Book Title: Candramati Und Sein Dasapadarthasastram
Author(s): Erich Frauwallner
Publisher: Erich Frauwallner

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Page 19
________________ eigene Wege ging. Es ist aber ebenso verständlich, daß dies innerhalb der Schule zu einem Rückschlag führen mußte. Seine entscheidende Errungenschaft, die systematische Ausgestaltung und Darstellung der Kategorienlehre mußte natürlich beibehalten werden. Andrerseits aber mußte die orthodoxe Lehre wiederhergestellt werden. Und die von Candramati vollkommen vernachlässigte Naturphilosophie mußte wieder zur Geltung gebracht werden und in dem Rahmen der neuen Darstellung ihren Platz finden. Gerade das ist es aber, was das Werk Prasastapāda's leistet. Es ist somit als Antwort der orthodoxen Schule auf Candramati's Verstöße gegen die alte Schullehre zu verstehen. Und vieles in ihm gewinnt erst so gesehen seine rechte Bedeutung. Ein charakteristischer Zug Prasastapāda's ist es z. B., daß er die vorgetragenen Lehrsätze immer durch Hinweise auf die einschlägigen Sūtren zu belegen sucht. Das ist sonst in dieser Weise nicht gebräuchlich. Nun wird uns der Sinn dieses Verfahrens klar. Er wollte Candramati gegenüber die orthodoxe Lehre der Schule wiederherstellen. Und daher war es für ihn wichtig nachzuweisen, daß das, was er brachte, wirklich alte Lehre war. Zu unserer Auffassung, daß sein Werk jünger ist als das Candramati's, paßt ferner auch die bessere Anordnung und die sorgfältigere Durcharbeitung des Stoffes. Es paßt dazu aber auch, daß sich in ihm bereits die Scholastik ankündigt, welche bald nachher zur Erstarrung des Systems führte 36). Wir sehen also, daß bei dem von uns angenommenen zeitlichen Verhältnis der Werke Candramati's und Prasastapāda's die Gegebenheiten der Überlieferung eine befriedigende Erklärung finden. Die Geschichte des Vaiseșika in diesem Zeitraum stellt sich somit, wenn wir die gewonnenen Ergebnisse nochmal kurz zusammenfassen, folgendermaßen dar. In den ersten nach christlichen Jahrhunderten hatte das Vaisesika die Kategorienlehre geschaffen und die alte Naturphilosophie des Systems nach ihr umgestaltet. Diese Entwicklung hatte ihren Niederschlag in den Sūtren gefunden. Denn man hatte nach allgemeinem Brauch die alten Sūtren immer wieder erweitert und umgeformt, so wie es die Weiterbildung der Lehre erforderte. Aber gerade beim Vaiseșika war diese Anpassung an das Neue besonders schwer. Die Kategorienlehre war etwas so Andersartiges, von der Naturphilosophie voll 36) Vgl. dazu meine Darstellung des Vaiseșika im 2. Band meiner Geschichte der indischen Philosophie, Salzburg 1956, S. 189 ff.

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