Book Title: Miszellen Zur Erkenntnistheoretisch Logischen Schule Des Buddhismus
Author(s): Ernat Steinkellner
Publisher: Ernat Steinkellner
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Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ MISZELLEN ZUR ERKENNTNISTHEORETISCH-LOGISCHEN SCHULE DES BUDDHISMUS Von Ernst Steinkellner, Wien IV. Candragomin, der Autor des Nyayasiddhyaloka Dass der Grammatiker, Schauspieldichter und Verfasser des Sisyalekha der in der zweiten Halfte des funften Jahrhunderts n. Chr. wirkende. Buddhist Candragomin gewesen ist, hat MICHAEL Hahn in seiner Untersuchung der Zeugnisse und der bisherigen Deutungsgeschichte klarlegen konnen? Das durch die Bemerkung I-Chings, Candragomin habe noch gelebt, als er nach Indien kam, also 673 n. Chr., verursachte Problem, lost Hahn durch die - sicher berechtigte - Annahme einer auf Horensagen beruhenden Fehlinformation?. Schliesslich stellt Hahn auch noch die in tibetischer Ubersetzung unter dem Namen Candragomins uberlieferten Schriften aus der Peking-Ausgabe zusammen und gibt eine erste Ordnung von Werkgruppen. Unter diesen Werken findet sich auch unter Nr. 5740 ein der erkenntnistheoretisch-logischen Tradition zugehoriges, der Nyayasiddhyaloka. Schon die Tatsache, dass Candragomin zeitlich vor Bhartrhari anzunehmen ist, von dem der Grunder dieser Tradition, Dignaga, abhangt, lasst vermuten, dass der Verfasser des Nyayasiddhyaloka ein weiterer Candragomin sein muss. Diese Vermutung lasst sich noch etwas genauer begrunden und verstarken. Den Charakter des kleinen Werkes von nur 18 Strophen und einer Widmungsstrophe im einzelnen zu beurteilen, muss einer Bearbeitung vorbehalten bleiben. Auf den ersten Blick sieht man aber, dass die Verse 13ff. (f. 198 a 8ff.) die Lehren vom svabhava- und vom karyahetu, sowie von der Kausalitat als sambandha voraussetzen, wie sie erst von Dharmakirti entwickelt worden sind. Der Verfasser dieser Verse hat also nach Dharmakirti gewirkt 4 und war M. HAHN, Der Autor Candragomin und sein Werk. In: ZDMG Suppl. 2, 18. Deutscher Orientalistentag, Vortrage. Wiesbaden 1974, 331-355. Vgl. ders., Candragomins Lokanandanataka. Nach dem tibetischen Tanjur herausgegeben und ubersetzt. Wiesbaden 1974, 1-13. 2 Ibid., 8f. 3 Ibid., 9-13. * Fur den vorliegenden Zweck ist es nebensachlich, ob man mit FRAUWALLNER 600 660 n. Chr. als Lebenszeit Dharmakirtis annimmt, oder nach Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 178 E. STEINKELLNER ein Namensvetter des alteren Grammatikers. Als weiterer Ansatz zur Datierung steht bisher nur die Zeit der Ubersetzung ins Tibetische zur Verfugung. Diese Ubersetzung wurde von dem Pandita Srisimhaprabha und dem Lotsava Vairocana durchgefuhrt. Beide haben auch andere Ubersetzungen gemeinsam gemacht, Srisimhaprabha wird aber sonst nur urz Srisimha (dPal gyi sen ge) genannt. Nichts spricht dagegen, ir unserem Lotsava den beruhmten Lotsava Vairocana zu sehen, der gegen Ende des achten Jahrhunderts eine bedeutende religionsgeschichtliche Rolle gespielt hat? Allerdings ist die Ubersetzung des Nyayasiddhyaloka im Katalog von IDan kar nicht angefuhrt 8.. Da ein Text geringen Umfangs und zusammenfassenden Charakters eher als zeitgenossisches Produkt der Ubersetzung fur wert befunden werden durfte, wird man seine Entstehungszeit im Rahmen der vorliegenden Grenzen - nach Dharmakirti und vor dem Anfang des 9. Jh. - besser nicht vor der Epoche Santaraksitas annehmen. Fur Candragomin, den Autor des Nyayasiddhyaloka', ist als Lebenszeit also etwa die Mitte des 8. Jh. anzunehmen. den neuesten Funden und Thesen LINDTNERS (vgl. Apropos Dharmakirti - Two New Works and a New Date. AO 41 [1980] 27-37; Adversaria Buddhica. WZKS 26 [1982] 175) - Dharmakirti noch in das 6. Jahrhundert zuruckversetzen mochte. 5 Eine Beziehung zu Pandita Asoka (vgl. VIDYABHUSANA, A History of Indian Logic, 332) ist nicht herzustellen. Die Angaben bei Taranatha (ed. SCHIEFNER) 116, 13ff, sind bestenfalls fur eine Beziehung zwischen dem Grammatiker Candragomin und einem Acarya (!) Asoka auszuwerten. & Nur in P 451, 1. Kapitel, ist auch sein Name voll genannt. ? Vgl. z. B. TUCCI, Minor Buddhist Texts II, 126 ff. 8 Vielleicht hat das mit der zu vermutenden Unterdruckung der Leistungen Vairocanas in Anschluss an die ,,Streitigkeiten" zu Ende des 8. Jh. zu tun. Der Titel des Werkes, Rigs pa grub pa'i sgron ma, wird von den Herausgebern der Kataloge verschieden rekonstruiert: *Nyayasiddhaloka (P), *Nyayasiddhyaloka (D). Der Sanskrit-Titel im Eingangsstuck lautet Nayaalokasiddha (P) und Nayalokasiddhi (D). Der Titel kann wohl nichts anderes bedeuten als ,,das im mit Hilfe von logischen Argumenten gefuhrten Nachweis bestehende Licht". VIDYABHUSANA versteht grundsatzlich ahnlich ,,a lamp of logical reasoning" (loc. cit., 336). Es ist also Nyayasiddhyaloka als korrekter Titel anzunehmen.