________________ H ULA HILMAILU 344 Albrecht Wezler genz, die er an die Erforschung seiner Pfleglinge wendet, ganz in die Irre. Da ihre innere Welt ihm immer fremd bleiben wird, kann er sie nicht anders als mit menschlichen Erfahrungen deuten und mit menschlichen Wortern beschreiben." Weniger skeptisch sind das die Verhaltensforscher oder gar ein 91 - der Ethologie kritisch gegenuberstehende - Tierpsychologe wie Hediger", der "das Tier als Subjekt, als ein empfindendes, erlebendes und - in Grenzen - verstehbares Subjekt, als Individuum, ja unter Umstanden als Personlichkeit" betrachtet, der sich aber auch, wenn er Affekte wie Angst und Wut untersucht, durchaus dessen bewusst bleibt, dass "selbstverstandlich die den menschlichen Empfindungen entsprechenden tierischen Empfindungen"92 gemeint sind. unseres l'orstellungsvermogens - wir uns uber die Cefuhle und Interessen der Pflanzen klar werden konnten". Es bleibe dahingestellt, ob dies wirklich der einzige Weg ist, und ob wir uns nicht etwa mit dem klaren Bewusstsein der vorlaufigen Unuberwindbarkeit der Fremdheit begnugen sollten; eines aber kann nicht bestritten werden: Vorstellungen von Selbigkeiten zwischen Menschen und Pflanzen sind dazu angetan, die Anerkennung der Rechte der Pflanzen zu befordern. Und dies ist ein Aspekt, unter dem das Textstuck aus dem Mahabharata - uber das ihm gebuhrende philologische und historische Interesse weit hinaus - auch heute noch und gerade in der unmittelbaren Gegenwart vernehmlich zu uns allen spricht. Die Neigung zur Projektion menschlicher Vorstellungen, Erfahrungen usw. auf nicht-menschliche Mitgeschopfe - als ein dem Menschen eigentumlicher 'Auswuchs der auch beim Tier nachweisbaren Angleichungstendenzo - lasst sich trotz aller kritischen Selbstreflexion der modernen Wissenschaften auch bei Ausserungen uber (die) Pflanzen beobachten. Ja, man hat geradezu das Gefuhl, dass sie sich dort umso starker entfaltet, je intensiver um ein Verstehen gerungen wird. Die Schwierigkeiten, denen sich 2.B.. der Tierpsychologe gegenubersieht und von denen er zugibt, dass sie "zunehmen, je weiter wir uns von den Saugetieren in Richtung Einzeller bewegen"94, erreichen bei den Pflanzen ein solches Ausmass, dass das menschliche Verstehen, nicht wie bei den hoheren Tieren aufgrund der entwicklungsgeschichtlichen Nahe, sondern gerade wegen des ausserordentlichen Grades der Fremdheit auf sich selbst zuruckgeworfen wird. Und in der Tat kann man mit Meyer-Abich die Frage stellen", "wie denn sonst - wenn nicht kraft 96. e Vorstellung davon erfahren. [Zu den s. 102 nebst 91. Tiere verstehen. (s. 0. Anm. 40), s. 28; vgl. auch s. 21. - Zur Kritik an der "objektiven Verhaltensforschung" s. auch s. 86f. 92. 0.c., S. 23 (Sperrung von mir). Mit dem Begriff der "homologen oder analogen Entsprechung" verdeckt Hediger freilich die Schwierigkeiten, von denen auch der geschulte Tierpsychologe bei dem Versuch steht, sich eine Vorstellung davon zu bilden, wie Tiere - und seien es hohere - selbst z.B. Affekte erfahren. [Zu den "Anpassungswortern", 2.B. "wie" und "entsprechend" s. P. Feyerabend, 0.c., s. 102 nebst Anm. lo). 93. Vgl. Hediger, 0.c., s. 85ff. 94. Hediger, o.c., s. 26; vgl. auch s. 41. . 95. Wege zum Frieden mit der Natur. Praktische Naturphilosophie fur die Umweltpolitik, Munchen/Wien 1984 (Taschenbuchausgabe; Munchen 1986 als dtv-Sachbuch 10661), s. 184. Denn auch Meyer-Abichs Position verrat (trotz seiner beispielhaften Bemuhung um dessen Uberwindung) immer noch in gewisser Hinsicht den Einfluss eines anthropozentrischen Weltbildes. - Die philosophische Reflexion uber das Grundproblem der Moglichkeit z.B. zu verstehen "Wie es ist, eine Fledermaus zu sein", wird vorangetrieben von Th. Nagel in seinem so betitelten Aufsatz (s. P. Bieri (Hrsg.), Analytische Philosophie des Geistes, Konigsstein/Ts. 1981, S. 261-275).