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ERNST STEINKELLNER
schieden [wäre), ab. Infolgedessen umfaßt [das Vergehen) das [Seiendsein)." 26
Aus der Unabhängigkeit des Vergehens von fremden Ursachen ergibt sich also, daß das Ding als vergänglich von seiner Ursache hervorgebracht wird oder daß es, insofern es seiend, das heißt hervorgebracht ist, vergänglich ist. Das hier als logischer Grund verwendete Seiendsein ist also nichts anderes als das konsequenter formulierte Hervorgebrachtsein, wie es als Grund im Exkurs A vorkommt 27. Daß aber das Vergehen das Seiendsein umfaßt, wird auch hier nur aus der Ursachelosigkeit des Vergehens abgeleitet und so kommt auch im vorliegenden Exkurs dem Nachweis der Ursachelosigkeit des Vergehens das Hauptgewicht zu.
Ohne auf die Unterschiede in der Polemik und im Nachweis der Ursachelosigkeit eingehen zu wollen, läßt sich so zusammenfassend sagen, daß sich
26 nāhetukah, sattahetor eva bhāvāt tathotpatteh, sato hi bhavatas tādréasyaiva bhāvāt, nāvasyam satah lutaścid bhāva iti cet, akasmiki tarhi satteti neyam kasyacit kadăcit kvacid viramet. ... ... ... uktam cātra na vinago nama anya eva kascid bhāvāt, svabhāva eva hi nāśaḥ, sa eva hy ekakşanasthāyi jāta iti. tam asya mandah svabhāvam ürdhvam vyavasyanti, na prāk, darsane 'pi pajabhävād iti tadvasena pascăd vyavasthāpyate, vikāradarsaneneva visam ajñaih. tad ayam sattāvyatirekena nānyat kimcid vināso 'peksata iti tadvyäpi (PVSV p. 99, 24-100, 8).
27 Die Möglichkeit, das Seiendsein als Grund für die Vergänglichkeit zu verwenden, ist schon PV I, v. 186 = 188 ausgesagt: ,,Man gibt das Eigenwesen zum Nachweis des zu Beweisenden entweder als abhängig von verschiedenen Bedingungen oder als einziges an, wie z. B. [die Eigenwesen] Wirkungsein und Seiendsein bezüglich des Vergehens (als Folgej." (upādhibhedāpekşová svabhāvah kevalo 'thavă lucyate sädhyasiddhyartham nāśe kāryatvasattvavat (1). Dazu sagt Dharmakirti PVSV p. 93, 10-12:,,So nennt man einmal ein von verschiedenen Bedingungen abhängiges Eigenwesen Grund, ein andermal ein unabhängiges ganz allgemein, wie das Seiendsein in Hinsicht auf die Nicht-Ewigkeit, ..." (evam upādhibhedāpeksah kovacit svabhavo hetur ucyate, kvacid anapekṣaḥ sāmányena yatha 'nityatva eva sattvam, ...).
Der Beweis selbst wird jedoch in PV I (PVSV) nicht mit dem Grund ,,Seiendsein" geführt. Die unmittelbar folgende (PV I, v. 187ff. = 189 ff.), in das Gewand einer Polemik gegen das Sāmkhya gekleidete Abhandlung betrifft das Problem, wie man das Seiendsein überhaupt als Grund verwenden könne ohne Gefahr zu laufen, auch das Seiendsein der Urmaterie (pradhānam) als Folge zugestehen zu müssen. Eine Erklärung für das Vorkommen des Grundes ,,Seiendsein" im Pramănavārttikam, in welchem das sattvānumānam selbst eindeutig fehlt, scheint daher in der Richtung zu suchen zu sein, daß Dharmakirti hier bei der Bestimmung der verschiedenen Arten von Begriffen (svabhāvāh), die als logischer Grund verwendbar sind, auch den des Seiendseins entdeckt hat, dessen Inhalt ärmer ist als der des Hervorgebrachtseins. Zum Unterschied von der späteren Funktion des Begriffes (vgl. p. 374) bringt Dharmakirti ihn hier aber noch nicht als Lösung für die Problematik der Vyāpti, die sich bei Verwendung des Begriffes ,,Hervorgebrachtsein" einstellt. Diese im Pramāņavārttikam noch nicht gefundene Problematik wird erst im Pramāņaviniscayaḥ entscheidend zur Weiterentwicklung des Beweises beitragen. Daß der Begriff ,,Seiendsein“ im Pramāņavārttikam schon eine andere logische Struktur des Beweises anzeigt, ist, gerade weil die Problematik der Allgemeingültigkeit der Vyāpti hier noch nicht erscheint, nicht anzunehmen.
Für den Beweis im Pramānavārttikam gilt, daß die beiden Begriffe in gleicher Weise verwendet werden können, und zwar im in diesem Kontext vorliegenden vināśitvānumānam. Wir finden daher auch beide Begriffe im Exkurs nebeneinander, wenn auch in einem Einwand (PVSV p. 99, 8f.: ... krtakånām api kesămcit satām vā ...). Auch Karņakagomin bestätigt die Annahme, daß das Wort ,,Seiendsein" in Dharmakirtis vinasitvänumānam an die Stelle des Wortes ,,Hervorgebrachtsein" treten kann (vgl. PVSVT p. 364, 28: ... phalasya krtakasya sato va ...).