Book Title: Sanskaras System
Author(s): Tilmann Vetter
Publisher: Tilmann Vetter
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Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ SANKARAS "SYSTEM" Von Tilmann Vetter, Leiden Paul Deussen hat in seinem fast nur auf dem Brahma-Sutra-Kommentar fußenden "System des Vedanta" (Leipzig 1883) verschiedene Abteilungen der Lehre Sankaras herausgearbeitet und festgestellt (104-124): Die Theologie wird in eine höhere (para) und in eine niedere (apara) Wissenschaft aufgeteilt, die Kosmologie und Psychologie hingegen in einen Standpunkt der höchsten Wahrheit (paramartha-avastha) und in einen Standpunkt des Welttreibens (vyavahara-avasthā). - Deussen glaubte nun zu einem Gesamtsystem kommen zu können, indem er diese zwei Einteilungen auf folgende Weise vereinigte: Die höhere Wissenschaft der Theologie und der Standpunkt der höchsten Wahrheit in Kosmologie und Psychologie sind zusammen die esoterische Vedantalehre, die niedere Wissenschaft der Theologie und der Standpunkt des Welttreibens in Kosmologie und Psychologie sind zusammen die exoterische Wissenschaft. Dem zuzurechnen sind auch noch eine esoterische und exoterische Eschatologie. Diese Zusammenschau ist nicht unbrauchbar, es ist aber folgendes dagegen einzuwenden: Die höhere Theologie arbeitet nur ausnahmsweise (1) mit der Irrealität der Welt, im allgemeinen setzt sie die Realität der Welt voraus. Der Standpunkt der höchsten Wahrheit in der Kosmologie leugnet hingegen die Welt. Die höhere Wissenschaft der Theologie arbeitet zwar manchmal im Anschluß an einen negativen Grundtext wie "neti neti" (z. B. BUBh II 3 6) mit einer rein negativen Beschreibung des Brahman (2). Hierbei wird aber die Welt nicht geleugnet. Es wird nur gesagt, daß die Sprache bloß auf Weltliches Anwendung finde und darum nicht für das Brahman gebraucht werden könne. Im allgemeinen aber dies wird in andern Werken Sankaras viel deutlicher als im Brahma-Sutra-Kommentar ist die höhere Wissenschaft der Theologie nicht rein negativ, sondern benutzt wenige ausgewählte Prädikate. So wird das Brahma oft das allem innerliche Geistlicht, der Zuschauer von allem, alldurchdringend usw. genannt. Diese Bezeichnungen haben die Welt als Korrespondenzbegriff geradezu nötig. Man braucht dazu aber nicht den "Standpunkt des Welttreibens", nicht die Welt, insofern sie vom Brahma ausgeht, in ihm besteht und sich wieder auflöst, zumindest solange nicht, wie Śankara diese Standpunkte schön auseinanderhält. Der Bezug des Brahman zur Welt ist in der höheren Theologie viel einfacher: Es ist der zwischen einem einzigen unveränderlichen Subjekt und einem vielgestaltigen Objekt. Hinzu kommt noch - was Deussen nicht auffiel - daß die Abwehr der Prädikate der niederen Theologie mit Ausdrücken wie "frei von Besonderheiten" (nirvisesa) oder "attribulos" (nirguna, aguna) fast immer in einem Kontext steht, wo das Brahman auch Geist, innerlich, Nichtobjekt, Zuschauer, all durchdringend usw. genannt wird (3). Man kann also aus dem Gebrauch dieser Ausdrücke weder auf eine rein negative Theologie noch auf eine Leugnung der Welt schließen. 1015 - 3 Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 1016 Das Zusammenbringen von höherer Theologie einerseits und höherer Kosmologie und Psychologie andererseits zu einer einzigen esoterischen Wissenschaft hat ihre bis heute nachwirkenden unerwünschten Folgen eigentlich erst 65 Jahre später richtig gezeigt, nämlich in Helmuth von Glasenapps "Stufenweg zum Göttlichen" (Baden-Baden 1948). Die zentrale Idee in diesem Buch, das weitgehend ein Auszug aus Deussens "System des Vedānta" ist, ist das Umsetzen der Deussenschen Einteilung von exoterischer und esoterischer Wissenschaft in einen zweistufigen Weg zum Heil. Damit wird der Glaube an die Irrealität der Welt, welcher zur höheren Stufe gehört, zu