Book Title: Wirklichkeit Und Begriff Bei Dharmakirti
Author(s): Ernst Steinkellner
Publisher: Ernst Steinkellner
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Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ WIRKLICHKEIT UND BEGRIFF BEI DHARMAKIRTI HB Einleitung1 Einer der bei Dharmakirti am haufigsten vorkommenden philosophischen Fachausdrucke ist das Wort svabhavah. Es spielt in seiner Logik und in seiner Ontologie eine zentrale Rolle, und ein genaues Verstandnis dieses Wortes ist Voraussetzung fur das Verstandnis der logischen und ontologischen Theorien Dharmakirtis. Nun ist aber das Vorkommen des Wortes svabhavah keineswegs auf die Werke Dharmakirtis oder etwa die philosophische Tradition, in der er steht, beschrankt; das Wort ist vielmehr vielgebrauchter Gemeinbesitz der Sanskrit-Literatur seit langem und findet sich insbesondere in der philosophischen Literatur auf Schritt und Tritt. In Anbetracht eines so weitlaufigen Gebrauchs mag es erstaunlich anmuten, wenn man Schwierigkeiten zu haben meint, die Bedeutung dieses Wortes der philo 1 Abkurzungen: HB II PV I PVSV Von Ernst Steinkellner, Wien = = Dharmakirtis Hetubinduh, Teil II: Ubersetzung und Anmerkungen. Ost. Ak. Phil.-hist. Kl. 252/2 (1967). Pramanavarttikam, 1. Kapitel. Vgl. PVSV. = Hetubinduh, zitiert nach der Seitenzahlung mit Sternchen in: Dharmakirtis Hetubinduh, Teil I. Ost. Ak. Phil.-hist. Kl. 252/1 (1967). Pramanavarttikasvavrttih: R. GNOLI, The Pramanavarttikam of Dharmakirti, the First Chapter with the Autocommentary. Serie Orientale Roma 23 (1960). PVSVT = Pramanavarttikasvavrttitika, RAHULA SAMKRTYAYANena samp., Ilahabad 1943. VETTER, Erkenntnisprobleme T. VETTER, Erkenntnisprobleme bei Dharmakirti. Ost. Ak. Phil.-hist. Kl. 245/2 (1964). Ansporn und Anregungen zur vorliegenden Arbeit verdanke ich vielen und wertvollen Gesprachen mit Prof. Dr. GERHARD OBERHAMMER und unter anderem auch einer neueren Abhandlung von FRIEDRICH KAINZ, Philosophische Etymologie und historische Semantik. Ost. Ak. Phil.-hist. Kl. 262/4 (1969). Prof. Dr. L. SCHMITHAUSEN und Dr. T. VETTER danke ich. fur eine Anzahl wertvoller Verbesserungen. Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 180 ERNST STEINKELLNER sophischen Umgangssprache in den Werken eines bestimmten Denkers uberall genau zu erkennen. Aber ist es nicht gerade so, dass wir geringere Schwierigkeiten haben, bei einem Denker ein besonderes, als Fachausdruck gepragtes Wort zu verstehen als die Bedeutung eines allgemein gebrauchlichen Wortes zu erfassen, das von ihm als Fachausdruck verwendet wird? Die Verhaltnisse bessern sich fur unseren Fall auch nicht, wenn wir nur vom Gebrauch des Wortes in der philosophischen Literatur der buddhistischen Tradition ausgehen wollten. Auch in ihr ist sein Gebrauch so allgemein, dass wir, solange die historische Entwicklung seiner Bedeutung nicht geklart ist, kaum einen klaren Ansatz fur sein Verstandnis innerhalb einer bestimmten Denkrichtung oder bei einem bestimmten Denker haben. Das Wort svabhavah ist ein determinatives Kompositum mit attributivem Verhaltnis der Glieder (Karmadharaya) und wortlich mit ,,Sein, Wesen 3, Werden, welches das eigene ist" zu ubersetzen. Was versteht aber Dharmakirti unter diesem Wort oder wie verstanden sind seine verschiedenen Funktionen als Drehpunkt in Dharmakirtis ontologischen und logischen Lehren moglich? Da die noch nicht geschriebene Bedeutungsgeschichte des Wortes uns einerseits den ausreichenden Schlussel nicht geben kann, mit dem wir den Zugang zu seiner Bedeutung bei Dharmakirti aufschliessen konnten, und andererseits Bedeutungsgeschichte selber nur aus dem Verstandnis des Wortes bei bestimmten Denkrichtungen oder Denkern erwachst, muss der Versuch unternommen werden, die Bedeutung des Wortes aus Dharmakirtis Werken selbst zu bestimmen. Die uberaus gunstige Lage der Uberlieferung - alle seine Werke sind auf uns gekommen - musste auch ausreichende Materialgrundlage dafur sein, dieses Schlusselwort seiner Philosophie in seiner Bedeutung erfassen zu konnen. Der Verzicht auf einen bedeutungsgeschichtlichen Ansatz in der vorliegenden Untersuchung bringt allerdings den Nachteil mit sich, dass sich nicht gleichzeitig positiv feststellen lasst, wie gross Dharmakirtis eigener Anteil an der Ausbildung des Bedeutungsspektrums des Wortes genau ist und wieviel er von seinen Vorgangern ubernommen hat. Dies 2 Ansatze dazu bei St. SCHAYER, Ausgewahlte Kapitel aus der Prasannapada. Krakowie 1931, XIX f. und 55ff., aber noch weniger im Sinne einer Bedeutungsgeschichte als in dem einer vom Madhyamaka her orien. tierten Bedeutungstypologie. Fur die Bedeutung des Wortes im Madhyamaka vgl. die nach SCHAYER weiterfuhrenden Gedanken von J. W. DE JONG (Le probleme de l'absolu dans l'ecole Madhyamaka. Revue philosophique de la France et de l'etranger 140, 1950, 323f.) und J. MAY (Candrakirti Prasannapada Madhyamakavrtti. Paris 1959, Anm. 328). 3 ,,Sein" und ,,Wesen" als substantivierte Infinitive des die Existenz aussagenden Vollverbs ,,sein" (= ,,wesen"). Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 181 festzustellen muss einer bedeutungsgeschichtlichen Arbeit uberlassen bleiben, zu der die vorliegende Material beisteuern soll. Vorweg muss ich aber auch noch den unbescheidenen Anspruch des Titels dieser Arbeit modifizieren. Untersucht wurden zunachst nur die von mir gefundenen 347 Belegstellen im ersten Kapitel des Pramanavarttikam (PV 14) und vor allem in der dazugehorenden Pramanavarttikasvavsttih (PVSV). Die Ergebnisse gelten daher strikt nur fur diese alteste Arbeit des Philosophen. In diesem Werk allerdings, das eindeutig von Anfang an eine Einheit von Versen und fortlaufendem Prosakommentar ist, tragt Dharmakirti bereits die grossen Themen - Logik, Apohalehre und Augenblicklichkeitstheorie -- vor, die in einem durch unser Wort markierten systematischen Sinnzusammenhang stehen. Schon in dieser Arbeit wird das Bedeutungsfeld des Wortes, soweit es fur Dharmakirti aktuell ist, voll ausgebreitet und soviel ich bisher beobachten konnte, andert sich auch in seinen spateren Werken nichts mehr an den hier geschaffenen Bedeutungsansatzen. Ein philosophisches Fachwort ist immer der Theorie integriert, die * auszudrucken es dient. Ein Verstandnis seiner Bedeutung wird man daher auch nur aus dem Verstandnis der jeweiligen Theorie und der dieser Theorie dienenden Funktion des Wortes gewinnen konnen. Es ist deshalb zwar notig, samtliche Belegstellen in ihrem Kontext zu interpretieren, aber schon die Masse der aussagegleichen Stellen lasst es sinnlos erscheinen, diese Sammlung vollstandig vorzufuhren. Im folgenden gehe ich dementsprechend so vor, dass ich die Bedeutung des Wortes im systematischen Zusammenhang der Lehren, in denen ihm eine zentrale Funktion zukommt, zu entwickeln versuche. Die Richtung, die dabei einzuschlagen ist, wird durch eine einfache Uberlegung bestimmt. Hauptthema von Dharmakirtis erster Arbeit ist die Lehre vom dreifachen logischen Grund (hetuh), die eine seiner wichtigsten und folgenreichsten Schopfungen darstellt. Ferner nimmt der ,,Exkurs" mit der Apohalehre einen Grossteil des Werkes ein und die detaillierte und alle Seiten des Problems durchdenkende Darstellung weist gegenuber Dignagas Pramanasamuccayah gewaltige Fortschritte 4 Ich verwende die Ausgabe von R. GNOL, Roma 1960. Der Bequemlichkeit halber und weil dieses Werk in Vers-Prosa-Mischtext verfasst ist, zitiere ich die Verse nicht gesondert, ausgenommen die Falle, wo nur Verse herangezogen werden. Die an zweiter Stelle beigegebenen Ziffern fur Verse des PV I vertreten eine Verszahlung, die gegenuber der von GNOLI in seiner Ausgabe eingefuhrten die beiden Mangala-Verse mitzahlt. 5 Vgl. E. FRAUWALLNER, Die Reihenfolge und Entstehung der Werke Dharmakirti's. Asiatica, Festschrift Fr. Weller, Leipzig 1954, 147f. . Vgl. E. FRAUWALLNER, loc. cit., 148. Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 182 ERNST STEINKELLNER auf. Im Rahmen dieser beiden Themen haben wir also damit zu rechnen, dass auch im Bedeutungsfeld unseres Wortes Akzente erscheinen, die erst von Dharmakirti gesetzt oder unterstrichen worden sind. Anders im Kontext der Kausalitats- und Augenblicklichkeitslehre: Hier steht Dharmakirti noch deutlich in der Tradition der Sautrantika-Ontologie. Wenn er auch schon dazu ansetzt, in dieser Tradition weiterzudenken, die Neuformulierung der Augenblicklichkeit im Lichte der von ihm geschaffenen Logik findet sich erst im Pramanaviniscayahund die entsprechende Darstellung der Kausalitatstheorie gar erst im noch spateren Hetubinduh8. Ich gehe also zunachst von jenen Satzen aus, in denen Aussagen uber die Wirklichkeit gemacht werderr oder mit solchen Aussagen argumentiert wird 8 a. I. WIRKLICHKEIT ,,Dasjenige Ding ist im hochsten Sinne seiend, welches geeignet ist, einen Zweck zu erfullen, denn die Geeignetheit, einen Zweck zu erfullen, ? Vgl. meinen Artikel: Die Entwicklung des Ksanikatvanumanam bei Dharmakirti. Beitrage zur Geistesgeschichte Indiens, Festschrift f. E. Frauwallner, Wien 1968, 361-377. 8 Vgl. HB II, Kapitel III. 8a Die syntaktischen Bindungen und der Kontext werden bei den Belegen nur soweit berucksichtigt, als sie in irgendeiner Weise bestimmend sind. In den meisten Fallen gebe ich nur das fur das vorliegende Problem Wesentliche an. Zum Begriff der arthakriya vgl. M. NAGATOMI, Arthakriya. ALB 31-32 (1967/68) 52--72. NAGATOMI stellt in diesem Artikel die zwei Bedeutungen des Ausdrucks dar, die erkenntnistheoretische ,,the fulfilment of a human purpose" und die ontologische ,,causal power", und wendet sich gegen die von T. VETTER (Erkenntnisprobleme. 13 u. a.) versuchte Ubersetzung mit ,,Erfullen eines Zweckes" in der Meinung, diese Ubersetzung konne nur die erkenntnistheoretische Bedeutung von arthakriya ausdrucken. Ich meine aber, dass diese Ubersetzung durchaus geeignet scheint, beide Bedeutungen des Ausdrucks wiederzugeben, die erkenntnistheoretische wie die ontologische, obwohl sie, wie NAGATOMI zuzugestehen ware, primar die erkenntnistheoretische Bedeutung des Ausdrucks vermittelt. Die Dinge ,,erfullen einen Zweck" durch ihr Wirken (kriya), sofern der Mensch eine solche Zweckerfullung von ihnen erwartet (arthah); sie (arthah) erfullen einen Zweck (keriya) aber auch -- im Sinne ihres Zugewandtseins auf ein Ziel - unabhangig von dieser Erwartung des Menschen. Nimmt man also die kleine Undeutlichkeit in Kauf, dass ,,Zweck" im rein ontologi. schen Kontext den Sinn von ,,Ziel" hat, scheint es wohl am besten, fur das Deutsche bei der Ubersetzung ,,Erfullen eines Zweckes" zu bleiben. Damit wurde die von Dharmakirti sicher beabsichtigte Doppeldeutigkeit des Ausdrucks vor allem im ontologischen Kontext (vgl. auch NAGATOMI, Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 183 ist Merkmal des Wirklichen (vastu) und die Ungeeignetheit Merkmal des Unwirklichen (avastu) 10." Und diese Geeignetheit des Dinges beruht auf dem Svabhava 11. Ob ein Ding ,,einen Zweck erfullt", hangt ausschliesslich davon ab, ob es den entsprechenden Svabhava hat12. Was keinen Svabhava hat, kann keinen Zweck erfullen und ist daher nicht wirklich. 