Book Title: Devendrabuddhii
Author(s): Erich Frauwallner
Publisher: Erich Frauwallner
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Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ DEVENDRABUDDHI Von Erich Frauwallner Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Devendrabuddhi (Lha-dhan-blo) 1) war der Überlieferung nach ein persönlicher Schüler des großen buddhistischen Logikers Dharmakīrti, von dessen Pramāņavārttikam er die Kapitel 244 kommentierte. Sein Werk gibt sich als Fortsetzung von Dharmakīrti's eigenem Kommentar zu Kapitel 12) und führt wie dieser den Namen Pramāņavārttikavrttiḥ (Tshad-ma-rnam-“grel-gyi-grel-pa) 3). Über dieses Werk erzählen Bu-ston und Tāranātha Folgendes 4): Dharmakirti beauftragte Devendrabuddhi, auf Grund seiner Belehrungen einen Kommentar zum Pramāņavārttikam zu verfassen. Devendrabuddhi tat es, aber als er sein Werk Dharmakīrti zeigte, wusch es dieser mit Wasser ab. Darauf schrieb Devendrabuddhi das Werk ein zweites Mal. Diesmal verbrannte es Dharmakīrti im Feuer. Nun schrieb es Devendrabuddhi zum dritten Mal und überreichte es Dharmakīrti mit den Worten: „Im allgemeinen sind (die Mensehen), unfähig und die Zeit kennt keinen Stillstand. Daher habe ich diesen Kommentar hier zur Übung in kurzer Form abgefaßt.“ Darauf sagte Dharmakirti, daß der durch die Worte angedeutete tiefere Sinn nicht zum Ausdruck gebracht sei, wohl aber der durch die Worte unmittelbar ausgesprochene Sinn, und ließ das Werk bestehen. Mag nun dieser Erzählung etwas Wahres zugrunde liegen oder nicht, sie entspricht jedenfalls der tatsächlichen Beschaffenheit des Werkes Devendrabuddhi's. Dieses erklärt nämlich den Wortlaut der ) Die Namensform ist nunmehr durch indische Überlieferung gesichert, vgl. Dharmakīrti's Pramāņavārttika with a commentary by Manorathanandin, ed, by Rahula Sankrityāyana, p. 516, 70 *) Das Werk beginnt daher ganz unvermittelt mit den Worten: slob dpon syis tshad ma'i mtshan ñid kyi bstan bcos bśad pa'i rgyu rjes su dpag pa rnam par bżag nas / skabs su bab pa tshad ma żes bya ba la sogs pas phyag 'tshal ba'i tshigs su bcad pa'i bśad pa mdzad par rtsom pa'o (ācāryāyapramānalaksanaśāstraryākhyānibandhanam anumānam vyavasthāpya pramānam ityādināvasaraprāptām namaskāraślokasya vyakhyām ārabhate). Die tibetischen Übersetzer betrachteten die beiden Werke so sehr als Einheit, daß sie bei beiden die bam-po durchzählten. *) Tanjur No.4217. Ich zitiere im folgenden nach der Ausgabe von Narthang. 119 Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Verse Dharmakīrti's, geht aber nicht über das hinaus, was in den Worten selber liegt, und steht in dieser Hinsicht in schärfstem Gegensatz zu Dharmakīrti’s eigenem Kommentar zum 1. Kapitel des Pramāņavārttikam. Trotzdem ist das Werk für uns sehr wertvoll. Dharmakirti's Pramāņavārttikam ist ein schwieriger Text und sein Wortlaut läßt in vielen Fällen verschiedene Deutungen zu, wie die widersprechenden Erklärungen der verschiedenen Kommentatoren zeigen. Devendrabuddhi's Kommentar ist nun von allen Kommentaren der weitaus älteste 5) und wir haben keinen Grund, die Überlieferung zu bezweifeln, daß er ein persönlicher Schüler Dharmakīrti's war. Das heißt aber, wir können seine Erklärungen als authentisch im Sinne Dharmakīrti's betrachten“). Leider ist das Werk Devendrabuddhi’s im Sanskritoriginal nicht erhalten. Bisher sind nur einige Blätter gefunden) und Zitate in gegnerischen Werken sind selten). Wir sind also bis auf weiteres auf die tibetische Übersetzung angewiesen, und diese ist mangelhaft. Hier finden wir aber eine wenn auch bescheidene Hilfe an unerwarteter Stelle. Der Kommentar Manorathanandi's zum Pramāņavārttikam') ist in einem Manuskript erhalten, das von Vibhūticandra, einem Schüler Sākyaśrībhadra's geschrieben wurde 10). Dieses Manuskript enthält 4) History of Buddhism by Bu-ston, transl. by E. Obermiller. II. Part. Heidelberg 1932, S. 154 f. Târanathae de doctrinae buddhicae in India propagatione narratio, ed. A. Schiefner. Petropoli 1868, S. 143, (Übersetzung S. 186 f.). 