ist, zumindest solange mit schwammigen begrifflichen Kategorien in nicht hinreichend reflektierter Weise operiert wird. Desungeachtet enthält das Buch von SMITH eine Fülle von interessantem Material aus der Primär- und Sekundärliteratur, eine ganze Reihe wichtiger Beobachtungen und vielerlei direkt oder indirekt (d.h. durch Provokation) fruchtbare Denkanstöße. Für das in vorliegendem Aufsatz behandelte Problem der sog. 'Identifikationen unmittelbar relevant ist das Versprechen: "I will show that Vedic "equations" are neither absurd nor random but are rather systematic expressions made possible and logical) by fundamental Vedic principles of metaphysics and epistemology -- of how the world is and how humans know and represent their knowledge." Er lehnt auch richtig den Begriff der "Identität" als Bezeichnung für die verschiedenen vedischen "connec 5. Nun gibt es aber eine noch jüngere Arbeit, die zwar nicht direkt und ausschließlich auf die häufig als 'Identifikationen bezeichneten Sätze (der Brahmaņas) bezogen ist, zu deren Untersuchungsgegenstand sie aber gehören, und zwar Brian K. SMITHS Reflections on Resemblance, Ritual and Religion." Die zentrale These des Autors ist "that there is a philosophical center around which all Vedic thought revolves." Dieses Zentrum nennt er "resemblance", stellt aber klar: "Although Vedic writers do not utilize a Sanskrit word that adequately translates as "resemblance" until the time of the composition of the ritual Sūtras ..., the concept, I believe, underlies Vedic religious and philosophical discourse in its entirety,"? Folglich stellt er fest: "Vedic resemblance is, in sum, not unlike what Michel FOUCAULT has called an "episteme", a central principle or rule that generates and governs knowledge of all sorts." Es dürfte manchem Leser CHARYA, "Le 'Vedisi lich wie der des "Hinduismus ultur unnötig weit "Zitiert aus The New Penguin English Dictionary, London (etc.) 1986, s.v. "equate". >> zu beachten ist freilich - um WITZEL nicht Unrecht zu tun - daß er 0.c. (Anm. 6) p. 12 behauptet hat: "the axiom similarity means identity... has to be accepted to understand Vedic texts. "New York-Oxford 1989. 40.c., p. 47. 40.c., ibidem; vgl. auch Anm. 8 oben. • O.C., p. 46. “Dieser Begriff, den L. RENOU, wenn auch nicht geprägt hat so doch, gebraucht und verbreitet hat (s. L'Hinduisme. Les textes, les doctrines, l'histoire, Paris 1961; vgl. auch K. BHATTACHARYA, "Le 'Vedisme de certains textes hindouistes" in: JA 255 (1967), p. 199222), ist zwar nicht ganz so problematisch wie der des "Hinduismus", der offensichtlich Pate gestanden hat, aber als anscheinende Gesamtbezeichnung der vedischen Kultur unnötig weit und wird vollends schwammig, wenn es um das 'Fortleben bestimmter vedischer Vorstellungen, Praktiken usw. in nach-vedischer Zeit, speziell im 'Hinduismus', geht. * Auch hier möchte ich C. GEERTZ zitieren, o.c. (Anm. 33), S. 26: "Nichts hat meiner Meinung nach mehr zur Diskreditierung von Kulturanalysen beigetragen als die Erstellung einwandfreier Abbildungen von formalen Ordnungen, an deren Existenz niemand so recht glauben kann." ** O.c. (Anm. 40). p. 46. Page #7 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 4 97 496 ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS tions" ab, indem er z. B. die Ansicht vertritt", daß "to call these connections or bandhus equation or equivalent is to mistake the relation of resemblance for a relation of identity (which Vedic thought, no less than modern scholarly thought, usually found abhorrent, although perhaps for somewhat different reasons)."45 Der Abschnitt eines Kapitels trägt sogar die programmatische Überschrift "Mistaken Identities". Die Einlösung dieses Versprechen kann freilich nicht als wesentlicher Fortschritt oder gar (die) Lösung des Problems gewertet werden. Es bleibt unklar, inwiefern und genau wie durch die fraglichen Satztypen die/ eine "resemblance" bezeichnet wird, und außerdem gebraucht SMITH eine breite Palette von Ausdrücken - darunter auch solche, die er (eigentlich?) verworfen hat - wie "identifications", "identity", "be equated", "images of each other", "correspondences", "substitutes", "to link", "associations", "analogy", "to be linked"56, "correlation that is, a relationship of mutual resemblance "S7, "complementary", "homologies". Andererseits verdient Anerkennung (u.a. auch) die Tatsache, daß SMITH auf wichtige Begriffe der Brahmanas wie bandhu, rüpa usw. selbst zurückgreift - wie sie schon von OLDENBERG, SCHAYER und anderen ausgehoben bzw. untersucht worden sind: Als Ausdrücken bzw. Termini, die von den Autoren dieser Texte selbst im Zusammenhang mit den oder mit Bezug auf die fraglichen Satztypen verwendet worden sind, muß ihnen in der Tat die besondere Aufmerksamkeit des Forschers gelten. SMITHS Deutung dieser Satztypen kann gleichwohl aus den zuvor angeführten Gründen nicht als überzeugende und - ungeachtet ihres Charakters, d. h. der Tatsache, daß sie integraler Bestandteil einer umfassenden Theorie des 'Vedismist - als auf alle Fälle anwendbare Lösung akzeptiert werden. Das Problem bedarf demnach erneuter Untersuchung. "O.c., p. 47; s. auch p. 184,219 und 220 und vgl. Anm. 48 und 49. " S. auch die Parallele p. 195. SMITH bezieht sich hier auf die Dichotomie von jami und prthak (s. 2.B. p. 51ff. und 77), die einen, wenn nicht den entscheidenden Grundpfeiler seiner globalvedischen Theorie darstellt. 4 Oc.. pp. 30-34, Zur Abgrenzung gegen die 'Identität in primitiven Kulturen" s.p. 33 nebst n. 15. Für problematisch halte ich die Verwendung des Begriffs auf p. 199.Auch der Begriff "Identität", wie er von Ethnologen/Kulturanthropologen verwendet wird (s. 2.B. GEERTZ, O.C. [Anm. 33), p. 671.; vgl. auch 89f.), müßte kritisch unter die Lupe genommen werden. 6. Ein solcher erneuter Versuch kann nicht ignorieren, daß inzwischen eine Publikation, und zwar von A. BREUNIS, vorliegt, die erklärtermaßen The Nominal Sentence in Sanskrit and Middle Indo-Aryan gewidmet ist. Auch nach zweimaliger Lektüre der "Introduction" und der beiden ersten Kapitel muß ich bekennen, daß ich die Darstellungsweise des Verfassers ziemlich verwirrend finde. Einzelne seiner Überlegungen bzw. Argumente aber verdienen gewiß Beachtung bzw. Beifall, etwa seine Unterscheidung zwischen Ellipse und sous-entendu etc. im Rahmen seines Bemühens um eine genauere Bestimmung der Kategorie "Nominalsatz". Wird man ihm S.O.c. p. 97 bzw. 55 sowie (für "equated") auch 105. $ 0.c., p. 56. * O.c., p. 73. *O.c., p. 75 und Überschrift des 7. Kapitels (pp. 169-199). *O.c., z. B. p. 80 bzw. p. 96. $ 0.c., p. 100. * O.c., p. 105. $ 0.c., p. 110. O.c., p. 168. 59 O.c., p. 220. E.g. L. RENOU, "Connection' en védique, 'cause en boudhique" in: Dr. C. Kunhan Raja Presentation Volume, Madras 1946, p. 55-60; J. GONDA, "Bandhu in the Brahmanas" in: ALB 29 (1965), pp. 1.28; B. L. OGUIBENINE,"Bandhu et daksina. Deux termes védiques illustrant le rapport entre le signifiant et le signifie", in: JA 27 (1983), pp. 263-75; P. THIEME, adefa" in: Mélanges d'Indianisme à la mémoire de Louis Renou, Paris 1968, p. 715-723 = Kleine Schriften hrsg. v. G. Buddruss, Wiesbaden 1971, S. 259-267; B. B. CHAUBEY, "Nature and Method of Brahmanic Interpretation" in: ABORI Vol. LXIV (1984), p. 77-88 "Leiden-New York-København-Köln 1990. Page #8 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 501 ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS ihr geschaffenen Termini technici erklärt werden, und zwar im Sinne einer ebenfalls nicht-trivialen, neuen Feststellung ihrer Identität, durch die im Gegensatz zu ihr stehende Verwendungen des alltagssprachlichen Ausdrucks ausgeschlossen werden. Die genannten logischen Unterscheidungen von verschiedenen Funktionen von "ist" müssen im Blickfeld bleiben - ebenso wie auch die natürlich-sprachlichen Bedeutungen