einer unabdingbaren Voraussetzung des Heils. Das widerspricht aber fast allen Äußerungen Sańkaras über Bindung und Erlösung. Da ich glaube, daß diese Außerungen über Bindung und Erlösung den Mittelpunkt seiner Lehre bilden, versuche ich von ihnen aus die Schwierigkeiten zu lösen. Dieser Versuch ist nicht zuletzt möglich dank den Impulsen, die von den Arbeiten Paul Hackers (4) ausgegangen sind. Bindung und Erlösung sind bei Sankara eine Sache des Nichtwissens und des Wissens. Das Wissen, das für die Erlösung nötig ist, gründet sich auf die positive höhere Theologie. Wie gesagt, kennzeichnet sich diese höhere Theologie durch den Bezug eines einzigen unveränderlichen Subjekts zu einem vielgestaltigen Objekt. Die wichtigste Bestimmung des Subjekts ist die als Geistlicht (nach BUBh IV 3 1 ff.). Als Licht durchdringt es überall, vom Feinsten beginnend, die Organe und Körper und macht so individuelles Leben und Bewußtsein möglich Auf Grund dieser Einstrahlung entsteht nämlich überall in den Organen des Erkennens, in den Buddhis, ein Kontinuum von falschen Vorstellungen, von Nichtwissen, bestehend in der falschen Identifikation des Selbstes mit dem Komplex von Organen und Körper (und auch mit Angehörigen und Besitz). Dieses Kontinuum falscher Identifikation bewirkt sowohl gegenwärtige Freud- und Leiderfahrungen als auch die Wiedergeburt, d. h. die Wiederverkörperung der Organe und des feinen Körpers. Was man nun das erlösende Wissen nennt, ist streng genommen nicht eine Erkenntnis des Brahman/Selbst. Die ist wegen seiner Subjektivität nicht möglich und außerdem ist sie nicht nötig, da das Subjekt als das alles beleuchtende Licht beständig gegeben ist. Es geht lediglich darum, die falschen Vorstellungen, die Projektionen (adhyāsa, adhyāropaña) auf das Selbst, zu beseitigen (apoha). Es geht nicht darum, daß einem das Licht des Selbst aufgeht, sondern darum, daß man die Beimischungen zu diesem immer leuchtenden Licht wegnimmt. Das Schema von Projektion und Beseitigung der Projektion ist jedoch nur der theoretische Rahmen des Heilswegs (5). Das bloße Beseitigen der Projektionen erschien Sankara offensichtlich als ein zu schwieriger Weg. Andererseits schien ihm aber auch der Weg, mit besseren Projektionen die schlechteren zu vertreiben, indem man nämlich über die Attribute der niederen oder selbst der höheren Theologie anhaltend meditiert, nicht zum Ziel zu führen. Bei der niederen Theologie wird nur ein besseres Nichtwissen gegen ein schlechteres eingesetzt und auch bei der höheren Theologie hat man nur vergängliche Resultate, da es beim Meditieren immer nur um ein Machen von Vorstellungen geht, nicht um etwas "Objektives", um Wissen. Sankara glaubt nun einen Weg gefunden zu haben, bei dem ebenfalls mit etwas Positivem die andern Projektionen ausgeräumt werden, dieses Positive aber nicht ein Produkt der Ubung, sondern der Realität ist. Dies ist wirklich Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 1017 Erkenntnis und nur bei ihr wird die Unkenntnis ein für allemal beseitigt und ist keine Übung mehr nötig. Nun kann der größere Rahmen, daß das Brahman selbstgegeben ist, nie Objekt ist und lediglich durch die Negation aller falschen Vorstellungen offenbar wird, nur an einer Stelle überschritten oder angepaßt werden, nämlich beim Widerschein (ābhāsa) des Geistlichtes in der Buddhi oder (wie die Upanişaden sagen) im Herzen. Obwohl das Selbst nie Objekt einer Erkenntnis werden kann, kann es dies doch in mittelbarer Weise, indem der Widerschein im Herzen Objekt ist. Erkenntnis und nicht nur Projektion ist also möglich. Was aber diese Erkenntnis hervorruft, das sind vor allem diejenigen Worte der Upanişaden, welche das Selbst Erkennen nennen und damit die Vermittlung des Widerscheins des Geistlichts benutzen, um zum Geistlicht selbst hinzuführen. Was also Ursache der