1. Svabhava als Kraft In Verbindung mit einem possessiven Genetiv, als Schlussglied eines Bahuvrihi oder als Attribut mit dem Possessivsuffix -vat13 bezeichnet svabhava- etwas, das einem anderen zukommt, diesem eigen ist. Als Subjekt dieser Konstruktion kann grundsatzlich alles auftreten 14, in den Aussagen uber die Wirklichkeit ist das Wirkliche (vastu), das Ding (bhavah), die Sache (arthah) Subjekt. Svabhava eines Dinges ist die Kraft (sakti"), eine Wirkung hervorzubringen (karyotpadana-)15. Als Kraft ist er ein fahiger Svabhava (saktasvabhavah)16. Obwohl der Begriff der Kraft (saktih) in der Sautrantika-Ontologie verwurzelt ist, scheint Dharmakirti ihn im ubrigen zur . Charakterisierung des Svabhava nicht zu verwenden -- vielleicht weil er zu sehr vom Gebrauch in der Mimamsa belastet ist 17. Er zieht vielmehr loc. cit. 68f.) in der Ubersetzung erhalten bleiben. Diese Moglichkeit des Deutschen durfte es im Englischen nicht geben; man wird also im Englischen mit NAGATOMI dem Kontext entsprechend zwei Ubersetzungen geben mussen. 10 sa paramarthiko bhavo ya evarthakriyaksamah | (v. 166 ab= 168 ab), idam eva hi vastvavastunor laksanam yad arthakriyayogyata 'yogyata ca. PVSV 84, 46. 11 . .. das auf dem entsprechenden Svabhava gegrundete Erfullen eines Zweckes ..." (tatsvabhavanibandhanarthakriya-, PVSV 89, 18f.). 12 ,,Auch das eine vollbringt die Erfullung des Zweckes nur, weil es den entsprechenden Svabhava besitzt." (eko 'pi tam arthakriyam tatsvabhavatvad eva karoti. PVSV 89, 19 f.) 13 Von letzterem nur zwei Belege: PVSV 147, 9 und 16. 14 In polemischen Partien ist z. B. auch vom Svabhava der Gemeinsamkeit (samanyam, z. B. PVSV 74, 8f.) oder des Veda (z. B. PVSV 156, 19) die Rede. 15 ,,Wenn auch die Kraft, die Wirkung hervorzubringen, Svabhava der Ursache ist, ..." (karyotpadanasakteh karanasvabhavatve 'py ... PVSV 21, 11f.); ,,Das Feuer hat namlich den Svabhava einer Rauchursache, insofern es diese besondere Kraft (d. i. Rauch hervorzubringen) besitzt." (dhumahetusvabhavo hi vahnis tacchaktibhedavan | v. 37 ab= 39 ab.) 16 ,,Etwas, das einen fahigen Svabhava besitzt, musste immer hervorbringen und (va) das andere (das einen solchen Svabhava nicht besitzt] durfte nie hervorbringen." (saktasvabhavasya nityam jananam ajananam va 'nyasya sarvada syat. PVSV 130, 16f.) 17 Vgl. HB II, 122 ff. Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 184 ERNST STEINKELLNER das Wort jananam (,,Hervorbringen, Erzeugen") vor, das laufend als appositionelle Bestimmung von Bahuvrihis mit dem Schlussglied svabhava- auftritt18. So bestimmt kann svabhavah auch die attributiven Adjektive janaka- ,,hervorbringend, erzeugend")19, karin- (,,bewirkend") 20 oder auch utpadana- (,,hervorbringend") 21 bei sich haben und wird auch direkt als ,,Ursache" (upadanam) 22 bezeichnet. a) Der Svabhava des Ursachenkomplexes Da die Ursache, welche die Wirkung bewirkt, bei Dharmakirti immer ein Komplex von Ursachen (hetusamagri) ist 23, ist auch der Svabhava der Ursache ein solcher des Ursachenkomplexes. Das ergeht eindeutig aus einem kurzen Nachtrag zur Darstellung des logischen Nexus zwischen Wirkung und Ursache, in dem die Frage beantwortet wird, warum die Verschiedenheit der Mitursachen im Ursachenkomplex die Eindeutigkeit des logischen Nexus zwischen Wirkung und Ursache nicht aufhebe 24 18 Z. B.: ,,Wie konnte [die Wirkung] daraus oder aus einem anderen entstehen, das nicht ihr Hervorbringen zum Svabhava hat?" (katham va tato 'nyato va atajjananasvabhavad bhavet. PVSV 22, 11f.); ,,Ebenso hat auch die Ursache das Hervorbringen einer solchen Wirkung zum Svabhava." (tatha hetur api tathabhutakaryajananasvabhavah. PVSV 23, 10.) 19 tasya svabhavo janakah (PVSV 83, 1f.); tasya svabhavo yo janakah (PVSV 83, 4f.); tajjanakasvabhavat (PVSV 87, 10). Alle drei Beispiele stammen zwar aus Samkhya-Stellen, doch gilt hier wie fur fast alle Falle, wo Dharmakirti gegnerische Lehren oder Einwande bringt, dass er sie nicht etwa wortlich zitiert, sondern den Gedanken ganz mit eigenen Worten wiedergibt. Fur die Zwecke der vorliegenden Untersuchung sind daher auch diese Partien des Textes auswertbar. 20 atatkarisvabhava-, PVSV 57, 1. 21 ,,Derjenige Svabhava, der beim Reissamen den (Reisspross] hervor. bringt, ist bei den [Gerstensamen) nicht gegeben." (sa evaisam svabhavo nasti yas tadutpadanah salibijasya. PVSV 99, 7f.) . 22 ,,Sauermilch ist namlich dasjenige Wirkliche, dessen Svabhava als Ursache fur diese besondere Wirkung charakterisiert ist." (tatphalaviseso. padanabhavalaksitasvabhavam hi vastu dadhiti. PVSV 90, 10f.) 23 Zur Kausalitatslehre Dharmakirtis vgl. VETTER, Erkenntnispro. bleme. 18ff. und HB II, besonders Anm. III, 28, 38, 40, 67. Die Lehre vom Ursachenkomplex tritt zwar in Dharmakirtis Fruhwerk nicht in den Vordergrund, ist jedoch - wie die folgende Stelle zeigt - in ihrer vollentwickelten Form, die erst der Hetubinduh bietet, auch hier durchaus vorauszusetzen. 24 katham tarhidanim bhinnat sahakarinah karyotpattir yatha caksuru. pader vijnanasya. na vai kimcid ekam janakam tatsvabhavam, kim tu samagri janika tatsvabhava. saivanumiyate, saiva ca sumagri svabhavasthityasrayah karyasya. PVSV 23, 18--21. Page #7 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 185 ,,[Frage:] , [Wenn die Wirkung nicht aus einer ungleichartigen Ursache entstehen kann,] wieso entsteht die Wirkung dann aus einer verschiedenen (= ungleichartigen) Mitursache, wie z. B. das Erkennen 25 aus Auge, Farbe usw.?' [Antwort:] Es hat ja nicht irgendein einzelnes Hervorbringendes [unter diesen Mitursachen] diesen [hervorbringenden] Svabhava, sondern der hervorbringende [Ursachen-]Komplex hat diesen Svabhava. Nur dieser [Komplex] wird [durch die Wirkung als logischer Grund) erschlossen 26. Und nur dieser Komplex ist die Grundlage fur das Bestehen eines Svabhava bei der Wirkung." Und im gleichen Sinne heisst es im Zusammenhang der Besprechung des Schlusses von der Ursache auf die Wirkung 27: ,,Das Entstehen der Wirkung, das durch die vollstandige Ursache [als logischer Grund] erschlossen wird, bezeichnen wir als Svabhava [dieser Ursache], weil [das Entstehen der Wirkung] von keiner anderen Sache abhangt v.7 = 9). Auch dieses [Entstehen der Wirkung] ist, da es von nichts anderem als von dem entsprechend zusammengeschlossenen [Ursachenkomplex] abhangt, der an nichts anderes als diesen [Komplex] (tanmatra-) gebundene Svabhava des Dinges (d. i. des komplexes). In diesem Fall (d. i. wenn die Ursachen vollstandig zum Ursachenkomplex zusammengetreten sind) wird namlich aus der vollstandigen Ursache nur die Moglichkeit des Entstehens der Wirkung erschlossen, indem man bei den vollstandigen [im Komplex versammelten Ursachen) die Geeignetheit (yogyata), die Wirkung her 25 Das ubliche Beispiel fur das Wirken des Ursachenkomplexes ist das Entstehen einer Sinneserkenntnis. Hervorgehoben werden die vier ,,Mitursachen" Auge als Sinnesorgan, Farbe als Objekt, Licht und Aufmerksamkeit. Zur genaueren Interpretation dieses Schemas durch Dharmakirti vgl. HB II, 125. 26 Damit ist die sich einstellende Frage an Dharmakirti beantwortet, wie man unter diesen Umstanden aus dem Rauch auf Feuer schliessen kann. Feuer als Mitursacher im Ursachenkomplex, der allein den Rauch hervor. bringt, wird fur sich allein gar nicht erschlossen, sondern ist als logische Folge (sadhyam) immer im Sinne eines Symbols fur den Ursachenkomplex zu verstehen, in dem die Mitursachen Feuer, Holz, Feuchtigkeit, Wind, etc. vereinigt sind. 27 hetuna yah samagrena karyotpado 'numiyate | arthantaranapeksatvat sa svabhavo 'nuvarnitah || (v. 7 =9) asav api yathasamnihitan nanyam apeksata iti tanmatranubandhi svabhavo bhavasya. tatra hi kevalam samagrat karanat karyotpattisambhavo 'numiyate, samagranam karyotpadanayogyatanumanat. yogyata ca samagrimatranubandhiniti svabhavabhutaivanumiyate. PVSV 6, 24--7, 1. 13 WZKSA XV Page #8 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 186 ERNST STEINKELLNER vorzubringen, erschliesst. Und die Geeignetheit [die Wirkung hervorzubringen] ist nur an den Komplex gebunden (und hangt von keiner anderen Ursache ab]. Sie wird daher als Svabhava [dieses Komplexes] erschlossen." Es ist also nach der ersten Stelle der die Wirkung hervorbringende Svabhava als ein solcher des Ursachenkomplexes und nach der zweiten Stelle die als Geeignetheit (yogyata) bestimmte Beschaffenheit des Komplexes, die Wirkung hervorzubringen, als sein Svabhava bestimmt. Es lage nun nahe, diesen Svabhava des Komplexes als eine den im Komplex vereinigten Mitursachen gemeinsame, einzige Kraft im Sinne der saktih Kumarilas 28 zu verstehen. Eine solche Auffassung wird aber von Dharmakirti scharf abgewiesen, wie aus einer Samkhya-Polemik an spaterer Stelle 29 hervorgeht. Dort antwortet Dharmakirti auf den Einwand 30, dass es, weil die vielen Mitursachen eine einzige Wirkung hervorbringen, bei ihnen einen einheitlichen Svabhava (svabhavanvayah) geben musse: ,,Wenn ein Vielfaches, weil es einen einzigen Svabhava hat, Ur. sache eines einzigen ware, dann ist der einheitliche Svabhava dieser (vielen Mitursachen] auch dann gegeben, wenn nur eine einzige [Mitursache aus dem Komplex] vorhanden ist. Weil daher die Ursache (gleichgultig wieviel Mitursachen vorhanden sind) nicht unvollstandig ist, konnte auch eine einzige [Mitursache die Wirkung] hervorbringen 31." In Ausfuhrung dieses Arguments zeigt Dharmakirti, dass der,,Svabhava des Ursachenkomplexes" im obigen Sinn nicht als eine ein heitliche Realitat moglich ist 32. Was ist er aber dann? Nach den beiden obigen Stellen mag die Antwort uberraschen, aber einen solchen ,,Svabhava des Komplexes" gibt es fur Dharmakirti in Wirklichkeit nicht. Und wenn er, wie oben, von ihm spricht, dann kann dies nur in ubertragenem Sinne gemeint sein, um die Tatsache zu bezeichnen, dass mehrere Ursachen, die aus ihren eigenen Ursachen heraus entsprechend bedingt sind, ein und dieselbe Wirkung hervor. bringen. Eine Antwort auf die Frage, warum bestimmte Ursachen, ob. gleich sie nichts Gemeinsames haben, ,,miteinander" wirken und andere . 28 Vgl. HB II. 122f. 29 PVSV 82, 26 ff.; vgl. FRAUWALLNER, Beitrage zur Apohalehre I: Dharmakirti. WZKM 40 (1933) 83ff. 30 PVSV 82, 2683, 6. 31 yady ekasvabhavatvad aneka ekasya karakah sa tesam abhinnah svabhava ekasamnidhane 'py astity avaikalyat karanasyaiko 'pi janakah syat. PVSV 83, 9--11. 32 Vgl. FRAUWALLNER, loc. cit. Page #9 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti nicht, gibt Dharmakirti nicht; er verweist auf das Faktum und fur die Begrundung dieses Faktums auf die anfanglose Kette der Ursachen (anadir hetuparampara) 33. So erweist sich der ,,Svabhava des Ursachenkomplexes", den Dharmakirti eingefuhrt hat, um die Eindeutigkeit des Kausalnexus zu retten, als blosses, bequemes Sigel fur die Tatsache, dass das scheinbare,,Zusammenwirken" von Ursachen zur Erzeugung einer einzigen Wirkung ausschliesslich aus der anfanglosen Voraussetzung von entsprechend bestimmenden Ursachen zu begrunden ist. Andererseits geht das Wirken der einzelnen Ursache niemals isoliert vor sich und der Svabhava der Wirkung ist immer bedingt durch die Svabhavas 187 33,,Wenn auch [die ubrigen Ursachen] diesem Selbst [der einen bestimmten, hervorbringenden Ursache] nach [von dieser vollig] verschieden sind, so ist doch eine bestimmte [unter ihnen] Ursache [derselben Wirkung], eine andere aber nicht. Das ist der Svabhava [der Dinge]." (tenatmana hi bhede 'pi hetuh kascin na caparah | svabhavo 'yam. v. 167a-c 169a-c|). Und dazu sagt die Vrttih: ,,Dass alle vom hervorbringenden Selbst (atman-) der einen [Ursache] sich unterscheidenden [ubrigen Ursachen] zugleich [mit der einen] hervorbringen mussten oder keine [von ihnen hervorbringen durfte], das ware der Fall, wenn es bei diesen [ubrigen Ursachen] keinen Unterschied gabe. Auf Grund eines solchen [Unterschieds aber] ist, obwohl [sie von der einen Ursache] in gleicher Weise verschieden sind, eine bestimmte [von diesen ubrigen Ursachen] durch irgendeine zusatzliche Beschaffenheit des Selbst (atmatisayat) [mit-]hervorbringend, eine andere ist es nicht. Denn dieser Svabhava [der hervorbringt] gehort zu ihr, nicht zur anderen. Die Svabhavas der Dinge verdienen ja keine Befragung [von der Art wie]: ,Warum brennt das Feuer oder ist heiss und nicht das Wasser? Soviel konnte [man] indessen [fragen]: ,Woraus [entsteht denn] dieser Svabhava ?'