Book Title: Funf Gelubde Und Sechs Avashyakas
Author(s): Klaus Bruhn
Publisher: Klaus Bruhn

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Page 18
________________ LERE-NOW4U :Bruhn Grundzüge der Jaina-Ethik - Erlösung http://www.here-now4u.de/ger/spr/religion/Bruhn/Erloesung.html Erlösung Die ausschließliche Orientierung am Avashyaka-Sutra hat uns bis jetzt den Blick für den metaphysischen Rahmen des Ganzen versperrt. Es erhebt sich die Frage, worauf alles am Ende hinausläuft. Der Jainismus ist eine Erlösungsreligion. Jeder Blick in die einschlägigen Darstellungen zeigt, daß im Jainismus wie im eng verwandten alten Buddhismus das ganze dogmatische System an die Vorstellung von der Seelenwanderung gekoppelt ist. Es wird davon ausgegangen, daß der Mensch wie jedes andere Wesen nach dem Tod wiedergeboren wird und daß diese ständigen Wiedergeburten nicht etwa wünschenswert, sondern leidvoll sind und unter allen Umständen beendet werden müssen. Das kosmische Gesetz, das den ganzen Prozeß in Gang hält, ist das Gesetz des Karman, wonach auf jede Tat Bestrafung oder Belohnung folgt: Wiedergeburt in dieser Welt oder auch im Jenseits (Himmel oder Hölle). Es gilt nun, dem Kreislauf der Geburten (gut oder schlecht) zu entrinnen, indem man das Karman, mit dem man sich beladen hat (und immer wieder neu belädt), ein für alle Mal abstößt - was auch immer der dafür vorgeschriebene Weg. Der Lohn ist dann die Erlösung. Die Wiedergeburtslehre hatte in Indien zur Zeit Mahaviras und Buddhas schon weite Kreise erfaßt. Wie der Jainismus das Problem der Erlösung von der Wiedergeburt auf seine spezifische Weise löst, ist eine andere Frage. Das worauf es im Jainismus in der Praxis ankommt, sind die größtenteils bereits erwähnten religiösen Tugenden, die gemeinindischen und die spezifisch jainistischen. All diese Anstrengungen führen dazu, daß die Seele das ihr anhaftende Karman schließlich abschüttelt. Die mit solchen Mitteln zu bewirkende Erlösung vom Kreislauf wird im Gegensatz zum Buddhismus nicht negativ beschrieben (Nirvana-Begriff), sondern mit erstaunlicher Konkretheit als Verweilen in einem genau definierten Reich der erlösten und seligen Seelen an der Spitze des Kosmos definiert. Die Jaina-Texte betonen im übrigen immer wieder, daß der Mensch auf der Suche nach Erlösung ganz auf sich selbst gestellt ist. Götter gibt es im Jainismus durchaus (die Jainas wehren sich gegen die Etikettierung des Jainismus als atheistisch), aber diese Götter greifen nicht in das menschliche Leben ein, weder als Helfer in irdischen Dingen noch als Erlösungshelfer. Die Tirthankaras ihrerseits sind logischerweise keine Götter, genießen aber hohe Verehrung (Avashyaka II) und füllen dadurch bis zu einem gewissen Grade das durch das Fehlen wirklicher Götter entstandene Vakuum. Die von den Jaina-Göttern bewohnten Himmelswelten sind im Aufbau der Welt niedriger angeordnet als die Stätte der Erlösten (in der sich auch die Seelen der erlösten Tirthankaras befinden). Sie gehören damit zum allgemeinen Kosmos, in dem das Gesetz der Wiedergeburt allem Geschehen zugrunde liegt. Insbesondere müssen die Jaina-Götter ebenso wie alle anderen Wesen auch als Menschen wiedergeboren werden, bevor sie erlöst werden können. Der Jaina-Kosmos ist gemeinindischer Vorstellung entsprechend dreifach gegliedert: Es gibt die Himmelswelten (Götter und Genien), die irdischen Welten (die <sechs > Kategorien) und die unteren Welten (die Höllen mit den Sündern). All diese Regionen bilden in der Jaina-Dogmatik jedoch einen hochkomplizierten Superkosmos, bei dem nicht nur die topographischen Gegebenheiten, sondern auch die Bewohner, deren Ambiente und die von geistlichen und weltlichen Heroen beherrschte Legende (Tirthankaras und mythische Könige) Gegenstand minutiöser Beschreibung sind. Innerhalb des Jainismus existiert im übrigen eine Richtung, die ganz allgemein die Möglichkeit einer Erlösung für Frauen, das heißt die grundsätzliche Möglichkeit, daß Frauen - ebenso wie Männer - bereits in ihrer nächsten Existenz erlöst werden, leugnet. Dies sollte erwähnt werden, auch wenn wir hier auf Einzelheiten dieser Kontroverse nicht eingehen können. Eine Erlösungsreligion wie der Jainismus ist ein System, an das der Außenstehende mit bestimmten Erwartungen herantritt. Er erwartet ein gewisses Maß an Transparenz, Geschlossenheit und Abrundung sowie eine durch moderne Darstellungen geförderte Verständlichkeit. So wie die Dinge stehen, drängen sich dem Laien jedoch, je mehr er sich mit einem solchen Gegenstand beschäftigt und je mehr <Informationen er erhält, desto mehr Fragen auf. Wir versuchen jetzt noch im Rahmen des Möglichen, naheliegende Fragen durch gezielte Informationen aufzufangen. 1 von 2 01.04.99 11:55

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