Verstrickung ist, der Widerschein des Geistlichtes in den Organen und im Körper, ist auch die Ursache der Erlösung. Außerdem ist dies das Fundament der positiven höheren Theologie und des Redens von Licht und Widerschein. Daß der Mensch erkennt, ist, da dies nicht eine Sache der Materie sein kann, das Zeichen dafür, daß das Selbst Geist ist. Von diesem Mittelpunkt der Lehre Sankaras aus will ich nun Deussens exoterische und esoterische Wissenschaft betrachten. Es zeigt sich, daß in allen drei Bereichen (Theologie, Psychologie und Kosmologie) insofern etwas Einheitliches vorliegt, als der Übergang von der exoterischen zur esoterischen Wissenschaft durch einen uneigentlichen Gebrauch des Begriffs des Nichtwissens gekennzeichnet ist (6). Uneigentlich ist dieser Gebrauch, weil es nicht um dasjenige Nichtwissen geht, dessen Beseitigung direkt dem Heil dient, sondern um ein Nichtwissen, das demjenigen noch extra Sorgen (neben denen dies wirklichen Lebens) macht, der gewisse Phänomene als echte Realitäten nimmt; erklärt man nämlich den Bezug dieser Phänomene auf das Brahman oder ihre reine Existenz als ein Produkt des Nichtwissens, dann entgeht man allen damit verbundenen Problemen. Dies Nichtwissen hat merkwürdigerweise vor allem eine Funktion bei Streitigkeiten innerhalb der Vedāntaschule. Außerste Konsequenz bei der Beurteilung von Phänomenen ist jedoch nicht angestrebt. Es geht darum, an bestimmten Stellen unerwünschten Folgen aus dem Weg zu gehen. An andern Stellen hat man ein Phänomen für die eigene Lehre oder in der Polemik nötig und hütet sich, es abzuwerten. Was die niedere Theologie betrifft, so haben wir bereits gesehen, daß die Meditation religiöser Attribute mit denselben Begriffen bezeichnet wird wie die falsche Identifikation mit Organen und Körper, nämlich als Nichtwissen und Projektion (adhyāsa, adhyāropaņa). Warum? Es geht hier doch um einen bewußten und gewollten Vorgang, um Identifikationen, die aus den Upanişaden stammen. Und wenn auch das 'Machen' von Vorstellungen nicht zur Erlösung führt, so kann es doch dem Anfänger empfohlen werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß der Blick nicht auf folgendes fällt: Die verwendeten Attribute führen notgedrungen zu Gestalthaftigkeit, Beschränktheit und Aufteilung des Brahman. Um dem zu entgehen, wird einfach gesagt, daß sie nur äußerlich, als Upādhis, am Brahman vorkommen, daß sie vom Nichtwissen auf es projektiert sind. Nun die Psychologie. Wir haben gesehen, daß die Lehre von Bindung und Erlösung ganz auf dem Einfall des Geistlichts in die Organe und in den Körper beruht. So entsteht in der Buddhi ein Kontinuum falscher Ich-Identifikation und damit Individualität. Der Widerschein des Geistlichts ist es aber auch, der Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 1018 das Geistlicht selbst als das wahre Ich erkennen läßt und erlöst. Man hat diesen Widerschein also nötig. Wollte man von ihm aber eine eigene Entität machen, eine wirkliche Einzelseele, dann wäre Erlösung im Sinne einer Auflösung der Individualität durch den einfachen Akt des Erkennens nicht möglich. Die Einzelseele muß deshalb als vom Nichtwissen vorgestellt gelten. Sie ist einem Spiegelbild zu vergleichen, dessen eigenständige Realität nicht aufzeigbar ist (USP XVIII 31cd-49). Auch in der Kosmologie treffen wir dieses Verhalten an. Man kann mit der vielgestaltigen Welt, nicht zuletzt in der Polemik, viel erklären. Wenn man aber in Schwierigkeiten kommt, dann gilt sie als vom Nichtwissen hervorgebracht. Wir können hier die berühmte Polemik gegen die buddhistische Erkenntnistheorie im Brahma-Sūtra-Kommentar (II 2 28-31) vorwegnehmen. (7) Sie vertritt die Realität der Welt und muß dies tun, nicht weil die Welt so wichtig wäre, sondern weil man sonst der Realität des Brahman/Atman verlustig ginge. In der idealistischen buddhistischen