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ERNST STEINKELLNER
eva – apratikşepah). Darauf folgt 376, 6-8, durch den Rahmen anye tu ... iti vyācakşate deutlich als Zitat oder Referat einer anderen Quelle hervorgehoben, eine alternative Erklärung derselben Worte. Davon entspricht der erste Teil (atyantam – apratikṣepah) wörtlich16 PVinT 261 a 4-5 (sin tu - srid pa yin no) und PVinT 261 a 8f. (des naspan bar bya ba ñid ma yin no). Der Paralleltext der PVinT ist zweigeteilt: Der Worterklärung 261 a 4-5, die in der PVSVT ganz wiedergegeben wird (atyantam - pratibhāvataḥ), folgt, die Sinnerklärung 261 a 5-261 61, von der sich in der PVSVT nur der abschließende Satz findet (tasmād - apratiksepah). Die alternative Erklärung (viraktacitte – abhidhāsyate) ist ein im ersten Satz (376, 6-7) referierendes und für den Rest (376, 7-8) wörtliches17 Zitat von PVT 270 b2-4. .
Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden in der PVSVT gebotenen Worterklärungen ist, soviel ich erkennen kann, nicht sehr groß: er betrifft nur die genaue Auslegung der Worte des Grundtextes bhaved vā pramānam. In der ersten Erklärung wird die Möglichkeit, daß sich einmal für übersinnliche Dinge oder Beschaffenheiten ein Erkenntnismittel ergeben könnte, allgemein eingeräumt. Es bleibt dabei bei Karņakagomin offen, ob etwa nach seiner Auffassung ein solches Erkenntnismittel in einem bestimmten Fall tatsächlich anerkennbar wäre. In der zweiten Erklärung wird der Grundtext so interpretiert, daß er nicht nur die Möglichkeit eines entsprechenden Erkenntnismittels einräumt, sondern mit dieser Einräumung sozusagen auch schon auf das zweite Kapitel des Pramāņavārttikam verweist, wo dieser Auffassung nach ein solches Erkenntnismittel gelehrt wird18. Während Sākyamati also auf ein von Dharmakirti tatsächlich gelehrtes Erkenntnismittel verweist, bleibt Karņakagomin bei der bloßen Möglichkeit stehen. Das Motiv für diese Zurückhaltung ist deutlich sichtbar: In dem von Karņakagomin für die erste Erklärung nicht übernommenen Stück von Dharmottaras Sinnerklärung sagt Dharmottara nämlich, daß der Lehrer (Dharmakirti) auch andernorts (also wohl im zweiten Kapitel) ein die Ursache für die Glückseligkeit (d. i. der Fall einer übersinnlichen Be
16 Für sädhakabädhaka pramānābhāvāt (PVSVT 375, 27) hat PVinT 261 a 4 begrub pa dan gnod par byed pa la; pratibhāvatah (PVSVT 376, 5) ist Glosse.
17 viraktam cittam sarvajñatve (PVSVT 376, 7) ist nach PVT 270b3 (sems cdod chags dan bral ba dan thams cad mkhyen pa la yan) zu viraktacitte sarvajñatve ca zu verbessern.
18 Das kann nur als Bezug auf PV II, 120-131 ab gemeint sein, wo der Nachweis für die grenzenlose Steigerungsfähigkeit des Mitleids (karunā) geführt wird.