. Denn, wenn er ohne Ursache ware, stellte sich die unerwunschte Konsequenz ein, dass er als [ganzlich] unabhangig ohne Einschrankung [auf Ort, Zeit und Zustand] ware [und daher immer uberall in jeder Weise gegeben sein musste]. Daher sagen wir, dass sich der Svabhava dieses [bestimmten als Ursache gedachten. Dinges] aus seiner Ursache [ergibt]. [Und] auch bei dieser [seiner Ursache ergibt sich] die Tatsache, dass ihr das Hervorbringen dieses [bestimmten Svabhava] eigen ist, wiederum aus einer weiteren Ursache. Das ist die anfanglose Ursachenkette, [und] unter den [von der einen Ursache] verschiedenen [Dingen] ist wohl [nur] ein bestimmtes [Mit-]Ursache, ein anderes nicht, [und zwar] auf Grund des [jeweiligen] Svabhava." (ekasya janakad atmano bhidyamanah sarve samam janaka na va kascid iti syad etad yady esam na visesah sambhavet. tato bhedavisese 'pi kutascid atmatisayat kascij janako naparah. sa hi tasya svabhavo naparasya. na hi svabhava bhavanam paryanuyogam arhanti kim agnir dahaty usno va nodakam iti. etavat tu syat kuto 'yam svabhava iti, nirhetukatve 'napeksino niyamabhavenatiprasargat. tasmat svabhavo 'sya svahetor ity ucyate. tasyapi tajjananatmata tadanyasmad ity anadir hetuparampara, bhinnanam hi kascid dhetur nanyah svabhavad iti... PVSV 84, 16-85, 1.) Page #10 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 188 ERNST STEINKELLNER aller Ursachen des hervorbringenden Komplexes und nie durch den Svabhava nur einer einzigen Ursache 34. 2. svabhavaniyamah Der Svabhava eines Dinges, der aus seiner Ursache entsteht 35, die naturlich immer als der entsprechende Komplex von Ursachen aufzufassen ist 36, ist daher auch durch seine Ursache, genauer durch deren Svabhava, bestimmt, d. h. im Raumzeitlichen auf ein bestimmtes Ding eingegrenzt, auf dieses speziell festgelegt (svabhavaniyamah)37. Und dieses Bestimmtsein des Svabhava der Dinge durch den ihrer Ursachen garantiert, dass sie nicht beliebig entstehen 38. Dass ein Ding also so ist, 34 ,,Wenn auch [die Ursachen] der blossen Verschiedenheit nach gleich sind, durften doch nur gewisse bewirkend sein, weil ihre Svabhavas durch ihre Hauptursache und ihre Nebenursachen [so] bestimmt sind, andere [dagegen) nicht, weil sie nicht diese Svabhavas haben." (bhedamatravisese 'pi svahetupratyayaniyamitasvabhavatvat kecid eva karakah syuh, nanye 'tatsvabhavatvat. PVSV 87, 17f.) 35 ,,. .. weil der Svabhava der (Wirkung] aus der (Ursache] entsteht." (tatsvabhavasya tadutpatteh. PVSV 3, 4); ,,Was man als sich an ein anderes anschliessend beobachtet hat, weil es mit ihm zusammen vorkommt oder fehlt (anvayavyatirekat), dessen Svabhava ist durch dieses (andere] verursacht. Es kann nicht aus einem davon Verschiedenem entstehen." (anvaya. vyatirekad yo yasya drsto 'nuvartakah | svabhavas tasya taddhetur ato bhinnan na sambhavah || v. 38 = 40); ,,Auch beim Reissamen usw. ist dieser Svabhava durch seine Ursache gegeben. Was daher nicht die Ursache [des Reissamens usw.) hat, das durfte (auch) nicht den Svabhava des [Reissamens usw.] haben." (salibijadinam api sa svabhavah svahetor iti yo na taddhetuh 80 'tatsvabhavah syat. PVSV 99, 10f.) 36 ,,Und nur dieser Komplex ist die Grundlage fur das Bestehen eines Svabhava bei der Wirkung." (saiva ca samagri svabhavasthityasrayah karyasya. PVSV 23, 21.) 37 ,,Was fur eine Kraft der entsprechenden Ursache zukommt, eine derartige Wirkung entsteht. Daher (geht] das Festgelegtsein des Svabhava der Wirkung auf das Festgelegtsein des Svabhava der Ursache [zuruck]." (yadsoi tu svahetoh saktisthitis tadssam phalam bhavatiti hetusvabhavaniyamat phalasvabhavaniyamah. PVSV 149, 12-14); vgl. auch v. 282 ab=284 ab: svabhavaniyamad dhetoh svabhavaniyamah phale. 38 ,,Und diese Ursache, auf die eine [bestimmte) Kraft festgelegt ist, ist in ihrer [besonderen] Existenzform (svarupena) erkannt. Es ist aber nicht richtig, dass dieses Festgelegtsein des Svabhava bei den Dingen zufallig (= unverursacht) ist, denn bei einem [von einer Ursache] Unabhangigen ware das Festgelegtsein [des Svabhava] auf einen [bestimmten] Raum, auf Zeit und Ding unmoglich." (niyatasaktis ca sa hetuh svarupena pratita eva. na ca svabhavaniyamo 'rthanam akasmiko yuktah, anapeksasya desakaladravyaniyamayogat. PVSV 99, 11-14.) Page #11 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 189 wie es ist, geht auf seine Ursache zuruck 39. Und das abgrenzende Festgelegtsein des Svabhava ist auch Grund dafur, dass sich die Dinge unterscheiden 40, dass sie besondere sind. II. BEGRIFF 1. Vorstellung und Wirklichkeit Ob menschliches Handeln (pravrttih) Erfolg hat oder nicht, hangt davon ab, ob das ,,Erfullen eines Zwecks" bei den Dingen erwartet werden kann. Das ist aber nur moglich, wenn die Vorstellung 41, die man von den Dingen und ihren Eigenschaften hat, und, falls man bei einem anderen Menschen eine Vorstellung zu wecken wunscht, das fur diese vereinbarte Wort 42 die Wirklichkeit treffen. Dharmakirti kennt drei Arten von Vorstellungen, solche, die sich auf Wirkliches, auf Unwirkliches und auf beides stutzen 43. Fur uns sind zunachst nur Vorstellungen wichtig, die sich auf Wirkliches stutzen 44 Wie sich die an sich irrige Vorstellung auf Wirkliches stutzen kann, zeigt Dharmakirti mit seiner Lehre von der Sonderung (apohah) 45. 39 ,,Das [bei zwei Dingen) gegebene Verhaltnis von Ursache und Wirkung ordnet den Svabhava [der Wirkung ihrer Ursache) zu." (siddhas tu karyakaranabhavah svabhavam niyamayati. PVSV 17, 6f.) 40 ,,Das Sich-nicht-[aufeinander]-Erstrecken der Svabhavas [zweier Dinge) bezeichnen wir als [ihre] Verschiedenheit. Und dieses [Sich-nichtaufeinander-Erstrecken*] ist bei [Dingen), die einen Svabhava besitzen, tatsachlich gegenseitig gegeben. Daher sind sie ausschliesslich verschieden." (svabhavananugamanam tv anyattvam brumah. sa ca svabhavavatam parasparam asty eva ity anyattvam eva. PVSV 147, 8--10.) . * Der Anschluss ist befremdlich, weil Dharmakirti vorher das Neutrum -ananugamanam verwendet. Vgl. aber auch Karnakagomin : sa ca svabhavananugamah, PVSVT 528, 16. 41 Zu Dharmakirtis Lehre von der Vorstellung (vikalpah, kalpana), insbesondere vom Entstehen der Vorstellungen, vgl. VETTER, Erkenntnisprobleme. 49ff. 42 Zur Lehre vom Wort vgl. VETTER, Erkenntnisprobleme. 59ff. 43 ,,Der Gegenstand des Wortes ist Inbalt (parinisthita-) der aus anfanglosen (psychischen] Eindrucken hervorgegangenen Vorstellung und ist eine dreifache Beschaffenheit (dharmah), je nachdem er sich auf Seiendes (bhavah), Nichtseiendes (abhavah) oder auf beides stutzt." (anadivasanodbhutavikalpaparinisthitah sabdarthas trividho dharmo bhavabhavobhayasrayah 11 v. 205 = 207.) 44 Zu den beiden anderen Arten vgl. unten p. 195f. 45 Dharmakirtis Apohalehre hat E. FRAUWALLNER in ,,Beitrage zur Apohalehre I: Dharmakirti" dargestellt (WZKM 37/1930, 259-283; 39/ Page #12 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 190 ERNST STEINKELLNER Gegenstand der Vorstellung, aber auch das, wofur die Worter vereinbart werden, ist danach nicht das besondere Ding, sondern ein unwirk. liches Allgemeines, das als gemeinsame Verschiedenheit mehrerer besonderer Dinge von anderen Dingen verstanden wird. Und diese mehreren Dingen gemeinsame Verschiedenheit beruht ihrerseits letztlich darauf, dass mehrere Dinge imstande sind, eine gleiche Beurteilung (ekapratyavamarsah) hervorzurufen 46, Das heisst, die an sich verschiedenen Wahrnehmungserkenntnisse als Wirkungen der besonderen Dinge sind ihrem Swabhava nach Ur1932, 247--285; 40/1933, 51-94) und ubersichtlich zusammengefasst (WZKM 42/1935, 93--102). 46 Vgl. PVSV 56, 1017 ubersetzt bei VETTER, Erkenntnisprobleme. 59, und besonders v. 109 = 111: ,,Die [Wahrnehmungs-]Erkenntnis [erscheint] als gleich, weil sie Ursache fur die gleiche Beurteilung ist. (Und] weil sie Ursache fur die gleiche Erkenntnis sind, [erscheinen] auch die Einzeldinge als gleich." (ekapratyavamariasya hetutvad dhir abhedini | ekadhihetubhavena vyaktinam apy abhinnata 11.) Dharmakirti erlautert diesen Vorgang zusammenfassend folgend: ,,Wir haben (schon] erklart, dass die Svabhavas der Dinge nicht zusammen. fallen und dass [andererseits] die Erkenntnis, die bezuglich dieser [verschiedenen Einzeldinge) eine vermischte Form hat, ein Irrtum ist, dass aber die besonderen Dinge, sofern sie mittelbar (kramena) Ursachen fur die Vorstellungen werden, diese [irrtumliche] Erkenntnis hervorbringen, fund zwar) auf Grund ihres Svabhava. Das aber nennt man ihre gleiche Verschiedenheit (bhedah=apohah), [namlich], da ein bestimmtes einziges wie Erkenntnis usw. bewirkt wird, ihren gemeinsamen) Unterschied von solchen, die einen nicht derartig wirkenden Svabhava besitzen, den man als Verschiedenheit (bhedah=apohah) bezeichnet. Auch diese [Wirkung wie Erkenntnis usw.) erscheint als gleich, obwohl sie sich von Ding zu Ding unterscheidet, insofern sie ihrer Natur nach Ursache fur die gleiche Beurteilung ist, welche eine Gleichheit feststellt (avaskandin-). [Und] auch die Einzeldinge bringen, da sie Ursache sind fur eine Sache wie Wahrnehmungs-] Erkenntnis usw., die ihrerseits] Ursache fur eine derartige Beurteilung ist und eine Gleichheit zeigt, durch ihren Svabhava die eine Erkenntnis hervor, die eine vermischte Form, saber) als letzten Gegenstand die besonderen Svabhavas hat. Das ist schon oft erklart worden. Daher besteht die Gleichheit der Dinge allein darin, dass sie ein und dieselbe Wirkung haben (ekakaryata)." (niveditam etad yatha na bhavanam svabhavasamsargo 'stiti tatra samarstakara buddhir bhrantir eva, tam tu bhedinah padarthah kramena vikalpahetavo bhavanto janayanti svabhavata iti ca. sa tv esam abhinno bheda ity ucyate jnanadeh kasyacid ekasya karanad atatkarisvabhavavivekah. tad api pratidravyam bhidyamanam api prakrtyaikapratyavamariasyabhedavaskandino hetur bhavad abhinnam khyati. tathabhutapratyavamariahetor abhedavabhasino jnanader arthasya hetutvad vyaktayo 'pi samsrstakaram svabhavabhedaparamartham svabhavata ekam pratyayam janayantity asakrd uktam etat. tasmad ekakaryataiva bhavanam abhedah. PVSV 56, 18-57, 7.) Vgl. auch PVSV 40, 21-41, 12, ubersetzt bei VETTER, Erkenntnisprobleme. 53f. Page #13 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 191 sachen fur ein und dieselbe Vorstellung. Sie werden daher durch die Vorstellung als gleich bestimmt. Da die Wahrnehmungserkenntnisse aber nur durch ihre Ursachen, die Einzeldinge, so beschaffen sind, dass sie eine gleiche Vorstellung bewirken konnen, sind es mittelbar die Einzeldinge selbst, welche auf Grund ihres jeweiligen bestimmten Svabhava diese Vorstellung verursachen. 2. Begriff und Begriffsbildung Die Sonderung (apohah) als Gegenstand der Vorstellung und der Wortkonvention beruht also auf dem Svabhava der Dinge selbst, insofern es dieser ist, der einerseits mit den Svabhavas anderer Dinge eine gleiche Wirkung und andererseits, indem er an verschiedenen Ursachenkomplexen teilhat, mehrere Wirkungen hervorbringt 47. 