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Gerhard Oberhammer
erkannt werde. Betrachtet man diese beiden Lehren näher, dann scheinen sie zwei Seiten desselben Sachverhaltes zu betreffen. Die Lehre von der „Abhängigkeit auf Grund des Realen", dass alle jene Besonderheiten notwendig als erwiesen betrachtet werden müssen, die Möglichkeitsbedingungen dafür sind, dass die für einen realen Fall erschlossene Gemeinsamkeit diesem Fall tatsächlich inhärieren kann, scheint die philosophische Begründung zu betreffen, während die Lehre von der „Nötigung durch das Dem-[konkreten)-Subjekt-Zukommen" die Formulierung dieses selben Sachverhaltes im Begriffssystem der formalen Logik des Nyāya darstellt: Deshalb, weil die beweisende Gemeinsamkeit (= logischer Grund) und die zu beweisende Gemeinsamkeit einem Subjekt zukommen müssen (paksadharmatā), kann die zu beweisende Gemeinsamkeit, sofern dieses Subjekt ein konkret Seiendes ist, im Augenblick da sie erwiesen ist, für diesen konkreten Fall nur dann als erwiesen gelten, wenn sie durch gewisse Besonderheiten als Möglichkeitsbedingungen bestimmt ist. Daher sind durch das „Dem[konkreten]-Subjekt-Zukommen” der beweisenden Eigenschaft auch diese Besonderheiten mitbewiesen, ohne dass der logische Nexus der beweisenden und zubeweisenden Gemeinsamkeit für diesen besonderen Fall neu begründet oder mit Dharmakīrti ,,verifiziert" werden müsste.
Da diese Lehre in der Zeit Trilocanas entstanden sein muss, und vor allem eine grundsätzliche Übereinstimmung dieser Lehre mit Trilocanas Lehre von der „Abhängigkeit auf Grund des Realen" gegeben ist, darf mit grosser Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass Trilocana in der Begründung seines Gottesbeweises die logische Lehre von der „Nötigung durch das Dem-[konkreten]-Subjekt-Zukommen" geschaffen hat, um seine andere Lehre von der „Abhängigkeit auf Grund des Realen" im Begriffssystem der Schlussfolgerungslogik auszudrücken. 47)
Die in dieser Arbeit gezeichneten drei Schritte in der Entwicklung der Problematik des Gottesbeweises des Nyāya - es wurde mit Absicht nur vom Gottesbeweis und nicht von den Gottesbeweisen des Nyāya gesprochen - charakterisieren lediglich die typologisch entscheidenden Aspekte dieser Problematik, ohne die Lehre vom Gottesbeweis in ihrer vollen historischen Differenziertheit auszulegen. Der Nyāya ist über
47) Die historisch-genetische Darstellung dieser Lehre muss einer anderen Gelegenheit vorbehalten bleiben.