Book Title: Die Reihenfolge Und Entstehung Der Werke Dharmakiritis
Author(s): Erich Frauwallner
Publisher: Erich Frauwallner

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Page 11
________________ Die Reihenfolge und Entstehung der Werke Dharmakirti's 151 ,,Im allgemeinen hängen die Menschen am Gewöhnlichen, ihr Verständnis ist unzulänglich, und nicht nur, daß sie sich um treffende Aussprüche nicht kümmern, vom Laster des Neides erfüllt bezeigen sie noch Haß. Darum denke ich gar nicht daran, daß dieses (Werk) andern nützen soll. Aber durch die lange Beschäftigung mit treffenden Aussprüchen ist in mir eine Vorliebe dafür geweckt worden, und so hängt mein Herz daran."16 Und zum Schluß heißt es (Pr. värt. IV v. 286): anadhyavasitāvagahanam analpadhiśaktināpy adṛṣṭaparamarthatattvam adhikabhiyogair api | matam mama jagaty alabdhasadṛśapratigrahakam prayasyati payonidheḥ paya iva svadehe jaram || ,,Meine Lehre, deren Tiefe auch bei nicht geringer Geisteskraft nicht zu erfassen ist, deren wahrer Gehalt auch bei ungewöhnlichen Bemühungen nicht zu erschauen ist, wird, ohne in der Welt jemand zu finden, der geeignet wäre, sie aufzunehmen, gleich dem Wasser1 des Meeres in sich selbst altern." Sein Werk hat also nicht den Beifall gefunden, den er sich erwartete 18. Und so mag auch diese Enttäuschung dazu beigetragen haben, daß Dharmakirti die allzubreit angelegte, ihm allmählich zur Last werdende Arbeit am Pramāṇavārttikam aufgab und daran ging, ein neues, kürzeres und doch wirkungsvolleres Werk zu schreiben, den Pramāṇaviniścayaḥ. Unsere Feststellungen über die Beschaffenheit des Pramāṇavārttikam und über sein Verhältnis zum Pramāņaviniścayaḥ geben uns also die Möglichkeit, uns von der Entstehung der Hauptwerke Dharmakirti's und ihrer Beziehung zueinander ein ziemlich klares Bild zu machen. Aber auch die meisten seiner übrigen Werke lassen sich in diesen Rahmen einordnen. Was zunächst seinen kurzen Leitfaden der Erkenntnistheorie und Logik, den Nyāyabinduḥ betrifft, so gehört er offensichtlich in die Nähe des Pramāṇaviniścayaḥ. Er bringt wie dieser den Stoff in 3 Kapitel geteilt. Und auch im einzelnen in der Gestaltung des Stoffes schließt er sich am nächsten an ihn an. So beginnt das 2. Kapitel wie im Pramāṇaviniścayaḥ, aber im Gegensatz zum Pramāṇavārttikam (vgl. oben S. 147) mit der Einteilung der Schlußfolgerung in Schluß und Beweis (Ny. b. II, 1-2), bringt eine Definition des Schlusses (II, 3-4), bespricht die 3 Merkmale des Grundes (II, 5-10) und geht dann erst zur ausführlichen Darstellung der 3 Arten des Grundes über. Vor allem aber findet der ganze lange Abschnitt über die Scheingründe, den Dharmakirti über das Pramāṇavārttikam hinaus in den Pramāṇaviniscayaḥ aufgenommen hat (vgl. oben S. 149), hier im 3. Kapitel seine genaue Entsprechung (Ny. b. III, 57-141). Ja die meisten Sütren dieses Abschnittes entsprechen wortwörtlich Sätzen aus dem Pramāņaviniś 16 Die zweite Deutung, die Karnakagomin gibt, ist gekünstelt und unwahrscheinlich. 17 Die Ersetzung von payah durch sarit, welche Stcherbatsky vorschlägt, verdirbt den Sinn. Das Wasser eines Flusses wird vom Meer aufgenommen, aber das Wasser des Meeres nimmt niemand auf. 18 Daß sich Dharmakirti nur langsam durchsetzte und der Erfolg erst spät eintrat, bestätigt übrigens auch das Zeugnis des chinesischen Pilgers Yi-tsing, der in den Jahren 675 bis 685 in Nālandă studierte. Yi-tsing kennt Dharmakirti und weiß, daß er nach Dignāga einen weiteren Fortschritt der Logik herbeiführte (Nan hai ki kouei nei fa tchouan, T 2125, k. 4, p. 229b 20; in der Übersetzung von J. Takakusu S. 182). Aber die Werke, welche nach seinen Mitteilungen in Nālandā dem Studium der Logik zugrunde gelegt wurden, waren ausschließlich Werke Dignaga's. Von Dharmakirti war nicht ein einziges darunter (T 2125, k. 4, p. 230 a 6f.; bei Takakusu S. 186f.).

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