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Der Gottesbeweis in der Indischen Philosophie
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(svabhävapariņāmena) Ursache für das Entstehen des Keimes, weil man bei ihrer Bearbeitung (samskāra) an ihm die Besonderheiten (des Wachstums etc.] beobachtet.
Wenn man annimmt, dass dies ebenso (geschieht], wie der Kontakt von Sinneswerkzeug und Objekt Ursache der Erkenntnis ist, [so ist darauf zu antworten: ] Nein, weil auch dies auf Grund einer [hinzukommenden] Besonderheit geschieht.
[Gegebenheiten,] die für sich genommen unfähig sind, würden auch in ihrer Vereinigung unfähig sein, wenn nicht ein Zuwachs des Eigenwesens einträte (svabhavātiśaye). Daher ist ein solcher Zuwachs erwiesen.
Daher ergibt sich, dass jene Gegebenheiten, die für sich genommen unfähig sind, in der Vereinigung Ursache sind, falls in ihnen eine [neue] Eigenschaft entsteht, nicht aber Gott der Herr usw., weil er (von Gegebenheiten, die untätig sind), nicht unterschieden ist.” 29)
Die wesentliche Frage, der Dharmakīrti in dieser Argumentation nachgeht, betrifft das Verhältnis zwischen der Vorstellung eines ewigen, unabhängigen Gottes und der Aussage, dass dieser Gott Ursache der Welt ist, eine Frage, die eng mit dem Gottesbeweis des Nyāya verbunden ist, wenn man etwa an die Worte Uddyotakaras denkt: „Durch denselben Beweis, durch welchen das Ursache-Sein von Gott dem Herrn bewiesen ist, wird auch seine Existenz erwiesen, denn eine nicht existierende Ursache gibt es nicht.” 30) In der vorliegenden Beweisführung dreht Dharmakirti diesen Satz um und zeigt, dass dieser Gott nicht Ursache der Welt sein kann und daher auch nicht existiert. Zu diesem Zweck wirft Dharmakirti die Frage auf, warum man von Gott die Aussage macht, dass er Ursache ist, wo er doch ebenso gut nicht Ursache sein könnte. Wie bereits erwähnt, ist das „Wirkung-Ursache-Sein" der Dinge konstant. Was ist aber der eigentliche Grund dieser Konstanz? Und wieso kann man daher sagen, dass ein Seiendes Ursache eines anderen ist? Dharmakīrti erörtert dieses Problem an anderer Stelle in einem interessanten Zusammenhang:
„Etwas, das keine, Ursache hat”, schreibt er im Kapitel über die Schlussfolgerung seines Pramāņavārttikam, „ist, da es von anderem unabhängig ist, entweder ewig seiend oder überhaupt nicht. Denn das gelegentliche Entstehen der Dinge geschieht in Abhängigkeit." In
29) PV I, 23-30.
30) Vgl. Anm. 14. NUMEN XII