Book Title: Vorattische Philosophie
Author(s): Thales Von
Publisher: Thales Von

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Page 3
________________ S 9 THALES die theoretischen Grundlagen solcher Sätze besaß (vgl. Burnet, Early Greek philos. 45, Ubers. 35). 8. Astronomie. Ähnlich müssen wir auch die Nachrichten über die astronomischen Kenntnisse des Thales einschätzen. An der Tatsache, daß er die Sonnenfinsternis voraussagte, die am Tage der Schlacht zwischen Lydern und Medern eintrat, ist nicht zu zweifeln. Dabei handelt es sich natürlich nicht um eine genaue Angabe von Tag und Stunde. Nach HERODOT (I 74:DK 11 A s) gab Thales das Jahr als Grenze an, in dem sie tatsächlich erfolgte. Ohne Zweifel verfuhr Thales auch hier rein empirisch und stützte sich auf die von den Babyloniern auf Grund von Beobachtungen, die spätestens seit 721 aufgezeichnet wurden, festgestellten Finsternisperioden. Wenn EUDEMOS (Aetios II 24, 1; Derkylides ap. Theon Smyrn. p. 198, 14 Hiller : DK 11 A 17 a; 11 A 17) ihm die Kenntnis der wahren Ursache zuschreibt, so unterlag er dem gleichen Fehler wie bei seinen Nachrichten über die mathematischen Entdeckungen des Thales. Dagegen mag die Feststellung der Schwankungen in den Abständen zwischen den Solstitien und die Beschreibung des Sternbildes des kleinen Bären sowie der Hinweis auf seine navigatorische Bedeutung wirklich auf Thales zurückgehen (Kallimachos lambus fr. 191, 52 ff. Pfeiffer : DK 11 A 3a), auch Beobachtungen der Hyaden und Pleiaden wurden ihm zugeschrieben (Schol. in Aratum 172; Plin. Nat. hist. XVIII 213: DK 11 B 2; 1 A 18). Wenn dagegen DIOGENES LAERTIOS (I 24: DK 11 A 1) ihm eine Beschreibung der Sonnenbahn von Wendepunkt zu Wendepunkt, die Feststellung der Proportionen von Sonne und Monddurchmesser zu ihren Bahnachsen, eine detaillierte Kenntnis des Tierkreises (auch dem Pythagoras zugeschrieben) oder der Neigung des Tierkreises zuspricht, so sind damit zweifellos Erkenntnisse, welche die Astronomie des 5. Jahrhunderts erwarb, dem ersten griechischen Astronomen beigelegt worden. Dazu paßt, daß EUDEMOS die Entdeckung der Neigung des Tierkreises dem Oinopidos von Chios (Ende 5. Jh.) zuschrieb (Theon Smyrn. p. 198, 14 Hiller). Für Thales würde diese Erkenntnis ein Wissen um die Kreisbahn von Sonne und Mond voraussetzen. Der Gedanke einer frei schwebenden Erde tritt uns aber erst bei Anaximander entgegen. Es sind also empirische astronomische Beobachtungen, was sich hinter der von PLATON und ARISTOTELES erwähnten Astrologie des Thales verbirgt, ebenso wie seine mathematischen Kenntnisse sich auf praktisch anwendbare Methoden beschränkten. 9. Kosmologie. Unsere Kenntnis der Kosmologie des Thales verdanken wir ARISTOTELES. Dieser berichtet, daß Thales sich die Erde in Gestalt einer runden, flachen Scheibe, auf dem Wasser schwimmend, dachte (De caelo B 13, 294 a 28 : DK 11 A 14). Ferner reiht er bei seiner Übersicht über die geschichtliche Entwicklung der Lehre von den vier Ursachen Thales unter diejenigen ein, die nur ein materielles Prinzip angenommen haben, und zwar habe er als Urstoff das Wasser angesehen (Met. A 3, 983 b 6: DK 11 A 12). Wenn Aristoteles gegen die Vorstellung von der auf Wasser schwimmenden Erde einwendet, daß Thales auch für das Wasser eine Unterlage hätte annehmen müssen, so zeigt das, wie sehr Aristoteles die Meinungen der Frühzeit seinen eigenen Fragestellungen unterwirft. Wie für die homerische Vorstellung die Erde ihre Wurzeln tief hinunter erstreckt und damit die Frage nach einem noch tiefer Liegenden nicht gestellt wird, so ist für Thales die unauslotbare Tiefe des die Erde tragenden Wassers

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