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________________ 132 A. WEZLER Über Form und Charakter 133 Wirklichkeit der, Diskussionen- anders als ihre historische - nun, da sie auch in der Cars nachgewiesen sind, außer Frage steht. Ganz offenkundig sind die , Diskussionen eine (überkommene) literari sche Form, die ein, Autor anwendet, wenner vor der Aufgabe steht oder den Wunsch hat, mehrere voneinander abweichende Meinungen zu einem bestimmten Problem darzulegen, natürlich in ihrer doktrinären Substanz und nicht in einem/dem,genauen Wortlaut (falls dieser Begriff in diesem Zusammenhang überhaupt sinnvoll ist). Daß diese Aufgabe bzw. dieser Wunsch allenfalls in nicht-poetischen Werken, d. h. in Sastra-Texten, entsteht, bedarf gewiß nicht eingehenderer Erklärung. Nicht minder einleuchtend ist, daß der .Autor eines solchen Textes sich nicht darauf beschränkt, die Meinungsverschiedenheiten einfach zu reserieren, sondern gleichzeitig zu den einzelnen Ansichten, sei es kritisch oder zustimmend, auch Stellung beziehen möchte, mehrere literarische Möglichkeiten bieten sich ihm da an, wie sich gezeigt hat. Auch über die Reihenfolge wird er sich Gedanken machen. Gestalterische Freiheit herrscht fenbar auch in anderer Hinsicht, und zwar hinsichtlich des erzählerischen, Rahmens der eigentlichen, Diskussion, obwohl man sich des Eindruckes nicht erwehren kann, daß Kautalya (-der, Verfasser des AS') in diesem Punkt - um bewußt angestrebter Kürze wil. len? - mit der Tradition bricht. Ein hervorstechendes Merkmal dieser Art von Referaten über abweichende Meinungen aber ist die namentliche Nennung von Personen, die diese Ansichten jeweils vertreten. Mir will scheinen, daß die Schwierigkeiten, vor denen wir Heutigen dabei stehen, diese Personen historisch dingfest zu machen, nicht zu der Annahme berechtigen, es handle sich in jedem bzw. auf jeden Fall um literarische Fiktion. Im Gegenteil, ich würde es für angemes. sen halten, zu vermuten, daß dem . Verfasser eine entsprechende Tradition bekannt war, d. h. ihn als tendentiell vertrauenswürdig zu betrachten - natürlich nur so lange, bis begründeter Anlaß zu Zweifeln besteht. Die ..Stereotypie“ der Reihenfolge der Nennung der Einzelverfasser“ im AS allein stellt wohl noch keinen solchen Anlaß dar, sicher aber zusätzliche Beobachtungen der Art, wie sie schon JACOBI bezüglich AS 8.1 und 8.3 gemacht hat''. Man wird doch eher mit der Möglichkeit rechnen, daß sich ein, Autor dieser Form der Darlegung von Meinungsverschiedenheiten auch einmal bedient, wo keine entsprechende Tradition vorhanden ist, als um. gekehrt aus einem solchen Ubergang vom Referat zur Fiktion eines Referats zu schließen, daß seine Zuschreibungen bestimmter Thesen an einzelne Personen grundsätzlich völlig unglaubwürdig sind. Auch in der Cars2 ist die Zuweisung bestimmter aus zahlreichen anderen Texten (im Kern) wohlbekannter Lehren wie des svabhava- und kalavada an namentlich genannte ..Seher noch kein hinreichendes Verdachtsmoment: Es wird damit ja nicht be. hauptet oder auch nur angedeutet, die betreffende Person habe diese Lehre als erste entwickelt. Die, Polemiken' des AS sind vor allem also zu sehen in weiterem Zusammenhang der altindischen literarischen Traditionen der Darstellung mehrerer voneinander abweichender Meinungen. Diese Traditionen reichen zweisellos bis in die vedische Zeit zu. rück- und mußten mindestens bis in die Upanişaden zurückverfolgt werden), wo sie allerdings mit anderen Formen von Gesprächen', z. B. Wissenswettkämpfen, Lehrgesprächen usw. gewissermaßen konkurrierten. Besondere Aufmerksamkeit wurde in einer derartigen. Anschlußuntersuchung' aber auch dem Unterschied zwischen der Verbindung von Lehren mit bestimmten Namen und den verschiedenen Formen, Ansichten anonym zu refe. rieren, zu gelten haben: Offenbar liegen hier zwei verschiedene Stränge vor, deren frühe Ausprägungen zu analysieren und deren weitere Entwicklung zu verfolgen waren. Mit einzubeziehen wäre aber auch die Frage, ob in diesen Darstellungen von ..Mei HI S. $ 5.1. 11) Und zwar vor allem auf die Texte selbst, da der von WILHELM erwähnte Aufsatz von RUBEN (vgl. Anm. 15), aber auch jongere Arbeiten von ihm (wie seine Geschichte der indischen Philosophie, Berlin 1954 oder Die gesellschaftliche End wicklung im Alien Indien. IV. Die Entwicklung der Philosophie, Berlin 1971) gewiß nicht als endgültige Lösung der anstehenden Fragen, auch in formal-struktureller Hinsicht, angesehen werden können. Die Annahme dieser beiden Strange wird natrlich nicht durch die Beobach tung falsifiriert, daß zwischen beiden Typen der Darstellung von Meinungen durchaus auch formale Übereinstimmungen bestehen. So weist z. B. Gaut DhS 3.1 - 19.) 3 IT. (latra prayascitam kurydn na kuryaditi mimdmsanie // na kuryddity áhuh 1/ nahi karma ksiyata ini // ...) (vgl. auch die Parallele BaudhDhS 3.10.31.) eine signifikante Ahnlichkeit etwa zu Cars, Sutrasthana 25 (s.o. $5.1) auf durch das die Begründung einleitende na hi (nach der Negationspartikel im vorangehenden Satz), Ganz offensichtlich handelt es sich dabei aber um ganz natrliche, fast un vermeidliche Elemente der Phrascologie einer Debatte in der argumentiert wird). S.o. Anm. 59: bezüglich WILHELM 1960: 76 (Durchbrechung des Schemas deutet auf echten Kern") bin ich, wie gesagt, eher skeptisch (vgl. Anm. 55).
SR No.269588
Book TitleUber Form And Charakter Der Sogenanmtes Polemiken Im Staatslehrbuch Des Kautalya
Original Sutra AuthorN/A
AuthorA Wezler
PublisherA Wezler
Publication Year
Total Pages15
LanguageEnglish
ClassificationArticle
File Size3 MB
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