47 Das Wesentliche fasst Dharmakirti in den Versen 76--91 = 78--93 zusammen. Vgl. die Ubersetzung (aus dem Tibetischen!) von E. FRAUWALLNER (Beitrage zur Apohalehre. WZKM 39/1932, 267 ff.) und die anschliessenden Erlauterungen. Die Verse 87-91 = 89--93 sind ubersetzt bei VETTER, Erkenntnisprobleme. 57f. Hier mogen die fur unser Problem unmittelbar bedeutsamen Verse als Beleg genugen: ,,Die vorstellende Erkenntnis entsteht durch das Erfassen des Svabhavas der [Dinge) gestutzt auf die Verschiedenheit von den Dingen, welche nicht ihre Wirkung haben, und ist, obwohl sie diese [Dinge) zum Gegenstand zu haben scheint, gegenstandslos. Das Vorstellungsbild (rupam), das in dieser [Erkenntnis] erscheint, als ob es aussen, einheitlich und von anderem verschieden ware, ist wesenlos, weil es nicht die Grundlage der Uberlegung ist." (tatsvabhavagrahad ya dhis tadarthevapy anarthika | vikalpika 'tatkaryarthabhedanistha prajayate || tasyam yad rupam abhati bahyam ekam ivanyatah vyavsttam iva nistattvam pariksanangabhavatah Il v. 76--77 = 78-79.) ,,Jedes (sprachliche oder erkenntnismassige Verhalten des Menschen gegenuber den Dingen] beruht auf der Verschiedenheit der Dinge voneinander. (Dieses Verhalten] hat daher die Sonderung von anderen zum Gegenstand. Und es ist der Ausgangspunkt fur das Erreichen der Dinge, wenn eine Verbindung mit den Dingen besteht wie z. B. im Falle der dargelegten Schlussfolgerung." (saca sarvah padarthanam anyonyabhavasamerayah | tenanyapohavisayo vastulabhasya cascayah Il yatrasti vastusambandho yathoktanumitau yatha | v. 80-81 b= 82-83 b.) ,,Dabei bewirken die (sprachlichen] Bezeichnungen und [vorstellenden] Erkenntnisse, welche auf der Verschiedenheit von jenen [Dingen] beruhen, die diese Wirkung nicht haben, dass auch mehrere [Dinge], sofern sie die gleiche Wirkung haben, als ein und dasselbe behandelt werden. Ebenso fasst man auch ein einziges [Ding], sofern es mehrere [Wirkungen] bewirkt, wenn man diese Seinsweise (bhava-) in das Licht stellt, auf Grund der Verschiedenheit von den Dingen, die diese Wirkung nicht haben, als mannigfache Beschaffenheiten (dharma-) besitzend auf." (tatraikakaryo 'neko 'pi tadakaryanyatasrayaih | ekatvenabhidhajnanair vyavaharam prataryate || tathanekakrd eko 'pi tadbhavaparidipane atatkaryarthabhedena nanadharma pratiyate 1! v. 82--83= 8485.) Page #14 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 192 ERNST STEINKELLNER Vereinfachend und unter Kurzschliessung der eben beschriebenen kausalen Relation zwischen Ding und Vorstellung kann Dharmakirti dann sagen, dass die besonderen Dinge durch ihren bestimmten Svabhava die Vorstellungen hervorbringen und dass sich andererseits die Vorstellungen letztlich (-paramartha-) auf die besonderen Svabhavas stutzen 48. Aber nicht nur die Vorstellungen stutzen sich in dieser Weise auf den Svabhava, auch die Worter, die fur die Sonderung vereinbart werden, drucken den Svabhava aus 49. Die Moglichkeit, Vorstellungen von einem Dinge zu haben oder Worter fur es zu vereinbaren, richtet sich daher nach der Moglichkeit, auf Grund der Wirksamkeit der Dinge Verschiedenheiten festzustellen. Von solchen, mehreren Dingen gemeinsamen Verschiedenheiten von anderen Dingen, Sonderungen also, gibt es zwei Arten 50: Man stellt eine solche gleiche Verschiedenheit bei den besonderen Dingen dann fest, wenn die Dinge ein und dieselbe Wirkung hervorbringen, und bezeichnet sie daher als gleich (abhinna-) auf Grund des Unterschieds von den Dingen, die nicht diese Wirkung haben 51. Oder man bezeichnet die besonderen Dinge, wenn sie von einem Ding hervorgebracht werden, als gleich auf Grund des Unterschieds von den Dingen, die nicht von diesem einen Ding hervorgebracht werden 52. Auf diesen beiden Moglichkeiten gemeinsamer Verschiedenheit beruht einerseits die Einbeziehung des besonderen Dinges in eine Klasse, andererseits seine Aufspaltung in Eigenschaften 53. 48 PVSV 57, 3-6 (Ubersetzung und Text vgl. oben, Schluss von Anm. 46). ,,Jeder ... handelt ausschliesslich in Hinblick auf jene Besonderheit des Dinges, die man Svabhava nennt. Denn nur diese [Besonderheit] wird so [z. B.,,Kuh"] genannt." (sarva eva.... visesam eva bhavasya svabhavakhyam adhikrtya pravartate. sa eva hi tathocyate. PVSV 89, 2-4.) 50 tadvad artha api kecit svabhavabhede 'py ekapratyabhijnanadikam arthakriyam kurvantas tadakaribhyo bhedad abhinna ity ucyante, ekena va 'neko janito 'tajjanyebhyo bhedat. PVSV 42, 5-8 (zur Ubersetzung vgl. VETTER, Erkenntnisprobleme. 54). 49 51 Das ist nach Karnakagomin (PVSVT 180, 13) die Gleichheit der Wirkung nach (karyadvarena). 52 Nach Karnakagomin (loc. cit.) die Gleichheit der Ursache nach (karanadvarena). 53 Vgl. VETTER, Erkenntnisprobleme. 54. Ich darf fur diese beiden Moglichkeiten von Sonderung Beispiele in Anschluss an Karnakagomin (PVSVT 180, 9-15) bringen: Der Fall, dass mehrere besondere Dinge die gleiche Wirkung hervor. bringen, ist gegeben, wenn wir feststellen, dass verschiedene Dinge eine gleiche Wirkung wie das gleiche Wiedererkennen oder das gleiche Wassertragen zustande bringen. Darin unterscheiden sie sich gemeinsam von anderen Dingen, von Kuhen und Pferden etwa, die diese Wirkungen nicht zeitigen. Page #15 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 193 In beiden Fallen ist es der Svabhava der Dinge, auf den sich Vorstellungen und Worter stutzen 54. Gegenstand der Vorstellung und damit Bedeutung des Wortes ist der Svabhava aber nicht in seiner wirklichen Besonderheit, sondern in seiner unwirklichen Gleichheit, die als Resultat der Bestimmung seiner Wirksamkeit durch die Vorstellung aufzufassen ist. Der Svabhava der Dinge, welcher auf Grund des Verfahrens der Beurteilung ihrer gemeinsamen Verschiedenheit von anderen unter dem Aspekt der Gleichheit vorgestellt und mit einem Wort bezeichnet werden kann, ist also das, was wir im System Dharmakirtis als Begriff verstehen konnen, und das Feststellen der Verschiedenheiten ware der wesentliche Charakter seiner Begriffsbildung. 3. Irrtum Die Genauigkeit oder Wahrheit des Begriffs, der die Vorstellung als ihr Gegenstand bestimmt, hangt von der Erfahrung ab. Jede Anreicherung der Vorstellung durch die Wahrnehmung lasst die Gleichheiten der besonderen Dinge immer besser erkennen: der Umfang der Begriffe wird durch die wachsende Erfahrung kleiner. Weil die Dinge niemals in allen Aspekten ihrer Wirksamkeit beurteilt werden konnen - nur ein Allwissender konnte es --, bleibt der Begriff notwendig immer unvollstandig. Die Begriffe unterscheiden sich, gemass den Erfahrungen, die wir mit den Dingen machen, nur in ihrer starkeren oder geringeren Genauigkeit. Falschheit und Wahrheit der Begriffe sind also keine absoluten Werte, sondern zu ihrer Brauchbarkeit relative. Ein Begriff ist dann falsch, wenn er auf ein Ding ubertragen Man bezeichnet daher diese besonderen Dinge ihrer Wirkung nach jeweils als ,,Topf". Andererseits stellen wir aber auch fest, dass dieselben Dinge bestimmte gleiche Ursachen haben, z. B. die Beinuhung des. Topfers, Tonerde, Feuer usw., die ihrerseits, obwohl sie im Einzelfall naturlich auch verschieden sind, der Wirkung nach gleich sind. Durch diese gleichen Ursachen unterscheiden sie sich dann von anderen Dingen, welche nicht durch diese Ursachen hervorgebracht wurden. Und dieser Unterschied der Ursache nach erlaubt die Bezeichnung derselben Dinge als ,,durch Bemuhung veranlasst", ,,tonern", ,,gebrannt". 54 ,,Durch Herausstellung einer Vielheit solcher Unterschiede bildet man die verschiedenen Worter und den Unterschied von Beweisendem und zu Beweisendem, um durch die verschiedenen Vorstellungs-]Bilder von Beschaffenheiten, die sich auf den Svabhava des [besonderen Dinges] grunden, den Svabhava dieses [Dinges] zu erkennen." (tathabhutabhedabahulyacodanaya vacanabhedah sadhyasadhanabhedas ca tatsvabhavasamasrayair dharmapratibhasabhedais tatsvabhavapratipattaye kriyata iti. PVSV 44, 12-14.) Page #16 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 194 ERNST STEINKELLNER wird 55, das die Erwartungen, die man an den Begriff knupft, nicht erfullen kann. Dass er ubertragen werden kann, bedeutet, dass er zu ungenau ist, das heisst, dass bei der begriffsbildenden Beurteilung noch zuviel als gleich bestimmt wurde55a. Eine,,Ubertragung" findet daher eigentlich gar nicht statt, der Vorstellungsirrtum besteht vielmehr darin, dass die Beurteilung auf Grund von zu geringer Erfahrung eine Gleichheit dort feststellt, wo keine ist. So betont etwa Dharmakirti auch beim alten Irrtumsbeispiel einer Wasser-Vorstellung, wenn in Wirklichkeit nur Sonnenstrahlen vorliegen, dass beide Dinge, Wasser und Sonnenstrahlen, in gleicher Weise den ,,Irrtum" verursachen, weil sie eben beide eine solche Wahrnehmung hervorrufen, die ihrerseits eine Beurteilung als gleich veranlasst 56. Der Vorstellungsirrtum besteht also nicht vordergrundig in der falschen Ubertragung eines Begriffes auf ein Ding, sondern in der durch die Irrtumsnatur der Vorstellung 57 bedingten unvollstandigen und daher falschen Begriffsbildung 58, welche die falsche,,Ubertragung" erst moglich macht. Eine irrtumliche Vorstellung in engerem Sinne (WasserIrrtum) ist nicht etwa eine entartete Vorstellung, sondern nur ein Fall, an dem die Irrtumsnatur der Vorstellung als solcher besonders deutlich sichtbar wird. 55,,Wenn nicht durch einen Anlass zum Irrtum eine fremde Eigenschaft [mit dem Ding] verbunden wurde, wie die Silberform mit der Perlmutter, weil man eine Ahnlichkeit der Gestalt beobachtet." (no ced bhrantinimittena samyojyeta gunantaram | suktau va rajatakaro rupasadharmyadarsanat || v. 4446.) Anlass zum Irrtum (bhrantinimittam) ist dabei die Ahnlichkeit von Silber und Perlmutter. 55a,,Dieser [Wasserirrtum] entsteht vielmehr auf Grund einer Unscharfe bei der Bestimmung des Unterschieds [von Wasser und Sonnenstrahlen] durch ein ursachbedingtes* Erwachen des betreffenden [psychischen] Eindrucks." (sa tu visesalaksanapatavat pratyayapeksina svavasanaprabodhena janyate. PVSV 51, 12f.) * D. h. man sieht die Sonnenstrahlen und erinnert sich an die Ahnlichkeit mit Wasser (PVSVT 212, 30f.). 56 maricikadisv api hi jaladibhrantes tav evabhinnakaraparamarsapratyayanimittanubhavajananau bhavau karanam bhinnav api. PVSV 50, 4-6. 57 vikalpa eva hy avidya. PVSV 50, 20. Vgl. PVSV 50, 15-51, 5. Ubersetzt bei VETTER, Erkenntnisprobleme. 37. 