von "identifizieren", also "1. etw., jmdn (wieder)erkennen, die Identität feststellen" -d.h. wohl: "erkennen, daß X und Y identisch sind" im Unterschied zu "behaupten, daß X und Y identisch sind" und "2. jmdn., etw., sich mit jmdem., etw. gleichsetzen", oder "to identify", also "v la to cause (sic!) to be or become identical, b to associate or link closely with 2 to establish the identity of - vi to experience psychological identification <- with the hero of a novel > ". Man sollte aber auf keinen Fall versäumen, sich in einem nächsten Schritt Philosophen zuzuwenden, die über die natürlich-sprachlichen Verwendungen die ser Wörter nachgedacht haben, und sich z.B. von E. TUGENDHAT' über die Bedeutung des Unterschieds zwischen numerischer und qualitativer Identifizierung belehren zu lassen. Last but not least bedarf der Begriff der "theoretischen Identifikationen" der Erwähnung und knapper Explizierung. Er wird ausgedrückt durch Sätze wie "Wasser ist H,0" oder "Blitz ist eine elektrische Entladung", die sich von einem Satz wie "Managua ist die Hauptstadt von Nicaragua". - STEGMÜLLERS Beispiel für das die Identität bezeichnende "ist" - dadurch unterscheiden, daß hier alltagssprachliche Ausdrücke wissenschaftlich, d. h. im Rahmen einer bestimmten Theorie, mittels der von 7. Bei einer wenn auch nur kursorischen Durchsicht einschlägiger Belegstellen in den Brahmanas bzw. Lektüre einiger Werke der Sekundärliteratur habe ich drei Beobachtungen gemacht, die mir bestimmte Vorkommensfälle als methodisch besonders geeignet erscheinen lassen, um bei ihnen analytisch anzusetzen. Die Besonderheit liegt entweder in einem bestimmten adverbiellen Zusatz zu dem Nominalsatz (7.1) oder in zu dem Nominalsatz 'hinführenden', ihn begründend vorbereitenden bzw. ihm nachfolgenden begründenden, anderen Sätzen im unmittelbaren Kontext (7.2) und schließlich in der Verwendung im Kontext selbst von Ausdrücken wie z.B. bandhu, nidāna usw., - die offensichtlich die Beziehung der Glieder des Nominalsatzes bezeichnen, und zwar allem Anschein nach als Ergebnis einer Reflexion der Verfasser über die grundsätzliche Art dieser Beziehung (7.3). 7.1. In einigen Nominalsätzen - wenn auch keineswegs nur in solchen" - findet sich zusätzlich ein adverbieller Ausdruck wie sākşåt, gelegentlich zusammen mit pratyakşåt oder aparoksāt im Kontext. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Aussage des Nominalsatzes dadurch als ein 'Wissen' charakterisiert wird, das inkompatibel mit dem 'Wissen ist, um das es - wie auch WITZEL betont - den Verfassern der Brah Das Lemma taucht im entsprechenden Band der Brüder Grimm von 1877 nicht auf! » Zitiert aus Wörterbuch der Gegenwartssprache. Hrsg. von R. Klappenbach und W. Steinitz †, Bd. 3, Berlin 1969, s.v. Zitiert aus The New Penguin English Dictionary (Anm. 38), s.v.; in Webster's New Encyclopedic Dicrionary, Köln 1993 lautet der entsprechende Eintrag: "identify ... W... la: to regard as identical . b: to think of as united (as in principle) 2: to establish the identity of ", Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung, Sprachanalwische Interpretationen, Frankfurt a. M. 1979, S. 282-291 ("Anhang über den sozialspychologischen Identitätsbegrill"). Häufig (unmittelbar) nach solchen, z. B. SB 2.1.1.6. In die Betrachtung einzubeziehen wären aber Sätze, in denen praryaksa als Attribut eines 'Schlüsselbegriffs' (s. 6 7.3.) verwendet wird, wie z. B. in SankhB 19.2. etad vai prajāpareh pratyakşam rupam yad vdyor... * 0.c. (Anm. 6, p. 4; vgl. auch p. 15). - Dieses "geheime Wissen" kann - eben da es ein Wissen ist allerdings nicht als Theorie bzw. das Aquivalent zu einer wissenschaftlichen Theorie, aus der sich "theoretische Identifikationen" (s.o. 497) ergeben, betrachtet werden, so daß die Gesamtheit der 'Identifikationen der Brahmanas unter diese Kategorie fallen Page #9 -------------------------------------------------------------------------- ________________ ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS 503 maņas vor allem, man darf fast sagen: üblicherweise, geht und das von ihnen als parokşa bezeichnet würde. Der Ausdruck säksät kann bedeuten "sichtbar, in wahrnehmbarer Weise" oder allgemeiner "in jedermann, also gerade auch dem Nicht-Priester/Theologen-Spezialisten, erkennbarer Weise". So heißt es z. B. SB(M) 2.1.1.6": pašavo hy évaité saksád eva", wobei sich eté auf úşāh bezieht. Zu übersetzen wäre also: "Denn diese (d.h. Salzerde-Stellen) sind ersichtlich Vieh." Die Verfasser des PW dürften Aussagen wie die vorliegende als Angabe einer semantischen Aquivalenz aufgefaßt haben, denn sie behaupten", úsa sei "nach Angabe der Brähmana zugleich eine Bezeichnung für Vieh". An der in Rede stehenden Textstelle geht zwar der Satz tásmåt pasávyam uşarám ity ähuh voran, aber auch hier ist nicht die Feststellung der Bedeutungsgleichheit zweier Wörter intendiert, sondern es wird vielmehr festgestellt, daß "man" aus einem bestimmten Grund "salzhaltigen Boden geeignet für Vieh nennt, d. h. als für die Zwecke der Viehzucht besonders geeignet bezeichnet. Der Nominalsatz begründet diese Feststellung, und es ist, so meine ich, schon prima facie klar, daß hier abgehoben wird auf die biologische Tatsache, daß die Aufnahme von Salz für den Natrium-Kalium-Haushalt höherer Tiere lebensnotwendig ist und, wenn sie regelmäßig erfolgt bzw. wenn dem Organismus konstant die erforderliche Menge zugeführt wird, das Vich gedeiht und die Herden wachsen. Auch ohne Naturwissenschaften war diese Abhängigkeit den vedischen Indern – wie wahrscheinlich überhaupt allen Viehzüchtern - bekannt", und zwar allgemein, bzw. wurde als eine Erkenntnis angesehen, von der sich jedermann leicht selbst im Alltagsleben überzeugen kann. Eine solche Art der Abhängigkeit, eine bestimmte kausale Beziehung können aber auch wir durch Sätze mit "ist" ausdrücken, z. B. wenn wir sagen "Licht ist Leben." In einem ersten Schritt der Explikation könnte man "ist" durch "bedeutet" paraphrasieren, in dem besonderen Sinne von "bedeuten", der durch "verursachen, fördern" o.ä. erläutert werden könnte und bei dessen Vorhandensein "bedeuten" nicht von Bezeichnungen für sprachliche Ausdrücke flankiert wird , und das ist genau die Wiedergabe, für die sich EGGELING im Falle von SB(M) 5.2.1.16 ... pásavo vá úsă ánnam val pásavo ... entschieden hat", "for salt means cattle, and cattle is food". Daß EGGELING nicht auch im zweiten Satz "means" gebraucht, dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach seinem eigenen stilistischen Empfinden zu verdanken sein, denn die Beziehung zwischen "food" und "cattle" ist grundsätzlich von gleicher Art wie die zwischen "cattle" und "salt" - und so würde; s. auch u. $ 8.3. Die Stelle, durch die ich überhaupt erst auf diese "Unterart' von Nominalsätzen aufmerksam wurde, verdanke ich einem Referat meiner Mitarbeiterin Eva WILDEN. J. EGGELING, The Sarapatha-Brahmana..., PT. 1 (SBE Vol. XII), repr. Delhi (Patna) Varanasi 1963, p. 278, zieht såksåd evá zum nächsten Satz; die Känva-Rezension (1.1.1.4) macht aber wahrscheinlich, daß diese Auffassung - trotz der Stellung der Fraglichen Wörter -falsch ist, indem sie liest: (täsmad yarroșaram tái pasaryam dhuh) saksad dhy dié pašdwo yád úsáh ... *S.v. ása. 10 KRICK, O.C. (Anm. 4), S. 131 Fußnote 340 meint "pasavyam saram", das sie als "viehisch ist salzig" wiedergibt, sei "hier wohl doppeldeutig gemeint: a) Vichgedeihen hangt von Salzlecken ab, Salz bedeutet Vieh ..., b) Salz fordert die tierischen Triebe nach Zeugung und Essen (als Reizmittel)", und verweist u.a. auf das Salzverbot während der vrata-Zeit usw.". Wie nur zu oft in ähnlichen Fällen muß man sich aber fragen, ob es sich um eine echte, dh intendierte Doppeldeutigkeit handelt oder nur den - mehr oder minder glücklichen - Einfall eines geistreichen modernen Philologen - der im vorliegenden