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________________ Lehren zuzuschreiben. Leider beweist nichts, daß man in dieser Hinsicht zurückhaltender war als mit Bezug auf andere Teile des Kanons. Noch problematischer für diese Sichtweise ist, daß auch die dem Buddha direkt zugeschriebenen Worte Widersprüche enthalten, und zwar die gleichen, die es auch anderswo im Kanon gibt. Diese Methode scheint deshalb gleichfalls unsicher und wenig versprechend. Hier möchten Sie vielleicht wissen, inwieweit durch philologische Analyse eine Textschichtung vorgenommen werden kann. Eine derartige Analyse ist natürlich äußerst wichtig und muß bei jeder eingehenden Diskussion in Betracht gezogen werden. Leider ist sie nur ziemlich selten möglich und hat bis jetzt relativ wenig definitive Ergebnisse geliefert. Dazu kommt, daß sehr häufig das Urteil- und dies bedeutet oft das Vorurteildes Untersuchers dabei eine wichtige Rolle spielt. Vorurteile können nur vermieden oder wenigstens relativ harmlos gemacht werden, wenn man die Texte selber sprechen läßt. Aber welche Texte? Bloße philologische Analyse reicht relativ selten, um mehr oder weniger sichere Resultate zu erreichen. Neben ihr brauchen wir noch etwas anderes. Aber was? Kehren wir noch einmal zum Ausgangspunkt zurück. Die alten Textsammlungen können nicht einfach als Buddhawort betrachtet werden, weil sie zu viel Verschiedenes enthalten. Sie enthalten zum Beispiel nicht nur einen Weg zur Befreiung, sondern mehrere voneinander sehr verschiedene. Es handelt sich dabei nicht um Einzelheiten, sondern um vollig unterschiedliche Methoden. Manchmal werden sogar an einer Stelle Methoden gelehrt, die anderswo in den alten Texten verworfen werden. Die späteren Buddhisten haben diese unterschiedlichen Methoden natür. lich irgendwie miteinander in Einklang gebracht; dies sollte uns nicht erstaunen noch auch täuschen. Diese späteren Buddhisten waren Theologen, deren Aufgabe es gerade war, ihre Schriften einheitlich zu interpretieren. Aber Theologie und Philologie beschreiten nicht immer den gleichen Weg: die Philologie kann Widersprüche anerkennen, wo die Theologie dazu nicht bereit ist. Widersprüche gibt es nun tatsächlich in den alten buddhistischen Texten. Wir werden davon ausgehen, daß von zwei widersprüchlichen Stellungnahmen - die die Praxis oder auch die Lehre betreffen können-nor. malerweise höchstens eine authentisch sein kann. Aber welche? Es stellt sich heraus, daß es in vielen Fällen einfacher ist festzustellen, welche von zwei widersprüchlichen Stellungnahmen nicht authentisch ist, als das Gegenteil. Ein Kriterium für Authentizität läßt sich, soweit ich sehe, nicht erarbeiten, aber ein Kriterium dagegen ist öfters möglich. Ich werde bald erklären, wie Zuerst möchte ich hier betonen, daß es in dieser Weise mög. lich scheint, durch Beseitigung von nicht-authentischen Elementen zum älteren, vielleicht auch ursprünglichen Kern durchzudringen. Wie entscheidet man, daß bestimmte Elemente nicht authentisch sind? Auf zweifache Weise: Erstens werden solche Elemente manchmal in den buddhistischen Texten akzeptiert, während die gleichen Elemente anderswo in den gleichen Texten auch explizit oder implizit kritisiert werden. Zwei. tens unterscheiden sich diese Elemente durch ihre Ähnlichkeit zu Lehren und Praktiken, die außerhalb der buddhistischen Gemeinde zu finden waren, während ihre Konkurrenten, mit denen sie in Widerspruch stehen, den nicht-buddhistischen Lehren und Praktiken nicht oder weniger ähneln. Dieses Kriterium für Nichtauthentizität ist also ein doppeltes und ist im Prinzip nur gültig, wenn beide Bedingungen erfüllt sind. Wo beide erfüllt sind, liegt es nahe zu schließen, daß die buddhistische Gemeinde, oder auch nur einige Mitglieder dieser Gemeinde, während des Lebens des Bud. dha, oder wahrscheinlicher kürzere oder längere Zeit nach seinem Tode, diese Elemente nicht-buddhistischen religiösen oder intellektuellen Stromungen entlehnt haben. Wesentlich bei diesem methodischen Vorgehen ist natürlich, daß wir soweit möglich festzustellen versuchen, was es zur Zeit des Buddha an sonstigen religiösen Strömungen gab. Und dies ist nicht einfach, weil uns sicher nur ein Bruchteil der damals lebendigen religiösen Ideen und Prak. tiken bekannt ist. Glücklicherweise helfen uns die buddhistischen Texte selber, weil sie öfters Andersdenkende kritisieren und ihre Ideen und Prak. tiken dabei manchmal beschreiben, zugegebenermaßen in kritischer oder sogar ironischer Weise. Diese Beschreibungen können aber mit Hilfe der alten erhalten gebliebenen nicht-buddhistischen Texte, die hautpsächlich jinistischer und brahmanischer Herkunft sind, geprüft und öfters auch bestätigt werden. Es ist hier natürlich nicht möglich, die Ergebnisse eines solchen Vergleiches in Einzelheiten darzustellen. Es ist aber möglich, einen Komplex von Meinungen und Praktiken zu erwähnen, der in der Zeit des Buddha anschei. nend weit verbreitet war und gegen den der frühe Buddhismus-d. h. wahr. scheinlich: der historische Buddha selber - sich zu wehren versucht hat. Siche dazu weiter unten den Appendix: Die Versliteratur des alten Buddhismus 194 195
SR No.269433
Book TitleZur Genese Des Buddhismus In Seinem Geschichtlichen Context
Original Sutra AuthorN/A
AuthorJohannes Bronkhorst
PublisherJohannes Bronkhorst
Publication Year
Total Pages31
LanguageEnglish
ClassificationArticle
File Size5 MB
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