Book Title: Zur Deutung Von Nyayasutram I 1 5
Author(s): Gerhard Oberhammer
Publisher: Gerhard Oberhammer

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Page 6
________________ folgerung, nämlich die Schlußfolgerung hinsichtlich eines Gegenwärtigen, sondern versuche primär die Struktur der Schlußfolgerung als solche zu definieren. Der Ausdruck sāmānyato dṛṣṭam ließe sich daher auf jede Schlußfolgerung anwenden, da jede Schlußfolgerung für die Nyayasutren,,Gemeinsamem nach erkannt" (sāmānyato dṛṣṭam) ist, sofern es sich eben um Analogieschlüsse handelt. Eine Erklärung allerdings, warum NS I, 1, 5 den zeitlichen Aspekt der Schlußfolgerung in zwei Fällen ausdrücklich erwähnt, ihn im dritten Falle aber durch die Erwähnung der formalen Struktur der Schlußfolgerung ersetzt, ist nicht mit Sicherheit zu geben. Man wäre geneigt, dies auf das Bestreben nach möglichster Kürze des Ausdrucks zurückzuführen. Offenbar hatte der Sütrenautor geglaubt, am ehesten im Falle einer für die Gegenwart zu vollziehenden Schlußfolgerung auf die Erwähnung des zeitlichen Charakters verzichten zu können. Er gab daher nur im Falle einer auf Vergangenes bzw. Zukünftiges gerichteten Schlußfolgerung einen diesbezüglichen Hinweis und ließ an Stelle des Hinweises auf die sich von selbst als dritte Möglichkeit ergebende Gegenwart die allgemeine Definition der Struktur einer Schlußfolgerung treten. NS I, 1, 5 wäre demnach folgendermaßen wiederzugeben:,,Nunmehr die darauf (= Wahrnehmung) beruhende dreifache Schlußfolgerung, die Früheres [zum Gegenstand] hat [oder] Späteres [zum Gegenstand] hat [oder einfachhin] dem Gemeinsamen nach erkannt ist." Abschließend sei noch darauf verwiesen, daß sich bei Annahme dieser Deutung die historische Kontinuität, welche die Gliederung der Schlußfolgerung von NS I, 1, 5 mit jener verbindet, die Vrṣagana in seinem . Şaşṭitantram bietet, am deutlichsten offenbart. Wie eingangs erwähnt, gliedert Vrsagana die Schlußfolgerung in ein visesato dṛṣṭam und ein sāmānyato dṛṣṭam anumanam. Wenn die Nyāyasūtren, wie es oben angeführt wurde, tatsächlich das Prinzip jeder Schlußfolgerung in der Analogie gesehen haben, dann ist die Gliederung Vṛsagana's nicht nur eine unbedeutende Ergänzung des Systems, indem einem sāmānyato dṛṣṭam anumānam der Vollständigkeit halber ein visesato dṛṣṭam gegenübergestellt worden wäre, sondern eine systematische Weiterentwicklung. Vṛṣagana hätte dann nämlich entdeckt, daß es nicht nur Analogieschlüsse gibt, sondern daß im Falle der Erkenntnis einer Besonderheit auch auf 71

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