5) Auch sākyamati's Subkommentar dazu ist schon für sehr frühe Zeit bezeugt, vgl. meinen Aufsatz „Dignāga und anderes“, Festschrift Winternitz, Leipzig 1933, S. 238 f. 6) Von den in Sanskrit erhaltenen Kommentaren kommt bei Prajñākaragupta wie bei allen Kommentatoren, die viel Eigenes zu sagen haben, die Erklärung der Worte Dharmakirti's zu kurz, Der Kommentar Manorathanandi's ist dürftig und in manchen Fällen handgreiflich falsch. ) Vgl. G. Tucci, On some aspects of the doctrines of Maitreyanātha and Asanga, Calcutta 1930, S. 39. 5) Einige längere Zitate finden sich in Vādidevasūri's Syadvādaratnākarah, Ausgabe des Arhatamataprabhākaraḥ, S. 173 und 180. ") Herausgegeben von Rāhula Sänkțityāyana als Anhang zum Journal of the Bihar and Orissa Research Society, Vol. 24/1938---Vol. 26/1940. 19) Vgl. die Einleitung zur Ausgabe S.I. 120 Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ am Rande zahlreiche Anmerkungen, welche der Herausgeber des Textes, Rāhula Sānkrityāyana, in seiner Ausgabe als Fußnoten wiedergegeben hat. Ein großer Teil dieser Anmerkungen stimmt aber wörtlich mit Sätzen aus Devendrabuddhi's Vșttiḥ überein. Ich bringe einige Beispiele: Die Erklärung des Verses Pramāņavārttikam II 611) schließt bei Devendrabuddhi mit den Worten: ji skad du bśad pa'i mtshan ñid rnam pa gñis bstan pa'i no bo can gan yin pa de ni tshad ma yin no (fol. 8 b 3). In den Anmerkungen zu Manorathanandi lesen wir S. 9 in Anmerkung 7: dvividhena yathoktena lakṣaṇena nirdiștam yad etat pramānam. Es folgt die Erklärung von Vers 7 a tadvat pramānam bhagavān. Sie schließt bei Devendrabuddhi mit den Worten: tshạd ma ñid kyi chos mthun pa ñid can ‘chad par 'gyur ba yan grub par byas nas dper byas pa yin no (fol. 8b 6). In der angeführten Anmerkung lesen wir: pramāṇasādharmyam tu sādhayisyamānam siddham krtvodāhrtam. Bei der Erklärung der nächsten Worte des gleichen Verses abhūta viniurttaye bhūtoktih sagt Devendrabuddhi: gan gi tshe skye ba yin pa de'i tshe yul dan dus dan ran bžin gyi nes par mi run ba'i phyir de ni glo bur bar rigs pa ma yin no zes don gyis ran gi rgyu ston par byed do (fol. 9 a 1). In der Anmerkung 1 zu Manorathanandi S. 10 heißt es: yadā bhagavajjñānam utpannam ... tada nākasmikam iti svakāranam sūcayati. Die Erklärung des ganzen Verses beendigt Devendrabuddhi wie so häufig mit einer formellen Schlußfolgerung (prayogah). Er sagt: sbyor ba ni gan gis sgrub par byed pa gan phyin ci ma log par nan tan du byas pa des ni / de thob par 'gyur te / dper na nad pas nad med pa sgrub par byed pa phyin ci ma log pa nan tu byas pa lta 11) In der Ausgabe Manorathanandi's hat Rāhula Sānkrityāyana ungeschickterweise die einleitenden Verse Dharmakīrti's zum folgenden Kapitel gezählt, das eigentlich das 2. Kapitel des Pramānavārttikam ist und erst von Manorathanandi an erste Stelle gerückt wurde. Dadurch ergibt sich eine falsche Verszählung, welche von seiner eigenen Zählung in seiner Ausgabe des Verstextes abweicht. Man folgt daher besser der