58 Eine andere Quelle fur die Falschheit der Begriffe ist naturlich die Wahrnehmung. Ist die Wahrnehmung namlich durch einen mangelhaften Ursachenkomplex -- z. B. durch die Organstorung beim Timira-Kranken -- irrig, dann zieht dieser Irrtum in der Anschauung auch falsche Begriffe nach sich, weil die Begriffsbildung in diesem Fall von einer irrigen Anschauung ausgeht. Zum Wahrnehmungsirrtum bei Dharmakirti vgl. L. SCHMITHAUSEN, Mandanamisra's Vibhramavivekah mit einer Studie zur Entwicklung der indischen Irrtumslehre. Wien 1965, 215. Page #17 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 195 4. Vorstellung ohne Begriff Es hat sich gezeigt, dass wir unter ,,Begriff" denjenigen Svabhava verstehen durfen, den die Vorstellung nach Beurteilung der Wirksamkeit der Dinge vorstellt und den das Wort als Gegenstand der Vorstellung bedeutet. Es gibt aber neben den Vorstellungen, die sich in diesem Sinne auf Wirkliches stutzen, auch solche, die sich auf Unwirkliches oder beides stutzen 59, und selbstverstandlich auch die entsprechen 59 Vgl. v. 205 = 207 unter Anm. 43. Unter einer Vorstellung, die sich auf Nichtseiendes stutzt, versteht Dharmakirti offenbar z. B. die ,,Urmaterie" des Samkhya und in anderen philosophischen Schulen gelehrte Prinzipien, bei denen es sich um Vorstellungen handelt, die sich an mit der Wirklichkeit in Widerspruch stehende Vorstellungsbilder klammern (vastuviparitakaranivesisu... tirthantariyapratyayesu ... PVSV 106, 9f.). Soviel geht jedenfalls aus PVSV 106, 4 7 hervor: ,,Daher uberlegen die an diesem Beschaffenheitstrager (= Wortgegenstand) Interessierten, ob er seiend oder nichtseiend ist: ,Stutzt sich der auf Grund des Wortes , Urmaterie [in der Vorstellung] sich spiegelnde Gegenstand auf Seiendes oder nicht ? Wenn nun bewiesen werden soll, dass sich dieses (Vorstellungsbild) nicht auf Seiendes stutzt, ..." (tad atra dharmini vyavasthitah sadasattvam cintayanti kim ayam pradhanasabdapratibhasy artho bhavopadano na veti. tasya bhavanupadanatve sadhye ...). Vgl. auch T. VETTER, Das Problem des metaphysischen Beweises in der logisch-erkenntnistheoretischen Periode der indischen Philosophie. ZDMG 118 (1968) 353f. Bisher habe ich leider noch keine Stelle gefunden, aus der ersichtlich ware, was Dharmakirti unter Vorstellungen versteht, die sich auf beides stutzen. Dass es sich nicht um den gewohnlichen Vorstellungsirrtum handeln kann, wie VETTER (Erkenntnisprobleme, 50) gemeint hat, geht m. M. aus der Kritik des Vorstellungsirrtums hervor (vgl. oben p. 194), denn dieser Irrtum stutzt sich auf Seiendes. Hier bringt nur Sakyamatis Kommentar Hilfe. Sakyamati gibt (Pramanavarttikatika, Peking edition, Vol. 131, f. 279b5ff.) folgende Beispiele: ,,Hasenhorn usw." (ri bon gi rva la sogs pa) fur eine sich auf Nichtseiendes stutzende Vorstellung und ,,Erkennbarsein usw." (ses bya nid la sog8 pa, korr.: ses byar hid la so sas pa) fur eine sich auf beides stutzende. Diese Interpretation wird durch zwei Stellen aus Polemiken in Nyayawerken kraftig gestutzt. Vacaspatimisra sagt in Erklarung des DharmakirtiVerses in seiner Nyayavarttikatatparyatika (Calcutta ed., 699, 12f.): ,,Gestutzt auf Seiendes, wie ,Blaues'; gestutzt auf Nichtseiendes, wie ,Hasenhorn'; gestutzt auf beides, wie gestaltlos', denn gestaltlos ist die Erkenntnis (als Seiendes) und das Hasenhorn (als Nichtseiendes]." (bhavasrayo yatha nilam iti, abhavaorayo yatha sasavisanam iti, ubhayasrayo yathamurtam iti, amurtam hi bhavati vijnanam bhavati ca sasavisanam.) Noch deutlicher ist Bhasarvajna in seinem Nyayabhusanam (Varanasi 1968, 552, 2-6). Er scheint hier einen buddhistischen Kommentar zu den beiden Versen PV I 205--206 = 207--208 zu zitieren (der zweite Vers ist in der Ausgabe als Prosa abgedruckt), der aber nicht zu identifizieren ist, wenn es sich uberhaupt um einen solchen und nicht nur um eine Erklarung Page #18 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 196 ERNST STEINKELLNER den Worter, welche die Gegenstande dieser Vorstellungen ausdrucken. Damit erheben sich die Fragen, was als Gegenstand dieser Vorstellungen zu betrachten sei und ob die Festlegung der Bedeutung ,,Begriff" auf den Terminus svabhavah sich nicht gerade hier als zu eng erweise. Da diese Vorstellungen aus psychischen Eindrucken (vasana) entspringen, die ihrerseits anfanglos (anadi-) sind, ist zunachst ihre psychische Quelle fur Dharmakirti unproblematisch. Ihre Differenzierung erhalten die Eindrucke dadurch, dass sie durch Erkenntnisse (pratyayah) von Seiendem, Nichtseiendem oder beidem gepragt wurden 60; das heisst, dass der sich in der Vorstellung abbildende Gegenstand durch die Erkenntnis als seiend, nichtseiend oder beides bestimmt wurde 61. Dabei ist als Grund fur diese differenzierte Bestimmung des Vorstellungsbildes wohl die Praxis des menschlichen Handelns anzusehen, in der sich Seiendes und Nichtseiendes jeweils als solches durch sein Wirksamsein und Nichtwirksamsein deutlich erweist. Die in der Praxis erworbene Erfahrung mit dem Seienden resultiert in einer immer besseren Beurteilung der den Dingen gemeinsamen Unterschiede von anderen Dingen, also einer immer genaueren Begriffsbildung, durch welche die Erkenntnis den Svabhava der Dinge immer besser bestimmt oder, anders gesagt, einen besseren Begriff von den Bhasarvajnas selber handelt. Auch nach dieser Stelle sind es die Vorstellungen ,,Hasenhorn usw.", die sich auf Nichtseiendes stutzen, und zu den auf beides gestutzten Vorstellungen sagt er: ,,Eine Vorstellung wie erkennbar', ,gestaltlos' usw. stutzt sich auf beides, weil die Beschaffenheiten des Erkennbarseins, Gestaltlosseins usw. sowohl bei Seiendem als auch bei Nichtseiendem moglich sind." (prameyamurtadivikalpah punar ubhayasrayah, sadasator api prameyatvamurtatvadidharmasambhavat.) Dagegen spricht nur die Erklarung des sehr spaten Manorathanandin (Pramanavarttikavrttih, Poona 1938 ff., 361, 2f.), der zwar ebenfalls ,,Hasenhorn usw." als Beispiel fur die auf Nichtseiendes gestutzte Vorstellung gibt, dann aber fur eine auf beides gestutzte ,,Urmaterie, Gott usw.". Letzteres steht jedoch offenbar in Widerspruch zu Dharmakirtis Auffassung von der Vorstellung ,,Urmaterie" (vgl. Anfang dieser Anm.) und ist ausserdem sinnlos. Manorathanandin hat sich hier wohl einfach geirrt. Obwohl also keine Aussage Dharmakirtis angegeben werden kann, mochte ich auf Grund der obigen Stellen doch annehmen, dass er unter einer Vorstellung, die sich auf Seiendes und Nichtseiendes stutzt, etwa die des Erkennbarseins versteht und andere Beschaffenheiten, die von Seiendem und Nichtseiendem gleichermassen aussagbar sind. 60 ,,Diese Vorstellung aber entsteht aus psychischen Eindrucken, die durch Erkenntnisse von Seiendem, Nichtseiendem oder beidem gepragt wurden." (sa tu vikalpah sadasadubhayapratyayahitavasana prabhavah. PVSV 106, 2f.) 61 tatpratibhasyakaradhyavasayavasena. PVSV 106, 3. Page #19 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 197 Dingen erwirbt. Bei bestimmten Vorstellungen zeigt sich aber in der Praxis, dass sie gar keinen Bezug zur Wirklichkeit haben. Von solchen Vorstellungen geleitet, trifft man auf kein Wirkliches, dessen Svabhava eine Beurteilung erlauben wurde. Ihr Gegenstand ist daher auch nicht als eine,,Sonderung von anderen" im Sinne einer Sonderung bestimmter Dinge von anderen Dingen zu bestimmen, sondern, da er sich von allen Dingen unterscheidet, als ,,Sonderung an sich" (mukhyo vivekah) 62. Diese ,,Sonderung an sich" besteht in der gemeinsamen Verschiedenheit von allem Seienden und ist als solche der Begriff des Nichtseienden 63. Vorstellungen, die sich auf Nichtseiendes stutzen, und Worter, die es bezeichnen, haben daher, weil Nichtseiendes keinen Svabhava hat, keine inhaltlich bestimmten Begriffe zum Gegenstand, sondern sind vielmehr als Reprasentanten der reinen avidya-Natur der anfanglosen Vorstellungen zu betrachten. 5. Vorstellung und Begriff Damit haben wir auch die Basis fur eine genauere Bestimmung des Verhaltnisses von Vorstellung und Begriff bei Dharmakirti gewonnen. Jede Vorstellung stellt eine Beschaffenheit (dharmah) dar, die Symbol fur ein Wirkliches sein kann, auf welches sie sich stutzt, oder fur ein Unwirkliches. Stutzt sich die Vorstellung auf Wirkliches, dann ist sie als bestimmte Beschaffenheit Begriff (svabhavah). Jeder Begriff ist also Vorstellung, aber nicht jede Vorstellung ist als Begriff anzusehen 64. Und diese Begriffe sind das bestimmte Allgemeine, das vom Einzelding (svalaksanam) ausgesagt wird 65 62 PVSV 92, 21. Karnakagomin (PVSVT 347, 21f.) paraphrasiert vivekah durch anyapohah, sagt aber dazu: ,,Das andere aber ist das Objekt von Wortern wie.,Kuh usw.. [Das Fehlen (vivekah)] wird in ubertragenem Sinne,Sondering' (apohah) genannt, weil es eine Sonderung begrundet, und ist bestimmt als ein Freisein von allem Seienden." (anyas tu gavadisabdavisayah. apohanimittatvad apoha ity upacaritah sarvabhavavirahalaksanah.) 63,,Das Nichtseiende aber ist ja gerade als ein Fehlen (vivekah) bestimmt, weil es irgendeine Gestalt, die man zur [Erkenntnis-]Ursache machen konnte, nicht gibt und weil es, wenn es eine solche [Gestalt] gabe, kein Nichtseiendes sein konnte durch das Vorhandensein einer solchen [Gestalt] ist namlich das Seiende bestimmt. Deshalb ist gerade dieses [Nichtseiende] das eigentliche Fehlen (mukhyo vivekah)." (abhavas tu vivekalaksana eva nimittikartavyasya kasyacid rupasyabhavat, tadbhave 'bhavayogat. tadbhavalaksanatvad bhavasya. tasmad ayam eva sa mukhyo vivekah. PVSV 92, 19-21.) Vgl. auch E. FRAUWALLNER, Beitrage zur Apohalehre I. WZKM 40 (1933) 93f. 64 Vgl. VETTER, Erkenntnisprobleme. 51. 65 VETTER, Erkenntnisprobleme. 48. Page #20 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 198 ERNST STEINKELLNER Die wesentliche Struktur dieser Begriffslehre stellt Dharmakirti in den Versen PV I 40-42 42-44 dar, wenn er sagt: ,,Weil alle Dinge, da sie ihrem Svabhava nach in ihrem je eigenen Svabhava bestehen, von Gleichartigem 66 und Andersartigem verschieden sind, bildet man verschiedene Gattungsbegriffe (jatih), die sich auf die Verschiedenheit stutzen, welche den Dingen den jeweils [anderen] gegenuber zukommt, und die diese besonderen [Verschiedenheiten] erfassen. Die besondere [Verschiedenheit], die durch die eine Bestimmung 67 (dharmah) erkannt wird, kann daher nicht auch durch eine andere als diese [erkannt werden]. Daher gibt es die Unterscheidung (bhinna vyavasthitih) [dieser Bestimmungen, obwohl das Ding, auf dessen Verschiedenheiten sie sich stutzen, unteilbar ist] 68" III. SVABHAVA ALS LOGISCHER GRUND 1. Schlussfolgerung Es hat sich gezeigt, dass die Vorstellung, sofern sie Begriff ist, mit der Wirklichkeit in Beziehung steht und daher fur das Handeln richtungweisend sein kann, dass sie aber auch aus ihrer Irrtumsnatur heraus diese Funktion nur beschrankt erfullen kann. Auch die Tatsache, dass die Wahrnehmungserkenntnis die Dinge mit allen ihren Eigenschaften vermittelt 69, schliesst die Moglichkeit des Vorstellungsirrtums nicht aus 70. 66 svabhava- ist uberall gut belegt, doch hat schon FRAUWALLNER (Beitrage zur Apohalehre I, WZKM 39, 1932, 248, Anm. 2) darauf hingewiesen, dass die tibetischen Versionen neben svabhava- (ran-dnos) auch sabhava- (mthun-dnos, Peking ed.) bezeugen. Dazu kommt auch mthun-dnos bei Sakyamati (Pramanavarttikatika, Pek. ed., Vol. 131, f. 69a8). Die Interpretation ist eindeutig durch PVSV 25, 14 (sajatiyabhimatat) bestimmt. Die Lesart mthun-dnos ist also sinngemass richtiger. Eine Konjektur gegen alle Uberlieferung und die anderen tibetischen Versionen mochte ich daraufhin nicht vorschlagen. Dennoch bleibt nicht einsichtig, warum Dharmakirti an dieser Stelle svabhava- schreibt. 67 dharmena wird durch namna paraphrasiert (PVSV 25, 24). 68 sarve bhavah svabhavena svasvabhavavyavasthiteh | svabhavaparabhavabhyam yasmad vyavrttibhaginah || tasmad yato yato 'rthanam vyavrttis tannibandhanah | jatibhedah prakalpyante tadvisesavagahinah || tasmad yo yena dharmena visesah sampratiyate | na sa sakyas tato 'nyena tena bhinna vyavasthitih ||. 