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________________ Zur Theorie der Kastenordnung in der indischen Philosophie 293 dieser Hinsicht noch expliziter. Er gibt zwar zu, daß das Wahrnehmen des „Brahmanentums" (brāhmaṇatva) in einem Brahmanen nicht so leicht und unmittelbar vonstatten geht wie das Sehen der ,,Kuhheit“ (gotva) in einer Kuh, sieht dies jedoch als einen lediglich graduellen Unterschied an 59). Auch daß wir über die Vorfahrenschaft eines Menschen unterrichtet werden, kann uns lehren, ihn in der richtigen Weise zu sehen, ohne daß dadurch die Authentizität solchen Sehens beeinträchtigt würde 60); desgleichen müsse man ja auch, um die Klassen bzw. „Kasten" von Edelsteinen unterscheiden zu können, zuvor eine gewisse Expertise auf diesem Gebiet erworben haben 61). — Sridhara läßt sich in seiner erkenntnistheoretischen Zuversicht auch nicht von dem Hinweis auf die mögliche eheliche Unzuverlässigkeit von Brahmanenfrauen, welche ja die legitime Abkunft der Nachkommen und die „Echtheit“ ihres Kastenuniversale „Brahmanentum" gefährden könnte, beirren 62). Die Gegenposition zu diesen Argumenten der Naiyāyikas und Vaiseșikas ist, wie nicht anders zu erwarten, bei den buddhistischen Philosophen zu finden. Wir können z. B. auf śāntarakṣitas Tattvasamgraha und den zugehörigen Kommentar Tattvasamgrahapañjikā von Kamalasila 63) sowie auf die ausführlichen sprach- und erkenntnistheoretischen Erörterungen in Prajñākaraguptas Pramāņavārttikabhāşya 64) (auch Vārttikālankāra genannt) hinweisen. Prajñākaragupta geht insbesondere auf die auch von Jayanta und Śrīdhara diskutierte Frage nach dem Verhältnis von Unterweisung“ (upadesa) und Wahrnehmung (pratyakşa) ein und argumentiert, daß in keinem Falle, und wie auch immer dieses Verhältnis interpretiert wird, die Realität und Echtheit der Kastenuniversalien, vor allem des Brahmanentums, festzustellen sei. - Neben diesen erkenntnistheoretischen und kriteriologischen Fragen werden wiederholt auch die grundsätzlichen mit der Lehre von den vier varna verbundenen Definitionsprobleme berührt 65). Größere Beachtung hat die Aufgabe der Verteidigung und Analyse des Kastensystems im Nyāya und Vaiseșika nicht gefunden 66). In ihrer Mehr 59) Vgl. NK, S. 13. 60) Vgl. a.a.O.: tadā brāhmaṇo 'yam iti pratyakşeņa-eva pratiyate —; auch Sridhara ist offensichtlich dem Kumārila verpflichtet; vgl. TV zu I, 2,2 (S. 7): ... darśanasmaranaparamparyānugrhitapratyakşagamyāni brāhmaṇatvādini; s. u., Anm. 86. 61) Vgl. a.a.O.; der Hinweis auf Edelsteine ist für einen indischen Autor in diesem Zusammenhang besonders naheliegend, da diese gleichfalls nach vier ,,Kasten" (brāhmana usw.) eingeteilt werden; vgl. R. Garbe, Die indischen Mineralien (Naraharis Rājanighantu 13), Leipzig 1882. Auf Expertentum auf dem Gebiet der Edelsteine verweist auch bereits Kumārila, TV zu I, 3, 25. 62) A. a. O. 6) Ed. E. Krishnamacharya, Baroda 1926 (Gaekwad's Oriental Ser.), v. 1554ff. (mit Kommentar). 64) Ed. Rahula Sankrtyāyana, Patna 1953 (Tibetan Sanskrit Works Ser.), bes. S. 10-12; auch S. 209–210; S. 530. 65) Prajñakaragupta, a.a. O. 66) Auch im Zusammenhang mit Fragen der Schlußlehre wird das Thema zuweilen [21]
SR No.269272
Book TitleZur Theorie Der Kastenordnung In Der Indischen Philosophie
Original Sutra AuthorN/A
AuthorWilhelm Halbfass
PublisherWilhelm Halbfass
Publication Year
Total Pages40
LanguageEnglish
ClassificationArticle
File Size5 MB
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