Fall möglicherweise durch das Suchwortvichisch" ausgelöst wurde. Man wünschte sich auch zusätzliche Evidenz für die Annahme, auch wenn sie prima facie plausibel ist, daß die Vorstellung 'Salz und Gedeihen des Viehs' und 'Salz als angebliches sexuelles Stimulans' (numerisch) einen Strang bilden. Oder soll hier die Proposition angedeutet werden, daß Vieh insofer aus Salz besteht, als es durch die sexuelle Stimulation, die es bewirkt, gezeugt wird und die von den Elterntieren aufgenommene Salzsubstanz übernimmt? "Ausgangspunkt war wahrscheinlich die Beobachtung, daß die Haustiere selbst nach salzhaltigen Stellen im Gelände suchen, eine Beobachtung, die man freilich auch an Wildtieren machen kann und die folglich auch schon) von Jäger gemacht worden sein könnte, weil derartige Stellen immer wieder von den Tieren aufgesucht werden und sich deshalb auch für jägerische Zwecke (Auflauern, Fallenstellen etc.) eignen. O.c. (Anm. 78), PT III (SBE Vol. XLI), p. 33. In SB(M) 7.1.16 (vgl. auch 7.1.3.8) dient dieser Teil des sambhara und die mit der Salzerde verbundene Vorstellung als 'Er klärung für das Vorhandensein von Vieh "hier in dieser Welt". Page #10 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 504 ALBRECHT WEZLER auch vom Brahmana-Sprecher/Verfasser intendiert, da "Vieh" nicht nur gegessen wird, sondern auch, wenn nicht gar in erster Linie, als Lieferant von "Nahrung" in Gestalt von Milch (und Milchprodukten) betrachtet wird. Das sieht zunächst so aus, als wären wir vom Regep in die Traufe gekommen, denn "means" hat kaum weniger Bedeutungen als "is". Was offensichtlich gemeint ist mit "means" ist "signifies", d.h. "has as its consequence"/"forms an indispensable prerequisite/ condition for". Wenn es nun möglich ist, z.B. Sätze mit "ist" oder "is" in diesem speziellen Sinn zu gebrauchen wie immer das linguistisch zu erklären oder am besten deskriptiv zu bewältigen sein mag-, warum sollte dann nicht die gleiche Beziehung auch in dem Satz aus dem SB, den wir betrachten, ausgedrückt sein können? Schließlich gibt es auch (vedische) Nominalsätze, die in einer Weise gebraucht werden, die an andere Funktionen von "ist"/"is" erinnert, wenn auch signifikanterweise nicht an die, welche "ist"/"is" in Existenzaussagen hat. Sehr ähnlich ist TB 1.3.7.6: ..úşair ghnanti / eté hí säkṣád ánnam / yád úṣāḥ/ (sākṣád évaínam annadyena sámardhayati) / "sie (?) bewerfen [ihn] (d.h. den Altar?) mit Salzerde; denn, was diese Salzerde ist, ist ersichtlich Speise; (auf sichtbarliche Weise eben versieht er ihn [so] reichlich mit Nahrung)"87 Auch in diesem Fall kann die Analyse m.E. nur zu dem Ergebnis führen, daß die gleiche, d.h. eine bestimmte kausale Beziehung ausgedrückt 33 S. z.B. auch AB 4.27 (zitiert in PW s.v. pasu) "So bliebe auch dahingestellt, ob STEGMÜLLERS Ansicht (s.o. S. 496), es handele sich in dem von ihm unterschiedenen Funktionen 5 und 6 um "Abkürzungen", aufrecht erhalten werden kann. 85 Beispiele für die kopulative Funktion sind Legion; s. etwa TB 1.3.7.2 und 4. Zu den Sätzen mit ya- s. BREUNIS, o.c. (Anm. 61). p. 54ff. $3 Zu weiteren Parallelstellen über salzhaltige Erde s. KRICK, o.c. (Anm. 4), p. 123ff. 11 Parallelen wären Fälle, in denen säkṣār nur im Nachsatz erscheint. ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS ist, allerdings unter gleichzeitiger Nichterwähnung des 'Mittelglieds' "Vieh" in der 'Kausalkette' "Salzerde - Speise". - In beiden betrachteten Nominalsätzen das ist mit einem Seitenblick auf SMITH zu betonen spielt (die) Ähnlichkeit keine Rolle. 505 7.2. Als Beispiel für die zweite Art von Stellen, von denen auszugehen mir besonders aussichtsreich erscheint, mag SB(M) 7.5.2.6 dienen, wo es heißt: ... prajapatir va idám ágra asid éka evá, só 'kamayatánnam, srjeya prájayeyeti, sá pränébhyo evádhi pasun niramimita mánasaḥ púruşam cákṣusó 'śvam pranád gam śrótrad ávim váco jám, tád yád etán pranébhyó 'dhi nirámimita täsmäd ahuḥ pranáḥ pasáva íti, máno vai pranánām prathamám, tád yán mánasaḥ púruşam nirámimita tásmäd ähuḥ púruṣaḥ prathamáḥ pasunám víryavattama iti, máno vaí sárve pránáḥ, mánasi hí sárve pránáḥ prátisthitas, tád yád mánasaḥ púruşam nirámimita tásmäd ähuḥ púruṣaḥ sárve paśáva íti púrușasya hy évaíte sárve bhávanti // "Prajapati, wisse", war hier am Anfang als einziger. Da wünschte er 'Möge ich Speise aus mir entlassen, möge ich mich vermehren'; darauf maß er von (seinen) Lebenskräften die Tiere aus (d.h. gestaltete sie aus ihnen), [und zwar] aus (seinem) Denken den Menschen, aus (seinem) Auge das Pferd, aus [seinem] Atem die Kuh, aus (seinem) Gehör das Schaf, aus (seiner) Stimme die Ziege. Weil er diese aus (seinen) Lebenskräften ausmaß (d.h. gestaltete), deshalb sagt Ich übernehme diese Stelle von SMITH, o.c. (Anm. 40), p. 178 n. 22, wo allerdings die Stellenangabe einen Fehler enthält. Zu dieser tentativen Wiedergabe von vai s.u. § 9. "Möglicherweise ist hier (auch) an Opfertiere gedacht. Page #11 -------------------------------------------------------------------------- ________________ ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN "IDENTIFIKATIONEN' IN DEN BRAHMANAS 507 . man 'Die Tiere sind die Lebenskräfte'. Das erste (d.h. die wichtigste), der Lebenskräfte, wisse, ist das Denken", weil er aus (seinem) Denken den Menschen ausmaß (d.h. gestaltete), deshalb sagt man: "Das erste und stärkste der Tiere ist der Mensch'. Alle Lebenskräfte, wisse, sind das Denken, denn im Denken sind alle Lebenskräfte festgegründet (d.h. haben ihre feste Grundlage). Weil er aus seinem) Denken ausmaß (gestaltete), deshalb sagt man: 'Alle Tiere sind der Mensch'; denn dem Menschen gehören diese alle." In dieser Kandika werden mehrmals Aussagen explizit begründet, wobei es unerheblich ist, daß dies sprachlich auf unterschiedliche Weisen geschieht. Nicht alle diese Aussagen aber gehören zu den Nominalsätzen des hier insgesamt untersuchten Typs. Erfüllt wird die Bedingung jedoch durch die Aussagen prāņáh pasáva (fri), máno val sárve pranán) und púrusah sárve pašava (iti). . . dh. mythisch-wahre Herkunft der Haustiere und des in ihnen hier eingeschlossenen Menschen. Auf jeden Fall wird an die Erzählung des Mythems von der Schaffung des Menschen und der anderen Tiere aus den verschiedenen Lebenskräften Prajāpatis die Aussage pranáh paśáva (ti) mit tásmäd ähuh angefügt, so daß an dem Begründungszusammenhang -- "weil sie auf die beschriebene Weise geschaffen worden sind, sagt man von ihnen ..." - nicht gerüttelt werden kann. Aus dieser Begründungstatsache folgt natürlich keineswegs, daß auch der Nominalsatz seinerseits eben diese Beziehung ausdrückt; er soll die ausgedrückte Beziehung vielmehr begründend erklären. Andererseits ist diese Möglichkeit aber auch nicht völlig ausgeschlossen. Jedenfalls drängt sich dem Betrachter der Verdacht auf, die Aussage "Die Tiere sind die Lebenskräfte" sei wenigstens tentativ zu paraphrasieren durch "sind ihrer Herkunft nach/was ihre Entstehung betrifft, die Lebenskräfte". Wieder ist allem Anschein nach eine bestimmte kausale Beziehung ausgedrückt, in vorliegendem Fall aber die zwischen bestimmten Produkten und einer bestimmten Art von Ursache ähnlich einer Materialursache. Auch wir können Aussagen dieser Art machen, mit einem semantisch nicht weniger klaren "ist"/"sind", z.B. "Nägel sind Eisen", "Cornflakes sind Mais". Von daher gesehen dürfte die Annahme gerechtfertigt sein, daß auch in dem in Rede stehenden Sanskrit-Nominalsatz - doch - diese 'Herkunfts -Beziehung selbst ausgedrückt ist. Ideengeschichtlich war freilich diese Blickrichtung, das forschende Fragen nach der Ursache/den Ursachen - und der Ursache der Ursache bzw. der letzten Ursache - von ungleich größerer Bedeutung als die umgekehrte, wie sie in dem in 8 7.1 analysierten Nominalsatz bezeugt ist: Sie ist historisch verantwortlich für die 'Entdeckung' z. B. des brahman 