69 ekasyarthasyabhavasya pratyaksasya satah svayam | v. 43 ab = 45 ab. 70,,Daher ist, wenn ein Ding wahrgenommen wurde, jede Eigenschaft [des Dinges ebenso] wahrgenommen. Wegen des Irrtums [der Vorstellung aber] wird keine [von ihnen eindeutig] bestimmt." (tasmad drstasya bhavasya drsta evakhilo gunah | bhranter nisciyate neti. v. 45a-c-47a-c.) Page #21 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 199 Dies gilt, obwohl die Vorstellung an sich die Funktion erfullt, falsche Ubertragungen von einem Ding fernzuhalten, weil sie ja selber, wenn die Wahrnehmungen so beschaffen sind, dass sie einen Irrtum begrunden, solche Ubertragungen enthalt. Auf diese Weise lasst sich also der Irrtum aus der Vorstellung nicht ausklammern. Hier setzt nun fur Dharmakirti die Funktion der Schlussfolgerung (anumanam) ein72. Nur dann namlich ist die Moglichkeit des Irrtums aus der Vorstellung ausschliessbar, wenn sie ihre Funktion des Zuschreibens und Fernhaltens von Begriffen auf Grunde 73 gestutzt ausubt. Eine solche vorstellende Erkenntnis, die einem Ding begrundet einen Begriff zuschreibt oder von ihm ausschliesst, ist Schlussfolgerung. Sie hat nicht nur einen anderen Gegenstand als die Wahrnehmung, den bestimmten Begriff namlich 74, sondern kann auch durch ein eigens zu begrundenden Regeln folgendes Zustandekommen irrtumsfrei sein und darf daher neben der sinnlichen Wahrnehmung als zweite Moglichkeit richtiger Erkenntnis (pramanam) gelten. Es uberschneiden sich somit im Thema der Schlussfolgerung bei Dharmakirti drei besondere Disziplinen: die Begriffslehre, sofern es um den Gegenstand dieser Vorstellung geht, die Erkenntnislehre, sofern es um die Moglichkeit von Vorstellungen geht, die sich beim Handeln bewahren, und die Logik, sofern die Art des Zustandekommens solcher Vorstellungen und die dabei gultigen Regeln thematisch sind. 2. dharmi und dharmah Die Schlussfolgerung hat es grundsatzlich nur mit Begriffen zu tun. Das lehrt schon Dignaga in einer auch von Dharmakirti (PVSV 2, 22 ff.) verwendeten Stelle: ,,Dieses ganze Verfahren von Erschliessendem (anumanam) und zu Erschliessendem (anumeyam) [ist moglich] auf Grund 71,,Die vorstellende Erkenntnis, welche ein Allgemeines zum Gegenstand hat, richtet sich, wenn irgendein [Ding] wahrgenommen wurde, ohne dass [auf dieses Ding] ein Teil eines anderen [Dinges] ubertragen worden ist, bloss darauf, diesen [fremden Teil] fernzuhalten, denn die Bestimmungsvorstellung schliesst die Ubertragungsvorstellung aus." (kvacid drste 'pi yaj jnanam samanyartham vikalpakam | asamaropitanyamse tanmatrapohagocaram || niscayaropamanasor badhyabadhakabhavatah | v. 48-49b = 50-51b.) 72 Vgl. FRAUWALLNER, Beitrage zur Apohalehre I. WZKM 39 (1932) 249 ff., besonders 252f. 73 Vgl. unten p. 205 f. 74,,Daher heisst es, dass die Schlussfolgerung (lingam) die Sonderung (apohah) zum Objekt hat; was konnte anderenfalls, wenn der Trager der Beschaffenheiten (dharmi) bekannt ist, ausser ihm [noch] unbekannt sein ?" (tasmad apohavisayam iti lingam prakirtitam | anyatha dharminah siddhav asiddham kim atah param || v. 47=49.) Page #22 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 200 ERNST STEINKELLNER einer Unterscheidung von Beschaffenheit (dharmah) und Beschaffen. heitstrager (dharmi), die nur in der Erkenntnis gegeben ist, und hangt nicht davon ab, ob dieser Unterschied] ausserhalb [der Erkenntnis tatsachlich) gegeben ist oder nicht75." Dass Dharmakirti ferner die Vorstellungen von Beschaffenheiten (Akzidentien) und von Tragern solcher Beschaffenheiten (Substanzen) oder die entsprechenden Worter auf die beiden moglichen Arten von gemeinsamen Verschiedenheiten der Dinge ihren Wirkungen und ihren Ursachen nach zuruckfuhrt, hat sich bereits oben 78 gezeigt. Kommen nun beide Arten von Vorstellungen oder Wortern mit Bezug auf dasselbe Ding vor, dann hangt die Unterscheidung von Substanz und Akzidens davon ab, welche speziellen Verschiedenheiten des Dinges von anderen Dingen man selber erkennen oder einem anderen mitteilen will??. Diese Verschiedenheiten setzt man dann mit Hilfe eines Eigenschaftswortes als Akzidens und kann, wenn man keine weiteren Verschiedenheiten feststellen will, den undifferenzierten Rest als Substanz festlegen 78. 75 sarva evayam anumananumeyavyavaharo buddhyarudhenaiva dharmadharmibhedena na bahih sadasattvam apeksate. So von FRAUWALLNER wiederhergestellt und als mogliches Fragment des Hetumukham eingeordnet (vgl. FRAUWALLNER, Dignaga, sein Werk und seine Entwicklung. WZKSO 3, 1959, 104 mit Belegstellen und 163). 76 Vgl. p. 191f. 77 VETTER, Erkenntnisprobleme. 57 (Anm. 45), zieht zur Erklarung die Verse PV I 61-62=63-64 heran: ,,Der Unterschied zwischen Eigenschaft und Eigenschaftstrager besteht in Ausschliessung und Nichtausschliessung (I, 63). Wenn ich jemand, der eine Kuh noch nicht richtig erkannt hat, darauf aufmerksam machen will, dass dieses Gebilde nicht zum Reiten taugt, dann werde ich auf die Eigenschaft Nichtpferdheit hinweisen. Sollen aber die Moglichkeiten offen bleiben, die sich daraus ergeben, dass etwas kein Pferd ist (z. B. Milchgewinn), so werde ich Nichtpferd' sagen. An dieses Wort fur einen Eigenschaftstrager konnen nun wichtige Bestimmungen geheftet werden. Nenne ich dagegen eine Eigenschaft, dann konnen sich daran keine weiteren Eigenschaften mehr anschliessen. Dafur ist diese Eigenschaft besonders betont. Ich werde je nachdem das eine oder das andere wahlen. Die Worte fur Substanz (dravyam) und Akzidenz (bhavah) sind, ohne jede ontologische Bedeutung, lediglich Ausdrucke, die das eine Mal weitere Ausdrucke tragen konnen, das andere Mal nicht (I, 64)." 78 ,,Wenn jemand, sofern eine Verschiedenheit [eines Dinges] von mehreren (anderen] Dingen vorliegt, erkennen mochte, ob bei diesem [Ding] eine Verschiedenheit von einem [bestimmten anderen] Ding bejaht oder verneint werden musste, dann zeigt man eben dieses Ding auf, indem man unter Hinweis vermittels eines Eigenschaftswortes (dharmasabdena), bei dem alle anderen Verschiedenheiten beiseite gelassen werden, eine -- weil die [vorstellende] Erkenntnis (sie) so abbildet - scheinbar (iva) getrennte Beschaffenheit (und) den ubrigen Svabhava [des Dinges] ohne [weiter] zu unterscheiden als Beschaffenheitstrager bestimmt." (anekarthabhedasambhave Page #23 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 201 3. svabhava pratibandhah Auf der Schlussfolgerung grundet die richtige Entscheidung daruber, ob einem Begriff Wirklichkeit (arthah) entspricht oder nicht (anarthah)79. Nur die Schlussfolgerung kann also falsche Begriffe durch richtige ersetzen 80, denn die Wahrnehmung kann die ausserhalb ihres Bereiches liegenden falschen Begriffe nicht mehr korrigieren. Und die Schlussfolgerung ist nach der Definition Dignagas 81, die auch fur Dharmakirti gilt 82, ,,Erkenntnis von etwas durch ein mit den drei Formen ausgestattetes Anzeichen". Anzeichen (lingam), logischer Grund (hetuh) ist nach PV I v.1=3 eine Beschaffenheit des Gegenstandes der Schlussfolgerung (paksadharmah), wobei der Gegenstand von Dharmakirti als Beschaffenheitstrager (dharmi) verstanden wird (PVSV 1, 12): Schlussfolgerung ist demnach die Erkenntnis eines nicht oder falsch erkannten Begriffes durch einen bekannten Begriff. Um als richtige Erkenntnis (pramanam) auftreten zu konnen, muss die Schlussfolgerung jedoch grundsatzlich zwei Voraussetzungen machen. Erstens muss der bekannte Begriff, der logische Grund, richtig bestimmt worden sein. Die Vorstellung, welche eine Schlussfolgerung begrunden kann, darf also nicht irrig sein. Nach dem, was oben 83 gesagt wurde, scheint diese Voraussetzung nicht erfullbar oder es wurde sich, wollte man auch hier zur Gewinnung einer richtigen Bestimmung des Begriffes das Mittel der Schlussfolgerung einsetzen, ein Regressus ad infinitum ergeben. Dharmakirti vermeidet diesen Regressus durch seinen tadekarthabhedavidhipratisedhajijnasayam tad eva vastu pratiksiptabhedantarena dharmasabdena samcodya buddhes tathapratibhasanad vyatiriktam dharmam ivavisesena param asya svabhavam dharmitaya vyavasthapya pradareyate. PVSV 44, 6--10. Vgl. auch VETTER, Erkenntnisprobleme. 57.) 79 arthanarthavivecanasyanumanasrayatvat, PVSV 1, 8. Auf die Implikationen, welche die Worter arthah und anarthah in sich bergen, brauche ich hier nicht weiter einzugehen. Vgl. dazu vor allem PVSVT 4, 29--8, 16. 80 Vgl. FRAUWALLNER, Beitrage zur Apohalehre I. WZKM 39 (1932) 252: ,,Damit ist allerdings vorausgesetzt, dass jeder Schlussfolgerung ein Irrtum vorangeht. Das ist aber auch tatsachlich der Fall, selbst dort, wo es auf den ersten Blick nicht den Anschein hat. Wenn man namlich an irgendeiner Stelle Rauch sieht und daraus auf das Vorhandensein von Feuer schliesst, so ist das nur moglich, weil man zuerst das Vorhandensein des Feuers nicht erkannt hat, also in einem Irrtum befangen war; denn nur derjenige, der etwas nicht erkannt hat oder uber etwas im Zweifel war, wird es durch Schlussfolgerung zu erkennen suchen." (Vgl. PVSV 27, 15ff.) 81 trirupal lingad arthadTk. Pramanasamuccayah II v. 1b (zitiert in Pramanavarttikavsttih, Poona 1938ff., Appendix, 516, 7 u. a.). 82 Dharmakirti gibt in PV I und der Svavrttih keine Definition der Schlussfolgerung, greift aber im 2. Kapitel des Pramanaviniscayah (Peking ed. f. 265 a 8f.) wieder auf die Dignaga-Definition zuruck. 83 p. 193f. 14 WZRSA XV Page #24 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 202 ERNST STEINKELLNER Ansatz in der Praxis: Wahrheit oder Falschheit eines Begriffes erweisen sich in der Praxis des Handelns. Ergibt sich in der Praxis der Zweifel, ob ein Begriff richtig sei, dann ist eine Schlussfolgerung angebracht, ihn zu bestatigen oder zu korrigieren. Besteht aber dieser Zweifel nicht, dann bedarf es auch keiner Schlussfolgerung 84, weil der entsprechende Begriff der Praxis genugt. Ein Begriff kann demnach als gultiger Ausgangspunkt einer Schlussfolgerung dienen, solange er nicht seinerseits durch die Ausweitung der Erfahrung problematisch geworden ist. Als zweites setzt die Schlussfolgerung voraus, dass es zwischen den beiden Begriffen, dem bekannten, dem Grund (hetuh), und dem problematischen, der Folge (sadhyam), einen logischen Nexus, eine ,,Umfassung" (vyaptih) 85, gibt. Dieser Nexus besteht entweder darin, dass der umfassende, umfangreichere Begriff dort, wo der umfasste, umfangarmere Begriff vorkommt, niemals fehlt, oder darin, dass der umfasste Begriff nur dort vorkommt, wo auch der umfassende Begriff vorkommt 86. Es ist das Verdienst Dignagas fur die Entwicklung der indischen Logik, den logischen Nexus fur Grund und Folge in festen Regeln formalisiert zu haben; Dharmakirtis Verdienst ist es, die Frage nach dem Grund fur den logischen Nexus beantwortet zu haben. Und das Wesentliche seiner Antwort ist, dass er zeigt, dass und wie der logische Nexus auf einer realen Verbindung beruht und bei welchen Begriffen diese Verbindung in der Wirklichkeit gegeben ist. Dharmakirti betrachtet als Bedingung fur den logischen Nexus zweier Begriffe ihre Verknupfung durch den Svabhava (svabhavapratibandhah) 87. Sie ist dann gegeben, wenn beide Begriffe dieselbe Wirklichkeit bestimmen, also das, was der eine Begriff bestimmt, mit dem, was der andere bestimmt, identisch ist 88. Der logische Nexus zweier, Begriffe beruht also auf ihrer realen Identitat. 84 ,,Und einer, der den Zweifel, ob eine Ubertragung der Form dieses [fremden Dinges (hier: Nichtfeuer)] vorliegt, nicht hat, wurde zur Erkenntnis des [Dinges (hier: Feuer)] keine Schlussfolgerung bemuhen." (tadakarasamaropasamsayarahitas ca tatpratipattau na lingam anusaret. PVSV 27, 22f.) 85 Synonym sind ,,Nicht-ohne-Vorhandensein" (avinabhavah), ,,feste Zuordnung" (niyamah). 86 vyaptir vyapakasya tatra bhava eva vyapyasya va tatraiva bhavah. PVSV 2, 12 f. Zur Interpretation der Definition vgl. HB II, 90. 