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________________ 68 L. SCHMITHAUSEN unvollkommene Kopie nicht auslöschen, sondern übermalen, würde er die erforderliche Vollkommenheit der Wiedergabe niemals erreichen 48, sondern sich bloß verheddern. Genau so kann auch der Meditierende das Vorstellungsbild nur vervollkommnen, wenn er es solange immer wieder auslöscht und reproduziert, bis es dem Übungsobjekt völlig gleicht 49 Diese Auslöschung erfolgt dadurch, daß der Übende das in der Betrachtung' (vipaśyanā) reproduzierte Vorstellungsbild (nimitta) preisgibt und sein Geist sich in sich selbst zurückzieht und wieder in den Zustand der Geistesruhe (samatha) eintritt". Dieser erneute Zustand der Geistesruhe ist dadurch gekennzeichnet, daß das bisherige Übungsobjekt weder aufgegriffen (udgrhīta) noch preisgegeben (mukta) ist: nicht preisgegeben, weil es auch im Zustand der Geistesruhe beibehalten wird; nicht aufgegriffen, weil der Übende es in diesem Zustand nicht aktuell zum Vorstellungsbild macht (na 48 397, 17 ff. (lies mit Sr Bhw 119 sacet punar abhanktvā ..., na jātv asya tad rūpakam...). 49 Der Vergleich mit dem Malerlehrling scheint in einem entscheidenden Punkt nicht recht zu der dadurch veranschaulichten Versenkungspraxis zu passen: Während der Malerlehrling, bevor er, nach Löschung der unvollkommenen Kopie, einen neuen Versuch macht, vermutlich das Muster erneut betrachten und dadurch eine Verbesserung erzielen kann, hat der übende Yogin die Leichenstätte offenbar längst verlassen (vgl. 416, 8ff.; die vipaśyana-Praxis beginnt erst 419, 13 ff.) und somit keine Möglichkeit einer Auffrischung seiner Eindrücke. Möglicherweise hat, vielleicht motiviert durch eine veränderte Zielsetzung (Ausbildung der Fähigkeit, die eigene Vorstellungskraft zu einem Visualisations- oder gar übernormalen Wahrnehmungsvermögen zu steigern (vgl. S. 74]?), eine Transposition des Prozesses stattgefunden. Im Visuddhimagga (V1.50f.; vgl. auch IV.29f.) vollzieht sich nämlich der Adäquationsprozess schon in der Phase des , Aufnehmensdes Erscheinungsbildes (nimitta) an der Leichenstätte: Der Übende soll das Erscheinungsbild des Ubungsobjektes immer wieder abwechselnd mit geöffneten Augen betrachten und bei geschlossenen Augen in der Vorstellung vergegenwärtigen (wobei die Unterbrechung des vorstellungsmäßigen Vergegenwärtigens zugunsten erneuten Hinschauens ein vorübergehendes Auslöschen des Vorstellungsbildes implizieren könnte). Wenn das bei geschlossenen Augen reproduzierte Vorstellungsbild dem angeschauten Erscheinungsbild völlig gleich geworden ist (vgl. auch SY 212 a 2 f.!), ist das ,Aufnehmen des Erscheinungsbildes gelungen. Das auf diese Weise gewonnene Vorstellungsbild wird zwar im folgenden, außerhalb der Leichenstätte, noch in ein Idealbild' (paţibhāganimitta, s. Anm. 81) transformiert (VisM VI.58 u. 66; cp. IV.31), doch geschieht dies nicht mit Hilfe von Löschung und Reproduktion. Ein Verlöschen des Vorstellungsbildes nach Verlassen der Leichenstätte tritt vielmehr nach dem VisM nur unbeabsichtigt ein und gilt als Verlust (VisM VI.60f.). Eine vorstellungsmäßige Reproduktion des verlorengegangenen Vorstellungsbildes ist zwar möglich (VisM VI.62f., im Gegensatz zu SY 212 a 24 u. Vi 205b 16f., wo eine Rückkehr zur Leichenstätte für nötig gehalten wird), dient aber nur der Wiedergewinnung, nicht der Verbesserung des Vorstellungsbildes. — Auch in mahāyānistisch orientierten Teilen der Yogācārabhūmi gibt es eine Versenkungspraxis, die mit dem Auslöschen selbstproduzierter Vorstellungsbilder arbeitet; die Zielsetzung ist aber hier eine ganz andere. Ich darf hierzu auf meinen in Anm. 3 zitierten Aufsatz (p. 117) verweisen. Da jedoch diese mahāyānistische Versenkungspraxis in den älteren Teilen der Yogācārabhūmi, insbesondere der Bodhisattvabhūmi, zu fehlen scheint, ist eine Inspiration der Sr Bh durch diese Praxis weniger wahrscheinlich als die umgekehrte Entwicklung. 50 396, 14–16; vgl. 421,5 u. 9.
SR No.269638
Book TitleVersenkungspraxis Und Erlosende Erfahrung In Der Sravakabhumi
Original Sutra AuthorN/A
AuthorL Schmithausen
PublisherL Schmithausen
Publication Year
Total Pages27
LanguageEnglish
ClassificationArticle
File Size4 MB
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