SearchBrowseAboutContactDonate
Page Preview
Page 36
Loading...
Download File
Download File
Page Text
________________ 312 Wilhelm Halbfass II fereitschafuchheitsstif veg auf dens und ein sicht auf Kastenzugehörigkeit u. dgl., zugänglich gemacht 187). Gewiß darf man auch innerhalb der sektarischen Traditionen die konkreten Anwendungen und die geschichtlichen Auswirkungen soteriologischer Gleichstellung nicht überschätzen. Immerhin besteht hier öfter eine gewisse grundsätzliche Bereitschaft, in der Annahme eines bestimmten Lehrsystems und eines bestimmten Erlösungsweges einen wenn auch durchweg auf den religiösen Bereich beschränkten einheits- und gleichheitsstiftenden Faktor zu sehen. Besonders weitgehend ist die Bereitschaft, für die radikaleren Formen religiösen Lebens, d. h. vor allem für die „Entsagung" (samnyāsa), eine Aufhebung der normalerweise geltenden und durchaus nicht generell in Frage gestellten gesellschaftlichen Schranken zuzulassen. Selbst auf diesem Gebiet, das ohnehin nur ein Randphänomen des gesellschaftlichen Lebens betrifft, erweisen sich die Vertreter des Advaita-Vedānta in der Regel als sehr konserativ. In ihrer Darstellung der Entsagung und der ,,Erlösung bei Lebzeiten“ (jīvanmukti) wird sehr deutlich, daß sie ihre metaphysische Lehre nicht nur de facto nicht gesellschaftlich anwenden", sondern nicht selten geradezu die Gelegenheit zu solcher Anwendung zu eliminieren und ein Hinüberwirken ihrer metaphysischen Prinzipien auf die Gesellschaftsordnung zu vermeiden suchen. Die dem ,,Entsager" (samnyäsin) zugestandene Freiheit wird sorgfältig kanalisiert. Auch in der Negation und im Verzicht bleibt er noch an die Ordnung gebunden, aus der er sich löst. Das Bestehen und grundsätzliche Geltenlassen dieser Ordnung bleibt Bedingung der Möglichkeit, sich von ihr zu lösen. Nur wer zum Vedastudium und zur vedischen Opferpraxis berechtigt ist, kann berechtigt sein, sich davon zu lösen. Der samnyāsin kann seine Legitimation nur aus dem dharma beziehen, von dem er sich löst 138). Und wie der Zugang zur Entsagung und Selbstbefreiung beschränkt ist, so bleiben auch innerhalb des samnyāsa Verhaltensregeln, etwa hinsichtlich der Bettelpraxis, und die Abgrenzung verschiedener Gruppen von Entsagern zu beachten; ein höherer Grad an Freiheit wird nur der höchsten dieser Gruppen, den paramahamsa, eingeräumt. Auch noch in der Interpretation der ,,Erlösung bei Lebzeiten“ (jivanmukti) legen die strengeren und Sankara unmittelbar nahestehenden Vertreter des Advaita Wert darauf, daß das dadurch gegebene Überschreiten des gesellschaftlichen und durch den dharma geordneten Bereichs keine bedenklichen Rückwirkungen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse hat und nicht zu einer Verletzung ihrer Grundstruktur, nämlich des Systems der vier varna, führt. Sureśvara betont, daß es für den Lebenderlösten kein „Verhalten nach Belieben" (yathestācarana) 187) Vgl. Abhinavagupta, Vimarsini zu Utpaladeva, Távarapratyabhijñā IV, 2, 3 (ed. M. Kaul Shastri, Bombay 1921; Kashmir Ser. 33; II, S. 276): ... na-atra jätyä. dyapekşā kācit. 188) Vgl. P. Olivelle, A Definition of World Renunciation. Wiener Zeitschrift für die Kunde Südasiens 19 (1975), S. 75-83. ? [40]
SR No.269272
Book TitleZur Theorie Der Kastenordnung In Der Indischen Philosophie
Original Sutra AuthorN/A
AuthorWilhelm Halbfass
PublisherWilhelm Halbfass
Publication Year
Total Pages40
LanguageEnglish
ClassificationArticle
File Size5 MB
Copyright © Jain Education International. All rights reserved. | Privacy Policy