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________________ Zur Theorie der Kastenordnung in der indischen Philosophie 301 einer philosophischen Sicherung des dharma gestellt hat; in seiner Feststellung, daß das Brahmanentum keine Summierung von Askese usw. sei, scheint er im übrigen auf die eingangs erwähnte, an einen Vers unbekannter Herkunft anknüpfende Stelle des Mahābhāşya anzuspielen, an der es um eben diese Frage der ,,Summierung" (samudāya) geht — freilich in einer für Kumārila längst nicht mehr akzeptablen Weise 96). – In jedem Falle dürfen wir sagen, daß Kumārilas Diskussion in weitgehendem Maße zum Ausgangspunkt für die entsprechenden Darlegungen nicht nur in der Mimāmsā, sondern auch im Nyāya und Vaiseșika geworden ist. Es ist nur ein scheinbares Paradox, daß Kumārila, der den ursprünglichen Sinn des vedischen dharma wiederherstellen und gegen Neuerungen in Schutz nehmen will, in der methodisch-philosophischen Durchführung dieses Programms selbst zahlreiche Neuerungen einführt und als einer der selbständigsten Denker der klassischen Tradition gelten darf. Sein Verhältnis zu Sabara ist bekanntlich viel freier als das seines großen Rivalen Prabhākara, dessen Traditionalismus freilich ebenfalls nicht selten zu radikalen Konsequenzen führt und dessen eigener Versuch, die vedische Tradition in der Begrifflichkeit der klassischen Philosophie darzustellen, ein aufschlußreiches Gegenstück zum Verfahren Kumārilas darstellt. Am Beispiel der Kastenfrage läßt sich das gut illustrieren. Die Schule der Prābhākaras, die uns vor allem in der Darstellung durch Sālikanāthamiśra "7) zugänglich ist, versucht, in der Sicherung des dharma ohne Kumārilas universalientheoretische Deutung der vier hauptsächlichen Kasten auszukommen: Nach ihrer Auffassung genügt die Existenz genealogischer Zusammenhänge und das traditionelle Wissen darüber, die vedischen Vorschriften anwendbar zu machen. Es ist ganz unnötig, zu bedenklichen philosophischen Hilfskonstruktionen Zuflucht zu nehmen. Es gibt keine durch wirkliche Universalien bestimmten und unterscheidbaren Menschengruppen; es gibt überhaupt kein wirkliches Universale unterhalb des sāmānya bzw. jāti „Menschtum" (puruşatva). Dies entspricht der einen wesentlichen Form (ākāra), die Männer und Frauen, Brahmanen und Sūdras gemeinsam haben; keine solche ,,Form" und überhaupt nichts dergleichen ist im Falle des Brahmanen, als Zeichen seiner generischen Verschiedenheit vom Kşatriya usw., feststellbar 98). Anders als in der durch Kumārila begründeten Schule der Bhāţtamīmāmsā wird in der Schule der Prābhākaras grundsätzlich nicht auf die Relevanz der „Form" und der sichtbaren Ähnlichkeit als des Merkmals wirklicher Universalien verzichtet "'). - Hier kann nach Sālikanāthas Mei 96) S.O., Anm. 90 und 18. 07) Vgl. zum folgenden vor allem PP, S. 100-103. 98) Vgl. a.a. O., S. 101: na hi ksatriyādibhyo vyāvartamānam sakalabrähmaneşv anuvartamānam ekam akāram aticiram anusandadhato 'pi budhyante. 9) Dies führt die Prābhākaras u.a. auch zur Zurückweisung eines Universale „Seiendheit" (satla). [29]
SR No.269272
Book TitleZur Theorie Der Kastenordnung In Der Indischen Philosophie
Original Sutra AuthorN/A
AuthorWilhelm Halbfass
PublisherWilhelm Halbfass
Publication Year
Total Pages40
LanguageEnglish
ClassificationArticle
File Size5 MB
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