Erkenntnistheorie gibt es kein Objekt-an-sich und kein Subjekt-an-sich, Objekt und Subjekt sind nur Teile der je augenblicklichen Erkenntnis. Da beim Gegner die Argumente gegen ein Objekt-an-sich überwiegen, liegt der Nachdruck auf der Verteidigung eines · erkenntnisäußeren Objekts. Unter anderem wird hier gesagt: Es gibt die Welt einfach; wir fragen nicht nach dem logischen Beweis ihrer Möglichkeit. Auch wird in dieser Polemik ausdrücklich geleugnet, daß es einen Yogazustand gebe, bei dem die Welt des Wachzustands so aufgehoben wird, wie die Welt des Träumens im Wachen. Diese Polemik gegen die Buddhisten entspricht in ihrer Verteidigung von Objekt-an-sich und Subjekt-an-sich der Erlösungslehre Sankaras. In andern Teilen des Brahma-Sūtra-Kommentars steht die Polemik gegen das Sāmkhya im Vordergrund. Die reale Welt ist nicht von einer ungeistigen Urmaterie abzuleiten, sondern vom geistigen Brahman, das causa materialis und causa efficiens der Welt ist. Eine Version dieser Lehre sagt: Im Brahman ruhen schon immer Name und Gestalt (nāma-rupa), diese werden bei einer Schöpfung lediglich entfaltet. Meist wird das Verhältnis von Name und Gestalt zum Brahman beschrieben als weder identisch noch verschieden (8), sowohlidentisch-als-auch-verschieden kommt aber auch vor (2.B. BUBh I 47). Wenn auf diese Weise der Dualismus des Sāmkhya bekämpft wird, droht - auch bei dem nicht rein negativen Weder-noch - eine innere Aufspaltung des Brahman. Die kosmologische Spekulation bringt also das Brahman als die über alles erhabene Entität der Erlösung in Gefahr. Es hat dann die Kräfte des Schaffens, Erhaltens usw. und die Welt ruht latent in ihm. Wird der Blick auf diese Folgen geleitet, dann muß etwas daran getan werden. Merkwürdigerweise werden diese Folgen gerade in der Begegnung mit der Vedāntarichtung offenbar, die das Sowohl-als-auch zum Prinzip erhebt, mit dem Bhedābhedavada (besonders im Kommentar zur Bșhadāranyaka-Upanişad). Warum wird diese Richtung als feindlich erfahren? Hier mag mitgespielt haben, daß sie sich nicht scheut auszusprechen, was beim Sowohl-als-auch, das ja auch Sankara bisweilen gebraucht, herauskommt: Daß das Brahman kein eindeutig über die Welt erhabenes unberührtes Sein hat. In dieser Polemik finden sich dann auch die wenigen Stellen, an denen Sankara ein radikales Advaita argumentierend vertritt, d.h. völlige Zweitlosigkeit und innere Ungeteiltheit des Brahman. Was nun mit der Welt wird, ist nicht mehr interessant. Sie oder Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 1019 Name und Gestalt sind ein Produkt des Nichtwissens (9), worüber man sich keine Gedanken zu machen braucht. Die Abweisung des Sowohl-als-auch und des einen Bezug intendierenden Weder-noch, die Zurückführung der Welt auf das Nichtwissen, gilt auch als die logischere Lösung. Daß sich Sankara nun für das Logischere entscheidet (im Gegensatz zur Polemik gegen die buddhistische Erkenntnistheorie), bedeutet Anschluß an das Argumentieren Gaudapādas. Sankara sieht darin aber keinen Heilsweg (10). Diese Entscheidung kann so erklärt werden: Wo eine Sache mit Sowohl-als-auch oder mit einem nicht rein negativen Weder-noch beschrieben wird, herrscht auch ein realer Widerstreit und Unfrieden. Wo sie logisch eindeutig beschrieben wird, herrscht Ruhe und Frieden. Und das ist beim Brahman das Wichtigste. Die Spekulation der Weltflucht ist wichtiger als die Spekulation der Welterklärung. Wir sehen: Ein Teil der höheren Theologie, nämlich die positive, ist auch das praktisch Richtige, nicht jedoch der Standpunkt der höchsten Wahrheit in der Kosmologie. (Die Psychologie nimmt eine Mittelstellung ein.) Ist Sankara in erster Linie ein Heilslehrer und kein Philosoph, dann hat Deussen kein Recht, höhere Theologie und Kosmologie in einer esoterischen Wissenschaft zu vereinigen und dies als den Kern