________________
322
Albrecht Wezler
Natur beobachtungen
323
unmittelbar anknüpfe, darf ich vielleicht hoffen, den Vorwurf zu entgehen, . ich hatte die ungeschriebenen Gesetze gröblich verletzt, welche heute für die Abfassung von Festschrift-Beiträgen zu gelten scheinen. 1. Den Relativsatz (in Relativsatz) in dem obigen Zitat habe ich gesperrt,
weil es mir zunichst einmal darauf ankommt, mit Wilhelm Rau zu betonen, dab nicht etwa gewisse, 2.0. religiöse oder philosophische Texte, aus dem Korpus der aufmerksam zu lesenden Quellen ausgeschlossen werden dürfen. Er selbst zögert nicht, auch philosophische Texte heranzuziehen, so wenn er auf das von Unasvati, und zwar Tattvarthadhigamasutra 2.1318.', "entworfene zoologische System" hinweist, "in den er die Tiere nach der Zahl ihrer Sinne ordnete".
Dan aber nicht nur hinsichtlich des Textmaterials jegliche Ausgrenzung fehl an Platze wire, sondern die Naturbeobachtung auch gar nicht behandelt werden kann, ohne religiöse Überzeugungen, philosophische Anschauungen und ähnliches zu berücksichtigen, deutet Wilhelm Rau 2.B. dadurch an, daß er unmittelbar anschließend an den soeben zitierten Teilsatz folgendermaßen fortführt: "Dies wird ebenso wie der Glaube an empfindende Gewachse dadurch nahegelegt worden sein, daß nach indischer Überzeugung die Seele im Kreislauf der Wiedergeburten neben Pflanzen- auch Tierleiber zur Wohnung nehmen kann". Es bleibe hier dahingestellt, ob dieser Annahme zuzustimmen ist oder nicht, auf jeden Fall spiegelt sich in ihr die allgemeine Erfahrung wider,
dan der zwangsläufig auf Textaussagen angewiesene Forscher kaum 'reinen Satur beobachtungen begegnet, Beobachtungen also, die gänzlich frei wären von "Spekulationen" - ob diese nun "kindlich wirken" oder nicht - dan er es in der Regel vielmehr mit Naturbeobachtungen zu tun hat, die auf komplexe Weise mit Vorstellungen, Überzeugungen usw. verflochten sind, - u.t. sogar, ohne dal er dessen innevird.
Auch für diese Verflechtung findet man in den von Wilhelm Rau ausgehobenen Material ein, wie mir scheinen will, recht lehrreiches Beispiel. Denn als "altesten datierbaren Beleg" für die Meinung, daß "auch die Pflanzen Bewußtsein besaben", führt er aus Patanjalis Mahabhisya an: "Nach unten (geneigt) schläft die diripal-Blüte), d.h. Albizzia Lebbek Benth. - Die suvaroaia wandert mit der Sonne herum'." Sieht man von dem engeren und weiteren Kontext der Diskussion zu Pan. 3.1.7 einmal ab - Über den man sich anhand von Thienes Untersuchung bequem informieren kann - und betrachtet man das von Wilhelm Rau erörterte Problen der Identität der suvaroald genannten Pflanze zunächst als gelöst, dann hat man hier zwei fellos cinen Fall, bei dem in den Aussagen selbst Naturbeobachtung und "Spekulation" ineinanderzufließen scheinen.
Aber laßt sich der Spekulationsteil hier nicht doch, jedenfalls in abstracto, abtrennen, und tritt dann nicht der in Natur beobachtung bestehende "Kern klar hervor? Kann der Interpret nicht säuberlich scheiden:
Die Blüte von Albizzia Lebbek Benth. ist, wenn geschlossen, nach unten geneigt, bzw. Lactuca scariola L. "stellt die Blätter im direkten Sonnenlicht senkrecht in die Nord-Sud-Richtung, so daß die Sonnenstrahlen sie zur Mittagszeit nur im Profil und nicht auf der ganzen Fläche treffen" , - dies waren die Beobachtungen, und an sie geknüpft die "Spekulationen" bzw. Folgerungen 4 . 'Die Blüte des Baumes "schlift" und das Kraut aus der
6. 0.c., s. 224 = (14). 7. Man sollte hier vielleicht noch verweisen auf H. Jacobi. "Einer Jai
na-Dogmatik. Umasvatis Tattvarthadhigama-Sutra übersetzt und erläu
tert" in: ZDMG 60 (1906), S, 287-325, 512-551, speziell S. 303. 8. Angesichts der Parallelstellen aus kanonischen Texten, die man ange
führt findet bei Muni, Sri ātmaranaji, Tattvarghasutra-Jainagama samanvaya, Delhi, Lala Sadirana Gokilacanda Jauhari, 1934 (vgl. dazu auch N. Balbirs Rezension von Robert J. Zydenbos, Moksa in Jainism, according to Umasvati, Wiesbaden 1983 in: JA 272 (1984), p. 4551. - zu der nachgetragen werden könnte, daß das Buch des Muni noch einmal 1936 in Rohtak publisiert vurde, allerdings in Oktay-Format) kann man Umasvati bestenfalls zuschreiben, dieses Systen klar herausgearbeitet bzw. zusammenhangend dargestellt zu haben. Vgl. auch H.-P. Schmidt, "Ancient Iranian Animal Classification" in: Festschrift Paul Thieme zur Vollendung des 75. Lebensjahres dargebracht ... (= STII 5/6), 1980, S. 235 in. 63.
9. Zitiert aus Rau, O.C., S. 217 = (7). lo. Ed. Kielhorn II 15.2.: Siripo 'dhah svapiti / suvarcala adityan anu
paryeti /. Die NS-Edition, auf die Rau gleichfalls verweist, liest
Serpo 'yam sua, siehe dazu unten S.325. 11. 0.c., S. 223 = (13). 12. "Beseelung in Sprache, Dichtung und Religion" in: Paideuna VII (1960),
S. 313-324 - Kl. Schriften, Wiesbaden 1971, S. 374-385. 13. Zitiert aus Rau, O.C., S. 223 = (13). 14. Ersteren Ausdruck gebraucht Rau 0.c., s. 217 = (7); den Folgerungscha
rakter deutet er an, indem er (s. 223 = (13)) feststellt: "Also schlafen, sehen und tasten die Pflanzen."