7.2.1. Ich halte es für nicht ausgeschlossen, wenn nicht gar wahrscheinlich, daß, was den ersten dieser Nominalsätze betrifft, auf dem vorangehenden tásmåd (ähuh) ein besonderer Nachdruck liegt, d. h. mit anderen Worten, daß an dieser Stelle im SB eine paroksa-Erklärung für einen Satz der Alltagsprache, eine 'weltliche' formelhafte Erkenntnis, gegeben wird, die freilich einen ganz anderen Inhalt hätte, den nämlich, daß das Vieh Lebenskräfte/Leben "bedeutet". Gegen dieses erfahrungsweltliche Wissen um die Abhängigkeit - menschlichen! - Lebens von den Haustieren" würde ein anderes - im Sinne des Verfassers muß man sagen: höheres bzw. das wahre - gestellt, und zwar das Wissen um die wahre, Anders als SMITH (0.c., (Anm. 40) p. 178) sehe ich keinen Grund anzunehmen, das die 'normale' Reihenfolge (Prädikat - Subjekt) hier vertauscht ist. Vgl. dazu auch meinen Beitrag "Sanskrit pránabhrt or What supports what zu: Rinual. State and History in South Asia. Essays in Honour of J. C. Heesterman, ed. by A. W. van den Hoek et. al., Leiden/New York-Köln 1993, pp. 393-413. Wenn die am Anfang von $ 6.2.1 genannte Möglichkeit zutrifft, dann müßte der Satz aber auch die Erinnerung an die erfahrungsweldiche Erkenntnis evozieren, daß Vieh Lebenskräfte bedeutet, um deren paroksa-Erklärung es dann ja hier ginge. Page #12 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 509 508 ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN IDENTIFIKATIONEN' IN DEN BRAHMANAS genannten Absolutums und seiner Identität mit dem åtman in den Upanisa den, aber gewiß auch der "Urmaterie" (prakrti) usw. 7.2.2. Wie aber verhält es sich mit der Aussage máno vaí sárve praná(n)? Zunächst gilt es sich klarzumachen, daß - wie auch im Falle von púruşah sarve pasáva (ti) - das Prädikat bzw. das Bezeichnete des Substantivs, das als Bestandteil des Prädikats zu bestimmen ist, in der durch den Ausdruck "alle" spezifizierten Gruppe der Lebenskräfte- bzw. Tiere - eingeschlossen ist: Das "Denken" ist ebenfalls eine der "Lebenskräfte" - so wie der "Mensch" eines der "Tiere" ist . Aber das "Denken" ist "das erste" der pränas - und der "Mensch" in gleicher Weise "das erste" der pašus - es bedürfte nicht des zusätzlichen "Attributs víryavattamah im Falle des dritten der hier untersuchten Nominalsätze, um zu verstehen, daß "erster" an diesen beiden Stellen nicht bedeutet "am Anfang einer Reihe stehend", sondern "die Spitze eines Ranges bildend", also etwa "ranghöchster, wichtigster". Die Begründungen, die jeweils angeführt werden, sind allerdings verschieden voneinander, und zwar nicht nur sachlich, sondern auch typologisch: Im ersten Fall wird darauf verwiesen, daß das "Denken" die pratistha der - anderen - "Lebenskräfte" darstellt, im zweiten, daß der "Mensch", obwohl selbst ein pasu, der Besitzer/Eigentümer aller anderen (Haus-) Tiere ist, - wobei es sich dabei wieder um eine erfahrungsweltliche Tatsache handeltos. Man ist versucht, máno val sárve pranách) paraphrasierend wiederzugeben durch "alle anderen] Lebenskräfte stützen sich, d. h. beruhen (in diesem Sinne des Wortes) auf der Lebenskraft] 'Denken'." Auch dazu fielen einem analoge Formulierungen im Deutschen ein, wie etwa "Alle seine Fähigkeiten beruhen auf seiner Intelligenz", aber "ist" dürfte, soweit ich sehe, in Sätzen dieser Art nicht vorkommen. Das besagt aber insofern nichts für das (vedische) ago Sanskrit, als durch Nominalsätze dort durchaus mehr und mannigfachere Beziehungen ausgedrückt sein können als z. B. im Deutschen mit "ist", so daß angenommen werden darf, daß die genannte Beziehung - des Beruhens-auf- tatsächlich in mano val sárve práná() auch ausgedrückt ist - wenn auch auf nicht gerade explizite Weise. Diese Lösung bietet aber keine Hilfe bei der Bestimmung der Beziehung des dritten Nominalsatzes. Dafür ist es in seinem Fall aber wieder möglich, mit der Analogie entsprechender deutscher Sätze zu argumentieren. Auch in "Alle (diese) Häuser/Wohnsilos (hier) sind SAGA" und ähnlichen Sätzen ist eine Beziehung intendiert zwischen Besitz/Eigentum und Besitzer/Eigentümer. Warum sollte das nicht auch für den besagten Satz aus dem SB gelten? Da es sich bei den insgesamt drei hier (in $ 7.2) behandelten Nominalsätzen jeweils so verhält, daß der unmittelbare Kontext erklärt bzw. in ihm begründet wird, warum diese Aussagen gemacht werden (tásmad áhuh ...). - und dies übrigens auch für das im nächsten Abschnitt ($ 7.3) erörterte Textstück gilt -, besteht an sich kein spezieller Anlaß auf die - sogleich zu nennende - Frage einzugehen; da sie aber von allgemeiner Bedeutung ist und sich zumindest assoziativ hier anschließen läßt, sei sie wenigstens erwähnt: Wenn Nominalsätze in Erklärungs- bzw. Begründungskontexten stehen, aus denen sie nicht explizit propositionell abgeleitet' werden, aber die gleiche Beziehung ausdrücken, sind sie dann nicht, so könnte zu bedenken gegeben werden, als redundant anzusehen? Und ist diese Redundanz dann nicht als Indiz dafür zu werten, daß die durch sie ausgedrückte Beziehung in Wahrheit doch eine andere ist - als die in der Erklärung/Begründung festgestellte? - Gegen diesen möglichen Einwand wäre eine Reihe von Argumenten vorzubringen, die zumindest kumulativ gegen seine Berechtigung sprechen: Auch in Texten wie den Brahmanas, mögen sie auch hier und dort im besonderen Maße prägnant und lakonisch sein, ist konsequente Vermeidung jeder Redundanz, wenn sie denn überhaupt besteht, in solchen Fällen ebensowenig zu erwarten wie in Texten 90 Fehlt deshalb hier vai? Sätze der Form A ist B* können allerdings auch - aufgrund rhetorischer Prinzipien - verwendet werden, um derartiges auszudrücken, z. B. "Die Regierung ist der Bundeskanzler" oder dgl. Page #13 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 510 ALBRECHT WEZLER anderer einheimischer Gattungen von ausgeprägterem 'literarischen' Charakter. Die wiederholte bzw. mehrmalige" explizite oder implizite Darbietung desselben Sachverhalts kann ganz unterschiedlichen Zielen dienen, z.B. "der Verständlichkeit und Sicherung der Nachrichtenvermittlung", der didaktischen 'Einschärfung' des bereits Ausgesagten, der 'Verbesserung' durch eine 'griffige', einfach-einprägsame Formel/Formulierung was in den meisten Fällen durch die Nominalsätze geleistet wird bzw. werden könnte - usw. usw. 7.3. Ein einfaches Beispiel für die dritte Art von Nominalsätzen, von denen auszugehen methodisch naheliegt, also Sätzen, in denen oder in deren Kontext einer der 'Schlüsselbegriffe' der Brahmanas für den Verfassern besonders wichtige Beziehungen gebraucht wird, findet sich zitiert bei SMITH". Es handelt sich um SB(M) 11.1.6.13: sá aikṣata prajapatiḥ / imám vá átmánaḥ pratimám asṛksi yár100 samvatsaram íti tásmäd ähuḥ prajapatiḥ samvatsará íty átmáno hy etám pratimam asrjata, (yád evá cáturakṣaraḥ prajapatis téno haívāsyaísá pratimă II). "Da dachte Prajapati 'Ich habe fürwahr das Jahr als ein Gegenbild/Abbild meiner selbst aus mir entlassen (d.h. geschaffen). Deshalb sagt man101 'Das Jahr ist Prajapati', denn er erschuf es als [sein] Gegenbild/Abbild...". 97 Vgl. für die Brahmanas z. B. H. LOMMEL, Kleine Schriften, hrsg. von K. L. JANERT, Wiesbaden 1978, S. 211. "Th. LEWANDOWSKI, Linguistisches Wörterbuch 2, Heidelberg 1975, S. 536. O.c. (Anm. 40), p. 73. 100 S. oben Anm. 86. 101 Die Stellen mit "deshalb sagt man" müßten, darauf weist mich Claus OETKE zu Recht hin, einmal systematisch zusammengetragen werden; denn möglicherweise besteht ein gene-" reller Zug der Brahmaṇatheorie in der Erläuterung von Sprachgebrauch. Zu beachten wären freilich auch die verwandten Aussagen vom Typ "deshalb ist X so", wobei "X" für ein Element der lebensweltlichen Wirklichkeit steht. 