Book Title: Uber Den Sakramentalen Charakter Des Dharma Nachinnend
Author(s): Albrecht Wezler
Publisher: Albrecht Wezler

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Page 3
________________ A. WEZLER Über den sakramentalen Charakter des Dharma 67 ..radikal empirisch","ohne die m. E. notwendige Ergänzung, daß der Veda für eben die Gruppe, deren Ansicht HACKER hier wieder gibt, eine ewige transzendentale Entität ist, ganz im Unterschied zu den anderen Quellen des Dharma', und ohne darauf einzugehen, daß im einen Fall das, was als ,,Weisungen", ..Vorschriften" aufgefaßt wird, in Texten explizit ausgedrückt ist, im anderen Fall aber das Verhalten einer bestimmten Gruppe von Personen zum Vorbild genommen wird und allenfalls in einem zweiten Schritt, Weisungen" daraus abgeleitet werden können. Auch heute noch läßt mich diese Frage nicht los, scheint mir aber der Zeitpunkt gekommen, sie öffentlich zu stellen. Sind, mit anderen und deutlicheren Worten, der vedische dharma und der dharma des Dharmasastra - so will ich sie begrillich unterscheiden-nur (die) zwei Teile, Seiten oder Aspekte des numerisch einen und letztlich einheitlichen hinduistischen Dharma oder handelt es sich dabei - zumindest der Herkunft nach- um zwei eigentlich ganz verschiedene Dinge, zwei ursprünglich getrennte Stränge der altindischen Kultur und ist der übergreifende - möglicherweise auch einheitliche - dharmaBegriff deshalb sekundär, der sobald entstanden allerdings erlauben würde, in der Tat mit HACKER festzustellen", daß der Dharma ... also neben dem eigentlich Moralischen die gesamte äußere kultische, zeremonielle Seite der Religion ..." umfaßt, und daß darüber hinaus der ganze Bereich des Zivilrechts, des Strafrechts und der Staatslenkung" zu ihm gehört ebenso wie die Sühne- und BuBriten"? handelt, dann fällt doch, so meine ich, zuerst einmal die - radikale - Verschiedenheit auf: Im Dharmaśāstra ist zwar von den feierlichen vedischen Opfer die Rede, aber eben im Zusammenhang mit den Pflichten und Rechten bestimmter Stände (varra) oder bestimmten Sühnchandlungen (prayaścitta), d.h nur indirekt und sozusagen beiläufig: es finden sich aber keine Anweisungen" zur Durchführung solcher Opfer. Opferhandlungen, die dort vorgeschrieben werden, gehören in den Bereich der Grhya-Rituale, der ..Non-Solemn Rites". Das Srauta-Ritual weist also allenfalls bestimmte indirekte Beziehungen zu dem eigentlichen Gegenstand des Dharmasastra auf. Umgekehrt finden sich in den Samhitäs und Brähmanas Sätze oder Abschnitte, die Licht auf damaliges Recht, auf Sitte und Bräuche werfen - so wie auf häusliche Riten;" aber für diejenigen, denen die Vorschriften und Verbote bezüglich der Srauta-Opfer als der wichtigste Bestandteil der Samhitäs und Brahmanas erscheinen, also für die Mimamsakas und ihren Gefolgsleuten, sind diese Sätze eben gerade nur Beiwerk, das in der Regel der Kategorie arthavada zugeordnet wird. Halten auch die Inder selbst diese beiden verschiedenen Arten von dharma auseinander? Der bereits erwähnte geläufige, weil sprechende und in vieler Hinsicht treffende, Terminus varpåśramadharma böte sich als Beispiel an, aber alt scheint er ja nicht gerade zu sein. Das gilt aber nicht für die Gegenüberstellung von srauta, d.h. Śrutyukta, und smärta (dharma), die gewiß nicht erst von Manu (vgl. 1.108, s. u. S. 74, Anm. 36) eingeführt worden ist. Es könnte einem des weiteren der erste Satz des ĀpDhs in den Sinn kommen: athatah samayacarikan dharmán vyākhyāsyamah, ..(now, therefore, we will declare the acts productive of merit which form part of the customs of daily life, as they have been 3. Bedenkt man den Gegenstand, von dem der vedische dharma einerseits und der dharma des Dharmaśāstra andererseits "HACKER, 1. c., S. 99 (502) HACKERS Bestimmung des dharma der Hindus als ,,radikal empirisch“ hat in der Indologie Wirkung gezeigt, vgl. elwa H. SCHARFE, The State in Indian Tradition, Leiden - New York - København - Köln, 1989, p. 220, Fußn. 125, oder H.-J. KLIMKEIT, Der politische Hinduismus. Indische Denker zwischen religiöser Reform und politischem Erwachen, Wiesbaden 1981, S. 56f. "Vgl.J. GONDA, Vedic Ritual. The Non-Solemn Rites, Leiden - Köln 1980. "Lc., S. 96 (499) Vgl. J. GONDA, O. C. p. 1ff.

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