Zählung des Verstextes und zieht bei den Verszahlen in der Ausgabe Manorathanandi's immer zwei ab. 121 Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ bu'o // bcom Idan ‘das kyan tshad ma ñid kyi sgrub par byed pa phyin ci ma log pa nan tan mdzad pa can yin no zes bya ba ni ran bzin gyi gtan tshigs so (fol. 9 a 3–4). Die gleiche Schlußfolgerung steht bei Manorathanandī auf mehrere Anmerkungen verteilt: vo yat sādhanam aviparītam anutişthati, tasya tatprāptir bhavati, yathāturasyārogyasādhanam aviparītam anutișthatah; anusthitaprimānyāviparītasädhanaś ca bhagavān iti svabhāvahetuh. Die Anmerkungen bei Manorathanandi enthalten also Sätze aus Devendrabuddhi's Pramāņavārttikavṛttih, wenn auch aus dem Zusammenhang gerissen und stellenweise verstümmelt. Ein weiteres Beispiel aus einem späteren Abschnitt. Zu Vers 105 a nānekahetur iti cet sagt Devendrabuddhi: de ltar ni 'gyur mod kyi / dbugs 'byun ba dan rnub pa dan lus ni du ma nid yin na yan ses pa gcig ñid la nus pa ñid yin gyi man po dag la ma yin no ze na (fol. 59 a 2). Bei Manorathanandi S. 49, A. 5 lesen wir: anekatve 'pi prāṇāpānayor dehasya ca ekatraiva jñāne samarthyam na bahușu cet. Zu Vers 105 b bemerkt Devendrabuddhi: dgons pa ni dbugs 'byui ba dan rňub pa de dag dan / lus kyi bdag ñid kyis rnam par ses pa'i rgyu gan yin pa snar yan de ñid yin pa (fol. 59 a 3). Bei Manorathanandi A. 4 heißt es: prāṇāpānadehasya ya ūtmā, vijñāna.' hetuh paścāt sa pūrvam api. Ein weiteres Beispiel. In der Erklärung des Verses Pramāņavārttikam III 12 steht bei Devendrabuddhi der Satz: ‘di ltar skyes bu 'di dus thams cad du sgra las 'jug pa na don ñid mthon gi 'ga* zig gi tshe yan 'chad pa po dan / ñan pa po dan 'brel pa can gyi * mtshan ma ñid ma yin pa des na tshul dra bas byas paʻi 'khrul pa las ‘jug par mi ‘gyur ro (fol. 148 a 3f.). Dem entspricht bei Manorathanandi S. 117, A. 8: yāvatāyam puruṣaḥ sarvadārtha eva drstaḥ śabdāt pravartamānaḥ, na kadăcin nästi vaktrūdisambaddhe, tan na bhrāntyā vrttiḥ. Knapp danach heißt es bei Devendrabuddhi: 'dir khyod kyis byas pa ni 'di yin no žes skyes bus bstan pa de las gžan pa'i yul la / so sor nes paʻi don la tshul ‘dra ba las jug par mi 'gyur ba (fol. 148 a 4 f.). 122 Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Bei Manorathanandi S. 118, A. 1 lesen wir: tatha hi tvayedam karaniyam iti niyuktah puman sarupyad anyatra na pravartata eva. Diese Beispiele werden genugen. Sie sind willkurlich herausgegriffen, aber sie sprechen eine deutliche Sprache. Wir kommen somit zu dem Ergebnis, dass Vibhuticandra an den Rand seines Manuskriptes von Manorathanandi's Kommentar zum Pramana. varttikam unter anderem Satze aus Devendrabuddhi's Vittih geschrieben hat. Und wenn das Werk Devendrabuddhi's einmal einen Bearbeiter findet, wie es bei der Bedeutung des Pramanavarttikam zu wunschen ware, so wird dieser in den Anmerkungen zu Maporathanandi fur seine Arbeit manches Wertvolle finden. Summary Devendrabuddhi's commentary on the Pramanavarttikam of Dharmakirti is of great importance as Devendrabuddhi, the personal disciple of Dharmakirti, is the most reliable authority for a correct understanding of Dharmakirti's verses. Unluckily his work is available only in Tibetan translation. The author points out that the marginal notes in the manuscript of Manorathanandin's Pramanavarttikavrttih contain numerous sentences from Devendrabuddhi's commentary which are given as footnotes in the edition of the Vsttih by Rahula Sankrtyayana. Druck: Bruder Hollinek, Wien III, Steingasse 25