511 ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN' IN DEN BRAHMANAS Genau die gleiche Beziehung können auch wir durch Sätze mit "ist" ausdrücken, etwa in der oft stereotyp gebrauchten Wendung "Er ist (ganz) der Vater"/"Sie ist (ganz) die Mutter", wobei zwar meist auf eine physiognomische, jedenfalls äußerliche Ähnlichkeit zwischen Elternteil und Sprößling abgehoben wird, der Gebrauch aber auch mit anderen Intentionen, etwa der Behauptung (angeblicher oder tatsächlicher) charakterlicher u.ä. Ähnlichkeiten nicht nur theoretisch möglich ist. Der - nicht übersetzte Nachsatz an der SB-Stelle legt die Vermutung nahe, daß die Ähnlichkeit in etwas liegt, was jedenfalls wir als zum Bereich des Äußeren gehörig ansehen würden, der Gleichheit der Silbenzahl der Namen. Hier wäre allerdings zu berücksichtigen, daß Namen, Eigennamen wie Bezeichnungen, für den vedischen Inder alles andere als Schall und Rauch waren, aber in gegebenem Zusammenhang muß dieser Spur nicht unbedingt nachgegangen werden. Wesentlich ist, daß eine ganz bestimmte Form der Ähnlichkeit durch den Nominalsatz prajapatiḥ samvatsará (íti) ausgedrückt ist und daß diese hier im Kontext - mit dem Begriff pratimâ zugleich präzise bezeichnet wird. Generell darf hier noch darauf hingewiesen werden, daß das Vorhandensein mehrerer derartiger 'Schlüsselbegriffe' bzw. genauer: ihre jezwar nicht beweist, aber doch ein starkes Indiz weilige Bedeutung dafür darstellt, daß in den meisten Fällen nach Ansicht der Verfasser der Brahmanas selbst ganz andere Beziehungen als die höchst spezielle Relation der Identität in Nominalsätzen ausgedrückt ist. Andererseits könnte es sich auch um Identitätsaussagen handeln, die dann aber auch das zu betonen erachte ich als wichtig für andersartige Mitteilungen benutzt worden sind. 102 S. etwa J. GONDA, Notes and Names and the Name of God in Ancient India, Amsterdam-London 1070. Page #14 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 512 ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS 513 8. Wenn schon die Analyse einiger weniger Nominalsätze das Ergebnis zeitigt, daß in ihnen sehr unterschiedliche Beziehungen ausgedrückt sind, dann ist es mehr als wahrscheinlich, daß insgesamt eine noch viel größere Zahl semantisch distinkter Beziehungen bezeugt ist. 8.1. Diese Annahme wird sofort bestätigt, wenn man weitere einschlägige Satzbeispiele heranzicht, etwa die von SMITH in Übersetzung zitierte Stelle SB(M) 11.5.6.310, die im Original, wie folgt, lautet: átha brahmayajnáh/ svadhyāyó vai brahmayajrás tásya vå etásya brahmayajnásya våg eva juhûr mána upabhức cákşur dhruvá medhå sruváh satyám avabhrtháh svargó loká udáyanan... Auf den Gedanken, daß dies vielleicht doch nicht zutrifft, wird man - sieht man einmal ab von der sehr unterschiedlichen Art der Erklärung der ersten vier mahayajfas (in 11.5.6.2) und des fünften (in 11.5.6.3) - gebracht erst durch den Fortgang der Erklärung von brahmayajná, den Umstand also, daß nun einzelne Elemente einer - bestimmten oder generellen -Opferhandlung in Beziehung gesetzt werden zu jeweils einzelnen 'Elementen' des svadhyâya. Dabei wird natürlich nicht abgehoben auf das, was man die - vermutlich z. T. sekundäre - 'Ritualisierung des svādhyaya nennen könnte;" es ist aber auch nicht so, daß es ein 'eigentliches' brahmayajrá, d.h. ein so benanntes Srauta-Ritual, gäbe. Es ist also allein das Hinterglied -yajná des Subjekts bzw. Definiendums/Explicandums, das hier die Assoziation einzelner Elemente einer Srauta-Opferhandlung evoziert. Offenbar soll die Erklärung mehr leisten, als nur anzugeben, worauf sich der Begriff/Name brahmayajná bezieht, nämlich auch verständlich machen, warum der svadhyayd als ein "Opfer" bezeichnet wird. Dieser Interpretationsschritt zwingt aber nun keineswegs zu der Annahme, daß in dem ersten Satz der Erklärung selbst!", also dem bereits mehrfach zitierten svadhyayó val brahmayajnás, eine andere Beziehung ausgedrückt ist als eine bestimmte prädikative. Und für die nachfolgenden Nominalsätze könnte man von der schwächsten Annahme ausgehen, daß in ihnen nicht mehr als eine Korrespondenzbeziehung ausgedrückt ist. Man müßte sich dann allerdings fragen, ob es möglich ist, durch eine bloBe Entsprechung den Opfercharakter des svådhyayd plausibel zu machen, Gemäß SMITH heißt das: "the svädhyaya or personal recitation of the Veda is equated with the actual performance of the Vedic ritual", bzw. "the conclusion of the period of Veda study is ... homological with the conclusion of the Vedic sacrifice. "105 Da in dem gegebenen Kontext von SB(M) 11.5.6.1ff. die fünf sog. mahayajfas behandelt werden und diese dabei zunächst einmal namentlich aufgezählt werden, und zwar in der Reihenfolge bhūta., manusya-, pitr, deva- und brahmayajña, liegt es bei der Aussage am Anfang von 11.5.6.3 svādhyāyó vai brahmayajrás zunächst einmal nahe zu überlegen, ob der neu eingeführte Begriff/Name brahmayajná hier nicht - so wie in 11.5.6.2 die der vier anderen - in dem Sinne erläutert wird, daß eine prädizierende Aussage von ihm gemacht wird, d.h. daß das "is" bzw. "ist" lediglich kopulative Funktion hat und damit exakt die Beziehung wiedergibt, die auch im Sanskrit ausgedrückt ist. ** O.c. (Anm. 40), p. 208. 16 SMITH verweist in fn. 25 auf "ŚB 11.5.6 4-9; BDhs 2.6.11.7; ApDhS 1.4.12.3; AvGS 1.1.5". * S. z.B. J. GONDA, Vedic Ritual. The Non-Solemn Rites, Leiden-Köln 1980, p. 4131., 421 und 469. 307 Daß dabei von einem Opfer-Begriff ausgegangen wird, der sich auch im Rahmen der indischen Tradition selbst (man vgl. Medhatithi zu Manu 3.121) - als oberflächlich, (scheinbar) nur auf Außerlichkeiten abhebend erweist, ist demgegenüber von nachgeordneter Bedeutung. * atha brahmayajah am absoluten Anfang des zitierten Abschnitts kündigt ja nur an, welcher der mahayajfias jetzt erklärt wird. 10 O.C., 1.c. Page #15 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 514 ALBRECHT WEZLER oder ob es dafür nicht mindestens erforderlich ist zu behaupten oder zu zeigen, daß jedes einzelne 'Element' des svadhyaya einem bestimmten Element des Opfers äquivalent ist, d.h. den gleichen operativen oder funktionalen oder religiösen etc. Wert/die gleiche Kraft oder Wirkung hat. Die Entscheidung zwischen diesen beiden Möglichkeiten hängt, wenn ich richtig sehe, vor allem davon ab, wie man die Intention des Verfassers einschätzt: Will er die Tatsache, daß der svadhyaya (auch) als brahmayajná bezeichnet wird, damit erklären, daß er einem Opfer konform ist/bestimmte formale Parallelen zu einem Opfer aufweist, oder vielmehr damit, daß er die gleiche Wirkung usw. wie ein Opfer hat? Allgemeine Erwägungen wie sie auch SMITH anstellt, in erster Linie aber der Schluß von 11.5.6.3 (vávaniam há vá imám prthivím vitténa purnám dádam lokám jáyati tris távantam jayati bhúyamsam cakṣayyám yá evám vidvān áhar ahaḥ svadhyāyám adhité tásmät svädhyayó 'dhyétavyah //) sprechen hinreichend deutlich für die zweite Alternative. - 8.2. In seinem Kommentar zu Manusmrti 8.105 (vägdaivaryais ca carubhir...) zitiert Kulluka die śruti, d.h. den Satz der Śruti, väg vai sarasvafi, wobei offen bleiben muß, an welche der zahlreichen Belegstellen11o er denkt, sofern er überhaupt nur eine bestimmte im Sinn hat. Er behauptet in diesem Zusammenhang, durch diesen Nominalsatz werde die Synonymität beider Wörter ausgedrückt (väksarasvatyor ekärthatvär). Es kommt mir nicht darauf an, die Richtigkeit seiner These hinsichtlich dieses speziellen Nominalsatzes zu überprüfen, auch nicht, bei dieser Gelegenheit 109O.c. (Anm. 40), pp. 200ff. 110 Siehe dazu z.B. Brāhmaṇoddhara-Koşaḥ (Brahmanic Citations), Hoshiarpur 1966, p. 722 (Nr. 98). Für Panini's Astädhyayi habe ich die Beziehung der semantischen Äquivalenzals seiner Bestimmung und Aufgabe der Funktion von Sekundärsuffixen zugrundeliegend nachgewiesen (in meiner Habilitationsschrift Bestimmung und Angabe der Funktion von Sekundär-Suffixen durch Pänini, Wiesbaden 1975), was von den meisten Rezensenten, wenn überhaupt, nur beiläufig zur