Book Title: Sanskaras System Author(s): Tilmann Vetter Publisher: Tilmann Vetter View full book textPage 5
________________ 1019 Name und Gestalt sind ein Produkt des Nichtwissens (9), worüber man sich keine Gedanken zu machen braucht. Die Abweisung des Sowohl-als-auch und des einen Bezug intendierenden Weder-noch, die Zurückführung der Welt auf das Nichtwissen, gilt auch als die logischere Lösung. Daß sich Sankara nun für das Logischere entscheidet (im Gegensatz zur Polemik gegen die buddhistische Erkenntnistheorie), bedeutet Anschluß an das Argumentieren Gaudapādas. Sankara sieht darin aber keinen Heilsweg (10). Diese Entscheidung kann so erklärt werden: Wo eine Sache mit Sowohl-als-auch oder mit einem nicht rein negativen Weder-noch beschrieben wird, herrscht auch ein realer Widerstreit und Unfrieden. Wo sie logisch eindeutig beschrieben wird, herrscht Ruhe und Frieden. Und das ist beim Brahman das Wichtigste. Die Spekulation der Weltflucht ist wichtiger als die Spekulation der Welterklärung. Wir sehen: Ein Teil der höheren Theologie, nämlich die positive, ist auch das praktisch Richtige, nicht jedoch der Standpunkt der höchsten Wahrheit in der Kosmologie. (Die Psychologie nimmt eine Mittelstellung ein.) Ist Sankara in erster Linie ein Heilslehrer und kein Philosoph, dann hat Deussen kein Recht, höhere Theologie und Kosmologie in einer esoterischen Wissenschaft zu vereinigen und dies als den Kern der Lehre Sankaras zu präsentieren. Wie soll man die Sache dann sehen? Sankara ist nicht nur Heilslehrer, sondern auch Theologe, der die Eigenart einer Uberlieferung zu verteidigen hat und dabei: oft Ausflüchte sucht. Der äußerst bedeutsame Kern seiner Lehre über Bindung und Erlösung läßt ihn aber diese Ausflüchte in einer bestimmten Richtung suchen. Was dabei geschieht, kann man vielleicht so charakterisieren: Er handelt mit der Souveränität dessen, dem die Welt nichts mehr anhaben kann. Sie ist wie ein Schauspiel. Sowenig wie ein Unglück darin kann ihm ein unerklärlicher Ablauf des Stückes Sorgen machen. BrSūBh BUB GKBh USG und USP Abkürzungen = Brahma-Sūtra-Bhāşya = Bșhadāranyaka-Upanişad-Bhāşya = Gaudapādīya-Kārikā-Bhāşya Prosa- und Versabteilung der Upadesa-Sāhasri (Satz- und Verszählung nach der Ausgabe von Sengaku Mayeda: Sankara's Upadeśasāhasrī, Tokyo 1973). Anmerkungen 1. Z.B. 'BrSūBh III 2 36; in 37 schon wieder durchbrochen. 2. Vgl. M. Biardeau: Quelques réflexions sur l'apophatisme de Sankara. Indo-Iranian Journal 3 (1959) 81-101. Z.B. USP XIII 19 (vgl. SvetāśvataraU VI 11): Zuschauer, Erkenner, Aufseher über die Werke, eigenschaftslos (aguna). Ähnlich USP XI 6 und XVIII 26. USP XVI 11: Erkennen als einzige Eigenschaftguna)habend. GKB II 38: Wie der Ather allgegenwärtig, fein, eigenschaftslos(nirguna). BrSūBh III 2 18: Geistigkeit zur Natur habend, ohne Besonderheiten(nirvišeşa). Wichtig ist auch BrSūBh III 2 22 (über neti neti). Besonders nennen möchte ich: (1950) Eigentümlichkeiten der Lehre und Terminologie Sankaras: Avidyā, Nāmarūpa, Māyā, īśvara. ZDMG 100, 246-286. (1968) Sankara der Yogin und Sankara der Advaitin, einige BePage Navigation
1 ... 3 4 5 6 7 8