der Lehre Sankaras zu präsentieren. Wie soll man die Sache dann sehen? Sankara ist nicht nur Heilslehrer, sondern auch Theologe, der die Eigenart einer Uberlieferung zu verteidigen hat und dabei: oft Ausflüchte sucht. Der äußerst bedeutsame Kern seiner Lehre über Bindung und Erlösung läßt ihn aber diese Ausflüchte in einer bestimmten Richtung suchen. Was dabei geschieht, kann man vielleicht so charakterisieren: Er handelt mit der Souveränität dessen, dem die Welt nichts mehr anhaben kann. Sie ist wie ein Schauspiel. Sowenig wie ein Unglück darin kann ihm ein unerklärlicher Ablauf des Stückes Sorgen machen. BrSūBh BUB GKBh USG und USP Abkürzungen = Brahma-Sūtra-Bhāşya = Bșhadāranyaka-Upanişad-Bhāşya = Gaudapādīya-Kārikā-Bhāşya Prosa- und Versabteilung der Upadesa-Sāhasri (Satz- und Verszählung nach der Ausgabe von Sengaku Mayeda: Sankara's Upadeśasāhasrī, Tokyo 1973). Anmerkungen 1. Z.B. 'BrSūBh III 2 36; in 37 schon wieder durchbrochen. 2. Vgl. M. Biardeau: Quelques réflexions sur l'apophatisme de Sankara. Indo-Iranian Journal 3 (1959) 81-101. Z.B. USP XIII 19 (vgl. SvetāśvataraU VI 11): Zuschauer, Erkenner, Aufseher über die Werke, eigenschaftslos (aguna). Ähnlich USP XI 6 und XVIII 26. USP XVI 11: Erkennen als einzige Eigenschaftguna)habend. GKB II 38: Wie der Ather allgegenwärtig, fein, eigenschaftslos(nirguna). BrSūBh III 2 18: Geistigkeit zur Natur habend, ohne Besonderheiten(nirvišeşa). Wichtig ist auch BrSūBh III 2 22 (über neti neti). Besonders nennen möchte ich: (1950) Eigentümlichkeiten der Lehre und Terminologie Sankaras: Avidyā, Nāmarūpa, Māyā, īśvara. ZDMG 100, 246-286. (1968) Sankara der Yogin und Sankara der Advaitin, einige Be Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 1020 obachtungen. WZKSO 12/13, 119-148. (1972) Notes on the Māṇḍūkyopanisad and Sankara's Agamaśāstravivarana. India Maior, Leiden, 115-132. (1973) A Note on Sankara's Conception of Man. German Scholars on India, vol. I, Varanasi, 99-106. 5. Vgl. zum folgenden: USP XVIII 9 ff. 6. Neben oder kombiniert mit dem uneigentlichen Gebrauch des Nichtwissens kommt mit der gleichen Funktion vor: a) (vor allem in der Kosmologie:) Berufung auf die Vācārambhaṇaśruti (ChandogyaU VI), wodurch das, was normalerweise als Produkt einer Sache gilt, unwahr oder nichtseiend genannt werden kann (z. B. BrSuBh II 1 14). b) (in Psychologie und Kosmologie:) der Vergleich des Brahman mit einem Zauberer, der nur scheinbar vielfältig wird (Psychologie, z. B. BrSuBh I 3 19), oder von seinem Zaubertrug (māyā) nicht berührt wird (Kosmologie, z.B. BrSuBh II 1 9). Auch der Hinweis darauf, daß eine Schriftstelle bei wörtlichem Verständnis kein Resultat zeige, kann hierbei eine Rolle spielen (z. B. BrSuBh II 1 27). 7. Vgl. D.H.H. Ingalls: Sankara's Arguments against the Buddhists. Philosophy East and West 3 (1953/54) 291-306. 8. Stellen im BrSuBh bei Hacker 1950, 261-264. Nach Hacker wird mit tattvanyatvābhyam anirvacaniya die Labilität des Urzustands beschrieben. Obwohl ich die Argumente Hackers nicht unterschätze, scheint mir mehr für die andere Interpretation zu sprechen: den Bezug einer Sache zu einer andern, mit der sie weder als identisch noch als nichtidentisch beschrieben werden kann. Ich hoffe, an anderer Stelle auf alle derartigen Beschreibungen in den Werken Sankaras eingehen zu können. Hier nur dies: Es ist, wie das Beispiel Dharmakīrtis zeigt, in jener Zeit gebräuchlich, einen derartigen Bezug, wo das eine weder als identisch noch als nicht-identisch mit dem andern festgelegt werden kann, mit diesem Ausdruck zu beschreiben (vgl. Pramāņavārttika I, ed. Gnoli, Rom 1960, 35 Z. 8) a). Ferner: Das Argument, man könne nicht mit 'weder identisch noch nichtidentisch' übersetzen, da das Brahman manchmal im Kontext eindeutig als verschieden von Nāmarupa bezeichnet werde (wiederholt bei Sengaku Mayeda: Sankara's