Kenntnis genommen wurde, während andere indische Paniniyas dann die gleiche Entdeckung machten und lauthals, von entsprechendem Beifall begleitet, ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN' IN DEN BRAHMANAS 112 generell auf die einheimischen Interpreten solcher Sätze hinzuweisen." Kullūkas Bemerkung scheint mir vielmehr deshalb wichtig, weil sie eine stärkere über die Identität hinausgehende, eben auf den gleichen Sinn hinweisende Beziehung nennt, von der ich es für realistisch halte anzunehmen, daß sie tatsächlich im vedischen Textmaterial eine Rolle spielt, d.h. in einzelnen Fällen gegeben ist. 515 8.3. Dies könnte durchaus auch auf die oben bereits erwähnten 113 sog. "theoretischen Definitionen" zutreffen, wobei ihre konstitutiven Teile jeweils dem Bereich der common sense-Auffassung und dem der brahmanisch-priesterlichen-theologischen Opfer- und Weltdeutung als 'Theorie' zugeordnet wären und außerdem zu beachten wäre, daß sie oft in Reihen auftreten. Da die meisten der paroksa-Erklärungen in den Brähmaņas sich aber ihrerseits auf Elemente der Religion bzw. religiöser, ritueller Handlungen beziehen, wäre es, um noch einen weiteren, wenn auch weniger starken Grund zu nennen, verfehlt zu vermuten, daß die angeblichen 'Identifikationen' mehrheitlich in Wahrheit "theoretische Identifikationen" darstellen, - ganz abgesehen von der für diese Texte insgesamt wichtigen Beobachtung, daß die in Rede stehenden Nominalsätze nicht selten in einem mehr oder minder weiten Diskussionskontext stehen, d.h. - für verkündeten. Fazit: Nur wenige können Rezensionen schreiben, und mit der Kommunikation, wenn nicht gar mit dem Anstand, steht es nicht zum besten in unserer Disziplin. 112 Immerhin erwähnenswert ist aber der Umstand, daß u.a. die grammatisch-sprachphilosophische wie die Alamkáradástra-Literatur für einschlägige Entdeckungen gut ist, wie ich K. KUNJUNNI RAJA, Indian Theories of Meaning, Adyar, Madras 1963 entnehme, wo auf S. 235 unter Verweis auf Nyayasutra 2.2.62 - und das Nyayabhasya dazu festgehalten ist, daß in dem Satz annam práṇaḥ ein upacara, "a transfer of meaning", vorliegt, und zwar sădhanat, weil "Speise" das Mittel zur Erlangung der Lebenskräfte ist". Denken wir uns flüssige Speise mit eingeschlossen und erkennen wir darum noch besser die Wahrheit dieses vedischen Satzes! 114 113 S. S. 497. Darauf läuft letztlich auch hinaus, was WITZEL (o.c., p. 10) zum "Walfisch sagt. Vgl. dazu C. GEERTZ, o.c. (Anm. 33), S. 75ff. und 86ff. Page #16 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 516 ALBRECHT WEZLER uns implizit abweichende, andere zurückweisende Positionen dar stellen. 115 8.4. Um schließlich noch einmal auf das von WITZEL ausgehobene und besprochene Beispiel "Indra is a bull" zurückzukommen, so hat es den Anschein, daß er zwar allgemein einräumt, daß "many of the Vedic identifications might be understood as metaphors", 11 diese Möglichkeit letztlich aber doch abweist zugunsten der Annahme, daß "the establishment of identity between various entities makes them manageable by the Vedic priest during rituals if he applies the proper formulas and actions all of which are based ... on an insight into their 'real' hidden nature expressed by identifications", von denen WITZEL gleich anschließend betont, sie seien für den vedischen Priester und Magier "very real", 118 Können wir WITZEL darin zustimmen, daß eine Aussage wie "Indra ist ein Stier" anders zu beurteilen ist als ein Satz wie "Der Bähika ist ein Rindvieh"119 oder eine beliebige Metapher in einem Kavya? Den beiden letztgenannten Satz-Typen ist gemeinsam, daß ihnen in der Tat nicht mehr zugrundeliegt als die Feststellung oder Behauptung der Gleichheit einer oder mehrerer Eigenschaften der Denotata von Subjekt und Prädikat(steil). Im Unterschied dazu könnte mit dem vedischen Satz formal gleicher Struktur sehr wohl (noch?) etwas anderes ausgedrückt sein, wie es zugegebenermaßen schon intuitiv naheliegt anzunehmen. Denn wir haben ja 115 Diesen Hinweis verdanke ich Frau WILDEN. - Der von MYLIUS und WITZEL betonte Systemcharakter der Brahmanas bzw. der diesen Texten zugrundeliegenden Weltanschauung wird dadurch nicht bestritten (, obwohl der Begriff "System" der Präzisierung bedürfte): Die Auseinandersetzung vollzieht sich innerhalb des 'Systems', zwischen Trägern des 'Systems', die viele allgemeine und besondere Vorstellungen teilen. 116 O.C., p. 9. In O.C., p. 10. I S. o. §2. 119 Vgl. A. WEZLER, Paribhāṣā IV, V und XV. Untersuchungen zur Geschichte der einheimischen indischen grammatischen Scholastik, Homburg v.d.H. 1969, S. 124. ZU DEN SOGENANNTEN IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS 517 gelernt, linguistische Satzbedeutung und pragmatische - Implikation auseinanderzuhalten. Die These "partial identity means com-plete identity "120 jedoch ist in Wahrheit nur ein Schluß, der auf der Prämisse beruht, daß überhaupt und grundsätzlich solche Nominalsätze 'Identifikationen' darstellen; und diese Prämisse ist, wie die bisherige Erörterung demonstriert hat, nicht wahr: Das ganze also klärlich eine petitio principii! Und im vorliegenden Fall schließt schon der unbestimmte Artikel die Annahme aus, es könnte sich um eine Identitätsaussage handeln. Es bleibt deshalb nichts anderes übrig, als davon auszugehen, daß das, worum es dem Verfasser des in Rede stehenden Satzes geht, die Ähnlichkeit oder Gleichheit gewisser Eigenschaften des Gottes Indra und der Klasse der Stiere ist. Die Vorstellungen der vedischen Inder über die Gleichheit der Eigenschaften mögen andere oder z.T. andere (Stärke, Wildheit, Besamungskraft) gewesen sein, weiter gegangen sein als die unseren, wenn wir einen Mann als Stier, oder Bullen, bezeichnen. Im Kontext z.B. eines aufgrund späterer Zeugnisse klarer erkennbaren, aber für die frühere Zeit wohl auch schon zu postulierenden - 'Substanzialismus' könnte man natürlich überlegen, ob statt des Besitzes gleicher Eigenschaften nicht vom Besitz einer Entität wie einer Substanz "Stärke" usw. auszugehen ist, die für den Besitz gleicher Eigenschaften verantwortlich ist. Die der ausgedrückten Bezeichnung zugrundeliegende Vorstellung wäre dann der sehr ähnlich, die z.B. ein Katholik mit der Feststellung "A ist ein Teufel" verbinden könnte, also das Vorhandensein vom Teufel stammender, ihrer Natur nach satanischer Wesenszüge in der Person A, wie immer die das ermöglichende Ontologie beschaffen sein mag. Spüren nicht auch wir noch, daß "A hat Bärenkräfte" mehr bedeuten kann als "A ist so stark wie ein Bär", nämlich "A hat etwas Bärenhaftes an sich", - so sehr sich dieses Mehr auch analysierendem Zugriff zu entziehen scheint? 120 WITZEL, o.c. (Anm. 6), p. 12; s. auch oben Anm. 39. Page #17 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 518 ALBRECHT WEZLER Im Gegensatz zu WITZEL halte ich also den rhetorisch poetologischen Erklärungsansatz, namentlich wenn der Begriff der Rhetorik nicht künstlich verengt wird, für durchaus erfolgversprechend im Zusammenhang der Analyse der sog. Identitätsaussagen der Brahmanas 21. Aber auch wenn man diesen Weg weitergeht, als mir hier möglich ist, wird man zu differenzieren haben. So erinnert man sich z.B. bei den oben (§ 7) besprochenen je bestimmten Kausalbeziehungen natürlich an entsprechende Unterarten der Metonymie, die sich alle aber insofern signifikant unterscheiden, als in ihnen eben ein Wort, z.B. die Bezeichnung eines Erzeugers, Erfinders oder Autors, durch ein anderes ersetzt wird ("Sprache" durch "Zunge", "im Schiller lesen" etc.), während in vedischen Sätzen wie "Indra is a bull" diese Bezeichnung selbst ausgedrückt wird - so als ob wir sagen würden "Die Sprache ist die Zunge" usw.! 8.5. Soviel dürfte klar sein nach den bisherigen Darlegungen, sollten sie der kritischen Überprüfung standhalten- und dann vielleicht auch noch auf fruchtbaren Boden fallen, ohne erhebliche zeitliche Verzögerung -: Die Indologie bzw. die Vedistik steht vor der Aufgabe, ein möglichst vollständiges Inventar der Typen/Arten von Beziehungen aufzustellen, die durch Nominalsätze in vedischen Texten ausgedrückt werden bzw. möglicherweise ausgedrückt wurden. Es steht allerdings zu befürchten, daß die Einschätzung von MYLIUS, daß "eine Eruierung und Aufarbeitung aller in der mittelvedischen Literatur enthaltenen Identifikationen eine Lebensarbeit darstellen würden", 1" gleichwohl uneingeschränkt Gültigkeit behält: Auch die Sortierung setzt die vollständige Erfassung und jeweils genaue Analyse voraus. Aber das Ziel dürfte ohnehin eher erreicht wer 123 121 Daß im Rahmen der Diskussion über Metaphern und Metonymien, wie z.B. aus J. SCHULTE-SASSE/ R. WERNER, Einführung in die Literaturwissenschaft, München '1991, S. 110ff. hervorgeht, der Begriff der Identität auch auftaucht, steht auf einem anderen Blatt. 