Book Title: Vorattische Philosophie
Author(s): Thales Von
Publisher: Thales Von

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Page 1
________________ $9 THALES VON MILET Antike Zeugnisse über Leben und Lehre; Fragmente. H. DIELS/W. KRANZ: Die Fragmente der Vorsokratiker (griech. und dtsch. 91959) Kap. II (Nachträge in Bd. I und III). Chronologie. F. JACOBY: Apollod. Chron., 175-183. FGTH 244 F 28.-G. CARLOTTI: Sulla cronologia di T. e di Anassimene. G. crit. Filos. ital. 8 (1927) 161-169. - E. BODRERO: La doppia personalità di T. Arch. Filos. 1 (1931) 3-19. Abkürzungen. DL = Diogenes Laertios, DK = Diels/Kranz, Fragm. Vorsokr.. 1. Lebenszeit. Den Anhaltspunkt für die Bestimmung der Lebenszeit des Thales (Dañs) bildete schon im Altertum die berühmte Voraussage der Sonnenfinsternis, die während der Schlacht zwischen Lydern und Medern am Fluß Halys eintrat. Die moderne Forschung findet die Finsternis vom 28. Mai 585 am besten zu den antiken Nachrichten über die Lebenszeit des Thales passend. APOLLODOR datiert die Finsternis auf Olymp. 48, 4 (585/84; DK As), also ein Jahr später, während EUSEBIOS sie ein weiteres Jahr später legt (DK 11 A 5). Seiner Gewohnheit gemäß hat APOLLODOR die Blüte (àxuń = 40. Lebensjahr) des Thales auf dieses Jahr verlegt und demnach als Geburtsjahr Olymp. 39, 1 (624) errechnet. Bei diesem Ansatz muß man allerdings mit DIELS einen Uberlieferungsfehler bei DIOGENES LAERTIOS (1 37/38: DK U AI) annehmen und statt z lesen. Das Todesjahr setzt APOLLODOR auf Olymp. 58 (548-545), womit Thales ein Alter von 78 Jahren, d. h. fast das Vollalter von 80 Jahren (= doppelte åxun, vgl. F. Boll, Lebensalter. Neue Jb. klass. Altertum 31 (1913) 102) erreicht hätte. Nach DEMETRIOS VON PHALERON fand die Liste der sieben Weisen, in die Thales aufgenommen wurde, unter dem Archon Damasias (582/1) offizielle Anerkennung. Demetrios verlegt bei diesem Ansatz das Ereignis in das Epochejahr der Erneuerung der Pythischen Spiele. Ebenso ist APOLLODORS Ansatz des Todesjahres durch die Eroberung von Sardes bestimmt. 2. Herkunft. Der Name von Thales' Vater Examyes ist karisch, der seiner Mutter Kleobuline griechisch. Die seit HERODOT (I 170: DK 11 A 4) weiter ausgesponnenen antiken Nachrichten über phönikische Herkunft (DLI 22: DK 11 A 1) mögen der schon früh beginnenden antiken Neigung entsprungen sein, die griechische Wissenschaft auf orientalische Einflüsse zurückzuführen. Die tatsächlichen Beziehungen des Thales zu Ägypten und Phönizien mögen die Legendenbildung über seine Herkunft gefördert haben. 3. Reisen. Späte Nachrichten, die allerdings wohl auf EUDEMOS zurückgehen, lassen Thales längere Zeit in Ägypten verweilen oder wenigstens anläßlich einer Reise die Kenntnis der Geometrie und die Anregung seiner Lehre vom Wasser als dem Urprinzip von dort nach Milet bringen (Aetios I 3, I; Prokl. In Euclidem p. 65 Friedl.; Plut. De Is. et Os. 34 p. 364 D:DK IA). Reisen nach Ägypten gehören zum traditionellen Bild der frühen griechischen Denker. Bei den engen Beziehungen, die Milet zu seiner Kolonie Naukratis unterhielt, ist jedoch die Tatsache einer ägyptischen Reise des Thales nicht auszuschließen, zumal Anregungen, die er dort erhielt, sehr wahrscheinlich sind. 4. Philosophenlegende. Schon PLATON berichtet die Geschichte von der thrakischen Magd, die den Weisen verspottet, weil er sich um die Vorgänge am Himmel kümmere, das Nächstliegende aber nicht beachte (Theait. 174 a : DK 11 A 9). Bereits im 4. Jahrhundert ist also die Philosophie mit dem Vorwurf der Lebensuntüchtigkeit behaftet. Schon ARISTOTELES läßt den Thales gegen diese Legende den Beweis erbringen, daß er viel Geld verdienen könnte, wenn es ihn interessierte (Polit. A 1, 1259 a 6: DK 11 A 10). Der Weise ist also nicht unpraktisch, nur ist ihm die Wahrheitserkenntnis wichtiger. Wie die meisten frühen Denker ist Thales jedenfalls kein weltabgewandter Denker, sondern hat in den praktischen Wissenschaften und im politischen Leben seiner Vaterstadt etwas geleistet. 3. Politische und praktische Tätigkeit. Dem Rufe praktischer Weisheit entspricht die Aufnahme des Thales in die Zahl der sieben Weisen (vgl. S.). Er soll klarsichtig die größere Schlagkraft der Meder vorausgesehen und darum den Griechen geraten haben, sich nicht mit Kroisos zu verbünden. Ferner soll er vorgeschlagen haben, die gesamten jonischen Städte zu einer politischen Gemeinschaft mit Teos als Mittelpunkt zusammenzufassen (Herod. I 170; DL I 25: DK 11 A 4; A 1). Die Erzählung von der Ableitung des Halys berichtet

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