Upadeśasahasrī, Tokyo 1973, 33) berücksichtigt nicht das sonstige Verhalten Sankaras. Es ist ja nicht das erste Mal, daß er glaubt, durch den Wechsel des Subjekts der Aussage Bezüge rückgängig machen zu können. So heißt es BrSuBh II 1 9: Die Wirkung hat die Ursache zum Wesen, aber die Ursache hat nicht die Wirkung zum Wesen; und BrSuBh III 2 21: Die Vielfalt hat das Brahman zum Wesen, aber das Brahman hat nicht die Vielfalt zum Wesen. Formal und inhaltlich auf gleicher Ebene liegt nun die Aussage: Namarupa ist weder als identisch noch als nichtidentisch mit dem Brahman zu beschreiben (in USG 18 verdeutlicht mit dem Gegensatz svātmavilakṣaṇa und svātmastha), das Brahman jedoch ist etwas anderes als Namarupa. Im Gleichnis (USG 19): Der Schaum ist weder identisch mit dem Wasser noch ist er davon völlig verschieden (na salilam na ca salilad atyantabhinnam phenam). Das reine Wasser hingegen ist etwas anderes als der unreine Schaum (salilam tu svaccham anyat phenan malarūpāt). In USG 18-19 wird übrigens die unerwünschte Folge einer Verunreinigung des Brahman beim Bhedabhedavāda nicht mit der Ausschaltung der Welt beseitigt, sonder bloß durch die Abhebung des Brahman von Namarupa, also dualistisch, was die Normalposition ist. Page #7 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 1021 a) Man beachte auch den Satz (BrSuBh II 2 28): teşām paramāņubhyo 'nyatvananyatvābhyām nirūpayitum aśakyatvāt, worin man wohl eine Variation von tattvanyatvābhyam anirvacaniya sehen darf. 9. Obwohl Sankara das Real setzen von Phänomenen offensichtlich nur mit einem psychologischen Nichtwissen erklären will, kann er den kosmologischen Aspekt, den ein weltverursachendes Nichtwissen für Advaitins. vor ihm (und dann wieder für seine Nachfolger) hat, nicht überall völlig vertuschen (vgl. BrSuBh I 2 22, I 4 3). Sicher aber scheint mir, daß er dies wollte. In meinem Aufsatz "Zur Bedeutung des Illusionismus bei Sankara" (WZKSO 12/13, 1968, 407-423) habe ich zwei Bedeutungen des Nichtwissens herausgearbeitet und dabei doch wohl etwas zu viel die Verschiedenheit betont. Ich möchte Hacker (1972, 116 Anm.) Recht geben, wenn er sagt, daß Sankara eine doppelte Bedeutung von Nichtwissen nicht beabsichtigt habe. Ich möchte sogar noch weiter gehen und sagen: Sankara wollte so viel wie möglich alles, die praktischen und die theoretischen Sorgen, einem einzigen Nichtwissen zuschreiben. Es ist daher wohl besser, von einer Doppelfunktion des einen psychologischen Nichtwissens zu sprechen. 10. Mit Ausnahme seiner Advaita-Frühzeit, wo er den Kommentar zur Māņdukya-Upanisad, GKBh und einige Traktate von USP (wahrscheinlich XIX, ein Teil von XVII; vielleicht auch VII, VIII und IX) schrieb. Die beste Erklärung für diese Abweichungen ist die Hypothese Hackers (1968, wo Werke dieser Periode auch mit formalen Mitteln herausgehoben sind), daß Sankara zuerst Anhänger des Yoga-Systems war und dann den Vedanta Gauḍapādas kennenlernte. Er blieb dann nicht bei dem existentiellen Illusionismus Gauḍapādas, sondern vereinigte in seiner Hauptschaffensperiode die frühen Yogavorstellungen vom Subjekt-Objekt-Gegensatz und vom Nichtwissen mit der Lichtlehre der Bṛhadaranyaka-Upaniṣad, wodurch nun ein einziges Geist-subjekt der Vielfalt der Welt gegenübersteht. Diese Welt wird nun manchmal aus theoretischen Gründen illusionistisch betrachtet. Ich möchte Hacker (1972, 115) zustimmen, wenn er sagt, daß Śankara sich in seinen Kommentaren viele Elemente der Tradition assimilieren wollte. Anders als Hacker suggeriert (z. B. 1972, 116 Anm.) möchte ich aber für die Hauptschaffensperiode nicht den Illusionismus zum Kern seiner Lehre rechnen, den er durch solche Assimilationen gegenüber der Tradition zu rechtfertigen trachtete. Der oben beschriebene Kern seiner Lehre muß den Anhängern der altertümlichen Identifikationen, Einteilungen