12 Wenn das PW bezüglich úşa Recht hätte (s.o.§ 7.1.), dann allerdings müßte man den begriff der Metonymie bzw. Metalepsis ins Spiel bringen. 123 Zitiert aus dem oben Anm. 12 genannten Aufsatz aus dem Jahr 1968, p. 267. ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN' IN DEN BRAHMANAS 519 den, wenn mehrere oder gar viele zusammen daran arbeiten, als wenn ein einzelner Gelehrter sich zu einer solchen Form von 'atmayajña' verstehen wollte. 9. Eines der Signale für einschlägige Nominalsätze, wenn auch kein spezifisches, ist die Partikel vaí, die manchem Leser vedischer Texte schon Kopfzerbrechen bereitet haben dürfte wie andere Elemente dieser Wortart auch. Es kann hier nicht mein Ziel sein, ausgehend von einem Überblick über die Forschungsgeschichte in eine erneute Untersuchung einzutreten, sondern ich muß es bei einigen wenigen Bemerkungen bewenden lassen. HACKER pflegte zu sagen, vai sei "reflektierend "124, und dem kommt sehr nahe, was GREN-EKLUND, wenn auch bezogen auf die ältesten Upanişaden, aber eben im Rahmen einer expliziten, den Unterschied zu anderen Partikeln wie eva und väva bewußt mit einzubeziehenden Untersuchung125 sagt, nämlich daß vai "argumentative" sei. Ob vai nun anzeigt, daß das, was in dem Satz, in dem es vorkommt, das Ergebnis einer Reflexion ist, oder, daß es sich um ein Argument handelt, das einen anderen zu überzeugen bestimmt ist, es scheint so, als ob diese Partikel auf jeden Fall auf ihre Weise betont, daß es sich bei der Aussage um eine grundsätzlich, aus der Sicht des Autors neue Erkenntnis handelt126, wobei die Neuheit u.U. auch in dem Akt des Machens dieser Aussage, also in dem dazugehörigen Sprechakt selbst, liegen kann. 127 Diese Annahme impliziert natürlich nicht, daß in einer Reihe solcher Aussagen, die unmittelbar aufeinanderfolgen wie in dem in § 7.2. zitierten Beispiel- -, das vai jedes Mal wiederholt werden müßte 128 noch daß vai 124 Gemäß einer Information meines Freundes Lambert SCHMITHAUSEN. 125 Gunilla GREN-EKLUND, A Study of Nominal Sentences in the Oldest Upanisads, Stockholm 1978, pp. 124ff. 126 Oder um eine Tatsache, d.h. einen zutreffenden Sachverhalt? Deshalb habe ich oben (§ 7.2.) var tentativ durch "wisse" wiedergegeben. Page #18 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 520 ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN IN DEN BRAHMANAS 521 immer dann auch tatsächlich gebraucht werden muß, wenn etwas Neues mitgeteilt - "enthüllt":29 - wird. 120 Zugleich würde jedoch einsichtig, daß in jüngeren vedischen Texten das vai häufig fehlt - eben weil das entsprechende Wissen als längst bekannt, als selbstverständlicher Teil des Wissens der Träger der vedischen Tradition angesehen wurde.' In diesen Zusammenhang gehört noch eine weitere Beobachtung, die auch BREUNIS erwähnt, wenn er von "the meaning of a general truth expressed by this kind of construction" spricht, bzw. feststellt: "Because these constructions are tenseless, one may imagine the timeless, everlasting truth which is expressed by them",192 - eine Beobachtung, von der ich auch aus anderen Gründen auf keinen Fall behaupten will, sie sei besonders bzw. überhaupt originell, die aber trotzdem verdient, noch einmal zur Sprache gebracht zu werden: Auch wenn man - etwa wegen des Gebrauchs der Kopula z.B. in Nominalsätzen in der 2. Person Sg. oder wegen der Opposition "0" zu "äsid" in der 3. Pers. Sg. des Präsens bzw. des Imperfekts - die in Rede stehenden Nominalsätze nicht als "tenseless" ansieht, sondern als einen O-Markierer mit u.a. präsentischer Funktion enthaltend, bleibt es zweifellos richtig, daß nicht eine bestimmte Zeitstufe ausgedrückt ist, sondern das KOSCHMIEDERsche "Extratemporale"). Es handelt sich um zeitlose, allgemein und immer gültige 'Wahrheiten , die in diesen Sätzen ausgesagt, durch diese Sätze ausgedrückt werden. Diese Feststellung ist von erheblicher Relevanz auch aus dem folgenden Grund: Man könnte argumentieren, daß z. B. spielende Kinder bestimmte Gegenstände in ihrer Phantasie mit anderen nur imaginierten "identifizieren", d. h. sich als gleich oder identisch vorstellen, und daß sie diese Vorstellungen auch verbalisieren ("Das ist ein Pferd", ausgesagt von einem Stock, usw. usw.); in grundsätzlich ähnlicher Weise könnten auch - phantasiebegabte - Priester-Theologen einzelne Elemente ritueller Handlungen, z. B. eben das Hinwerfen von salzhaltiger Erde bei der Errichtung eines Altars, vollziehen und gleichzeitig diese Salzerde imaginativ identifizieren mit "Vieh" und außerdem diese ihre Vorstellung auch sprachlich ausdrücken. Da Verbalisierungen dieser Art eben als Setzungen der Vorstellung bzw. einer besonders intensiven Vorstellung nur für den jeweiligen Augenblick, die Dauer des Spiels', Gültigkeit haben - wenn sie natürlich auch beliebig erneuert werden können - stehen sie in eklatantem Widerspruch zu den zeitlosen 'Wahrheiten der angeblichen vedischen 'Identifikationen Dieses Textbeispiel zeigt umgekehrt gerade, daß das vai in nicht ersten Sätzen bei unmittelbarer Aufeinanderfolge von Sätzen gleicher Art fehlen kann (im Sinne einer ellipti schen Auslassung). 1* Diesen Ausdruck gebraucht H. KRICK, O.C. (Anm. 4), S. 127 Fußnote 332 190 Auch eva kann ja fehlen, d.h. - jedenfalls wird man das für eine Reihe von Fällen im Vedischen annehmen - elliptisch ausgelassen. GLEN-EKLUNDS (o.c. (Anm. 125 Bestimmung der Bedeutung von eva auf "a logical (syntactic) level" als "restricting" ist zwar durchaus plausibel, aber man fragt sich doch, ob die - ursprüngliche Funktion, ein bestimmtes Prädikat unter vielen möglichen als allein zutreffend zu bezeichnen, in Nominalsátzen nicht schon im Vedischen ausgehöhlt worden, d.h. weitgehend oder gar völlig verblaßt ist. Wie JAMISON und WITZEL in einem noch nicht veröffentlichten Manuskript über "Vedic Religion betonen. 112 O.c. (Anm. 61), p. 73. 1 E. KOSCHMIEDER, Beitrage zur Syntax, Heidelberg 1965, S. 9-69. - Insofern das Präsens auch sonst im Altindischen neben anderen die Funktion hat, das Extratemporale zu bezeichnen, könnte man gegen BREUNIS durchaus annehmen, daß die vedischen Nominalsatze präsentisch sind. Als bedenklich erscheint freilich, daß der Unterschied zwischen Atemporalität und Omnitemporalitat durch KOSCHMIEDER verwischt wird. 1 Bei denen im klassischen Sanskrit typischerweise die Partikel kila verwendet wird; vgl. EMENEAU, "Sanskrit Syntactic Particles - kila, thalu, nánar", in: IV 11 (1969), pp. 241-268, bzw. I. ICKLER, "Die vedische Partikel kila', in: Zeitschrift fir vergleichende Sprachforschung 90 (1977), S. 50-86 sowie L. A. VAN DAALEN, "The Particle kila/kira in Sanskrit, Prakrit, and Pali Jatakas", in: IV 31 (1988), pp. 111-137. 