87 ,,Denn wenn eine Verknupfung durch den Svabhava vorliegt, verfehlt die eine Sache (der Grund) die (andere) Sache (die Folge) nicht." (svabhavapratibandhe hi saty artho 'rtham na vyabhicarati. PVSV 2, 19 f.) Vgl. auch PVSV 8, 12f.: apratibaddhasvabhavasyavinabhavaniyamabhavat; PVSV 17, 12: tasmat svabhavapratibandhad eva hetuh sadhyam gamayati. 88 ,,Und diese [Verknupfung besteht] auf Grund der Tatsache, dass [der Grund) das Selbst der [Folge] ist." (sa ca tadatmatvat. PVSV 2, 20f.) Page #25 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 203 Wie sich bei Besprechung der Kausalitat gezeigt hat 89, gibt es fur Dharmakirti neben dem svabhava pratibandhah im Sinne der realen Identitat zweier Begriffe, die von demselben Ding gewonnen werden konnen, aber auch noch eine zweite Form des svabhavapratibandhah im Sinne der Beziehung des Begriffes einer Wirkung und des Begriffes ihrer Ursache 90. Der svabhavapratibandhah zweier Begriffe ist also entweder als einfache reale Identitat (tadbhavah) oder als Kausalitat (tadutpattih) moglich: ,,Daher konnte entweder der nur mit dem [Grund) verbundene Svabhava (d. i. die Folge) ebendiese Beschaffenheit (bhavah) fehlen lassen (v. 23a-C=25a-01) - wie z. B. der [fehlende] Baum die Simsapa. Dieser [Baum) ist [namlich), weil ein Zweige usw. besitzendes besonderes [Ding] so (d. i. unter dem Namen ,Simsapa') bekannt ist, dieses (besonderen Dinges] Svabhava. Und wie konnte ein Ding ohne seinen Svabhava bestehen, da doch gerade der Svabhava das Ding ist? Infolgedessen verfehlt der [Grund Simsapa] wegen (seiner) Verknupfung durch den Svabhava [die Folge ,Baum'] nicht. -- oder die Ursache die Wirkung, weil [die Wirkung die Ursache] nicht verfehlt. (v. 23cmd=25c-d) Die fehlende Ursache lasst die Wirkung fehlen. Anderenfalls handelt es sich eben nicht um ihre Wirkung. Das festgestellte Verhaltnis von Ursache und Wirkung aber legt den Svabhava [der Wirkung auf die Ursache] fest. Daher ist auf beide Arten das Fehlen [des Grundes beim Fehlen der Folge] nur auf Grund der Verknupfung durch den Svabhava gegeben. Wie konnte es anderenfalls (ohne die Verknupfung) durch das Fehlen des einen ein Fehlen des anderen geben ? Muss denn ein Mensch, weil er keine Pferde hat, [deshalb] auch ohne Kuhe sein? Und wieso sollte, weil das eine zutrifft, [auch] das andere zutreffen ? Muss ein Mensch, bloss weil er Kuhe hat, auch Pferde haben? (vv. 24_25=26--27) Daher lasst der Grund die Folge nur auf Grund der Verknupfung durch den Svabhava erkennen und diese ist entweder als DiesesSein oder als Daraus-Entstehen bestimmt 91." 89 p. 184 ff. 90 ,,Auch bei der Wirkung (oder: dem Begriff der Wirkung) gibt es die Verknupfung durch den Svabhava, weil der Svabhava der [Wirkung] aus der (Ursache] entsteht." (karyasyapi svabhavapratibandhah, tatavabhavasya tadutpatteh. PVSV 3, 3f.) 91 tasmat tanmatrasambandhah svabhavo bhavam eva va| nivartayet (v. 23 aC = 25a-01) -- yatha vrksah simsapam. sakhadimadvisesasyaiva kasyacit tathaprasiddheh sa tasya svabhavah. svam ca svabhavam parityajya vabhava der Wirkung Page #26 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 204 ERNST STEINKELLNER Aus diesem Ansatz von zwei Formen der Verknupfung durch den Svabhava als Grundlage des logischen Nexus ergibt sich folgerichtig die Lehre von den beiden Methoden, den logischen Nexus festzustellen. Die Feststellung des logischen Nexus erfolgt durch Demonstration an einem Beispiel im Beleg (drstantah) 92 und beruht auf den entsprechenden Erkenntnismitteln (yathasvam pramanena niscitam. PVSV 2, 13f.) 9. katham bhavo bhavet, svabhavasyaiva bhavatvad iti tasya svabhavapratibandhad avyabhicarah. -- karanam va karyam avyabhicaratah || (v. 231c-d= 25c-d) karanam nivartamanam karyam nivartayati. anyatha tat tasya karyam eva na syat. siddhas tu karyakaranabhavah svabhavam niyamayatity ubhayatha svabhavapratibandhad eva nivrttih. anyathaikanivrttyanyavinivettih katham bhavet | nasvavan iti martyena na bhavyam gomatapi kim || samnidhanat tathaikasya katham anyasya samnidhih goman ity eva martyena bhavyam asvavatapi kim ll (v. 24-25= 26-27) tasmat svabhavapratibandhad eva hetuh sadhyam gamayati. sa ca tadbhavalaksanas tadutpattilaksano va. PVSV 16, 28--17, 13. 92 Mit der Frage des positiven und negativen Belegs setzt sich Dharmakirti PVSV 97, 11-17 auseinander und kommt dort zum Ergebnis, dass nur ein Beleg notwendig ist, weil der andere damit durch Implikation ebenfalls gegeben ist (sadharmyenapi hi prayoge 'rthad vaidharmyagatih ... tatha vaidharmye 'py anvayagatih). Vgl. auch HB II, 4.15. Die Notwendig. keit, einen Beleg anzufuhren, fallt naturlich weg, wenn der Nexus zur Zeit der Angabe eines Grundes bereits bekannt ist (yesam punah prasiddhav eva tadbhavahetubhavau tesam vidusam vacyo hetur eva hi kevalah. PVSV 18, 9-11). 93 Beim karyahetuh zeigt der Beleg, dass die zu beweisende ,,andere Sache" Ursache ist, weil der logische Grund nur, wenn diese andere Sache gegeben ist, vorkommt (hetubhavo va tasmin saty eva bhavad iti drstantena pradarsyate 'rthantarasya. PVSV 18, 3-5). Dabei wird das Verhaltnis von Ursache und Wirkung empirisch durch ein System von Wahrnehmungen und Nichtwahrnehmungen festgestellt: ,,Welches [zunachst] nichtwahrgenommene [Ding], das an sich wahrnehmbar ist (tallaksanam), bei der Wahrnehmung bestimmter (anderer Dinge] (yesam) (selbst] wahrgenommen wird und nicht wahrgenommen wird, wenn unter diesen (anderen Dingen] (tatra) ein einziges fehlt, das ist dieses (Ursachenkomplexes] Wirkung." (yesam upalambhe tallaksanam anupalabdham yad upalabhyate, tatraikabhave 'pi nopalabhyate, tat tasya karyam. PVSV 22, 2f.). Vgl. dazu HB II, 97. Beim svabhavahetuh zeigt der Beleg, dass der zu beweisende Begriff der Sache nach mit dem beweisenden Begriff identisch ist (drstante hi sadhyadharmasya tadbhavas tanmatranubandhena tatsvabhavataya khyapyate. PVSV 17, 20f.). Fur den Nachweis dieser realen Identitat zwischen den beiden Begriffen setzt Dharmakirti spater die Erkenntnis (pramanam) ein, die den Grund im Gegenteil des zu Beweisenden aufhebt (sa sadhyavi paryaye hetor badhaka pramanavrttih. HB 37, 5). Das scheint aber erst die entwickelte Form der Regel zu sein, die den Nachweis, dass die Folge sich nur an den Grund anschliesst, bestimmt. In seiner ersten Arbeit findet sich diese Regel noch nicht. Hier ist Dharmakirti offenbar noch der Ansicht, dass der Beleg genugt, um die entsprechende Erkenntnis (pramanam) vom Nexus zweier Begriffe Page #27 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 205 4. svabhavahetuh und karyahetuh Aus den beiden Formen des svabhavapratibandhah sind aber auch die beiden Arten 94 von logischen Grunden, Begriff (svabhavahetuh) und Wirkung (karyahetuh), abzuleiten. Nur diese beiden Grunde sind namlich durch ihren Svabhava mit der entsprechenden Folge verbunden. Beide Grunde sind Begriffe. Ihr Unterschied ist der von Akzidens und Substanz 95 und ist bedingt durch die Art des Folgebegriffes. Der Svabhava als Grund steht dann in einer logischen Verbindung mit der Folge, wenn diese bloss mit seinem Vorhandensein gegeben ist: ,,Ferner ist auch eine Beschaffenheit (bhavah) Grund mit Bezug auf einen Svabhava, der sich an sihr] blosses Vorhandensein anschliesst. Die reale Identitat (tadatmyam) dieser Sache besteht namlich nur mit dem, was sich bloss an sie anschliesst, nicht [aber] mit dem, was von einem anderen abhangt 96." Der Grund-Begriff ist also nicht real-identisch mit einem Folgebeizustellen: ,,Durch den Beleg weist man die Erkenntnis auf, dass das, was einen erzeugten Svabhava hervorbringt, [diesen] als [zugleich] mit einem verganglichen Svabhava versehen hervorbringt ... Und durch diese Erkenntnis wird deutlich gemacht, dass sich die zu beweisende Beschaffenheit bloss an die [beweisende Beschaffenheit] anschliesst." (yah krtakam svabhavam janayati so 'nityasvabhavam santam janayatiti pramanam drstantenopadarsyate. ... tena ca pramanena sadhyadharmasya tanmatranubandhah khyapyate. PVSV 17, 21-18, 2.) Der Beleg hat also den Zweck, zu zeigen, dass die beiden Begriffe von etwas ausgesagt werden, das nur eine einzige Ursache hat. Dharmakirti stutzt sich dabei auf seinen Satz von der Verschiedenheit", der die Verschiedenheit der Dinge als Zuschreibung von sich ausschliessenden Beschaffenheiten bestimmt und sie aus der Verschiedenheit der Ursachen begrundet (ayam eva khalu bhedo bhedahetur va bhavanam viruddhadharma. dhyasah karanabhedas ca. PVSV 20, 21 f.). Dieser ,,Satz von der Verschiedenheit" enthalt naturlich den ,,Satz des Widerspruchs". Seine Formulierung macht aber deutlich, dass fur Dharmakirti der Satz des Widerspruchs nicht den Sinn eines Denkgesetzes hat. Er hat vielmehr ontologische Bedeutung und druckt aus, wie die Dinge sind. Fur das Denken gewinnt der Satz nur dadurch seine Bedeutung, dass das Denken, Vorstellen, nur dann zum Erkennen, richtig Vorstellen, wird, wenn es die Dinge in einer Weise bestimmt, welche sich in der Praxis bewahren kann. Richtiges Vorstellen ist durch den Satz des Widerspruchs insofern gebunden, als es den ,,Satz von der Verschiedenheit der Dinge" berucksichtigen muss. 04 Dharmakirti lehrt an sich drei Arten von Grunden, fasst aber die dritte, den Grund ,,Nichtbeachtung eines Beobachtbaren" (drsyanupalabdhih) als im svabhavahetuh enthalten auf. Vgl. PVSV 105, 1f. und zur Interpretation dieser Subsumption HB II, 154 ff. 95 Vgl. oben p. 191 f. und p. 200. 96 svabhave bhavo 'pi bhavamatranurodhini || (v. 21c-d=4c-d) hetur iti vartate. tadatmyam hy arthasya tanmatranurodhiny eva nanyayatte. PVSV 4, 1-3. Page #28 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 206 ERNST STEINKELLNER Begriff, einem Pradikat, welches vom Subjekt als durch ein anderes Ding bedingt ausgesagt werden konnte, ,,denn eine Beschaffenheit (dharmah), die von einer anderen Sache verursacht ist, ware eben etwas anderes. Was namlich nicht entsteht, wenn das eine entsteht oder eine [von der Ursache des einen] verschiedene Ursache hat, kann doch nicht dieses [eine] zum Svabhava haben (d. i. mit dem einen real-identisch sein) 97." So konnte man z. B. aus dem Grund ,,Erzeugtsein" (kytakatvam) nicht eine Folge ,,Verganglichkeit" (anityatvam) erweisen, wenn man meint, dass diese Verganglichkeit der Dinge durch eine von den Dingen verschiedene Vergehensursache (vinasahetuh) bewirkt wird 98 Aus diesen Stellen entnehme ich, dass Dharmakirti den Svabhava als eine Beschaffenheit (bhavah, dharmah) bestimmt, die nicht von einer anderen Sache bedingt ist, d. h. mit der Sache selbst (sva-) gegeben ist. Er sagt das allerdings in unserem Text nirgends deutlich 99. Wohl aber lasst sich Karnakagomin als Zeuge fur die Berechtigung, eine solche Definition des Svabhava bei Dharmakirti zu 97 arthantaranimitto ni dharmah syad anya eva sah 1 (v. 33 ab=35ab) na hi tasmin nispanne 'nispanno bhinnahetuko va tatsvabhavo yuktah. PVSV 20, 19-21. Und vor dem grossen Apoha-Exkurs sagt er noch einmal: ,,... warum [aber) gibt es den logischen Nexus (avinabhavah) auch mit Bezug auf den Svabhava (als Folge] ? Es gibt den logischen Nexus auch mit Bezug auf einen Svabhava, der sich an das blosse Vorhandensein anschliesst. (v. 39 ab= 41 ab) Denn wir meinen, dass eine Beschaffenheit (bhava-) einen logischen Nexus mit demjenigen Svabhava hat, der sich an [ihr] blosses Vorhandensein anschliesst. Wenn jener [Svabhava] fehlte, wurde (namlich diese] Beschaffenheit (bhava-) selber [ebenfalls] fehlen, weil die beiden der Sache nach) nicht verschieden sind. (v. 39 cd=41 cd). Eben jene Beschaffenheit (bhavah), die sich an das blosse Vorhanden. sein [der anderen Beschaffenheit] anschliesst und Svabhava' genannt wird, ist ja selber der Sache nach diese andere] Beschaffenheit. Und wie konnte es diese [andere Beschaffenheit] ohne ihr Selbst (d. i. die eine Beschaffenheit, die der Sache nach sie selbst ist) geben ?" (... svabhava idanim katham avinabhavah. - svabhave 'py avinabhavo bhavamatranurodhini (v. 39 ab = 41 ab). yo hi bhavamatranurodhi svabhavas, tatravinabhavo bhavasyesyate. - tadabhave svayam bhavasyabhavah syad abhedatah || (v. 39 cd = 41 cd). ya eva bhavo bhavamatranurodhi svabhava ity ucyate, sa eva svayam vastuto bhavah. sa catmanam parityajya katham bhavet. PVSV 24, 8-15.) 