und Erlösungsmethoden in den Upanisaden schon merkwürdig genug vorgekommen sein. Der Illusionismus ist weder ein Teil des Kerns seiner Lehre noch selbst ein Stück Tradition, das assimiliert wird. Er ist eine Episode seines Lebens, von welcher er theoretisch Gebrauch macht, wenn das Assimilieren seine unerwünschten Folgen zeigt. Wie die Reaktion Bhaskaras zeigt, geht es traditionellen Vedantins in erster Linie um die Erhaltung des alten Erlösungswegs, des Jñanakarmasamuccaya, und erst danach und folgerichtig um die Ablehnung des Illusionismus. Schon in der Zeit vor Sankara war eines der wichtigsten Argumente des Bhedabhedavāda das Vermeiden der Entwertung des Werkteils des Veda (BrSuBh II 1 14; BUBh V 1 1). Sankara andererseits kann sich den Illusionismus leisten, da bei ihm die Erlösung nicht (auch) aus Werken und Meditation kommt, sondern ausschließlich aus Erkenntnis. Page #8 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 1022 A STUDY OF THE INTERACTION BETWEEN TAMIL AND SANSKRIT IN CIVAKACINTAMANI Von Rangarajan Vijayalakshmy. The principal reason for the importance accorded to the Civakacintamani in Tamil epic poety is that it represents the first decisive attempt to synthesise the characteristics of Sanskrit and Tamil literary traditions. The Jains who lived in the Tamil country made use of their erudition in Sanskrit as well as in Tamil to evolve novel features in their compositions. Before going into the native of interplay between Sanskrit and Tamil in the contents and style of this work it would be appropriate to dwell on the literary traditions of Tamil and Sanskrit as they existed at the time of its composition. Ancient Tamil poetry differs from early Sanskrit poetry in the topography and climatic characteristics which gave rise to poetry. The south Indian landscape formed the basis for the division of poetry on geog e.g. montane (kusinci), pastoral (mullai), agricultural (marutam), littoral (neytal) and arid (palai). These names refer to the most common flowers found in these landscapes. They also define the psychological and emotional behaviour suited to the various regions. This is known as the Uripporul as against the Mutarporul and the Karupporul which stand for the place and time and the objects, e.g. fauna and flora. Thus punartal (love in union) is the emotion assigned to the Kusinci land. The Kutir (the cold season) is the major time (perumpolutu) and the yamam (midnight) is the minor time (cirupolutu). Irankal (lamentation) is the sentiment appropriate to the Neytal land. When seperation, i.e. Pirital is to be described, Palai land and its sourroundings have to be adopted. Utal (love quarrel) should be set in the background of the Marutam land and Iruttal (waiting) to the Mullai land. In the same way Pufam poems which deals with theme of war, victory, the munificience of kings etc. also have seven Tinais, namely, Vetci, Vanci, Ulinai, Tumpai, Vakai, Kanci, and Patan. The Cankam poems are predominently secular in character and are not of religious or mythological origins. The description of natural phenomena tends to be realistic and the element of personification is absent. This characteristics of ancient Tamil poetry were later incorporated in poems such as the Cilappatikaram, the Manimekalai and the Perunkatai and as we shall see in the Civakacintam ani. The earliest period to which the Civakacintamani may be assigned is the later half of the eighth century. By this time the Mahakavya pattern of Sanskrit epic poetry had become well established. Its features had been defined rigorously by authors like Dandin in their rhetorical works and newer compositions were being produced in strict conformity with these rules. According to them a Mahakavya should have: 1. A verse of benediction, homage or indicative of the theme, at the beginning