Book Title: Funf Gelubde Und Sechs Avashyakas
Author(s): Klaus Bruhn
Publisher: Klaus Bruhn

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Page 21
________________ IERE-NOW4U :Bruhn Grundzüge der Jaina-Ethik - Postskript http://www.here-now4u.de/ger/spr/religion/Bruhn/Postskript.html Postskript Zum Schluß noch ein Hinweis auf die Stellung des Jainismus in der indischen Gesamtkultur. Schon die hier zur Rede stehende 'praktische Literatur des Jainismus (Ethik im engeren Sinne, Mönchsdisziplin, Erlösungslehre) hat einen Umfang, den selbst die Spezialisten leicht unterschätzen. Dazu kommen die anderen dogmatisch-philosophischen Disziplinen (unter anderem Weltbeschreibung und Naturphilosophie), des weiteren Grammatik und Logik, des weiteren Legenden, Märchen und Epen. Die ältesten Zeugnisse stammen aus vorchristlicher Zeit, aber die Jaina-Literatur reicht bis in die Neuzeit hinein, z. B. im Fall der Jaina-Literatur auf Alt-Gujarati. Das Prakrit und das Sanskrit sind die wichtigsten, aber nicht die einzigen Sprachen des Jainismus. Es gibt wahre Berge von Manuskripten, und selbst die bis heute erschienenen Textausgaben würden mehrere Regale füllen. Manches liest sich mühelos, in anderen Fällen erfordert jeder Vers oder Satz gezielte Untersuchungen. Ein großer Teil der Literatur hat überdies Parallelen in der nicht-jainistischen indischen Literatur, und auch das will berücksichtigt werden. Die Jaina-Kunst reicht bis in die Anfänge unserer Zeitrechnung zurück. Die Tirthankara-Darstellungen sind am besten bekannt: Der meditierende Tirthankara erscheint stehend oder sitzend, nackt oder seltener) bekleidet. Hier sieht alles ganz einfach aus (der sitzende Tirthankara ist überdies dem sitzenden Buddha ähnlich). Aber die Ikonographie der Tirthankaras ist nicht so einheitlich, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Außerdem bilden Darstellungen von Jaina-Gottheiten der einen oder der anderen Art in der Jaina-Kunst einen zusätzlichen Themenkreis. Wer diese Kunst zu Hause kennen lernen will, findet in vielen Museen für asiatische Kunst Jaina-Miniaturen mit der Darstellung von Heiligenlegenden, vornehmlich solchen, die sich um die Tirthankaras ranken. Er findet auch mehr oder weniger alte Jaina-Bronzen (meist Tirthankara-Darstellungen). Verschiedene in letzter Zeit erschienene Bildbände zur Jaina-Kunst ergänzen solche Informationsmöglichkeiten auf ihre Weise. Etwas ganz anderes ist das Erlebnis der Jaina-Kunst im Lande. Zeugnisse dieser Kunst finden sich fast auf dem gesamten indischen Subkontinent. In Khajuraho gibt es nicht nur Hindu-Tempel, sondern auch Jaina-Tempel; in Ellora gibt es nicht nur Höhlentempel der Hindus, sondern auch solche der Jainas; in Tamilnadu finden sich nicht nur Felsreliefs mit Darstellungen von Hindu-Gottheiten, sondern auch solche mit Darstellungen von Tirthankaras. Überaus eindrucksvoll und einzig in ihrer Art sind zudem die auf Hügeln angelegten Tempelstädte der Jainas, vornehmlich Shatrunjaya (bei Palitana) und Girnar (bei Junagadh), beide auf der Halbinsel Kathiawar im Bundesland Gujarat. Insgesamt überschreitet der Jainismus unser Orientierungs- und Vorstellungsvermögen. Er zeigt eine explosionsartige Ausdehnung anfangs einfacher dogmatischer Prinzipien zu einem in seinen Details nicht mehr überschaubaren theoretisch-praktischen System. Zugleich entwickelt er sich zu einer Teilkultur innerhalb der indischen Gesamtkultur. Indem er diese teils übernimmt und teils in seinem Sinne weiterentwickelt, liefert er einen quantitativ und qualitativ bedeutsamen Beitrag zur indischen Welt. Der Jainismus ist ein Reich für sich, ein religionsgeschichtlicher und kultureller Mikrokosmos. Er steht für die Ahimsa und anderes, aber die Realität ist hier wie sonst vielschichtig, unseren Denkgewohnheiten wenig entgegenkommend und komplexer, als es die dünne Decke der Abstraktionen erwarten läßt. zurück weiter 1 von 1 01.04.99 11:55

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