98 Vgl. die Ausfuhrungen von PVSV 21, 2--24 und die Bemerkungen zur Definition des svabhavahetuh in HB 4.112. 99 Man konnte am ehesten PV I v.7= 9 in diesem Sinne heranziehen. Vgl. oben p. 185. Page #29 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti erschliessen, anfuhren, wenn er sagt, dass,,der Svabhava eine untrennbare (avyatirikta-) Beschaffenheit ist"100. Handelt es sich bei der Folge aber nicht um einen anderen Begriff desselben, sondern um den eines anderen Dinges 101, dann hat nur die Wirkung als Grund einen logischen Nexus mit der Folge, weil sie aus einem anderen Ding, der Ursache, entsteht 102. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Arten der Schlussfolgerung, derjenigen auf Grund eines Begriffes und derjenigen auf Grund der Wirkung, besteht also nicht. Beide sind richtige Erkenntnisse von vorher falsch oder nicht erkannten Begriffen auf Grund von erkannten Begriffen und gestutzt auf eine reale Beziehung der begrundeten und gefolgerten Begriffe. Ihr Unterschied folgt nur aus der Auffassung, dass diese Beziehung auf zweifache Weise moglich sei, und aus den dementsprechend verschiedenen Methoden zu ihrer Bestimmung. 207 5. Die Arten des svabhavahetuh Die Wiederaufnahme der Besprechung des svabhavahetuh nach dem langen Apoha-Exkurs leitet Dharmakirti mit einer Bestimmung verschiedener Arten dieses Grundes (svabhavahetupravibhagah) ein (PVSV 93,5-14)103: ,Und das, was als logischer Grund angefuhrt wird, den Svabhava [namlich], nennen wir, um die Folge zu beweisen, entweder als von verschiedenen bedingenden Bestimmungen (upadhih) abhangig oder auch als fur sich allein bestehend (kevalah) 104; wie z. B. [die Grunde] Wirkungsein (karyatvam) 105 und Seiendsein (sattvam) fur das Vergehen. (v. 186-188) Etwas ist namlich erzeugt (krtaka-), wenn es fur das Zustandekommen seines Svabhava (svabhavanispattau) von der Tatigkeit eines anderen (d. i. der Ursache) abhangt. Daher deutet das Wort 100 svabhava ity avyatirikto dharmah. PVSVT 348, 18f. 101 arthantara-, PVSV 18, 4f. 102 tadutpatteh, PVSV 24, 8. 103 Es ist dies die einzige Stelle des Werkes, an der von einer solchen Unterscheidung die Rede ist. Ihre Bedeutsamkeit geht jedoch schon daraus hervor, dass Dharmakirti sie vollstandig in den Pramanaviniscayah ubernommen hat, wo sie im Anfang der Besprechung des svabhavahetuh ihren Platz hat (Peking ed. f. 275a2-6; vgl. auch Nyayabinduh III, 9--13). Vgl. auch Y. KAJIYAMA, An Introduction to Buddhist Philosophy. Kyoto 1966, SS 16.3 und besonders Anm. 236. 104 Das heisst: als von Bestimmungen unabhangig. Im Pramanaviniscayah findet Dharmakirti dafur den deutlicheren Ausdruck dag-pa = *suddhah (,,rein", f. 275a2; vgl. Nyayabinduh III, 9). 105 Synonym mit ,,,Erzeugtsein" (krtakatvam). Page #30 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 208 ERNST STEINKELLNER ,erzeugt, obgleich es den Svabhava [des Dinges] benennt, [zugleich] diesen als durch ein anderes bedingend bestimmt an 106. Durch diesen [Hinweis auf die Abhangigkeit von bedingenden Bestimmungen] sind auch [Beschaffenheiten wie] das Unterschiedensein [der Dinge] durch eine Verschiedenheit der Ursachen und andere [Beschaffenheiten] erklart 107. So nennt man [also] einmal einen Svabhava als Grund, sofern er von verschiedenen bedingenden Bestimmungen abhangig ist, ein andermal einen unabhangigen [Svabhava] im allgemeinen (samanyena), wie das Seiendsein fur die Verganglichkeit [als Folge], und ein andermal [wieder einen Svabhava] unter Auswahl einer besonderen Beschaffenheit (-dharmavisesaparigrahena), die Svabhava ist, wie das Entstehen 108 fur ebendieselbe [Folge]. In dieser Weise 109 sind auch die anderen Arten des Svabhavahetu zu betrachten 110." Dharmakirti unterscheidet also von den Begriffen, die als Grund gebraucht werden, drei Arten. Er macht zunachst einen Unterschied zwischen Begriffen von Dingen, die als solche auf andere Begriffe verweisen, weil in ihnen eine Abhangigkeit mitgedacht ist, und Begriffen, in denen keine Abhangigkeit mitgedacht ist. Die abhangigen Begriffe unterscheidet er wiederum je nachdem sie durch etwas vom Ding Verschiedenes, z. B. die Ursache, oder zum Ding Gehorendes, z. B. das Entstehen, bestimmt sind. Diese ganze Lehre hat jedoch im System von Dharmakirtis Logik eigentlich keinen recht erkennbaren Zweck. Ihre Aufgabe scheint sich in der Erklarung der Moglichkeit verschiedener Grunde 111 fur ein und 106 Dies ist m. M. die einzige Stelle in der Begriffslehre Dharmakirtis, die man im Sinne einer Begriffsanalyse interpretieren konnte. 107 Beschaffenheiten also, wie das ,,,Voraussetzen einer Bemuhung" (prayatnanantariyakatvam, PVSVT 349, 14), die eine vom Ding selbst verschiedene Bestimmung andeuten. Vgl. KAJIYAMA, loc. cit., SS 16.3.3. 108 Gemeint ist der Grund,,weil ihm Entstehen zukommt" (utpattimattvat, PVSVT 349, 19). Vgl. KAJIYAMA, loc. cit., SS 16.3.1. 109 Ihrer Abhangigkeit oder Unabhangigkeit von bedingenden Bestimmungen nach (PVSVT 349, 22). 110 sa cayam hetutvenapadisyamanah upadhibhedapekso va svabhavah kevalo 'thava | ucyate sadhyasiddhyartham nase karyasattvavat || (v. 186= 188). apeksitaparavyaparo hi svabhavanispattau bhavah krtakah. teneyam krtakasrutih svabhavabhidhayiny api paropadhim enam aksipati. etena pratyayabhedabheditvadayo vyakhyatah. evam upadhibhedapeksah kvacit svabhavo hetur ucyate, kvacid anapeksah samanyena yatha 'nityatva eva sattvam, kvacit svabhavabhutadharmavisesaparigrahena yatha tatraivotpattih. anaya disa 'nye 'pi svabhavahetupravibhaga drastavyah. PVSV 93, 5-14. 111 krtakatvat, utpattimattvat, sattvat. Page #31 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 209 dieselbe Folge zu erschopfen 112. Wenigstens macht Dharmakirti sonst von den hier vorliegenden Ansatzen zu einer Begriffsanalyse keinen Gebrauch und fur den Begriff als Grund ist es in seiner Funktion letztlich gleichgultig, ob er auf weitere Bestimmungen verweist oder nicht. Zusammenfassung Es hat sich gezeigt, dass der Terminus svabhavah bei Dharmakirti im wesentlichen zwei Bedeutungen hat, die als Bestimmungen ontologischer und logischer Art auftreten, wobei die logische Bedeutung in einer systematisch bewussten Beziehung zur ontologischen Bedeutung steht. Der Grund fur die Moglichkeit, dasselbe Wort fur die beiden Bedeutungen zu verwenden, liegt darin, dass sich diese Bedeutungen ihrer Wirklichkeit nach nicht unterscheiden; das heisst, es ist nur eine Wirklichkeit auf zweifache Weise Wortgegenstand. Der Unterschied der zwei Bedeutungen geht auf die begriffliche Zerlegung der Wirklichkeit in der Theorie zuruck. In der Ontologie bedeutet svabhavah die Kraft der Dinge, zu wirken, als Prinzip ihres Seins, in der Logik den Begriff als die bestimmte Vorstellung, die sich auf Wirkliches stutzen kann. Les Was eine deutsche Ubersetzung des Wortes betrifft, so scheint die Wiedergabe durch ein einziges Wort nur durch eine Neupragung und wortliche Ubersetzung wie ,,Eigenwesen" moglich. Eine solche Lehnubersetzung vermittelt naturlich ihre genaue Bedeutung nicht direkt und bedarf daher erganzender Definitionen, wie sie die vorliegende Arbeit fur zwei wesentliche Funktionsbereiche des Wortes bei Dharmakirti bereitstellen konnte. Dafur hat sie den Vorzug, den gesamten Gebrauch des Wortes svabhavah auch in der Ubersetzung deutlich zu markieren, was sich fur Verstandnis und weitere Forschung sicher gunstiger auswirken durfte als die Verwendung bestenfalls mehr oder weniger analoger deutscher Worter fur die verschiedenen Bedeutungen. Summary: The object of this paper has been to determine the meaning of the technical term svabhavah, the key-word of Dharmakirti's ontology and logic. The study has been confined to the first chapter of his Pramanavarttikam and his own commentary on it, as it is already 112 Auch Dharmottara meint abschliessend zu seiner Erklarung der Parallele im Nyayabinduh nur: ,,Das ist zu dem Zwecke erklart worden, dass niemand wegen der Verschiedenheit der Worter (vacaka-), obschon ein Svabhava als Grund formuliert wird, irren moge [und etwa annehmen, es handle sich nicht um einen Svabhava)." (evamartham caitad akhyatam: vacakabhedan ma bhut kasyacit svabhavahetav api prayukte vyamoha iti. Nyayabindutika, Patna 1955, 160, 3f.) Page #32 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 210 ERNST STEINKELLNER this presumably first work of his that displays the decisive themes of his thought. We find that the term svabhavah substantially has two meanings that appear as designations of both an ontological and logical kind. The distinct systematic relation of the two meanings within the range of the apohavadah can also be followed clearly. The reason for the possibility to use the same word for the two meanings lies in the fact, that the two are not different with regard to reality; the meaning of the word lies within one reality in a twofold way. The difference of the two meanings can be based on the conceptual analysis of reality in philosophical theory. In ontological contexts svabhavah means the power of things as the principle of their being, in logical contexts the word means the concept, that is the definite notional construct (vikalpah) that is related to real things. Aus PV I UND PVSV ZITIERTE STELLEN Seite 201 205 PV I 1= 3 20-d=40-d 7= 9 23--25 = 25-27 37 ab = 39 ab 38 = 40 39=41 40-42=42-44 43 ab = 45 ab 4446 45 a = 47 ac 47 = 49 185, 206 203f. 183 188 PV I 4849b= 50--51 b 61-62=63-64 7677= 78--79 80-81 b=8283b 82--83= 84-85 109=111 166 ab= 168 ab 167a-c= 169 a186188 205 = 207 282 ab= 284 ab Seite 199 200 191 191 191 190 183 187 208 189, 195 188 206 198 198 194 198 199 Page #33 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wirklichkeit und Begriff bei Dharmakirti 211 PVSV Seite Seite 1,8 . 2, 12f. 2, 13f. 2, 19f. 2, 20f. 2, 22 ff. 3, 3f. 3, 4 6, 24- 7, 1 8, 12f. 16, 28-17, 13 17, 6f. 17, 12 17, 20f. 17, 21-18, 2 18, 3-5 18, 4f. 18, 9--11 20, 19-21 . 20, 21f. 21, 2--24 21, 11f. 22, 2f. 22, 11f. 23, 10 23, 18-21 24, 8 24, 8-15 25, 14 25, 24 27, 15 ff. 27, 22f. 40, 21-41, 12 42,.5--8 . 44, 6-10 201 202 204 202 202 199f. 203 188 185 202 204 189 202 204 205 204 207 204 206 205 206 183 204 PVSV 44, 12-14 50, 4-6 50, 20 56, 18-57, 7 57, 1 74, 8f. 83, 1f. 83, 4f. 83, 9-11 84, 4-6 84, 16--85, 1 87, 10 87, 17f. 89, 2--4 9, 18f. 89, 19f. 90, 10f. 92, 19-21 92, 21 93, 5-14 97, 11--17 99, 7f. 99, 10f. 99, 11-14 105, 1f. 106, 2f. 106, 3 106, 47 106, 9f. 130, 16f. 147, 8-10 147, 9 147, 16 149, 12-14 156, 19 193 194 194 190, 192 184 183 184 184 186 183 187 184 188 192 183 183 184 197 197 208 204 184 188 188 205 196 196 195 195 183 189 183 183 188 183 184 184 184, 188 207 206 198 198 201 202 190 192 200f.