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GERHARD OBERHAMMER
Frgm. 3: evam copasamhṛtam: tad esa bahurupo 50 vyabhicara eva hi pratibandhābhavaḥ. upadhir eva vyabhicaranidānam. pramāṇāniscita 51 evopadhitvena sankaniyaḥ, sadhane sopadhiḥ sadhye nirupadhir evopādhitvena niśceyaḥ, sarvasankatiprasangapāṭanapaṭiyāmś ca tarkaḥ, 52
Es ist offenbar, daß diese drei Fragmente stark gekürzte Gedanken Parasarabhaṭṭas enthalten und aus einem Kontext stammen, in dem die in ihnen angedeuteten Probleme mehr oder weniger ausführlich erörtert worden waren. So ist es zum Beispiel wahrscheinlich, daß sich an Frgm. 1 eine Erörterung der am Ende des Fragmentes angeführten Definitionen des Upadhi angeschlossen hatte, oder daß unter anderem auch das Problem des paksetaraḥ angeschnitten worden war, das seit Udayana Gegenstand der Upadhi-Lehre war. Trotz des Fehlens dieser Erörterungen aber läßt sich doch ein allgemeines Bild der Upadhi-Lehre, wie sie im Tattvaratnākara enthalten war, gewinnen.
Frgm. 1 enthält Definition und Wesensbestimmung des Upadhi 53. In diesem Zusammenhang fällt auf, daß Venkaṭanatha das Zitat so gewählt hat, daß die Upadhi-Definitionen anderer Lehrer mitenthalten sind. Parāśarabhaṭṭa kann daher diese Definitionen nicht als gegnerische Meinung schlechthin erwähnt haben, um sie in der Folge zurückzuweisen, sondern als Bestimmung des Upadhi, die er als brauchbare Ergänzung seiner eigenen in den Versen von Frgm. 1 gebotenen Definition beibehalten wollte 54. Es liegt nahe anzunehmen, daß er die auch sonst gehandhabte Unterscheidung von Wesen (svabhavaḥ, svarupam) und Merkmal (lakṣaṇam) 55 dazu verwendet hat, um seine eigene Definition des Upadhi als Bestimmung des Wesens (svarūpam)
50 bahurupo: NP1 samksepahḥ.
51 pramānāniscita: NP1 pramāṇaniscita.
52 NP, p. 117, 5-9. Das Fragment endet mit iti und schließt unmittelbar an den Kontext von Frgm. 2 an. Falls, wie es wahrscheinlich ist, die Variante von NP richtig ist, müßte man den Ausdruck evam copasamhṛtam als Einleitung Venkatanathas auffassen. Für diese Auffassung spricht die Stellung des hi, sowie die Tatsache, daß das ganze Frgm. 3 eine fast wörtliche Paraphrase von Udayanas NVTP, pp. 676, 18-683, 2 und 695, 7 ist. Udayana beginnt aber diesen Abschnitt mit den Worten tad ayam samksepaḥ, sodaß es nahe liegt die Lesart von NP1 als die ursprüngliche zu betrachten.
Übersetzung des Fragmentes:,,Kurz gesagt [verhält es sich] so: In der Tat ist dieses vielformige getrennt Vorkommen eben das Fehlen der Verbindung. (nach NP1:,,So wird [von ihm] zusammengefaßt: ,Auf kurze Formel gebracht [verhält ..."). es sich so]: Das getrennt Vorkommen ist eben das Fehlen der Verbindung.' Die Ursache des getrennt Vorkommens ist [nichts anderes als] der Upadhi. Ist [die Verbindung] durch ein Erkenntnismittel nicht nachgewiesen, so ist ein Upadhi zu befürchten, ist sie im Falle des logischen Grundes mit einem Upadhi versehen [und] im Falle des zu Beweisenden nicht, so ist ein Upadhi erwiesen. Außerdem ist der Tarka geeigneter jede Befürchtung [eines Upadhi] durch eine zuweit führende Konsequenz zu vernichten."
53 Dies bezeugt Venkatanatha NP, p. 116, 4f. vgl. die folgende Anmerkung. 54 Anderenfalls wäre es unverständlich, warum Venkatanatha Frgm. 1 mit den Worten ityādina svarupam nidarsitam einführen und das Fragment so abgrenzen sollte, daß die beiden fremden Definitionen noch eingeschlossen sind.
55 Vgl. E. FRAUWALLNER: Prabhakara Upadhyaya, WZKSO, Bd. 9 (1965), p. 199.