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________________ 684 BUCHBESPRECHUNGEN U.R. Anantha MURTHY. Samskara, oder Was tun mit der Leiche des Ketzers, die uns im Weg liegt und das Leben blockiert. Roman. Ubersetzt von Gernot Schneider. Frauenfeld: Verlag Im Waldgut, 1994 (Neue Indische Bibliothek, Band 15). 174 S. Das Kanaresische (auch Kannada genannt, wie der Name in der Sprache selbst lautet) ist, eine der historisch und kulturell wichtigsten Sprachen der drawidischen Familie, undi Indiens uberhaupt; sie hat eine glanzvolle Geschichte, die mehr als tausend Jahre zuruckreicht, und wird heute von mehr als 40 Millionen von Menschen gesprochen; dennoch ist die kanaresische Literatur im Abendland nahezu unbekannt. In Indien haben Schriftsteller aus der modernen Kannada-Literatur mehrmals auf nationaler Ebene wichtige Unterscheidungen erhalten, aber gute Ubersetzungen in europaischen Sprachen, wodurch diese Literatur auch im Ausland bekannter werden konnte, sind leider noch sehr selten. In dieser bedauernswerten Lage gibt es nur einen einzigen kanaresischen Roman, der gut ubersetzt worden ist, und zwar Samskara von U.R. Anantha Murthy (geb. 1932). Das Original, 1965 in England geschrieben, erschien 1966 in Maisur (Mysore), und schon 1976 erschien die englischsprachige Ubersetzung von A.K. Ramanujan (Samskara. A Rite for a Dead Man. Delhi: Oxford University Press), die sofort den Roman und den Autor auch ausserhalb des kanaresischsprachigen indischen Bundeslandes Karnataka zu Ruhm verhalf. In Karnataka hatte der Roman inzwischen einen zweideutigen Ruf bekommen. Der Roman ist die schlichte aber fesselnde Geschichte eines hochgelehrten Mitglieds einer der orthodoxesten hinduistischen Priesterkasten Karnatakas, der durch einen problematischen Vorfall in seinem Dorf (der aber in Wesen trivial ist, wie Kritiker des Buches bemerkt haben) und durch was darauf folgt, in eine personliche Krise belandet. Er fangt an, uber fast alles zu zweifeln: uber seinen religiosen Glauben; uber die traditionelle Ethik, nach der er sein ganzes Leben gefuhrt hat; uber die Vorzuglichkeit seiner Kaste und seine personliche Stelle in der Gesellschaft; uber was sein Ziel im Leben sein soll. Die freie, offene Besprechung von traditionellen religiosen Dogmen, von sozialen Verhaltnissen, und vor allem von Moral im Geschlechtsleben machten den Roman schnell zu einer literarischen Sensation. Das Zeigen der artistisch bemerkenswerten Verfilmung des Buches (1970) in Kinos wurde verboten, weil sie angeblich verletzend war fur die Gefuhle der Kaste, zu der die Hauptfigur des Romans (wie auch der Autor) gehort. In literarischen Kreisen wurde das Buch entweder bejubelt, oder beschimpft als entartet wegen zu grosser abendlandischer Einflusse. Tatsachlich sehen manche Seiten aus wie eine einfaltige Einfuhrung in den franzosischen Existentialismus, eine Weltanschauung, die zu jener Zeit in bestimmten indischen intellektuellen Kreisen Aufmerksamkeit fand, aber wofur die grosse Mehrheit der indischen Leser gar kein Verstandnis hat. Es wurde sogar vorgeworfen, der Roman sei ein Abklatsch von La peste von Camus; aber hiermit tut man dem Autor jedoch Unrecht an.
SR No.269422
Book TitleBuchbesprechungen Comptes Rendus Book Reviews
Original Sutra AuthorN/A
AuthorW B Bollee
PublisherW B Bollee
Publication Year
Total Pages4
LanguageEnglish
ClassificationArticle
File Size486 KB
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