19 Das gilt z.B. auch für den von J. G. FRAZER, The Golden Bough. A Study in Magic and Religion. I. vol. Abridged Ed., New York 1963, p. 15 zitierten "Malay charm", bei dem der Magier zu einer Wachsfigur seines Opfers' sagt: "It is not wax that I am scorching. It is the liver, heart, and spleen of so-and-so that I scorch'. Offenbar vollzieht er in diesem Augenblick vorstellungsmäßig, handelnd und redend eine Art von 'Transsubstantiation. Page #19 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 522 ALBRECHT WEZLER Hospitality and Caste System FRIEDRICH WILHELM Die Parallele mit den spielenden Kindern ist trotzdem höchst lehr. reich, nur in leicht anderer Hinsicht. Sie weist auf die Möglichkeit hin, daß ein Priester beim Vollzug einzelner Ritualhandlungsschritte, wenn er die entsprechenden geheimen 'Wahrheiten' kennt (ya evám véda!) seinerseits Identifikationen vornimmt, d.h. gleichzeitig in seiner Vorstellung "Salzerde" als mit "Vieh" identisch setzt; aber er würde damit abweichen von der bzw. hinausgehen über die Beziehung, die in der entsprechenden zeitlosen Wahrheit, wie pašavo yád úsáh (als Gegenstand seines Wissens) allein ausgedrückt ist. Vielleicht sind ja mehrere Funktionen miteinander verbunden: Ein Priester läßt in einem Kontext A als B fungieren bzw. B durch A repräsentieren, andererseits sind solche 'Funktionalisierungen' restringiert durch eben jene Theoreme, die durch Sätze der Form "A (ist) B" in atemporaler Lesart ausgedrückt werden. Nur wenn "A ist (atemporal) B" wahr ist, kann/darf in einem Kontext A als B fungieren. Auseinanderzuhalten wären dann a) b) c) "A ist (atemporal) B" "A (fungiert immer/gewöhnlich als) B" und A (fungiert in dem speziellen Kontext - type oder token-K als) B". According to Paul THIEME, Der Fremdling im Rgveda, Leipzig 1938 and Mitra and Aryaman, New Haven 1957, the meaning of ari in the Rgveda is stranger", arya is the "hopitable lord", and aryaman, m., the "personified and deified hospitality". In a later period the Indian law-books (dharmaśästras and dharmasútras) established fixed rules for hospitality, but as early as in Satapathabrāhmana 2.1.4.2 (v. WEZLER p. 80) we read: tan ny evänavaklptam yo manusyeşv anasnatsu purvo 'sniyad ... ("it is not suitable to eat before guests, lit. human beings, have not eaten.") In dharma treatises the invitation of guests (named argha, nryajna, manusyayajna, purusayajia or atithipüjana) belongs to the five great offerings (mahayajña) which a householder has to perform every day. He who prepares food only for himself commits a sin (Manu III, 118). First gods and guests obtain their food, the householders are only allowed to eat the remnants. They are the vighasasins, "Die wahren 'Speiseresteesser'", to quote the title of A. WEZLER's book on this subject (Mainz 1978). Hospitality is regarded in this context as a merit rewarded with riches on earth and heavenly bliss, whereas an infringement of hospitality is condemned as sin which leads to bad consequences for the host. In Manu III, 107 we read: asanávasarhau sayyam anuvrajyam upasanam/ uttameşurtamam kuryad dhine hine same samam // "Let him offer to this guests) seats, rooms, beds, attendance on departure and honour (while they stay), to the most distinguished in the best form, to the lower ones in a lower form, to equals in an equal manner" (G. BÜHLER). ... Iti dik Ceterum censeo terram Tibetanam in veterem dignirarem ac libertatem esse vindicandam FESTSCHRIFT PAUL THIEME, StIl 20 (1996), S. 523-529 Page #20 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 198 499 ALBRECHT WEZLER ZU DEN SOGENANNTEN 'IDENTIFIKATIONEN' IN DEN BRAHMANAS aber auch darin zustimmen, dass die Rede vom "Ausfall der Kopula" - z. B. im Sanskrit oder gewissen slavischen Sprachen - hochst problematisch ist, da sie die Redundanz der Kopula im Falle ihrer Nicht-Ellision impliziert? Nicht nachvollziehbar erscheint mir - auch - die Annahme, dass in "Nominalsatzen im eigentlichen Sinne des Wortes" das als Pradikat fungierende Nomen als Verbum anzusehen ist bzw. angesehen werden ist. Insofern sind die Untersuchungen von Philosophen uber die Funktionen von "ist", von denen oben (SS 3) schon kurz die Rede war, unstreitig von grosser Bedeutung fur das in Rede stehende Problem, wenn auch naturlich klar ist, dass sich die semantische Analyse auf Satze aus den Brahmanas bezieht und nicht z.B. ihre deutschen Ubersetzungen. w kann.62 4 . Es durfte erheblich naher liegen, im Altindischen Satze der Art Substantiv als Pradikat/Bestandteil eines Pradikats' - eventuell gefolgt von einer Partikel wie vai oder eva - plus 'Substantiv als Subjekt, d.h. Gegenstand/Entitat, uber den/die eine Aussage gemacht wird', linguistisch so aufzufassen, dass die KopulaR im Prasens tiefenstrukturell vorhanden ist, wie ihre oberflachenstrukturelle Verwendung in nicht-prasentischen, namentlich prateritalen Satzen zeigt, oder dass ein entsprechender NullMarkierer angenommen wird64. In beiden Fallen ware das im Satz vorangehende, an erster Stelle stehende Substantivos als Bestandteil des Pradikats zu bestimmen. Ausser Zweifel steht, dass ein Satz der genannten Art als ganzer das ausdruckt, was z.B. im Deutschen durch den Satz "A ist B" ausgedruckt ..ver FREGE6 und RUSSELL 67 "claimed that a verb like 'is' or 'esti' is ambiguous between the 'is' of identity, the 'is' of existence, the copulative 'is' and the generic 'is' (the 'is' of class-inclusion)."68 STEGMULLER hat diese vier Funktionen um zwei erweitert, stellt aber selbst fest, dass "beide ... Falle trivial sind".69 Einer davon betrifft Aussagen - uber veritatives Sein - von der Gestalt "So ist es", in dem das 'ist' "ein linguistisches Mittel zur Formulierung einer Zustimmungsausserung darstellt". Beim zweiten Fall geht es um den "Unterricht von Farbwortern. 'Dies ist ocker' stellt einfach eine andere Fassung fur die Aussage 'dies nennt man ocker' oder 'dies heisst ocker' dar. "70 Auch in diesem Fall, so fugt STEGMULLER an, "hat das 'ist' uberhaupt keine eigene logische Funktion, sondern dient nur zur Abkurzung fur eine Aussage, welche ohne dieses Wort mehr Worter oder zumindest mehr Silben oder Laute enthalten wurde", wobei STEGMULLER allerdings den Unterschied zwischen dem Satzsinn und dem pragmatischen Implikat zu ignorieren scheint. 62 S. O.C., Z. B. p. 70. 63 Ich verwende diesen Ausdruck hier in seiner traditionellen grammatischen Bedeutung (finite Form von "sein", "werden". bzw. der entsprechenden Aquivalenz in anderen Sprachen), beziehe mich aber vor allem auf die 3. P.Sg und Pl. Ind. Pras. of Ich bin mir bewusst, dass es zur Frage der "Kopula" reichliche Literatur gibt - und dass auch die gegenteilige These vertreten wird, dass es sich bei ihr - soweit eben in einzelnen Sprachen vorhanden - um ein Element der Oberflachenstruktur handelt, das -- seman h leer - nur Tempus, Modus, Genus, Numerus und u. U. den Aspekt markiert. Es scheint mir aber nicht notwendig, auf diese verschiedenen linguistischen Theorien hier einzugehen, da von niemandem geleugnet werden kann, dass, ob nun mit Kopula oder ohne sie, bestimmte Beziehungen und grammatische Kategorien vom Sprecher solcher Satze intendiert sind und von kompetenten Horern problemlos verstanden werden. os Ich gehe hier, um die Diskussion nicht noch mehr zu komplizieren, von der 'normalen' Wortstellung im Nominalsatz aus. 66 "Uber Begriff und Gegenstand" in: Vierteljahrschrift fur wissenschaftl. Philosophie 16 (1892), S. 192-205 = Kleine Schriften (Anm. 21), S. 167-178, nachgedruckt auch in G. FREGE, Funkrion, Begriff und Bedeutung. Funf logische Studien. Hrsg. und eingeleitet v. G. Patzig, Gottingen 1962, S. 64-78. 07 A. N. WHITEHEAD and B. RUSSELL, Principia Mathematica, Vol. I, Cambridge 1910, 21925. 68 Zitiert aus The Logic of being. Historical Studies, ed. by S. Knuuttila and J. Hintikka, Dordrecht-Boston-Lancaster-Tokyo 1986 (fur den Hinweis auf dieses Werk danke ich Claudius NENNINGER und meinem philosophischen Kollegen Wolfgang KUNNE). 69 O.c. (Anm. 23), S. 77. 70' Zitiert aus STEGMULLER, O.C., S. 78.