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ERNST STEINKELLNER
Als Beispiel für die mit dem svabhavahetuḥ arbeitende Schlußfolgerung dient der Augenblicklichkeitsbeweis in seiner Gestalt als reines sattvānumānam. Interessant ist, daß Dharmakirti hier gegenüber dem Hetubinduḥ wieder die Auswechselbarkeit der Begriffe,,seiend“ und „hervorgebracht“ wie in den älteren Werken berücksichtigt 47. Im übrigen ist eine Weiterentwicklung des Beweises selbst, verglichen mit dem Stand in Viniścayaḥ und Hetubinduḥ, nicht festzustellen; es geht Dharmakirti hier ja vor allem um eine schärfere Aussage über einige bisher noch vernachlässigte Probleme im Zusammenhang mit dem svabhavahetuḥ 48. Das vināsitvānumānam ist nirgends angedeutet, was aber auch nur mehr in einer ausgesprochenen Darstellung des Augenblicklichkeitsbeweises zu erwarten wäre. Jedenfalls zeigt es sich klar erst im Vadanyayah, daß in einer nur der Formulierung- seiner Logik dienenden Darstellung Dharmakirti für den Vortrag eines Beweises, der dieser Logik nicht mehr entspricht, keinen Platz mehr hat. Mit dem neuen sattvānumānam hat Dharmakirti eine Aussageform für die Lehre von der Augenblicklichkeit der Dinge geschaffen, die der neuen Logik gerecht wird. Der Beweis wird zum ersten und wichtigsten Beispiel für den Fall eines svabhāvahetuḥ.
In den folgenden Jahrhunderten stehen die buddhistischen Denker im Banne dieses Beweises. Er wird in einzelne Lehrstücke zerlegt und bis in die letzten Konsequenzen durchgedacht und verteidigt, in seiner entscheidenden Struktur jedoch nicht mehr geändert. Die oben referierte kurze Darstellung des sattvānumānam im Pramāṇaviniscayah ist nicht nur die erste Darstellung dieses Beweises, sie ist auch bereits der systematische Höhepunkt in der kurzen Entwicklung dieses Beweises, die ihren Ausgangspunkt im Versuch einer Modernisierung des vināsitvānumānam hat und nach Aufdeckung der logischen Insuffizienz dieses älteren Beweises zur Schaffung eines neuen führt, der der neuen Logik adäquat ist.
Summary
It is a long-known fact that whereas the kṣaṇikatvānumānam of the Buddhists was performed as vinasitvānumānam in the earlier period of Buddhist logic, it is the new form of the inference as sattvänumānam that gained preeminence in the post-Dharmakirti period.
Dharmakirti occupied himself throughout his life with this main inference of Buddhist ontology. An analysis and comparison of all passages in Dharmakirti's works concerned with the kṣaṇikatvānumānam shows that the new form of the kṣanikatvanumanam is Dharmakirti's own achievment.
47 yatha yat sat kṛtakam vā (VN p. 6, 1). Vgl. Anm. 27.
48 Etwa die Frage nach dem Funktionieren des badhakam pramānam (VN p. 9, 1ff.) und das Problem, wie der Regressus ad infinitum beim badhakam pramānam vermieden wird (VN p. 9, 7ff.).